18661227_lts011

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:46
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,lts1866,lt1866,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

131 Vorarlberger Landtag. XI. Sitzung am 27. Dezember 1866 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. — Gegenwärtig 17 Abgeordnete. — Landesfürstlicher Commissär Anton Ritter von Strele. — Die Abgeordneten Hochw. Bischof, Stemmer und Johann M. Schedler beurlaubt. Beginn der Sitzung um 10 1/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann. Die Sitzung ist eröffnet und ich beginne mit Verlesung des Protokolls der vorhergehenden. (Sekretär verliest dasselbe.) Ich nehme das Protokoll als richtig abgefaßt an, da keine Einwendung dagegen erhoben wurde. Ich habe der hohen Versammlung mitzutheilen, daß Nachmittags 1/3 3 Uhr das Comite der Lermoosergelder zusammentritt. Vom k. k. Hof-Chromolithografischen Institute Ant. Hartinger und Sohn in Wien ist mir eine Eingabe zugekommen in welcher gebethen wird um Unterstützung zur Förderung der von diesem Institute herausgegebenen landwirthschaftlichen Tafeln durch Ankauf für die Volksschulen des Landes. Ich werde diese Einladung auf dem Tisch im Nebenzimmer zur Einsicht der verehrten Herren bereit hallen und allfällige Anmeldungen entgegen nehmen. Landesf. Kommissär. Ich habe mit Rücksicht auf die vorausgegangene Verhandlung, beziehungsweise Anfrage in Beziehung auf die Brandassekuranzstatuten nunmehr der hohen Versammlung ein Telegramm vom hohen Staatsministerium mitzutheilen, welches lautet: Nr. 7606 St. M. A. h. Entscheidung 23. d. Mts. ermächtiget das Staatsministerium die Statuten von vorarlberger Brandassekuranz gegen Berücksichtigung von einigen Bemerkungen zu genehmigen. Diese sind: — 132 — Z. 32 und 62. Vorschlag, die Auszahlung der Vergütungssumme, nur zu Gunsten von Hypothekargläubigern zu beschränken. Zu 42 Berücksichtigung des Falles, daß nicht immer der Schaden von Amtwegen durch landesfürstliche Behörden erhoben wird. Zu 49 Weglassung von „Realinstanz" wegen Mobiliarversicherungen. Zu 54, daß die Streichung von „Vorrecht" Wechsel im Konkurse nicht bewilligt werden kann, auch für Tiroleranstalt nicht bewilliget ist. Dem Landtage ist prinzipielle Annahme dieser Modifikationen, Ermächtigung des Landesausschusses zu definitiver Vereinbarung mit Regierung anheimzustellen. Der Erlaß folgt nach. Wien, den 25. Dezember 1866. Ich habe also den Herr Landeshauptmann nur zu ersuchen, hierüber geeignete Maßnahmen zu treffen. Landeshauptmann. Nachdem der Schluß der Session nahe ist, ist es wohl sehr dringend, daß diese Sache gleich in Berücksichtigung und Betrachtung gezogen werde, und ich wäre daher der Ansicht, diese telegrafische Nachricht, welche uns hier vom Herrn Statthaltereirath mitgetheilt worden ist, einem Comite und zwar dem, wie ich glaube nur einzig mehr bestehenden, zuzuweisen. Seyffertitz. Es besteht vor der Hand nur mehr das Comite über die Lermoosergelder. Landeshauptmann: Ich beantrage daher um Zeit zu gewinnen, es diesem Comite zur Begutachtung zu überweisen. Nachdem kein Gegenantrag erfolgt, so nehme ich dieses als angenommen an. Erster Gegenstand der Tagesordnung ist der Antrag der Herren Abgeordneten Egender, Feuerstein, Ganahl, Jussel, Seyffertitz, Hirschbühl, Rhomberg und Berti, dahin lautend: „Das hohe Handelsministerium anzugehen, daß ungeachtet des ratifizirten Zoll- und Handelsvertrages mit dem Kaiserlhume Frankreich noch nachträglich im Interesse der vorarlbergischen Käseerzeugung auf möglichste Herabsetzung der Eingangszölle für Käse in Frankreich hingewirkt werde." Dr. Jussel. Ich glaube, daß es sich sowohl bei diesem Antrage als wie beim Anträge bezüglich der Illregulierung lediglich um die formelle Behandlung der Sache handeln könne. Der Landtag selbst kann in der Sache nichts beschließen, sondern er kann nur das Einschreiten bei der hohen Staatsregierung in Antrag bringen. Deßwegen glaube ich, sollte der hohe Landtag einfach beschließen, daß diese Eingaben dem Landesausschusse übermittelt würden mit der Ermächtigung, im Namen des Landtages dieselbe zur Berücksichtigung der hohen Staatsregierung vorzulegen. Landeshauptmann. Ist die hohe Versammlung hiemit einverstanden? bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Ich werde als weiteren Gegenstand der Verhandlung abweichend von der Reichenfolge, wie sie im Protokolle angegeben ist, den Comitebericht über das Gesuch der Gemeinde Bürs um Schutz gegen den Wildbach Schesa vornehmen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter seinen Vortrag zu halten. (Dr. Bickl verliest:) Comite-Bericht über das Gesuch der Gemeinde Bürs um Schutz gegen den Wildbach Schesa. Hoher Landtag! Es ist zwar nicht daran zu zweifeln, daß der Gemeinde Bürs von Seite der von Bürserberg kommenden Schesa die in ihrem Gesuche bezeichneten Gefahren drohen. Allein vermöge einer Ministerialentscheidung vom 4. September 1853, Zahl 21950 besteht eine rechtsverbindliche Konkurrenz zur Verbauung des Schesatobels und zwar im untern Theile durch Anbettung der dort liegen gebliebenen großen Steine, im obern Theile durch Anbringung von Thalsperren. Die Kosten der Anbettung wurden vom Kreisbauamte für die ersten 10 Jahre auf jährliche 720 fl. Rw. veranschlagt, die der Thalsperre aber auf 3495 ft. 30 kr. Rw. die in mehreren Jahren zur Verwendung kommen sollten. Die Kosten dieser Verbauung wurden mit Hinsicht auf das nachbenannten Interessenten nach dem beigesetzten zur Verwendung kommen sollten. Die Kosten Wasserbaunormal« vom Jahre 1830 unter die Maßstabe vertheilt, als: auf das Straßenärar die Gemeinde Bürs Bürserberg Nüziders Bludenz | Blum’sche Papierfabrik | 1/20 Fabrik Lünersee | 1/20 9/10 4/10 1/10 3/10 1/10 Diese Konkurrenz soll aber seit dem Jahre 1853 zu den gedachten Bauten nur beiläufig 600 fl. verwendet haben. Die Verbauung der Schesa kann daher derzeit noch um so weniger als Landesangelegenheit angesehen werden, als die Konkurrenz ihre Verbindlichkeit noch lange nicht erfüllt hat. Übrigens dürste jenes Gesuch dem k. k. Statthalterpräsidium zur allenfälligen Erhebung: ob das im Jahre 1853 adoptirte Projekt beizubehalten und auszuführen oder ob ein neues Projekt zu beantragen sei und überhaupt zur Einleitung zweckdienlicher Maßregeln mitzutheilen sein. Das Comite stellt deßhalb den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. Dem Gesuche der Gemeinde Bürs um Schutz gegen die Schesa und um bezügliche