18680926_lts016

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:42
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,lts1868,lt1868,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. XVI. Sitzung am 26. September 1868 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer. Gegenwärtig 19 Abgeordnete Landesfürstlicher Kommissär Herr Statthaltereirath Karl Schwertling. Hochw. Herr Bischof abwesend. Beginn der Sitzung um 47. Uhr. Nachmittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. (Sekretär verliest das Protokoll der vorhergehenden Sitzung.) Da keine Bemerkung gegen die Fassung des Protokolls erhoben wird, nehme ich es als genehmigt an. Herr Gsteu hat mir drei Eingaben überreicht. Ich bringe sie zur Kenntniß der hohen Versammlung. (Sekretär verliest dieselben.) Ich werde diese Einlagen, wenn keine Gegenbemerkung fällt, durch den Landesausschuß der Erledigung zuführen. (Zustimmung.) Wir kommen zur heutigen Tagesordnung. Der erste Gegenstand ist der Komite-Bericht zur Berathung über die Adressen an Se. Majestät den Kaiser und das hohe Ministerium. Herr Dr. Fetz als Berichterstatter wird ersucht das Wort zu nehmen. Dr. Fetz: (Verliest folgenden Komite-Bericht.) Bericht des Komites zur Berathung von Adressen an Se. Majestät den Kaiser und das hohe Ministerium. Hoher Landtag! „Das von dem hohen Landtage zur Berathung von Adressen an Se. Majestät den Kaiser und das hohe Ministerium niedergesetzte Komite beehrt sich, den Entwurf dieser Adressen 278 vorzulegen und indem es sich statt jeder weitern Motivirung aus deren Inhalt bezieht, den Antrag zu stellen"; „Der hohe Landtag wolle diese Adreß Entwürfe genehmigen." Bregenz, 25. September 1868. Karl Ganahl, Obmann. Fetz, Berichterstatter. Ter Entwurf der Adresse an Se. Majestät den Kaiser, wie ihn das Konnte zur Annahme vorschlägt ist folgender: Eure k. k. apostolische Majestät! Der vorarlberg'sche Landtag war Zeil seines Bestehens von der Überzeugung durchdrungen, dass die Festhaltung des durch das Diplom vom 20. Oktober 1860 und das Patent vom 26. Februar 1861 gewonnenen konstitutionellen Rechtsbodens allein den Euerer Majestät angestammten Königreichen und Ländern die Gewähr einer gedeihlichen Zukunft bieten könne. Die folgenschweren, unglückseligen Ereignisse der kurzen Periode, während welcher die Wirksamkeit der konstitutionellen Körper theilweise unterbrochen war, haben diese Überzeugung, welcher der treu gehorsamste Landtag wiederholt Ausdruck verliehen, im vollen Maße gerechtfertiget. Um so freudiger begrüßte der vorarlberg'sche Landtag Eurer Majestät Euschließung vom 4. Februar 1867, durch welche jene Periode ihren Abschluß fand, und der verfassungsmäßige Reichsrath zur Wiederaufnahme der ihm gesetzlich zustehenden Thätigkeit einberufen wurde. Diese Thätigkeit hat reichliche Früchte getragen. In der Zeit von wenigen Monaten haben Euere Majestät in Vereinbarung mit dem Reichsrathe eine Reihe von Gesetzen geschaffen, welche die konstitutionellen Rechte Ihrer Völker ausbildend und erweiternd für die staatsrechtlichen Verhältnisse der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder eine unwandelbare Grundlage schaffen, aus welcher alle berechtigten Interessen ihre vollste Befriedigung finden können. Österreich ist dadurch in die Reihe der vorgeschrittensten Staaten Europas getreten, und wie dieses Bewußtsein Ihre getreuen Völker mit stolzer Befriedigung erfüllen muß, werden sie festhaltend an den gewonnenen Rechten darin die Kraft finden, um auf sämmtlichen Gebieten menschlicher Thätigkeit den friedlichen Wettkampf nach allen Richtungen siegreich aufzunehmen und für Österreichs Macht und Gedeihen neue Quellen zu schaffen. Der vorarlberg'sche Landtag erachtet sich demnach für verpflichtet, Euerer Majestät im Kamen 279 des von ihm vertretenen Landes den innigsten Dank für die Sanktion der Gesetze vom 21. Dezember 1867 und der im Geiste derselben erflossenen weitern Verfassungsgesetze auszusprechen. Gott erhalte! Gott beschütze! Gott segne! Euere k. k. apostolische Majestät. Karl Ganahl: Da ich die Überzeugung babe, daß der Hobe Landtag mit dem Inhalte der Adresse vollkommen einverstanden ist, so erlaube ich mir als Obmann des Ausschusses den Antrag zu stellen, der hohe Landtag wolle dieser Adresse ohne weitere Debatte die Zustimmung ertheilen. Dr. Thurnherr: Das Motiv, welches der beantragten Adresse an Se. Majestät zu Grunde gelegt ist, ist ein doppeltes; erstens die Sanktionirung der Staatsgrundgesetze vom 21. Dezember 1867 und zweitens die Sanktionirung der im Geiste derselben verfaßten Gesetze, das sind die sogenannten confessionellen Gesetze, das Schulgesetz, das Ehegesetz und das interconfessionelle Gesetz. Was nun die Staatsgrundgesetze anbelangt, habe ich dieselben als k. k. Beamter beschworen und ich würde keinen Anstand nehmen, der Adresse an Se. k. k. apostolische Majestät in dieser Richtung beizutreten. Was dagegen die sogenannten confessionellen Gesetze anbelangt, die nicht zu den Staatsgrundgesetzen und nicht zu der Verfassung gehören, habe ich vorher gewußt und habe mich während der letzten Landtagsferien überzeugt, daß es mit der Gesinnung meiner Wähler im Widerspruch steht, für diese Gesetze Gefallen zu äußern. Mit Ich und der uns dieser Gesinnung meiner Wähler stimmt auch meine Überzeugung überein. werde dieser Überzeugung Zeugniß geben an jedem Orte zu jeder Zeit in allen Lagen meines Lebens. Ich werde dieses thun unter dem Schutze Verfassung, die ein Hort des Rechtes und der Freiheit sein soll für Alle. Ich könnte daher der vorliegenden Adresse in dieser doppelten Richtung nicht beistimmen. Ich erkläre übrigens, daß ich in Bezug auf diese Adresse sowohl als in Bezug auf die Adresse an das hohe Ministerium aus den angegebenen Gründen, da beide Adressen im Zusammenhangs stehen, daß ich, sage ich, an der Verhandlung hierüber nicht Theil nehmen und daß ich mich der Abstimmung enthalten werde. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Dr. Fetz: Ich erachte es nicht für nothwendig, mich hier über das Wesen der sogenannten konstitutionellen Gesetze auszusprechen, auch will ich nicht weiter in die Interpretation der Worte eingehen, die soeben beanständet worden sind. Ich könnte sonst, allerdings hervorheben, daß in diesen Worten nichts liege, was über den Kreis des öffentlichen Rechtes hinaus gienge. Aber ich glaube in einer so wichtigen Sache und ich füge bei in einer Sache von so großer Bedeutung, wie die Erlassung einer Adresse an Se. Majestät den Kaiser ist, würde mir jede Wortgrübelei unzweckmäßig vorkommen. Der Herr Redner, der vor mir gesprochen hat, wird als Jurist selbst wissen, daß die Gesetzgebung in Ehesachen strenge genommen nicht eine Gesetzgebung ist, die man mit der Verfassungsgesetzgebung 280 bezeichnet. Indessen, wie gesagt, ich will mich in eine weitere Interpretation und in da. was man Wortgrübelei nennen könnte, nicht einlassen. Ich für meine Person bin der Ansicht, da die Mehrheit dieses Landtages selbst was die sogenannten confesstonellen Gesetze betrifft in der Übereinstimmung sich findet, daß die Erlassung derselben eine Nothwendigkeit war, daß sie eine Nothwendigkeit war, gerade mit Rücksicht auf die Staatsgrundgesetze aus welche der Herr Vorredner speziell sich berufen hat. Ohne die confessionellen Gesetze wären die Staatsgrundgesetze vom 21. Dez. 1867 in vielfacher Beziehung ein leeres Wort, ein leerer Wortschall geblieben. (Beifall.) Die confessionellen Gesetze sind vielfach eine Ausführung derjenigen Grundsätze, welche im Staatsgrundgesetze niedergelegt sind. Ich sage das nur deßwegen, um zu betonen, daß meines Erachtens der Herr Vorredner mit sich selbst im Widerspruche sich befindet. Es ist nicht umsonst und ist von Bedeutung, daß von sehr hoher Stelle aus ein abträgliches Urtheil gefällt worden ist, nicht bloß über die sogenannten konfessionellen Gesetze sondern daß gerade auch die Staatsgrundgesetze mit in dem Urtheil inbegriffen worden sind. Mehr will ich in der Sache nicht sagen und ich überlasse es der hohen Versammlung, das Votum für die Adresse zu geben oder gegen dieselbe. (Bravo.) Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Da dieß nicht der Fall ist, so bringe ich diesen Antrag, der sich schon gemodelt hat durch die genommenen Reden, aber immerhin dahingeht, diese Adresse ihrem vollen Inhalte nach anzunehmen, zur Abstimmung. Jene Herrn, welche die Annahme der Adresse auszusprechen willens sind, wollen sich gefälligst erheben. (Ist angenommen.) Herr Berichterstatter, ich bitte weiter zu fahren. Dr. Fetz: Die vom Konnte beantragte Adresse an das k. L Ministerium lautet folgendermaßen: Hohes K. K. Ministerium! Der vorarlberg‘sche Landtag fühlt sich verpflichtet den Männern, welche unter schwierigen Verhältnissen, dem Rufe des Kaisers folgend, die Verwaltung der im Reichscathe vertretenen Königreiche und Länder als verantwortliche Räthe der Krone übernahmen, sein volles Vertrauen auszudrücken. Dieses Vertrauen wurzelt in der Überzeugung, daß das Ministerium, dessen Mitglieder zum Theile als Vertreter des Volkes an der Schöpfung der Staatsgrundgesetze einen hervorragenden Antheil nahmen seine Aufgabe darin erblicke, der Verfassung und den in ihrem Geiste erflossenen Gesetzen allenthalben Anerkennung und Geltung zu verschaffen. Denn so wie die Verfassung fortan die unwandelbare Grundlage für die rechtliche Entwickelung dieser Länder bilden muß, sieht der vorarlberg‘sche Landtag in derselben auch die einzige Gewähr des Gedeihens und einer glücklichern Zukunft Österreichs. Der vorarlberg'sche Landtag verknüpft demnach mit dem Ausdrucke des Vertrauens die Erwartung, das Ministerium werde auf der betretenen Bahn vorwärts schreitend, die Verfassung schützen 281 und ausbauen und jeden Angriff gegen dieselbe, komme er von was immer für einer Seile, mit Entschiedenheit zurück weisen. Bregenz, den 26. September 1868. Karl Ganahl: Als der vorarlbergiscbe Landtag in seiner Session des Jahres 1865 sich über die Wirkungen des Belkredischen Verfassungs-SystirungsPatentes zu äußern hatte, schloß ich meine Ansprache mit den Worten: „Das Vaterland ist in Gefahr." Daß diese Gefahr damals vorhanden war, hat leider das Unglück, welches über Österreich im Jahre 1866 hereingebrochen, bewiesen. Allein, weniges auch harte, sehr harte Schläge waren, die das Vaterland zu ertragen hatte, so waren diese Schläge übrigens auch Ursache, daß mit dem damaligen System entschieden gebrochen wurde und daß man in der Rückkehr zu den verfassungsmäßigen Zuständen die einzige und alleinige Rettung Österreichs erblickte. Jeder Patriot und jeder, der es daher mit dem Kaiser, dem Reiche und dem Volke ehrlich meinte, mußte diese Rückkehr und die neuen verfassungmäßigen Gesetze mit Jubel begrüßen. Allein, meine Herren, es giebt eine Partei in unserem Lande, die es versucht, Alles, was seit 20 Jahren nach harten Kämpfen und nach vielem Ringen aufgebaut wurde, wieder zu zerstören. Solch frevelhaftem Treiben gegenüber ist es daher Pflicht des Landtages, daß er sich ausspreche. Es ist nothwendig, daß er gegenüber dem Ministerium die Erklärung abgebe, daß wir mit demselben einverstanden sind, daß wir mit dem Bürgerministerium Hand in Hand gehen wollen; es ist aber auch nothwendig, auszusprechen, daß das Land berechtiget sei zu erwarten, daß das Ministerium auf der eingeschlagenen Bahn vorwärts schreite, die Verfassungsgesetze unaufhaltsam durchführe und jeden Widerstand, woher er auch kommen möge, breche. Seit dem Erscheinen der Allokution, welche ein würdiges Seitenstück zu dem von der ganzen zivilisirten Well verurtheilten Syllabus ist, mehren sich die Anstrengungen jener Partei, um Haß und Verachtung gegen die Verfassung und gegen die Freunde derselben all und überall hervorzurufen. Wie wenig ehrlich und wie wenig wählerisch übrigens unsere Gegner in ihren Mitteln sind, beweisen die Kanzelreden, die kürzlich in mehreren Gemeinden gehalten worden sind, und ich muß mir erlauben, hier einen Auszug einer Predigt eines jungen Fanatikers mitzutheilen. Derselbe sagte unter Anderm: „Alle Mitglieder des vorarlbergischen Vereines der Verfassungsfreunde seien exkommunizirt." Dann fuhr er ungefähr in folgender Weise fort: „Würden Eure Eltern, die so fromm und gottesfürchtig waren, sich nicht im Grabe umkehren, wenn sie erfahren müßten, daß ihre Kinder liberalen Grundsätzen huldigen, würden sie nicht die Zeit Eurer Zeugung und Eurer Geburt verfluchen, würden sie nicht die Wiege, in der ihr gelegen seid, und den Boden der Euch getragen hat, verwünschen, würden sie nicht die Nahrung, die sie Euch zukommen ließen und jeden Groschen den sie für Euere Erziehung ausgaben, verfluchen und vermaledeien." Heiterkeit, Höri! Hört!) Dies waren beiläufig die Wuthausbrüche jenes Fanatikers. Zu den Verfassungsfreunden gehöre auch ich, ja ich habe sogar die große Ehre, Obmann 282 dieses Vereins zu sein. Der Bannfluch trifft also auch mich, und ohne Zweifel noch in erhöhtem Maßstabe. In einer andern Gemeinde und zwar in einem Fabriksorte spielte ein junger hochmüthiger Priester auf der Kanzel den Sozialdemokraten, indem er die Arbeiter gegen das Besitzthum aufhetzte! Bei dem Gründungsfeste eines katholischen Casino sprach ein Priester sich dahin aus, daß man sich vertheidigen müsse bis auf‘s Blut und daß man sich die Gesetze selbst machen müsse! Dies Alles ist nach meiner Ansicht rebellisch, meine Herren. Lasten Sie mich nun auch noch über die Casino sprechen. Die Casino haben den Namen „katholisch-konstitutionell". Allein, meine Herren, von Konstitutionalismus ist hier keine Spur, im Gegentheil, ihr Zweck ist, die Konstitution über den Haufen zu werfen. (Rufe: Bravo!) Sie machen gar keinen Hehl daraus, daß das Ministerium gestürzt werden muffe und daß deßhalb ihre Sache