Vorkehrungen, derzeit keine Folge zu geben; 2. dasselbe dem k. k. Statthaltereipräsidium zur Einleitung zweckdienlicher Maßregeln, unter Zugrundlage der vorerwähnten Ministerialentscheidung vom 4. September 1853, Zahl 21950 mitzutheilen. Bregenz, Z9. Dezember 1866. (Cais ganahl, Obmann. Dr. Nickt, Berichterstatter. Ich sehe allfälligen Entgegnungen von Seil, der hohen Versammlung entgegen. Ganahl. Wenn es auch wie das Comite sagt, richtig scheint, daß die Schesa droht, immer mehr und mehr Verheerungen und Versandungen anzurichten, so glaube ich doch, daß die Gefahr nicht gar so groß sei, und daß Gefahr nicht vorhanden sein könne, welche (wie das Gesuch sagt) die Existenz der ganzen Gemeinde Bürs in Frage stellte. Wenn dieses der Fall wäre, so hätte die Gemeinde gewiß die im Jahre 1853 beschlossenen Bauten ausgeführt. Wie aus dem Berichte hervor» geht, besteht eine rechtsverbindliche Konkurrenz durch welche bestimmt wurde, daß in zehn Jahren circa 9000 fl. verbaut werden sollen. Die Konkurrenz hat wohl Verbauungsversuche gemacht, aber nur circa 600 fl. verbaut. Ich glaube daher der hohe Landtag dürste in den Antrag, den das Comite gestellt hat, eingeheu. Zuerst soll die durch die Konkurrenz bestimmte Summe verbauten werden und erst dann, wenn dies Alles nichts helfen sollte könnte man sich vielleicht später an den Landtag wenden. Vorerst sehe ich nicht ein, daß der Landtag in irgend einer Weise eintreten soll, als in der Art, wie es das Comite im Berichte beantragt hat. Wohlwend: Ich habe mich bei Gelegenheit, als der Landesausschuß mich beauftragte, in der Gemeinde Bürs bezüglich der Austheilung von Gemeindegründen zu Gemeindetheilen an Ort und Stelle Einsicht zu nehmen, auch über die traurige Lage der Gemeinde Bürs wegen der RinnsalsErhöhung überzeugt, daß die Gefahr für Bürs wirklich groß ist. Ich kann daher der Ansicht des Herrn Ganahl nicht zustimmen, daß man daraus weil diese Konkurrenz blos einen Theil von dem disponiblen Gelde verwendet hat, schließen könne, es sei die Gefahr nicht groß. Ich habe mich persönlich überzeugt, welche Verheerung das Gerölle der Scesa in der Zeit von 1 bis 2 Jahren verursacht hat. Die Vorrückung des Schuttkegels gegen das Dorf ist derart, daß man wirklich befürchten muß, der nächste Erguß der Scesa werde ganz nahe an's Dorf wo nicht ins Dorf selbst hineinkommen, und daß durch die Muhre, welche vom Bürserberg heruntergleitet der Bürserberg selbst bedeutend leidet, und die Furcht gegründet ist, daß der größere Theil des Dorfes Bürserberg herunterrutscht und das Dorf Bürs zudeckt. Es war mir unbekannt, daß schon eine Konkurrenz ausgemittelt wurde, auffallend aber ist mir der Ausdruck des Comiteberichtes, daß von diesen Konkurrenzgeldern bis dato nur 600 fl. verwendet worden sein sollen. Ich begreife wirklich nicht, nachdem sowohl die Gemeinde Bludenz als auch die Gemeinde Bürs und Bürserberg täglich ihre Gefahren einsehen, daß sie das Geld welches zum Zwecke, von Uferversicherungen und Verbauungen bestimmt war, nicht verwendet haben sollen. Es ist auch das Komite wie mir scheint über diese Sache nicht sicher, denn es sagt eben es „sollen", es ist auch nicht ersichtlich woher das Komite diese Mittheilung erhalten hat, es sagt auch nichts davon warum die Gelder nicht verwendet worden sind. Ich bedaure, daß das Comite in diese Fragen nicht näher eingegangen ist, um so mehr als der Berichterstatter der vis-a-vis von der Scesa wohnt mit den Verhältnissen gewiß sehr gut betraut ist. Ich kann mich nicht entschließen, diese Angelegenheit mit dem Ausspruch abzuthun, daß sie keine Landesangelegenheit sei. Wir haben für andere Ortschaften dadurch Sorge getragen, daß wo Gefahren drohten, so viel als möglich Hülfe geleistet wurde und zwar im verflossenen Jahr bei der Regulirung des Ehbaches in Meiningen und im größeren Maßstabe bei der Rheinkorrektion. Wenn man die großen Gefahren, welchen diese beiden Ortschaften ausgesetzt sind, ins Auge faßt, so sollte die Vorstellung welche an die k. k. Statthalterei zurichten kommt, die Gefahren in welcher diese beiden Ortschaften schweben, als groß und die Hülfe als dringend nothwendig dargestellt werden. Dr In stet. Das Komite hat die Angelegenheit die hier in Frage steht mit aller Gewissenhaftigkeit geprüit, es findet allerdings, daß Gefahren da sind, daß sie aber so nahe da sind, das hat das Komite nicht annehmen können, denn hätte es die Gefahr so nahe angenommen, handelte es sich um die Existenz der Gemeinde Bürs, so könnte man nicht glauben, daß Bürs wirklich bis zum letzten Moment zugewartet hätte, daß es nicht die schon längst vorgeschlagenen Bauten ausgeführt hätte. Es ist kein Sollen in Betreff der 600 fl. die da verwendet worden sind. Das Komite hat den Herrn Landesf. Kommissär um Aufklärung ersucht, und wir haben auch aus den amtlichen Akten entnommen, daß anfänglich 20000 fl. zu Verbauungen veranschlagt waren, daß dann aber dieses Budget auf 9000 fl. reduzirt worden ist, weil eben die Gemeinden - oder die Konkurrenten noch nicht zu so großem Aufwande sich verstehen wollten, obwohl das Straßenearar ein schönes Betreffniß nämlich zwei Zehntel davon zu übernehmen erklärt hatte. Aus diesen Akten wissen wir, daß blos 600 fl. anstatt 9000 fl. verwendet worden sind. Ich bin auch der Anschauung, daß die Sache, wie sie liegt und steht, seinerzeit zur Landesangelegenheit werden kann, aber ich stimmte vollständig dem Comite, dem Antrage bei, daß die Angelegenheit vorderhand noch keine Landesangelegenheit sei. Es ist der Antrag gestellt, daß man sich bei der hohen Statthalterei verwenden solle, daß daselbst technische Erhebungen veranlaßt werden, um zu erfahren, ob die Gefahr wie sie früher bestand, wo die Konkurrenz gebildet wurde, noch im alten Stande da sei, oder ob allenfalls größere Maßnahmen nothwendig werden. Das ist vorderhand genug, denn durch den technischen Befund, der in dieser Weise veranlaßt wird, wird man ersehen, ob die Gefahr sehr dringend ist, daß jetzt schon ein Einschreiten - 137 Österreich wiederholte, besonders nachzuspüren, und das habe ich, glaube ich, redlich gethan. Ungeachtet ich daher selbst nicht Bürger bin, ungeachtet ich durch eine Reibe von Jahren gegen die Bürgereinkaufstax war, ergreife ich heute das Wort um dieselbe im vollen Umfange aufrecht erhalten zu wiffen. Um so unparteiischer, weil ich das vorausgeschickt habe, dürften Sie wohl die Worte hinnehmen, die ich zu sprechen gesonnen bin. Meine Herren! wir sieben hier, obwohl