es sei, Alles zu thun, um dieses Ziel zu erreichen. Wenn ich mir nun meine Herren, die Leute anschaue, die so gegen die Regierung agitiren und weiter bedenke, daß es solche sind, die in früherer Zeit stets mit der Regierung gingen, nämlich mit jenen Regierungen, die dem Absolutismus huldigten, und das Volk unterdrücken halfen, so mache ich mir ein Bild von dem Charakter dieser Leute. Heute verlangen sie offenbar, daß man der Regierung den Gehorsam verweigern soll, früher sprachen sie sich dahin aus, der Gehorsam gegen die Regierung sei von Gott befohlen, heute aber verbieten sie der Regierung den Gehorsam zu leisten. (Bravo! Großer Beifall.) Und wenn ich nun frage, warum all' dieses Hetzen, all' dieses Volksbethören?, so kann ich mir keine andere Antwort geben, als die: „nur die Wiedererlangung ihrer Herrschaft ist es, um welche es sich handelt: Allein meine Herren, die Herrschaft jener Partei ist hoffentlich für immer gebrochen. Die Vertretungskörper der österreichischen Völker im Vereine mit der Krone, haben diese ihre Herrschaft zu Grabe getragen und ich hoffe, daß sie nie und nimmermehr ihre Auferstehung feiern werde. (Beifall, ) Ich bedaure sehr, daß auch heute der Hochw. Herr Bischof nicht anwesend ist. Ich habe schon das Letztemal, als es sich um die Schulfrage handelte, mein Bedauern darüber ausgedrückt, heute beklage ich es doppelt, weil ich veranlaßt gewesen wäre, dem Hochw. Bischof von Angesicht zu Angesicht zu sagen, daß ich es als eine Verletzung der Staatsbürgerpflicht betrachte, wenn die Glieder der hohen kirchlichen Behörden solch schamlosem Treiben der niedern Geistlichkeit nicht Einhalt thun. (Beifall.) Ich habe in scharfen Zügen den berechtigten Tadel ausgesprochen, allein meine Herren, wenn Sie bedenken, daß ich seit einem Vierteljahrhundert immer dahin gestrebt habe, daß dem Volke endlich einmal jene Rechte werden, die ihm von Gott und Rechtswegen gebühren und wenn man dann sehen muß, daß, nachdem einmal diese Rechte erlangt sind, es eine vaterlandsverrätherische Partei gibt, die Alles anstrengt, damit das Errungene wieder in Frage gestellt werde, so werde ich entschuldiget sein, wenn ich auch scharf aufgetragen habe. Schließlich habe ich noch folgende Bemerkung zu machen. 283 Wenn ich vom Klerus gesprochen habe, so habe ich wohl nicht den gesammten Klerus von Vorarlberg darunter verstanden, ich habe darunter nur verstanden, jenes Dutzend junger Fanatiker, und etwa ein halbes Dutzend älterer Zeloten, nicht aber die gelammte Priesterschaft, von der ich mehrere kenne und weiß, daß sehr viele mit diesem Treiben, mit diesem Volksaufwiegeln und Volksanlügen durchaus nicht einverstanden sind. Also Ehre, dem Ehre gebührt. Daher Ehre jenen würdigen Priestern. (Stürmischer Beifall.) Dr. Jussel: Vorkommnisse in der heutigen Sitzung veranlassen mich, das Wort zu ergreifen gegen mein Vorhaben Ich habe schon vor ein paar Jahren ausgesprochen, und habe es auch vor wenigen Tagen neuerdings ausgesprochen, daß es Pflicht des Staates ist, Gerechtigkeit zu üben, und wie die leitende Kirche in der Kirche, ist auch die hohe Regierung schuldig, den Staatsbürgern, der gesammten Bevölkerung in Gerechtigkeit als Muster vorzuleuchten. Der Staat ist vermöge der Gerechtigkeit verpflichtet, ja gezwungen, die Lasten, welche mit dem Staatswesen verbunden sind, gleichmäßig unter allen Staatsbürgern zu ertheilen; er muß daher wie vom Katholiken auch vom Israeliten, auch vom Protestanten die Blut- und die Geldsteuer fordern. Jedem sagt nun das Innere, wer die gleichen Lasten trägt, dem gebühren auch die gleichen Rechte. Wenn der Katholik verlangt, daß seine katholische Überzeugung respektirt werde und unangetastet bleibe, so hat auch der Israelit, hat auch der Protestant ebenso das Recht, daß seine religiöse Überzeugung, die er nicht weniger wie der Katholik mit der Muttermilch eingesogen hat, und für die er eben so gut, wie der Katholik mit Leib und Leben einsteht, daß diese seine religiöse Überzeugung auch gewahrt und respektirt bleibe. (Rufe: Bravo.) Man könnte fragen, ob das sich denn wohl mir dem Katholizismus vertrage. Ich berufe mich wie vor wenigen Tagen auf das Gesetz der Liebe, da spricht Christus; „was du willst, daß dir andere thun, das sollst auch du andern thun, und was du willst, daß dir nicht geschehe, sollst auch du andern nicht thun". Ich glaube denn also, wenn der Katholik verlangt, daß man ihm seine religiöse Überzeugung unangetastet lasse, daß man sie achte und schätze, hat auch der Israelit, auch der Protestant das Recht, zu verlangen, daß ihm das Gleiche geschehe, und um was handelt es sich? um Überzeugung meine Herren, um Überzeugung; das ist aber etwas Gutes! die Überzeugung! — Keine Überzeugung haben, überzeugungslos hin- und herwanken wie das Schiff nach der Windfahne des Eigennutzes sich bald da, bald dort hinkehren, das ist nichts. Schon der Apostel Paulus sagt: „Der Mensch, der nach seiner Überzeugung handelt ist nicht verloren. Er ist zu achten, er ist zu schätzen. Ja könnte man aber fragen, wenn nun der Staat seinerseits dem Protestanten und Israeliten gegenüber diese Gerechtigkeit geübt hat, hat er andere verletzt? nein m. HH.! der Staat hat die kath. Kirche in dem Momente, als er die schuldige Gerechtigkeit übte, frei erklärt, er hat ihr den Wirkungskreis so gelassen, wie er ihr von Anfang her gebührt hätte. Der Staat hat dem Israeliten, dem Protestanten nicht auf Kosten des Katholizismus Rechte gewährt, sondern er hat nur erklärt, die Rechte zur religiösen Überzeugung, die ihr Katholiken habt, die habt auch ihr Israeliten und Protestanten. Der Staat hat nur jene Beschränkung der Menschenrechte, die der Menschenwürde entgegen und widerrechtlich sind, aufgehoben. Oder meine Herren ist es etwa anständig, ist e5 etwa angemessen, ist es gerecht? — daß z. B. eine Person, welche mit einer religiösen 284 Überzeugung geboren und erzogen worden ist und die fest daran hält, daß sie dieser religiöse« Überzeugung willen von der Befähigung zum Grundbesitze ausgeschlossen erklärt werde, daß sie daher von Ackerbau und von Viehzucht von einem redlichen und ehrlichen Erwerbe ausgeschlossen bleiben müsse. Der Wegfall dieser Beschränkung hat dem Katholizismus nach meiner Überzeugung nicht im Mindesten Eintrag gethan, (Rufe: Bravo l) und das Gesetz der Liebe verlangt, daß wir auch den Andersgläubigen das Gleiche gestatten. (Rufe: Bravo) Und doch meine Herren, darin ist das Ganze, was dem Staate da gleichsam zum Verbrechen gemacht wird. Ich finde kein Verbrechen darin. Ich habe gesehen, daß die Regierung Schmähungen links und rechts über sich hat ergehen lassen und ich hatte die Hoffnung geschöpft, nachdem man diese Duldsamkeit, diese Überzeugungstreue des hohen Ministeriums, das ruhig im Vertrauen auf die gerechte Sache soviel über sich ergehen lassen hat, glaubte ich, daß diese Leute zur Einsicht und zur Rückkehr sich bewogen finden sollten. Allein diese Erwartungen haben sich nicht erwahrt, im Gegentheil ist diese Sache nur noch mehr ausgedehnt worden. Es sind nicht mehr bloß die gesetzgebenden Körper, es sind nicht mehr bloß die Faktoren der Regierung angeschuldigt worden, sondern auch gegen jene ist man vorgegangen, die der Regierung treu zur Seite zu stehen suchten; ja meine Herren! die Verblendung ist groß, es ist Unerhörtes geschehen. Ich kann mich nicht enthalten, ich muß diesfalls auf etwas aufmerksam machen^ Glauben Sie, , meine Herren, wenn der Rabiner zu den Israeliten nach Hohenems ginge oder wenn der Pastor hier zu seinen Schaafen ginge und sagen würde; meine Herren! ich habe sie im Verdacht der Apostasie, ihr fallt vom Glauben ab, ich muß mich versichern, daß das nicht geschieht, ich muß eine schriftliche Urkunde haben, ich muß von Ihnen eine Erklärung haben, ich bin überzeugt, daß diese Leute einer wie der andere sie mit Entrüstung zurückweisen würde und ich an meiner Stelle würde es auch thun. Allein was geschieht bei uns? bei uns Katholiken geschieht denn doch etwas dergleichen. Das Taufgelübde, das beinahe zwei Jahrtausende ausreichend war, meine Herren, reicht jetzt nicht mehr aus. (Rufe sehr gut.) Es ist die Religion in Gefahr und wie wir hören sind solche schwache, schwache Katholiken veranlaßt worden, sich selbst ein Armuthszeugniß auszustellen, (Rufe bravo!- sich selbst des Verdachtes der Apostasie anzuklagen. Es soll nicht mehr das Sakrament, nicht mehr das Taufgelübde, sondern schwarz auf weiß, eine Unterschrift soll nun dazu verhelfen, um diese Leute vom Abfalle vom Glauben zurückzuhalten. Ja meine Herren! wir sehen die Verblendung geht eben weit. Auch der Landtag gehört zu denjenigen Persönlichkeiten, die wenigstens in der Mehrheit der Regierung treu zur Seite stehen und ihre gerechten Zwecke zu fördern suchen. Deßhalb ist auch der Landtag Gegenstand der Anfeindungen. Wir haben nicht im Landtage, weil es ungesetzlich war, sondern in einem Zeitungsblatte einen Protest zu Gesicht bekommen, und meine Herren ich finde mich schuldig — ich als derjenige, der im vorigjährigen Komite, und der im heurigen Komite Berichterstatter in der Wahlsache war — mich offen hier, nicht hinterrücks, nicht in der Zeitung nicht im Vaterlande, nicht in einem Protest, zu rechtfertigen. (Rufe bravo!) Ich gehe in die Einzelheiten nicht ein, allein das ist doch richtig, daß wenn die Grundsätze, wegen welchen die heurige Wahl angefochten wird, wenn diese im vorigen Jahre in Anwendung 285 gekommen wären, nebst dem I. Rinderer noch drei Häupter aus unserem Landtage hätten scheiden müssen. (Rufe: ganz richtig) Wir haben Gerechtigkeit im vorigen Jahre geübt, aber konnten heuer keine andere Gerechtigkeit üben, und ich weise jeden Vorwurf diesfalls zurück. Ich glaube meine Herren das ist denn doch wohl stark; — und das Alles geschieht nur um die Autorität des Staates zu untergraben. Ich möchte da aufrufen, was die Schrift sagt: „mit der Elle, mit der du einmissest, wird auch dir gemessen. Wer einem anderen — nach dem Buche Sprach -- eine Grube gräbt, fällt selbst hinein." Ich hoffe, von dem nächstkommenden Concil, daß es besser berathen sein weide, besser im Interesse des Christenthums sorgen werde, als es bei dem jüngsten Vor Concil zu Bamberg geschehen ist. Ich werde daher mit vollster innigster Überzeugung für die Adresse stimmen und hoffe, daß das hohe Ministerium auf der betretenen Bahn der Gerechtigkeit fortfahre. (Stürmische Bravo-Rufe). Gsteu: Nachdem wir eine Überzeugung von einem k. k. Beamten, eine Überzeugung von einem Fabrikanten und eine Überzeugung von einem Rechtsgelehrten gehört haben, so muß ich die hohe Versammlung bitten, auch die Überzeugung eines Bauern anzuhören. (Bravo.) Die traurigen Zustände, welche eine Scheinkonstitution und eine kurze anderthalbjährige absolute Regierung in unserm Österreich herbeigeführt haben, haben auch mich einfachen Bauer gezwungen, über die Verhältnisse des Staates und der Kirche nachzudenken. Bei diesem Nachdenken bin ich zur Überzeugung gekommen, daß es unumgänglich nothwendig ist, daß beide Gewalten, Kirche und Staat nebeneinander, nicht eine über die andere ihre Pflichten und ihren Zweck erfüllen, daß eine freie Kirche im freien Staate recht wohl bestehen könne. Ich bin zur Überzeugung gekommen, daß der Staat, wie er jetzt im Laufe der Zeit seit Jahrhunderten herausgewachsen ist, seine Gesetze nicht nach bestimmten Konfessionen, nach den Grundsätzen einer bestimmten Konfession ordnen könne, sondern, daß er diese Gesetze nach allgemeinen seit Jahrtausenden sich herausgebildeten Rechtsgrundsätzen machen und ausführen müsse; denn wenn er (der Staat) seine Gesetze nach einer bestimmten Konfession einrichten wollte, so müßte er konsequent wieder dazu kommen, alle andern wieder zu unterdrücken. Es hat das die Geschichte zu vielen Malen bewiesen. Er müßte dazu kommen, wieder Scheiterhaufen zu errichten, Edikte von Nantes zu erlassen, eine Ausweisung der tüchtigsten Bürger, wie solche aus Tirol und Salzburg in neuerer Zeit ausgewiesen wurden, durchzuführen — er käme dazu, jeden Andersgläubigen zu unterdrücken und auszuweisen; wie dieß in Rußland heute geschieht, die Katholiken nach Sibirien zu schicken, die katholischen Geistlichen zu unterdrücken und Alles was katholisch ist, zu verbieten. Soweit käme er, daß er überhaupt jede andere Gesinnung auf was immer für eine Weise unterdrücken müßte. Da folgt nothwendig aus dieser Consequenz, daß, wie gegenwärtig Rußland die Katholiken unterdrückt und England die Katholiken Irlands nicht ganz freigibt, ebenso jede andere Regierung, wenn sie nach den Gesetzen einer bestimmten Confession ihre Gesetze regeln und ordnen wollte, dahin oder auf Ähnliches kommen müßte. Die Nichtigkeit dieser Folgerung hat die Geschichte nur zu oft nachgewiesen. Zu dieser Überzeugung bin ich mit meinem Nachdenken gelangt und bin damit zu dem Schlusse gekommen, daß es das Beste ist, wenn beide Gewalten, Staat und Kirche nebeneinander friedlich ohne in das eine oder das andere Gebiet hinüber zu greifen, ihren Zweck und Beruf erfüllen. (Bravo.) 