anscheinend vor ganz unschuldigen Gesuchen, dennoch vor einer prinzipiellen Frage von höchster Wichtigkeit, wichtig, weil sie tief in die Rechte selbstständiger Korporationen eingreift, wichtig, weil sie eine der merkwürdigsten Eigenthümlichkeiten des Landes Vorarlberg berührt! Was ich vor Allem vorauszuschicken bemüßigt bin, bevor ich in die meritorische Erörterung eintrete, ist, daß mir scheint, daß in dieser Frage über die Bürger Einkaufsgelder, insbesondere über die Bürgereinkaufsgelder der Frauen eine babylonische Verwirrung herrsche und zwar eine Verwirrung nicht blos unten, sondern auch höher oben. Ich habe mir sehr oft Mühe gegeben, nachzusinnen, woher diese Verwirrung komme und habe die Gründe nirgends anders finden können als in jenem Mangel an historischem Sinne, der seit den letzten 60 bis 70 Jahren in Österreich fast überall Platz gegriffen hat. Meine Herren! wer die Gegenwart begreifen will, der kann sie nur aus der Geschichte begreifen lernen. Greifen wir daher ebenfalls auf die Geschichte zurück, so wie ich es bei meinem Studium über diese Frage zu thun bemüßiget war. Das Gemeinderecht des Mittelalters, meine Herren, war ein ganz anderes als das des modernen Staates. Im deutschen Mittelalter insbesondere war die Gemeinde eine viel engere als sie im 19. Jahrhundert ist. Die Gemeinde des deutschen Mittelalters bis in die neuere Zeit herauf bestand nur aus Bürgern; alles andere, was nicht Bürger war, stand sozial, — gesellschaftlich — niedriger als Bürger; ja nicht blos sozial, sondern auch politisch; denn Wahlen ausüben, in Gemeindesachen sich mischen durfte nur derjenige, der Bürger war. Die andern nannte man Niedergelassene, nannte man Hintersassen, man nannte sie Liten. Sie gehörten in den früheren Jahrhunderten zum größern Theile sogar in die Klaffe der Hörigen, während die Bürger in sehr vielen, ja ich darf sagen in den meisten Fällen den Edlen gleich gezählt waren, mit einem Worte, es waren die Bürger allein die politisch Berechtigten, sie waren allein dasjenige, was das alte deutsche Recht mit dem Worte „die Freien" bezeichnete. Sehr häufig übten die Bürger in den Städten wenigstens ihre politischen Rechte in Zünfte getheilt aus und dieses Zunftwesen, wenn es nunmehr auch der Geschichte verfallen ist, ist und bleibt eine der schönsten Blüthen des deutschen Geistes; denn es war die Wiege des deutschen Bürgersinnes, deutscher Freiheit! Wenn wir einen Bick weiter werfen, so finden wir jedoch nur partiell diese Ausbildung der mittelalterlichen Gemeinde bis in die neue Zeit weiter geführt. Wir finden sie weiter geführt, insbesondere überall dort, wo Allmannen, Franken und Burgunder saßen, d. h. im Südwesten Deutschlands, der Schweiz und in den ehemaligen französischen Reichslanden. Ostwärts davon, dort wo bereits das germanische Element mehr oder minder mit dem slavischen durchtränkt war, wo der große slavische Grundbesitz als Adel sich im Laufe der Zeit konstituirt hatte, dort sehen wir nichts von diesen freien Bürgern. So ging es fort, bis mit dem Ende des 30jährigen Krieges der moderne Staat heraufdämmernd sich geltend zu machen begann. Die Philosophie des 18. Jahrhunderts mit ihrer Theorie vom allgemeinen Menschenrechte brach alle Privilegien; es konnten auch die Bürgereinrichtungen der Gemeinden nicht von der Zersetzung frei bleiben. Moralisch durch diese Theoreme untergraben wurden sie faktisch das erstemal durch die — 138 französische Revolution im Jahre 1789 aufgehoben. Mit ihr traten die politischen Rechte des Einzelnindividuums als maßgebend auf, als ein Charakter des modernen Staates. Die Freizügigkeit, der gesteigerte Verkehr, die Eisenbahnen, die neue Lehre von der Volkswirthschaft, all dieses Drängen würde aber den streng abgeschlossenen Bürgergemeinden der damaligen Zeit auch ohne französische Revolution das Lebenslicht ausgeblasen haben. Gegenüber diesem Drängen konnte keine geschlossene Korporation als politischer Körper sich halten. Ja sogar finanziell wurden die meisten Bürgergemeinden, in Frankreich wenigstens, zu Gunsten des allgemeinen Wohles konfiszirt. Sonderbarer Weise, wenn man der Geschichte weiter nachspürt, findet man, daß die republikanische Verfassung der Schweiz den mittelalterlichen Bürgergemeinden am längsten hold geblieben ist. Ich sage sonderbarer Weise, obwohl es im Grunde genommen sehr leicht zu erklären ist, daß dort wo die öffentliche Meinung die Politik, auch die innere macht wie in Republiken, die Sachen sowohl gut als schlecht langsamer gehen müssen, als wo nur der einzelne Wille dekretirt. In der Schweiz finden wir die Bürgergemeinde als politisch berechtigten Körper bis in die neueste Zeit, sie ist unter dem Namen „Bürgerschaft" bekannt, in den französischen Theilen der Schweiz unter dem Namen die „Bourgoisien". So fiel, z. B. die Bourgoisie der Stadt Newchatel deren Vermögen allein die Summe von 25 Millionen Franken übersteigt, als politische Körperschaft erst im Jahre 1858 und überraschend klingt es für unsere an eine viel frühere Umwandlung gewöhnte Ohren, zu vernehmen, daß die politische Körverschast der Bürgerschaft der Stadt Zürich erst im Jahre 1865 ihr politisches Leben aufgegeben hat. Bis in dieses Jahr wo im Kanton Zürich neue Gemeindebehörden auf Grund der neuen modernen politischen Gemeinde konstituirt wurden, erst in diesem Jahre traten die ehemaligen Zünfte und Bürgerschaften der Stadt und des Kantons Zürich zurück auf jenen Standpunkt aus dem schon seit mehreren Jahrzehnten die Bürgerschaften von Vorarlberg sich befinden, das heißt, sie verloren die politischen Rechte und blieben nur als Privatkorporationen mit gewissen Vermögenheiten und Privatrechten aufrecht. Nach dieser allgemeinen Übersicht ziemt es uns auch einen Blick auf unser engstes Vaterland zu werfen, auf Vorarlberg. Vorarlberg als ein Theil Allemaniens hatte, natürlich im Gegensatze zu den übrigen österreichischen Ländern, im Mittelalter bis auf die neuere Zeit herauf, Theil an den allgemeinen Rechtsanschauungen seines Stammes au jenem Rechtsbewußtsein wie es sich aus dem allen Allemanenrechte ausgebildet hatte. In Vorarlberg waren bis in das letzte Jahrhundert die Bürgerschaften der einzelnen Orte politisch allein berechtigte Korporationen. Durch unzählige Freiheitsbriefe wurden diese politischen Rechte der Bürgerschaften von den Herrschern beim Regenten- Wechsel jedesmal bestätiget, zuletzt einmal geschah diese Bestätigung , meines Wissens in der sogenannten Restabilirungsurkunde