286 Mit dieser Überzeugung kann ich sowohl der Adresse an Se. Majestät den Kaiser beistimmen und habe ihr schon beigestimmt, als auch der weiteren Adresse an das Ministerium. Denn eben in diesen Gesetzen, die Se. Majestät der Kaiser in Vereinbarung mit dem Volke uns gegeben hat, sind eben beide Gewalten, Kirche und Staat gleichberechtigt neben einander gestellt, und soweit ich überhaupt deutsch verstehe, kann ich nicht einsehen, daß die Kirche in etwas in diesen Gesetzen benachtheiliget wäre. Es ist ausdrücklich ihre Freiheit ihre Selbstständigkeit, die freie Verwaltung ihres Vermögens, sowie ihre innere Einrichtung gewährleistet, und ich glaube, daß die nothwendigen Folgerungen aus diesem ersten Staatsgrundgesetze auch annehmbar sind, sie werden, was ich selbst auch einsehe, daß sie nicht ganz vollkommen sind, verbessert werden können. Man muß einmal den ersten Schritt machen, und die Volksvertretung im Vereine mit der Regierung wird durch die Erfahrung belehrt, dieselben von Zeit zu Zeit zu verbessern sich bestreben. Weil also eben diese Staatsgrundgesetze die Freiheit des Staates und der Kirche nebeneinander gleichberechtigt auszuführen ermöglichen; und weil ich das für nothwendig finde, daß man allen Klassen der Bevölkerung die Rechte, die ihnen gebühren, zukommen lasse, und dieß ln den auf Grund der Staatsgrundgesetze weiter erflossenen Gesetzen angestrebt wird, so werde ich auch der Adresse an das Ministerium beistimmen. Dr. Bikl: Im Gefühle, daß mir die Gabe des freien mündlichen Vortrages nicht in dem Maße eigen ist, wie mehreren meiner verehrten Herrn Kollegen, pflege ich auch an den Debatten weniger Theil zu nehmen und mich lieber als stiller Arbeiter zu betheiligen. Weil sich aber heute ein k. k. Beamter erlaubt hat, oder vielmehr es wagte, Se. Majestät dem Kaiser gewissermaßen ein Mißtrauens-Votum zu geben (Ruf: Oho! ich Protestire!) dadurch, daß er den weiters erflossenen Gesetzen, welche, wie es eben in der beantragten Adresse erklärt erscheint, im Geiste der sanktionirten Grundgesetze erlassen sind, nicht vollends beistimmen könne, so kann ich nicht unterlassen, diesfalls etwas zu bemerken, und überhaupt den Einwendungen, welche von jener Seite gemacht zu werden pflegen, etwas anzuziehen. Man pflegt nämlich gewöhnlich anzuführen, das Christenthum sei in Gefahr, die Gesetze entchristlichen den Staat. Es waren schon zur Zeit Christi die Schriftgelehrten und Pharisäer diejenigen, welche der Ent. Wicklung des Christenthums und der Ausbreitung desselben am meisten im Wege standen. Christus halte vorzüglich es mit ihnen zu thun, er ist denselben und nicht so fast den Juden und Heiden unterlegen, er mußte denselben das Leben opfern. Diese Sekte, dieses Geschlecht, ist leider noch nicht ausgestorben, sondern hat sich bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt, und scheint gegenwärtig wieder mehr Leben zu gewinnen. Wer unter dieser Sekte zu verstehen sei, ist auf jeder Seite der Bibel zu ersehen. Die Momente sind so deutlich angegeben, daß man sie bei der Hand herbeiziehen und erkennen kann. Wenn man auch in heutiger Zeit beobachtet, wie es steht mit dem unantastbaren Ansehen, welches mit der absoluten Ära verknüpft wird; wenn man die Offenbarung des Glaubens beobachtet, mit welchen aber die Werke in Widerspruch sind; wenn man ferner die Scheu bemerkt, mit welcher das Streben, den Glauben zum Wissen zu erheben — hintangehalten wild, so dürfte man so ziemlich auf cher Fährte sein, wo auch heutzutage die Schriftgelehrten und Pharisäer zu suchen wären. 287 Nur die Berücksichtigung des Dranges der Verhältnisse; nur die Berücksichtigung der Mißverständnisse, welche obwalten könnten und die Unkenntniß des Pöbels, können Bedenken herbeiführen, diese gefundene Fährte zu verfolgen. Daher will ich mich nicht näher einlassen und das mir getrauen entschieden auszusprechen, daß diejenigen, welche die Verfassung und die Staatsgrundgesetze als unchristlich und somit unsittlich erklären, ohne dafür aus der Lehre Christi und den Aposteln und ihrem Leben den Beweis liefern zu können, daß die Schriftgelehrten und Pharisäer sind. Daher müssen wir im Geiste des Christenthums diesen Schriftgelehrten entgegentreten, und deßwegen beantrage ich, daß man dem Ministerium das vollste Vertrauen und den Wunsch ausdrücke, daß es die beschlossenen Gesetze handhabe und ausführe. (Beifalls Dr. Thurnherr: Ich muß mich gegen die Anschuldigung des Herrn Dr. Bikl, als hätte ich Se. Majestät dem Kaiser ein Mißtrauens-Votum gegeben, verwahren. Ich habe mich nur der Abstimmung enthalten, und habe weder pro noch contra gesprochen Dr. Vikl: Der Abstimmung trage ich allerdings Rechnung, die gepflogen worden ist, allein die Erklärung, daß man der Adresse nicht unbedingt beipflichten könne, dem Satze, welcher dahin lautet: „es sei dafür zu danken, daß seine Majestät Gesetze erlassen hat, welche im Geiste des Grundgesetzes erflossen sind, " das erachte ich nach meiner Anschauung als ein Mißtrauensvotum. Dr. Thurnherr: Sie haben mich mißverstanden, ich trete ein für das Staatsgrundgesetz; allein, an den andern Gesetzen Gefallen zu finden, habe ich keine Verpflichtung. Ich kann von jedem Gesetze ein Urtheil haben, was ich für eines will. Landeshauptmann: Da ich bemerke, daß Niemand mehr das Wort verlangt, so schließe ich die Debatte und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Fetz: Als von einigen unserer Herren Kollegen der Antrag angeregt wurde, eine Adresse an die Krone und das Ministerium zu erlassen, fand er allgemeine Zustimmung. Die Überweisung dieses Antrages an ein Komite, somit die formelle Inangriffnahme desselben wurde einstimmig beschlossen. Selbst von jenem Platze, der heute leer ist, wurde ein zustimmendes Votum abgegeben. Seitdem sind beiläufig drei Wochen verflossen und die Adressen, wie sie im Antrage selbst vorgezeichnet und umschrieben waren, liegen vor. Wie kommt es nun, daß gegen den Adreß Entwurf, der über den Antrag nicht hinausgeht, Einwendungen erhoben werden. Als Berichterstatter sehe ich mich veranlaßt, mit einigen einfachen Worten auseinander zu setzen, was meines Erachtens die Erlassung einer Adresse an das Ministerium (von der an den Kaiser rede ich nicht mehr) was meines Erachtens die Adresse an das Ministerium rechtfertigt, und was den Inhalt so wie das Komite ihn vorschlägt, ebenfalls rechtfertigt. Wir sehen, daß unsere junge freiheitliche Verfassung vielfach leidenschaftlich und heftig «»gegriffen wird. Wir sehen allerdings, daß diese Angriffe zum weitaus größten Theile herstammen von der sogenannten kirchlichen Partei. Das scheint mir, ist die Veranlassung gewesen, daß die Herren Vorredner sich fast durchgehends mit der kirchlichen Frage beschäftiget haben. Ich möchte dies so viel als möglich vermeiden und möchte mich rein ans das politische Feld verlegen. 288 Die kirchliche Partei hat sich auf eigenthümliche Weise in Verbindung gesetzt mit gewissen Nationalitäten und mit einer gewissen andern Partei, denen um nichts weniger zu thun ist, als um die katholische Religion. (Beifall) Die kirchliche Partei hat sich, infoferne es sich um Angriffe gegen die Verfassung handelt, in Verbindung gesetzt mit denjenigen, welche vor einigen Monaten eine Wallfahrt nach Konstanz unternommen haben um die Gründung des Hussitismus zu ehren und zu feiern. (Großer Beifall) Wir sehen, daß die Jung-Czechcn, die gegenwärtig Hand in Hand gehen mit der kirchlichen Partei und mit der feudalen Partei; wir sehen, daß die Jung-Czechen für nichts weniger begeistert sind, als für die katholische Kirche. Sie erklären sich selbst als Hussiten und Anhänger dieser Lehre, und doch besteht diese eigenthümliche Coalition. Was würde nun der Fall sein, wenn es dieser Partei gelingen wurde, die Verfassung, so wie sie besteht, zum Sturz zu bringen. Da zitire ich ein in Wien erscheinendes katholisches Blatt „den Volksfreund", der hat vor einigen Wochen beiläufig gesagt: „Wir geben zu, wenn mit der gegenwärtigen Verfassung die Regierung stürzt, dann wird der allgemeine Wirrwar, das Chaos folgen. Die Kirche, fügte es bei, die hätte sich nicht zu fürchten, die habe die Verheißung des ewigen Fortbestandes.