der Kaiserin Maria Theresia, welche am 14. November 1750 erschien und einem Folioband bildet. Auch darin wurde z. B. den Bürgern nicht bloß das ausschließliche Recht der Wahl in der Gemeinde bestätiget, sondern auch zuerkannt, daß sie für Zuziehende, daß sie für Leute welche in den Bürgerverband ausgenommen werden wollten, nach altem Rechte eine Einkaufstaxe erheben durften. Was nun in den französisch deutschen Reichslanden die erste französische Revolution that, that bei uns der Absolutismus. Die politischen Rechte der Bürgerschaften fielen bereits im Beginne dieses Jahrhunderts. Ich erinnere daran, daß die Gemeindeordnung vom Jahre 1819, welche mit allerhöchster Entschließung kundgemacht wurde, daß diese Gemeindeordnung von den politischen Rechten der Bürgerschaften kein Wort mehr enthielt. Diese Gemeindeordnung wurde im Jahre 1849 durch das neue Gemeindegesetz abgelöst. Dieses Gemeindegesetz war die. Grundlage späterer Confusion, bezüglich der Beurtheilnng des Wortes „Bürger". Die §§ 8 und 9 des Gesetzes verwechseln geradezu den Bürger mit den Gemeindegenossen d. h. mit jenen Leuten, welche unsere neue Gemeindeordnung im § 6 Absatz 3 bezeichnet. 135 — des Landes nothwendig wird, deßhalb glaube ich der hohe Landtag sollte dem Antrag des Komites beipflichten. Dr. Bickl. Bezüglich des Vorwurfes, den einer der Herren Vorredner dem Konnte gemacht hat, als ob es die Gefahr welche der Gemeinde Bürs von der Scesa droht, nickt gehörig berücksichtiget hätte, glaube ich, daß derselbe schon durch den Komitebericht selbst wiederlegt erscheint indem es am Eingänge des Berichtes ausdrücklich heißt: Das Komite erkennt in Wesenheit die Gefahren, wie sie von der Gemeinde Bürs vorgebracht worden sind, an, also wurde jener Vorwurf dem Komite ganz ungeeigneter Weise gemacht. Was den weitern Vorwurf anbelangt, als ob das Komite die Sache obgleich der Berichterstatter vis-a-vis der Scesa wohnt, zu oberflächlich angesehen hätte so hat der Abgeordnete der Bezirke von Bludenz und Montafon bereits erklärt, daß die Äußerungen des Komite sich auf Akten gründen, welche durch die Gefälligkeit des Herrn Landesf. Kommissärs dem Komite mitgetheilt worden sind. Dadurch haben wir nämlich in Erfahrung gebracht, daß eine Conkurrenz besteht, und wie dieselbe zu Stande gekommen ist, daß die Gemeinde Bürs aber sich nicht veranlaßt sieht, den bezüglichen Vertrag in Vollzug zu bringen. Mithin muß die Gemeinde entweder die Gefahr nicht so groß erkennen, oder sie muß die durch die Konkurrenz gebotenen Mittel nicht für genügend erachten. Nachdem die Gemeinde Bürs in ihrem Gesuche auf die Konkurrenz gar keine Nücksicht nimmt, ja nicht einmal andeutet, daß eine solche besteht, so mußte das Comite annehmen, daß die Gemeinde Bürs in der Sache zu lässig sei, und das Comite glaubt daher derzeit vor Allem befürworten zu sollen, daß die Sache von der k. k. Statthalterei möglichst untersucht werde, deßwegen ist der Gemeinde die Hülfe des Landes noch nicht gänzlich entzogen, nur muß die Sache vorher genauer dargestellt werden. Daher glaube ich, daß die Anträge die das Komite gestellt hat, vom hohen Hause unterstützt werden sollten. Landeshauptmann. Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen, wenn nicht so erkläre ich die Debatte als geschlossen. Haben Herr Berichterstatter noch eine Bemerkung? Dr. Bickl. Nichts mehr. Landeshauptmann: Der erste Antrag des Comites lautet: „Dem Gesuch der Gemeinde Bürs um Schutz gegen die Scesa und um bezügliche Vorkehrungen von Seite des Landes, derzeit keine Folge zu geben." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Ist angenommen) Der zweite Antrag lautet: „Dasselbe dem k. k. Statthaltereipräsidium zur Einleitung zweckdienlicher Maßregeln, unter Zugrundlage der vorerwähnten Ministerial-Entschcioung vom 4. September 1853 Z. 21940 mitzutheilen." Bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Wir kommen nun zum weiteren Gegenstande der Verhandlung, zum Komiteberichte über die Gesuche der Gemeinden Altach, Altenstadt, Fraxern und Hohenems wegen Erhöhung der Bürgereinkaufstaxe für Frauen. Bitte den Herrn Berichterstatter, seinen Vortrag zu halten. (Dr. Jussel verliest den Komitebericht Seite 125.) Dr. Jussel. Ich erlaube mir den §. 33 des Gemeindegesetzes vorzulesen. Er lautet: „Zur Wirksamkeit des Ausschusses gehört ferner: 1. Die Wahl des Vorstandes. — 136 2. Die Verleihuug des Heimathsrechtes (Art. 3 des Gesetzes vom 5. März 1862.) 3. Die Verleihung des Bürgerrechtes gegen Entrichtung der ortsüblichen Bürgereinkaufstaxe, dann die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes. Im Falle der Verehelichung einer Nichtbürgerin mit einem Bürger ist für dieselbe die für Frauen ortsübliche Bürgereinkaufstaxe zu entrichten. u. s. w. Das Konnte hatte es nicht mit einem erst zu gebenden Gesetze zu thun, sondern hat das gegebene Gesetz und nach diesem die Sache zu beurtheilen. Es kann nach dem gegebenen Gesetze keinem Anstande unterliegen, daß wirklich eine Bürgereinkaufstaxe für Frauen, die durch Verehelichung mit einem Bürger in den Gemeindeverband eintreten, zu Recht besteht. Allein eine Bürgereinkaufstaxe beschränkt sich auf solche Gemeinden, wo wirklich ein besonderes Bürgervermögen besteht, weil das Gesetz ausdrücklich diese Taxe als Bürgereinkaufstaxe bezeichnet. Es kann daher auf alle jene Gemeinden, die gar keinen Bezug haben, wo kein solches Vermögen besteht, diese Taxe keine Anwendung finden, es kann überhaupt diese Einkaufstaxe keine Heimathstaxe sein. Wer durch Verehelichung in den Verband einer Gemeinde eintritt, erhält das Domicilrecht in der Gemeinde nach den Gesetzen des Reiches und in diese Gesetze des Reiches muß sich jede Gemeinde fügen. Das Reich selbst, der Staat, knüpft an diese Erwerbungen des Domicils, des Heimathsrechtes in der Gemeinde keine weiteren Bedingungen. Um nun solche Personen der Rechtswohlthat theilhaftig werden zu lassen, kann die Gemeinte nie mehr befugt sein andere Bedingungen, erschwerende Bedingungen daran zu knüpfen, aber auch selbst wo Bürgergut besteht, glaube ich, daß man Niemanden zwingen kann sich zum Bürger zu machen, daß auch eine solche Frau sich mit dem bloßen Heimath- oder Domicil-Rechte begnügen könne, daß man sie nicht zwingen könne, sich zum Bürgervermögen einzukaufen. Ich glaube aber überdieß, daß da nach dem §. 