“ Darauf erwiderte ein katholisches Blatt, welches allerdings nicht in Wien, sondern in Stuttgart erscheint: „Ihr Thoren, glaubt Ihr denn, daß diese Verheißung für die österreichische Kirche speziell gegeben sei? Diese Verheißung gilt für die Kirche als solche, die wird fortbestehen, die österreichische wird allerdings beim Umsturz ihren Theil mitkriegen." Und da hat dieses Blatt Recht gehabt. Was würde geschehen, wenn es wirklich, was immer für einer Partei oder Coalition aller Parteien gelingen wurde, die Verfassung zu stürzen — die Regierung zu stürzen — ich bedaure sagen zu müssen, daß wir in Österreich noch nicht weiter sind, und immer an Eine bestimmte Regierung denken müssen, wenn wir vom Fortbestände der Verfassung reden wollen, — ich sage, wenn es gelingen würde, die Verfassung zum Sturz zu bringen, was würde die Folge sein? Ich brauche nur an dasjenige zu erinnern, was eintrat unmittelbar nach dem Jahre 1849 und was im folgenden Dezenium geschah. Die Staatsschuld war enorm gestiegen, die Gesetzgebung vollkommen derout geworden. Alles war danieder gelegen und so war das blühende Reich an den Rand des Abgrundes gebracht. Diese damaligen Zustände wollen jene wieder herbeiführen, welche gegenwärtig daran arbeiten, die Verfassung zum Sturz bringen. (Bravo!) Meine Herrn! Indem wir beantragen, eine Adresse an das Ministerium zu erlassen, gehen wir bloß von dem Gedanken aus, hier auch unsererseits Zeugniß abzulegen, daß wir Patrioten sind und daß wir die Pflicht erfüllen als Patrioten, so gut wir sie verstehen und wir verstehen sie in diesem Falle ganz gut. (Bravo.) Wenn in unserer Adresse neben den Verfassungsgesetzen auch andere Gesetze benannt sind, welche auf dem Boden der Verfassung wurzeln, so ist dies einfache Logik der Thatsachen; — die Grundgesetze selbst hätten eine geringe Bedeutung, wenn sie nicht ausgeführt würden. Es sind noch nicht alle Bestimmungen der Grundgesetze ausgeführt und wir erwarten, daß diejenigen, die nicht ausgeführt sind, in kurzer Zeit zur Ausführung gelangen. Diejenigen aber, die ausgeführt sind, sind ausgeführt im Geiste des Fortschrittes, der Freiheit und des 289 allgemeinen Rechtes, (Bravo!) und deßwegen ist der Beisatz, daß wir auch den andern Gesetzen zustimmen, wohl begründet und richtig und diejenigen Herren, welche erklären, daß sie für die Verfassung seien, für diese Gesetze aber nicht, die bewegen sich in einem unlösbaren Widerspruch, sie wollen die Grundlage des Gebäudes nicht aber den Giebel, Um wohnen zu können, ist auch ein Dach nothwendig. (Sehr gut! Bravo!) Landeshauptmann: Wir kommen nun zur Abstimmung. Anträge gegen die Adresse sind nicht eingereicht worden. Somit bitte ich diejenigen Herren, welche die Adresse anzunehmen gedenken, von den Sitzen sich zu erheben. (Einstimmig angenommen. Vier Mitglieder enthielten sich der Abstimmung). Ein weiterer Gegenstand ist der Komitebericht betreffend den erweiterten Wirkungskreis der Landesvertretung. Herr Dr. Fetz als Berichterstatter haben das Wort. Dr. Fetz: (Verliest den Komite-Bericht.) Comite-Bericht betreffend den erweiterten Wirkungskreis der Landesvertretung. Hoher Landtag! Das Komite pflichtet dem vom Landesausschusse in seinem Berichte vom 21. August 1868 ausgesprochenen Anschauungen im vollen Umfange bei. Niemand kann verkennen, daß durch das Staatsgrundgesetz und in dieser Beziehung die die Thronrede knüpften, mit wurde. der Wirkungskreis der Landesvertretungen vom 21. Dezember 1867 wesentlich erweitert Erwartungen erfüllt wurden, welche sich an der die letzte Reichsraths-Session er, öffnet Seit dem 21. Dezember 1867 ist der Wirkungskreis der Landesvertretung nur negativ umschrieben. Alles was auf die Gesetzgebung Bezug hat und nach dem Staatsgrundgesetze nicht in die Kompetenzsphäre des Reichsrathes gehört, ist den betreffenden Landesvertretungen überwiesen. Das Komite ist der Ansicht, daß in Folge dessen die Landesordnung, welche noch auf den Bestimmungen des Patentes vom 26. Februar 1861 beruht, einer entsprechenden Revision bedürfe. Das Komite hält es aber noch weiters für gebothen, daß die LandtagsWahlordnung dem erhöhten Wirkungskreise des Landtages angemessen abgeändert werde. Es liegen in dieser Beziehung abgesonderte Anträge, betreffend die geheime Abstimmung bei den Wahlen und die Erweiterung des Wahlrechtes vor, welche das Komite unter Einem dem Landesausschusse zur entsprechenden Berücksichtigung zu überweisen beantragen wird. Das Komite stellt also folgende Anträge: 1. Ein hoher Landtag wolle aussprechen, er nehme mit Befriedigung die Bestimmungen über den erweiterten Wirkungskreis der Landesvertretung Kraft der Anordnungen des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 entgegen und mache sie zu den seinigen. 290 2. Der Landesausschuß werde beauftragt, dem Landtage in der nächsten Session eine entsprechend den Verfassungsgesetzen revidirte Landesordnung ferner eine Landtagswahlordnung zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen. Bregenz, am25. September 1868. Karl Ganahl, Obmann. Dr. Fetz, Berichterstatter. Landeshauptmann: Wenn Niemand sich zum Worte meldet, gehe ich zur Abstimmung über. Die Anträge des Komite's lauten. 1. „Ein hoher Landtag wolle aussprechen, er nehme mit Befriedigung die Bestimmungen über den erweiterten Wirkungskreis der Landesvertretung Kraft der Anordnungen des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 entgegen und mache sie zu den seinigen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen). 