33 des GG. wie er steht, nur die ortsübliche Bürgereinkaufstaxe, zulässig erscheint, als ortsüblich aber uur diejenige Einkaufstaxe anzusehen ist, die zur Zeit wo das vorliegende Gemeindegesetz in Wirksamkeit getreten ist, ortsüblich war eine Erhöhung dieser Einkunftstaxe nach dem Wortlaute des Gesetzes nicht zuläßig ist, denn das kann ich nicht mehr ortsüblich nennen, was von einem Tage zum andern abgeändert wird, was allher bestanden hat, das ist ortsüblich, sobald es sich aber ändert, hört es auf ortsüblich zu sein. Ich glaube daher, daß nach dem Gesetze, nach dem §. 33, wie er hier vorliegt, eine Erhöhung nicht Platz greifen kann. Deßhalb sehe ich mich zu dem Antrage bemüßiget: „Der hohe Landtag wolle beschließen, daß den Gesuchen der Gemeinden Altach, Altenstadt, Fraxern und Hohenems um Erhöhung der Bürgereinkaufstaxe für Frauen nicht Statt gegeben werden könne." 8eysserlitz. Bevor ich auf eine nähere Erörterung in dieser gegenständlichen Frage eintrete erlaube ich mir der hohen Versammlung zwei Dinge zur Kenntniß zu bringen, welche zum näheren Verständniste der ganzen Verhandlung und namentlich meines Vortrages wesentlich beitragen dürften. Für's Erste gehöre ich nach meinem persönlichen Stande, nach der Klassificirung, welche die Gemeindeordnung für Vorarlberg bezüglich der Gemeindemitglieder eingeführt hat, nicht zu den wirklichen Bürgern, ich bin blos Gemeindeangehöriger. 2. Habe ich, lange Zeit aus Vorarlberg abwesend, als ich wieder in das Land zurückkehrte, selbst durch eine Reihe von Jahren die hier herrschende in den übrigen österreichischen Landen unbekannte Bürgereinkaufstaxe als verwerflich angesehen, als eine Ausgeburt eines wie soll ich sagen eines Zopfthums (Unruhe.) Allein meine Herren betraut mit dem wichtigen Amte eines Abgeordneten des Volkes, lag e2 mir ob dieser Eigenthümlichkeit des Landes, welche nirgends mehr sich wieder im Kaiserthum 139 Unsere neue Gemeindeordnung, an deren Zustandekommen der Landtag mitwirkte, stellt diesen Unterschied genau fest und wieder her. Der § 6, den Sie alle gegenwärtig haben, unterscheidet genau zwischen Bürgern, zwischen den bloß Heimatberechtigten und zwischen jenen, welche, ohne in der Gemeinde angehörig oder Bürger zu sein, blos Steuern in der Gemeinde zahlen. Die Gemeindeordnung, indem sie diesen Unterschied wieder herstellte, unterließ es jedoch, sich auf die nähere Definition des Verhältnisses zwischen Bürgern, Gemeindeangehörigen und Gemeindegenoffen einzulassen. Sie erwähnt nur in wenigen §§ und zwar im § 9 Absatz 2 und 3 und im §11 nochmal der Bürgerklasse. Der § 9 sagt: 1. Die Gemeindeglieder nehmen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes an den Rechten wie an den Pflichten und Lasten der Gemeinde Theil. 2. die im §. 6 sub. 1 und 2 bezeichneten Gemeindeglieder haben überdieß den Anspruch auf Armenversorgung nach Maßgabe ihrer Dürftigkeit und 3. An dem Vermögen der Bürger, an deren besonderen Rechten, sowie an den für sie bestehenden Stiftungen und Anstalten haben nur diese Antheil." Der §. 11 sagt: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“ So viel jedoch ist klar, daß die vorarlbergische Gemeindeordnung die Bürger, welche sie im §. 6, Absatz 1 bezeichnet, bezüglich der politischen Rechte allen übrigen im §. 6 benannten Personen gleichhalten mußte, weil dieses in den Grundzügen des Reichsgesetzes ausgesprochen war, somit ist ganz sicher, daß diese Korporation der Bürger keine politischen Vorrechte vor den übrigen Gemeindemitgliedern besitzt, und daß sie nur das Recht einer Privatkorporation besitzen kann. Nun habe ich nur noch zu zeigen, daß das vorarlbergische Gemeindegesetz konsequenter Weise nach diesem Grundsatze, der im §. 9 und 11 ausgesprochen ist, das Bürgervermögen und das Gemeindevermögen streng auseinanderhalten mußte. Das Gemeindevermögen muß nach den Bestimmungen des §. 288 des A. B. G. B. beurtheilt werden. Dieser §. 288 lautet: „Auf gleiche Weise machen die Sachen, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen, das Gemeindegut, diejenigen aber, deren Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das Gemeindevermögen aus." " Auf gleiche Weise macht die Sache, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde dient, das Gemeindegut, diejenigen aber, deren Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das Gemeindevermögen aus. Es sind hier ferner die §§. 60, 61, 62 und 63 der Gemeindeordnung in Betracht zu ziehen welche lauten: §. 60. Das gejammte bewegliche und unbewegliche Eigenthum und sämmtliche Gerechtsame der Gemeinde und ihrer Anstalten sind mittelst eines genauen Inventars in Übersicht zu halten. §. 61. ¦ Das Stammvermögen und das Stammgut der Gemeinden und ihrer Anstalten ist ungeschmälert zu erhalten. Zur Vertheilung des Stammvermögens und des Stammgutes unter die Gemeindemitglieder ist ein Landesgesetz erforderlich. §. 62. Das gesammte erträgnißfähige Vermögen der Gemeinden und ihrer Anstalten ist derart 140 zu verwalten, daß die thunlich größte nachhaltige Rente daraus erzielt werde. Die Jahresüberschüsse sind zur Deckung der Erfordernisse im nächsten Jahre zu verwenden, und in soferne sie hiezu nicht benöthigt werden, fruchtbringend anzulegen und zum Stammvermögen zu schlagen. Eine Vertheilung der Jahresüberschüsse unter die Gemeindemitglieder kann nur bei besonders rücksichtswürdigen Umständen und jedenfalls nur unter der Bedingung stattfinden, daß stimmliche Gemeindeerfordernisse ohne Gemeindeumlagen bestritten wurden, und daß dieselben voraussichtlich auch in Hinkunft ohne Gemeindeumlagen bestritten werden können (§. 88.) §. 63. In Bezug aus das Recht und das Maß der Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes ist sich nach der bisher billigen Übung zu benehmen, mit der Beschränkung jedoch, daß, soferne nicht spezielle Rechtstitel Ausnahmen begründen, kein zum Bezüge berechtigtes Gemeindemitglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Haus und Gutsbedarfes nothwendig ist. Wenn und in soweit eine solche gütige Übung nicht besteht, hat der Ausschuß mit Beachtung der erwähnten beschränkenden Vorschrift die, die Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes regelnden Bestimmungen zu treffen. — Hiebei kann diese Theilnahme von der Entrichtung einer jährlichen Abgabe, und anstatt oder neben derselben von der Entrichtung eines Einkaufsgeldes abhängig gemacht werden. Diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach Deckung aller rechtmäßig gebührenden Ansprüche erübrigen, sind in die Gemeindekaste abzuführen." Es ist daher klar, daß zwischen Bürgervermögen und zwischen Gemeindevermögen ebenso genau ein Unterschied im Gesetze festgehalten ist, wie er zwischen Bürgerkorporation und zwischen politischer Gemeinde im modernen Sinne des Wortes festgehalten werden muß. Ich komme nun zu den Folgerungen, welche ich aus diesen Prämissen ziehen zu können glaube. Ich glaube nämlich, wie ich wenigstens die vorarlbergische Gemeindeordnung und ihren allgemeinen Sinn und Geist aufzufassen im Stande bin, daß man erstens: Bürger sein kann, ohne Angehöriger in der betreffenden Gemeinde zu sein. Dieses geht schon daraus hervor, weil der §. 