2. „Der Landesausschuß werde beauftragt, dem Landtag in der nächsten Session eine entsprechend den Verfassungsgesetzen revidirte Landesordnung, ferner eine Landtagswahlordnung zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen). Ein weiterer Gegenstand ist der Komitebericht betreffend die Abänderung der §§ 6, 8 und 10 der Landtagswahlordnung. Berichterstatter Herr Dr. Fetz. Dr. Fetz: Herr Dr. Jussel hat folgenden Antrag eingebracht: „Der hohe Landtag wolle beschließen die §§ 6, 8 und 10 der Landtagswahlordnung dahin auszudehnen, daß das Wahlrecht zum Landtage und die Wählbarkeit in den Land« tag auf alle jene Staatsbürger ausgedehnt werde, welche nach dem Gemeindegesetze zur Wahl der Gemeindevertretung berufen sind und daß dieser Gegenstand zur Berathung und Antragstellung einem Ausschuße von drei Mitgliedern zugewiesen werde." Einen gleichlautenden Antrag hat auch der Herr Abgeordnete Gsteu eingebracht. Über diese Anträge nun erstattet das Komite, welches zur Berathung derselben eingesetzt wurde, folgenden Bericht: Comite-Bericht betreffend die Anträge des Herrn Abgeordneten Dr. Jussel und Gsteu auf Abänderung der §§ 6, 8 und 10 der Landtagswahlordnung. Hoher Landtag! Das Komite erkennt vollständig das Bedürfniß nach Erweiterung des Wahlrechtes, wie solches von den Herren Antragstellern dargestellt wurde. Dasselbe ist jedoch der Ansicht, daß die Landtags-Wahlordnung überhaupt einer Revision zu unterziehen sei, und stellt unter Einem aus Anlaß des 291 Berichtes des Landesausschusses über die erweiterte Landesautonomie einen diesbezüglichen Antrag. Das Komite glaubt demnach, daß die Eingangs erwähnten Anträge dem Landesausschusse zur Berücksichtigung bei der ihm übertragenen Revision der Landtagswahlordnung zu überantworten seien. Die revidirte Landtagswahlordnung ist nach dem Antrage des Komite's dem Landtage in der nächsten Session zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen. Vorläufig also geht der Antrag des Komite's dahin: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es seien die übereinstimmenden Anträge der Abgeordneten Dr. Jussel und Gsteu dem Landesausschusse zur Berücksichtigung bei der Revision der Landtagswahlordnung zu überantworten." Bregenz, 25. September 1868. Karl Ganahl, Obmann. Fetz, Berichterstatter. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand). Da dies nicht der Fall ist, lege ich den Herren zur Schlußfassung den Antrag des Ausschusses vor: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es seien die übereinstimmenden Anträge der Abgeordneten Dr. Jussel und Gsteu dem Landesausschusse zur Berücksichtigung bei der Revision, der Landtagswahlordnung zu überantworten." Die Herren, welche diesem Antrage beistimmen wollen, bitte ich sich zu erheben. (Angenommen). Weiters kommt in Verhandlung zu ziehen der Komitebericht über den Antrag des Herrn Dr. Bill und Genossen, betreffend die Einführung der geheimen Abstimmung mittelst Stimmzetteln in den Landtag, dahin lautend: Hoher Landtag! In der Sitzung vom 29- Dezember 1866 beschloß Hochderselbe über Anregung des damaligen Landtagsabgeordneten Baron v. Seyffertitz eine Abänderung der §§ 21, 30, 31, 33, 35, 36 und 40 der Landtagswahlordnung nämlich die Annahme der geheimen Abstimmung mittelst Stimmzettel anstatt der bisher gesetzlichen öffentlichen mündlichen Stimmgebung. Laut Rechenschaftsberichtes des Landesausschusses vom 21. v. Mts. wurde aber dem bezüglichen Gesetzentwürfe die allerhöchste Genehmigung vorenthalten. Da aber seit dieser Abweisung durch das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 der Wirkungskreis der Landesvertretung wesentlich erweitert wurde, da ferner die Gründe, welche den Beschluß jener Abänderung veranlaßten, auch noch derzeit fortbestehen und jetzt sogar noch dringender als früher sowohl bei den Wahlen der Wahlmänner als bei jenen der Landtagsabgeordneten für die geheime Abstimmung sprechen und da endlich die geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel bei Gemeindewahlen schon gesetzlich eingeführt und sowohl mit guter Aufnahme, als auch mit dem gewünschten Erfolge begleitet wurde: so erlauben sich die Gefertigten den Antrag auf Einführung der geheimen 2SL Abstimmung mittelst Stimmzetteln resp. auf Abänderung der §§ 21, 30, 3t, 33, 35, 36 und 40 der Landtagswahlordnung zu erneuern, jedoch dabei die im Jahre 1866 beantragte Abänderung einigermassen zu modifiziren, indem sie den Antrag stellen, der hohe Landtag wolle beschließen: 1. es sei sowohl für die Wahlen der Wahlmänner als für die der Landtagsabgeordneten die geheime Abstimmung mittelst Stimmzettel an der Stelle der mündlichen Stimmgebung einzuführen; 2. es seien zu diesem Zwecke die §§ 21, 30, 31, 33, 35, 36 und 40 der Landtagswahlordnung nach Maßgabe des folgenden Gesetzes abzuändern; und für diese Abänderung die allerhöchste Sanktion einzuholen. Gesetz, betreffend die Abänderung der §§ 21, 30, 31, 33, 35, 36 und 40 der Landtagswahlordnung. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich die Bestimmungen der §§ 21, 40, St, 33, 35, 36 und 40 der Landtagswahlordnung für das Land Vorarlberg hiemit abzuändern. Sie haben künftighin zu lauten wie folgt und zwar: § 21. Die Wahl der Wahlmänner hat am bestimmten Wahltage zur festgesetzten Stunde und in dem bezeichneten Versammlungsorte ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler zu geschehen und sind dabei die Bestimmungen der nachfolgenden Paragraphe 28, 29, 30 dann 32 bis einschließlich 36 in analoge Anwendung zu bringen. Jeder Wähler hat so viele Namen auf einen Stimmzettel zu schreiben als Wahlmänner zu wählen sind, dann den mit den Namen der Personen seiner Wahl versehenen Stimmzettel in die bei der Wahlkommission befindliche Wahlurne zu hinterlegen. Die Namensunterschrift des Wählers ist nicht erforderlich. Zur Giltigkeit der Wahl der Wahlmänner ist die absolute Mehrheit der Stimmenden nothwendig. Wird diese bei der ersten Abstimmung nicht erzielt, so ist nach den Bestimmungen der §§ 37, 38 und 39 weiter vorzugehen. § 30. Die Abstimmung selbst beginnt damit, daß die Mitglieder der Wahlkommission, infoferne sie wahlberechtiget sind, ihre Stimmzettel in die Wahlurne legen. Hierauf «erden durch ein Mitglied der Wahlkommission die Wähler in der Reihenfolge, wie ihre Namen in der Wählerliste eingetragen sind, zur Abgabe ihrer Stimmzettel in die Hände des Vorsitzenden aufgerufen, welcher dieselbe sofort entfaltet in die Wahlurne legt. Die geschehene Abgabe des Stimmzettels ist neben dem Namen des-betreffenden Wählers in die Wählerliste sogleich vorzumerken. Wahlberechtigte, die nach geschehenem Ausrufe ihres Namens in die Wahlversammlung kommen. 293 haben erst, wenn die ganze Wählerliste durchgelesen ist, ihre Stimmzettel abzugeben und sich deßhalb bei der Wahlkommission zu melden. § 31. Jeder zur Abstimmung ausgerufene Wähler hat unter Abgabe seiner Legitimationskarte einen mit dem genauen Namen der Person, welche nach seinem Wunsche Abgeordneter zum Landtag werden soll versehenen Stimmzettel dem Vorsitzenden. zu übergeben, der damit nach Vorschrift des § 30 verfährt. Entfallen auf einen Wahlkörper zwei oder mehrere Abgeordnete, so hat jeder Wähler so viele Namen auf den Stimmzettel zu schreiben, als Abgeordnete zu. wählen sind. Die Namensunterschrift des Wählers ist. nicht erforderlich. § 33. Die geschehene Abgabe jedes Stimmzettels ist neben dem Namen des betreffenden Wählers in der vorbereiteten Wählerliste sogleich vorzumerken. Diese Vormerkung besorgt der vom Wahlkommissär der Wahlkommission beigegebene Schriftführer unter Kontrolle eines Mitgliedes der Wahlkommission. § 35. Die Wahl muß in der Regel im Lauf des dazu bestimmten Tages vollendet werden. Treten aber