6 selbst zwischen Bürgern und blos Heimathsberechtigten unterscheidet. Würde man Heimathberechtiger sein müssen, um Bürger zu sein, so müßte der §• 6 eine andere Fassung haben. Er müßte lauten: „Die Gemeindeangehörigen oder Heimathberechtigten sind entweder Bürger oder sie sind blos Gemeindeangehörige." So aber bilden die Absätze 1 und 2 entgegengesetzte Begriff, welche sich unter dem höhern Begriffe der Gemeindemitgliedschaft subsumiren. Ich halte es nicht für unnöthig, auf diese Folgerung hinzuweisen und zwar thue ich dieses im Interesse einer Klasse, welche wenn der gegentheilige Grundsatz der richtige sein würde, schwer darunter leiden müßte und dieses ist die Klasse der Beamten. Setzen Sie z. B. den Fall ich sei Bürger von Bregenz zugleich aber Staatsbeamter, durch eine unfreiwillige Versetzung von Bregenz muß ich Angehöriger irgend einer andern Gemeinde werden. Warum sollen mir jene Rechte, welche ich als Bürger von Bregenz besitze, durch diesen aber bilden die Absätze 1 und 2 entgegengesetzte Begriffe, welche sich unter dem höhern ___ ... Gemeindemitgliedcrschaft subsumiren. Ich halte es nicht für unnöthig, auf diese Folgerung hinzuweisen und zwar thue ich dieses im Interesse einer Klasse, welche wenn der gegentheilige Grundsatz der richtige sein würde, schwer darunter leiden müßte und dieses ist die Klasse der Beamten. Setzen Sie z. B. den Fall ich sei Bürger von Bregenz zugleich aber Staatsbeamter, durch eine unfreiwillige Versetzung von Bregenz muß ich Angehöriger irgend einer andern Gemeinde werden. Warum sollen mir jene Rechte, welche ich als Bürger von Bregenz besitze, durch diesen Akt einer unfreiwilligen Entfernung verloren gehen? Es ist nicht so Ohne wenn ich darauf das Gewicht lege. Erwägen Sie z. B., daß die Stadtgemeinde Bregenz was besonders für diese Klasse von Gemeindemitgliedern besonders wichtig einen großen Stipendienfond hat, deren Genuß nur Bürgerssöhnen gestattet ist. Noch auffallender wird dieser Widerspruch, wenn ich annehme, daß z. V. ein Beamter, der bisher nicht Bürger von Bregenz, aber Gemeindeangehöriger vermöge seiner Stellung geworden ist, sich für eine Summe, die nicht unbeträchtlich ist, in den Bürgerverband von Bregenz— 141 eingekauft hat, eben um seinen Kindern diesen Vortheil zu sichern, bei einer Versetzung würde er der Gemeindeangehörigkeit zweifelsohne verlustig und hätte umsonst das geopfert, wenn es richtig wäre, daß mit der Gemeindeangehörigkeit auch das Bürgerrecht verloren ginge. Eine zweite Folgerung, die ich aus den Prämmissen ziehe, ist, daß man zur selben Zeit sogar mehreren Bürgercorporationen angehören kann. Ich finde nun hier einen ersten Irrthum des Comiteberichtes und dieser Irrthum liegt darin, daß die Majorität des Comite's sagt: „Um Erwirkung eines Landesgesetzes auf Erhöhung der Einkaufstaxe für Frauenspersonen, welche durch Verehelichung mit einem Bürger in den Gemeindeverband eintreten." Das ist nicht wahr, kann nach der soeben vorgenommenen Deduktion nicht wahr sein, sie braucht deßwegen noch nicht in den Verband der politischen Gemeinde einzutreten oder heimathsberechtigt zu werden, wo sie einen Bürger heirathet. Ein dritte Folgerung ist die, daß die Bürgerkorporation nur als PrivatKorporation zu betrachten ist ohne politische Rechte, und daß, nach dem natürlichen Gesellschaftsrecht, sie selbst zur Verwaltung ihrer Vermögenheiten ausschließend berechtigt feie, sie selbst zur Feststellung der Bedingung des Eintrittes in sie das Recht haben muß. Es bedarf zu einer gesetzlichen Anerkennung schon seit langen Jahren bestehender Privatkorporationen keiner besondern gesetzlichen Bestimmung, es bedarf dazu insbesondere keines Landesgesetzes. Wenn irgend ein Gesetz hier zu beziehen wäre, so wäre es nur das Gesetz über das Vereinsrecht. Ich habe oben gezeigt, daß das Bürgervermögen und das Gemeidevermögen wesentlich verschiedene Dinge seien. Das Bürgervermögen dient besonders der Bürgerklasse zu was immer für Zwecken, das Gemeindevermögen aber dient um die natürlichen und gesetzlichen Zwecke der politischen Gemeinde im Sinne der Gemeindeordnung von Vorarlberg zu erfüllen. Da dieser Unterschied festzuhalten ist, so behaupte ich kaun auch der §. 80 welcher von der Erhöhung der Auflagen spricht auf den Fall von Bürgereinkaufstaxen, auf den Fall von Weibereinkaufstaxen für die Bürgerklasse gar nicht in Anwendung gebracht werden, denn der §. 80 sagt: „Der Bestimmung des § 79 unbeschadet, ist zur Einführung neuer Auflagen und Abgaben, welche in die Kategorie der Zuschläge zu den direkten Steuern oder zur Verzehrungssteuer nicht gehören, so wie zur Erhöhung schon bestehender Auflagen und Abgaben dieser Art ein Landesgesetz erforderlich. Beschlüsse des Außschusses über Gemeindeumlagen und Abgaben jeder Art müssen öffentlich kundgemacht werden." Aus dem ganzen Kontexte geht zweifellos hervor, daß man hier nur die Gemeindeumlagen die Gemeindeauflagen zu verstehen habe. Nun ist aber die Bürgereinkaufstaxe keine Auflage, welche zu Gemeindezwecken dient, sondern sie dient nur zum Zweck der besondern Privatkorporation der Bürger, ergo ist es keine Gemeindeumlage, ergo bedarf es zu dieser Erhöhung auch keines Landesgesetzes. Es ist dieses insbesondere ein Irrthum in welcher jenes Bezirksamt gefallen zu sein scheint welches die die Erhöhung von Weibereinkaufstaxen zum Gegenstände habenden Beschlüffe der betreffenden Gemeindevertretungen sistiren zu müssen glaubte, würde es sich vollkommen klar darüber gewesen sein, was die Bedeutung von Bürgervermögen, was die Bedeutung von Einkaufstaxen ist, so würde es dieselben unmöglich unter das Gemeindegesetz als Auflagen der politischen Gemeinde zu subsumiren im Stande gewesen sein. Endlich spricht der §. 33 Absatz 8 noch einmal ausdrücklich von Bürger. Dieser §. ist deßhalb wichtig, weil er eine gesetzliche Bestimmung enthält über die Vertretung der Privatkorporation und über ihre Leitung. Naturgemäß mußte sich die Privatkorporation der Bürger in einer Generalversammlung 142 — alle Jahre versammelt und ihre Beschlüsse fassen, dieses dürfte in den meisten Fällen sehr schwierig vielleicht unmöglich sein. Das Gemeindegesetz hat nun in dieser Voraussicht eine Bestimmung getroffen, es hat gesagt wo es sich um Vürgereinkaufstaxe handelt, vertritt der Gemeindeausschuß auch die Bürgergemeinde. Wenn daher der Gemeindeansschuß als Vertreter, als oberstes Organ der Bürgergemeinde spricht, so spricht er nicht als Vertreter der politischen Gemeinde und seine Beschlüsse, sie sind daher nicht als Gemeindebeschlüsse, sie sind nur als Gesetz für die Privatkorporation der Bürger anzusehen. Auch daher läßt sich ableiten, daß die Bestimmungen des §. 80 nicht auf diese Gemeindebeschlüsse anwendbar sind. Ich komme nun zu einer näheren Betrachtung dieses §. 33 Absatz, 3 der, ich gestehe Ihnen offen, mir schon manche schwere Stunde verursacht hat. Sie werden sich erinnern, daß im Jahre 1864, als ich die Ehre hatte, Berichterstatter über das Amendement der Regierung zur Gemeindeordnung von Vorarlberg zu sein, es der hohen Versammlung beliebte, die Reassumierung des ganzen Gesetzes nicht zuzulassen, sondern das Komite auf jene §§. zu beschränken, welche die Regierung als abzuändernde bezeichnet hatte. Ich habe diesen Beschluß der hohen Versammlung damals schon bedauert, und im Laufe der Zeit noch mehr zu bedauern gelernt, denn sicher war nicht alles gut was in den nicht beanständeten §§. darin war, und ohne das zu Standekommen, des Gesetzes zu gefährden, wäre es möglich gewesen, auch in dieser Beziehung stilistische Abänderungen anzubringen, welche deutlicher und juridisch klarer die Sache dargestellt hätten. Lesen Sie noch einmal den §. 33. Absatz 3 der auch einer jener Steine des Anstoßes ist, von denen ich eben gesprochen habe, lesen Sie ihn einmal und sagen Sie es aufrichtig, was verstehen Sie darunter? was heißt ortsüblich? heißt das herkömmlich? heißt es nicht vielmehr üblich an einem bestimmten Orte im Gegensatze zu andern Orten ? Ortsüblich, behaupte ich, ist ohnehin gar kein juridischer Terminus. Man könnte eben so gut sagen: ortsüblich ist das was im Orte üblich ist, und was in einem Orte üblich ist das bestimmt eben der Gesetzgebungskörper dieses Ortes id est, Gemeindevertretung. In Dornbirn z. B. ist dasjenige ortsüblich, was der Gemeindeausschuß von Dornbirn in seinem Wirkungskreis für ortsüblich erkannt hat worüber er Normen erlassen hat. In irgend einem andern Orte ist ortsüblich dasjenige was die Gemeindevertretung dieses andern Ortes für ortsüblich erkannt, und als solches normirt hat. Endlich frage ich was heißt das: ist für dieselbe die für Frauen ortsübliche Bürgereinkaufstaxe zu entrichten? Ich kann darunter nichts anders verstehen, als daß jene Frauensperson, welche sich mit einem Bürger in einer Gemeinde verheirathe, jene Taxe zu bezahlen habe, welche für selbstständige in diese Bürgergemeinde einwandernde Frauen zu bezahlen ist. Das kann man eben so gut darunter verstehen, im Gegentheil als Jurist darf man nichts anderes verstehen, als das, denn es gibt auch für selbstständig einwandernde Frauen Bürgereinkaufstaxen. Endlich muß ich sagen, mir fehlt ein Wort in diesem § um bestimmt sagen zu können, daß nur dasjenige als ortsüblich zu verstehen gewesen sei, was am 22. April 1864 gerade ortsüblich war nemlich am Tage des in Krafttretens der neuen Gemeindeordnung und dieses Wort heißt: bisher, es müßte heißen: ist für dieselbe die für Frauen bisher ortsübliche Bürgereinkaufstaxe zu bezahlen. Der Herr Abgeordnete Dr. Jussel hat in seiner Minoritäts-Begründung etwas vorgebracht was ich nicht vollkommen, ohne es zu berühren, hinnehmen kann. Er hat nämlich gemeint ortsüblich sei hier so zu verstehen, daß nur jene Einkaufstaxen beizubehalten sind, welche am Tage des Inslebentretens der neuen Gemeindeordnung ortsüblich in jedem Orte war. — 143 — Ich bestreite dieses und zwar aus dem Grunde, weil ich behaupte, juridisch genommen war an jenem Tage in ganz Vorarlberg gar keine solche Taxe ortsüblich. Als Jurist nämlich muß man wohl fragen: „Wann ist eine Übung giltig?" darauf gibt es nur eine Antwort. Eine Übung ist nur gütig, wenn sie ununterbrochen und unwidersprochen ausgeübt wird. Allein diese Übung der Einkaufstaxe ist unzählige Male widersprochen sie ist sehr lange Zeit unterbrochen worden. Sie ist widersprochen worden durch Gesetze, durch offenbare, nach der damaligen Staatsverfassung giltigen Gesetze, widersprochen, durch die Hofkanzleidekrete mehrere Male abgeschafft und ihre Einhebung wiederholt verboten. Nun frage ich, gibt es contra legem eine Übung? ganz gewiß nicht. Daher könnte man bis zu der Schlußfolgerung gelangen, daß in ganz Vorarlberg gar keine solche Taxe ortsüblich fei, weil eine Übung contra legem nicht zuläßig gewesen sei. Ich gehe nicht so weit für mich hat das Wort ortsüblich nicht diesen Sinn. Wenn es nun schon aller Orten sich herausstellt, daß eine vollkommene Unklarheit über den Begriff des Bürgerthums, der Bürgerprivatkorporation und demjenigen, was daran hängt, herrsche, ist es dann ein Wunder, wenn unser Volk, dessen Rechtsgefühl viel weniger auf klaren Anschauungen als auf blindem Instinkt beruht, daß unser Volk sich damit gar nicht vertraut machen kann? Hängend am Alten kann in einem großen Theile des Volkes der Unterschied, jener feine Unterschied des §. 6 noch nicht gemacht werden. Man war von jeher gewohnt unter Bürgern jene zu verstehen, welche überhaupt in der Gemeinde zu reden hatten und daher kommt es, daß der §. 6 mit seinen Unterabtheilungen dem Volksbewußtsein vorausgeeilt ist. Sicher ist, daß dort, wo der §. 33 Absatz 3 Anwendung haben soll, daß die Gemeinde nicht blos aus Gemeindeangehörigen und Gemeindegenossen bestehen darf, sondern daß wirklich eine Bürgerklasse besitzen muß. Ob diese Bürgerklaffe wirklich Vermögenheiten besitze, oder ob sie blos ihre Vorrechte hat das thut nichts zur Sache. Nicht blos der materielle Nutzen soll hier durch eine Einkaufstaxe geschützt werden, sondern auch die Ehrenvorzüge. Es kann nun einmal einer eine Ehre darin sehen, Bürger in irgend einer Gemeinde zu heißen, nicht blos Angehöriger zu sein, und wenn ihm sonst gar kein weiterer Vortheil zugienge. Es wurde noch vielfältig die Einwendung erhoben, daß die Bürgerineneinkaufstaxe des §. 33 Absaß 3 mit dem bürgerlichen Gesetzbuchs im Widerspruch stehe. Ich halte dafür, daß dieses nicht der Fall ist. Der §. 