Umstände ein, welche den Anfang, Fortgang oder die Beendigung der Wahl verhindern, so kann die Wahlhandlung von der Wahlkommission mit Zustimmung des Wahlkommissärs auf den nächst, folgenden Tag verschoben oder verlängert werden. Die Bekanntmachung hierüber hat für die Wähler auf ortsübliche Weile zu geschehen. In dem Falle einer Unterbrechung der Wahl ist die Wahlurne unter amtlichen Verschluß der Wahlkommission zu legen. § 36. Sobald alle anwesenden Wähler ihre Stimmzettel abgegeben haben, ist von dem Vorsitzenden der Wahlkommission die Stimmgebung für geschlossen zu erklären. Hierauf ist die Skrutinirung sogleich vorzunehmen, indem der Vorsitzende der Wahlkommission jeden Stimmzettel unter Einsichtsnahme zweier von den Wahlmännern aus ihrer Mitte gewählten Kontroleure entfaltet und die darauf befindlichen Nachen herabliest und den Stimmzettel zur Aufbewahrung hinterlegt. Jeder Name wird dann in *=§33. Das Resultat der vollendeten Stimmzählung ist von dem-Vorsitzenden der Wahlkommission sogleich bekannt zu. geben. § 40. Wenn die erforderliche Anzahl Abgeordneter gehörig gewählt ist- wird das über die Wahlhandlung geführte Protokoll geschlossen, von den Gliedern der Wahlkommisston und dem landesfürstl. Kommissär unterschrieben, gemeinschaftlich unter Anschluß der mit der nach § 30 zu machenden Bemerkung der Stimmzettelabgabe versehenen Wählerliste der Stimmzettel und der Stimmzählungsliste —, und bei Wahlen der Abgeordneten der Landsgemeinden auch unter gleichzeitiger Beilegung der Wahlakten der Wahlmänner — versiegelt, mit einer den Inhalt bezeichnenden Aufschrift versehen und dem landesfürstlichen Kommissär zur Einsendung an den Statthalter übergeben. Bregenz am 1 September 1868, Dr. Bikl, Geb. Schwärzler, Jos. A. Heßler, Jos. Feuerstein, Jos. Ant. Gsteu, Landtagsabgeordneter J. G. Lins. Herr Dr. Fetz als Berichterstatter wollen gefälligst den Vortrag halten. Dr. Fetz: Dieser Antrag ist in der letzten Session vom Herrn Baron Seyffertitz begründet worden. Es dürfte also nicht nothwendig sein, den Antrag des Herrn Dr. Bikl nochmals vorzulesen. Ich beschränke mich vorläufig auf die Verlesung des Komiteberichtes. (Verliest wie folgt): Comite-Bericht betreffend den Antrag des Herrn Dr. Bickl und Genossen wegen Einführung der geheimen Abstimmung mittelst Stimmzetteln. Hoher Landtag! Der vorarlbergische Landtag hat bereits in der Sitzung vom 29. Dezember 1866 die geheime Abstimmung bei den Wahlen beschlossen. Das Komite hält es demnach nicht für nothwendig die triftigen Gründe abermals hervorzuheben, die namentlich in bewegten Zeiten und in sogenannten Übergangsperioden für die Anwendung der geheimen Abstimmung sprechen. Indem das Komite dem Antrage des Herrn Dr. Bikl und Gen offen vollkommen beipflichtet, hält es dasselbe für opportun, diesen Antrag dem Landesausschusse zur vollen Berücksichtigung bei der ihm übertragenen Abfassung eines Entwurfes einer revidirten Landtagswahlordnung zu überantworten, da es angemessen erscheint, die Landtagswahlordnung unter Einem und im Ganzen abzuändern. Das Komite beantragt demnach: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei der Antrag des Herrn Dr. Bikl und Genossen dem Landesausschusse zum Zwecke der Ausnahme des Prinzipes der geheimen Abstimmung mittelst Stimmzetteln in die Landtagswahlordnung zu überantworten. Bregenz, den 25. September 1868. Karl Ganahl, Obmann. A. Fetz, Berichterstatter. 295 Dr. Jussel: Ich mag ein schlechter Politiker und ein schlechter Praktiker sein, aber ich muß erklären, daß ich meine Grundsätze in Bezug auf die geheime Abstimmung seit dem Jahre 1866 nicht geändert habe. Ich kenne den Vorarlberger als geraden und offenen Mann, der seine Meinung frisch vom Flecke heraus sagt und dann ein guter Mensch ist. Ich glaube die geheime Abstimmung diene dazu, den Charakter unserer Bevölkerung zu verderben. Ich werde dem Antrag, daß diese Sache dem Landesausschuße zur Berücksichtigung überwiesen werde, zustimmen; ich mache aber nur diese Erklärung, damit der hohe Landtag wisse, in welchem Sinne ich diese Abstimmung mache. Landeshauptmann: Ich schließe die Debatte, wünscht der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Dr. Fetz: Da es sich nicht um die Verfassung und Berathung dieses gegenwärtigen Gesetzes handelt und übrigens kein Antrag gestellt worden ist, so kann ich mich füglich jeder weiteren Bemerkung überheben. Landeshauptmann: Der Antrag des Ausschusses lautet: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei her Antrag des Herrn Dr. Bikl und Genossen dem Landesausschusse zum Zwecke der Ausnahme des Prinzipes der geheimen Abstimmung mittelst Stimmzetteln in die Landtagswahlordnung zu überantworten." Jene Herren, welche diesem Antrage beistimmen, wollen sich gefälligst erheben. (Angenommen). Zur weiteren Verhandlung liegt vor der Komitebericht über den Antrag des Abgeordneten Martignoni betreffend die Vollendung des Baues der Landesirrenanstalt in Valduna. Herr Dr. Fetz als Berichterstatter wollen gefälligst den Bericht zur Kenntniß der hohen Versammlung bringen. Dr. Fetz: (Verliest den Komitebericht wie folgt): Comite-Bericht über den Antrag des Abgeordneten Dr. Martignoni betreffend die Vollendung des Baues der Landes-Irrenanstalt in Valduna. Hoher Landtag! Die Landes-Irrenanstalt in Valduna soll eine humanitäre Institution werden, bestimmt, den Irren des Landes, die durch den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft gebothene Pflege in jeder Richtung angedeihen zu lassen. Das Gebäude ist also auch nach Plänen in Angriff genommen worden, die unter vollster Bedachtnahme auf Ersparungsrücksichten und auf die wahrscheinliche jeweilige Zahl solcher Kranken im Lande den Anforderungen der Psychiatrie vollkommen entsprechen. Namentlich wurde auf die vollste Absonderung der Geschlechter, auf die Möglichkeit der Trennung der einzelnen Kategorien der Kranken, Tobzellen u. s. w. angemessen Bedacht genommen. Das Komite hielt es für geboten, in dieser Sache Experte zu vernehmen Md Hat demnach nebst dem Mitgliede des Landesausschusses Herrn Dr. Martignoni auch den Bezirksarzt Herrn Dr. v. Honstetter in seine Sitzung eingeladen. Der Letztere erklärte auf das Bestimmteste und in Übereinstimmung mit dem Herrn Antragsteller, 296 daß die Anstalt ihren Zweck nur dann erfülle, wenn sie vollständig ausgebaut werde, daß sie gegenwärtig zur Aufnahme von Weibern nicht geeignet sei und auch zu dem Zwecke nicht adaptirt werden könne, wenn man nicht den Heilungszwecken der Anstalt entgegen arbeiten wolle, daß sie nach Vollendung des Baues zur Aufnahme von circa 109 und höchstens 120 Kranken geeignet fein werde, daß endlich dieser Belegraum der beiläufigen Ziffer der Irren im Lande entspreche. Wenn die Anstalt in ihrem gegenwärtigen unvollendeten Zustande bleiben würde, wäre sie etwas Unvollständiges, der Zweck, , um dessentwegen sie ins Leben gerufen