92 des bürgerlichen Gesetzbuches, welcher von den persönlichen Rechten der Gatten spricht, heißt: .Die Gattin erhält den Namen des Mannes und genießt die Rechte seines Standes." Diese Fassung kann gegen die Bürgereinkaufstaxe nicht geltend gemacht werden, denn unter den „Rechten seines Standes" sind nicht seine persönlichen Rechte bezüglich gewisser materieller Güter verstanden, sondern es ist darunter dasjenige zu verstehen, was man im bürgerlichen Leben überhaupt Stand heißt, Standesunterschied, sie tritt nicht in persönlichen Rechte des Mannes ein sie tritt nur in seine Standesrechte ein. Auf das dürfte sich auch das beziehen, was Herr Antragsteller der Minorität in seiner Ausführung bemerkt hat, daß man Niemand zwingen kann, diese Bürgerinnen-Einkaufstaxe zu erlegen. Ich bin in dieser Beziehung anderer Ansicht, und zwar bestimmt mich dazu der Wortlaut des §. 33, welcher ganz deutlich sagt: 144 „Im Falle der Verehelichung einer Nichtbürgerin mit einem Bürger ist für dieselbe die für Frauen ortsübliche Bürgereinkaufstaxe zu entrichten." Es ist imperativ was das Gesetz hier sagt, es steht einzelnen Brautpaaren nicht mehr frei für die Braut, die nun Bürgerin werden soll, auf die Einkaufslaxe und zu gleicher Zeit auf die allfällig zukommenden Rechte darauf zu verzichten. Endlich glaube ich, daß der Minoritätsberichterstatter darin irrig daran ist, wenn er als Beweis gegen die Zulässigkeit der Erhöhung der Bürgereinkaufstaxe auch darauf hingewiesen hat, daß die allgemeine Reichsgesetzgebung die politischen Rechte nicht an solche einzelne Bedingungen knüpfen lassen könne. Ich habe bereits laut Vortrag auseinandergesetzt, daß hier von politischen Rechten nie die Rede sein tonne, sondern nur von privatrechtlichen Verhältnissen. Ich gelange nun zu den Konklusionen meiner Darstellung. Diese Konklusionen sind folgende: „Die Bürgerrechte sind nach der Gemeindeordnung für Vorarlberg rein Privatkorporationsrechte ohne Beziehung zur politischen Gemeinde. Als solche ist für sie giltig, was der gesetzliche für sie bestellte Vertretungskörper beschließt. Ein Landesgesetz zur Erhöhung von Bürgereinkaufstaxen, was immer für einer Art ist nicht erforderlich, weil es keine Gemeindeumlagen betrifft." Ich habe noch auseinander zu setzen, daß das wie ich besorge sehr vielen Gemeinde-Vorstehungen von Vorarlberg nicht ganz geläufige Reichsgesetz vom 3. Dezember 1863, nämlich das Gesetz über Las Heimathsrecht, etwas enthält, welches wenigstens hier in Betracht gezogen werden muß. Der zweite Abschnitt dieses Heimathsrechtes spricht von Begründung U. s. w. Wir finden hier die Verehlichung und ausdrückliche Aufnahme in den Heimathsverband einander gegenüber gestellt. Über die ausdrückliche Aufnahme in den Heimathsverband spricht der §. 9, welcher bestimmt: „Zur Einführung einer Gebühr für die ausdrückliche Aufnahme in den Heimathsverband, sowie für Erhöhung bestehender Gebühren ist ein Landesgesetz erforderlich." Nun analog darf dieser §. auf die Bürgerinnen-Einkaufstaxe nicht angewendet werden, denn Bürgerinneneinkaufstaxe und Heimathstaxe ist ein wesentlich verschiedener Gegenstand. Es ginge übrigens aus dem Gesetze auch hervor, daß für die Erlangung des Heimathsrechtes durch Verehlichung nie eine solche Taxe, eine Heimathstaxe nämlich erhoben werden dürste Ich habe endlich noch die Anträge zu formuliren, die sich aus meiner Deduction ergeben. Diese Anträge lauten: 1. „Der hohe Landtag wolle beschießen, die vorliegenden Gesuche, insofern sie wirkliche Bürgerklassen berühren, bedürfen keines Landesgesetzes insofern aber solche Bürgerklassen nicht vorhanden wären, ist ein Landesgesetz mit Rücksicht auf §. 9 des Heimathsgesetzes unzulässig. 2. Es sei sich an die Regierung mit der Vorstellung im Sinne der vorausgegangenen Begründung zu wenden, zur Wahrung der Privatkorporationsrechte der Bürger. 3. Es sei der Landesausschuß zu beauftragen zur Regelung des Verhältnisses zwischen Bürgern und den übrigen Gcmeindemitgliedern, sowie der Taxe im Sinne der Begründung dem künftigen Landtage einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, in welchem insbesondere die Bürgerrechte gewahrt sind. 145 — Dr. Jussel. Nach dem Interesse, welches die Herren Abgeordneten in den Comiteverhandlungen in der jetzigen Verhandlungen an den Tagen legten, glaube ich, dürften sich in dieser Sache noch mehrere Herrn Abgeordnete äußern wollen, nachdem aber die Mittagsstunde so weit vorgerückt ist und ich mir das Wort als Berichterstatter vorbehalten muß, würde ich beantragen die Vertagung der Sitzung auf Nachmittag. Landeshauptmann. Ist die hohe Versammlung einverstanden? Bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Ich schließe die heutige Sitzung und bestimme heute Nachmittag 4 Uhr die Fortsetzung der Debatte und wenn möglich die Vornahme der Verhandlung über das Wasserrecht. Schluß 12 1/2 Uhr Nachmittags. Vorarlberger I a n ä 1 a g. XL Sitzung am 27. Dezember 1866 Mittet dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. — Gegenwärtig 17 Abgeordnete. — Landcsfürstlichcr > Commissär Anton Ritter von Strele. — Die Abgeordneten Hochw. Bischof, Stemmer und Johann M. Schedlcr beurlaubt. Beginn der Sitzung um 10*/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann. der vorhergehenden. Die Sitzung ist eröffnet und ich beginne mit Verlesung des Protokolls (Sekretär verliest dasselbe.) Ich nehme das Protokoll als richtig abgefaßt an, da keine Einwendung dagegen erhoben wurde. Ich habe der hohen Versammlung mitzutheilen, daß Nachmittags ’jä3 Uhr das Comite der .Lermoosergelder zusammentritt. Vom k. k. Hof-Chromolitbografischen Institute Ant. Hartinger und Sohn in Wien ist mir eine Eingabe zugekommen in welcher gebethen wird um Unterstützung zur Förderung cer von diesem Institute herausgegebenen landwirthschaftlichen Tafeln durch Ankauf für die Volksschulen des Landes, Ich werde diese Einladung auf dem Tisch im Nebenzimmer zur Einsicht der verehrten Herren bereit hallen und allfällige Anmeldungen entgegen nehmen. Sanöesf. Romnnssär. Ich habe mit Rücksicht auf die vorausgegangene Verhandlung, beziehungs­ weise Anfrage in Beziehung auf die Brandassekuranzstatuten nunmehr der hohen Versammlung ein Telegramm vom hohen Staatsministerium mitzutheilen, welches lautet: Nr. 7606 St. M. A. h. Entscheidung 23. d. Mts. ermächtiget das Staatsministerium die Statuten von vorarlberger Brandaffekuranz gegen Berücksichtigung von einigen Bemerkungen zu genehmigen. Diese stufe: