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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:03
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,lts1864,lt1864,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. Stenographischer Sitzungs-Bericht VII. Sitzung am 17. März 1864. Unter deI Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer im Beisein des landesfürstl. Herrn Commissär k. k. Statthalterei-Rathes Franz Ritter von Barth. Gegenwärtig sämmtliche Landtags-Abgeordnete. Beginn der Sitzung um 9 1/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet, und das Protokoll der vorhergehenden wird nun verlesen. (Der Sekretär verliest dasselbe.) Wenn keine Einwendung gegen die richtige Abfassung erhoben wird, nehme ich dasselbe als genehmigt an. Ich habe der hohen Versammlung mitzutheilen, daß das Comite zur Berichterstattung über die Eingabe der Rheingemeinden, um Verwendung, daß in Lustenau eine Eisenbahnstation errichtet werde, Herrn Ganahl zu seinem Obmann und Herrn Riedl zu seinem Berichterstatter gewählt habe. Das Comite zur Erstattung des Berichtes über den Rechenschafts-Bericht des Landes-Ausschusses hat den Hochw. Herrn Bischof zu seinem Obmann bestimmt. Ich theile weiters der hohen Versammlung mit, daß das Comite zur Berichterstattung über die künftige Gemeinde-Ordnung und GemeindeWahlordnung seinen Bericht bereits eingegeben hat. Ferner habe ich der hohen Versammlung eine Zuschrift des k. k. Statthalterei-Präsidiums, betreffs Impfprämien, mitzutheilen, sie lautet: Nro. 656. Präsidial. An den Löblichen Vorarlberger Landes-Ausschuß in Bregenz. „Über meinen Antrag hat das hohe k. k. Staatsministerium mit dem Erlasse vom 3. d. Mts., Z. 3238, gestattet, daß von den beiden Landes-Ausschüssen von Tirol und Vorarlberg die Verleihung der aus dem Landesfonde zu bestreitenden Impfprämien, über Vorschlag der Medizinal-Commission, welcher Vorschlag durch die Statthalterei an die gedachten Landesausschüsse zu leiten ist, vorgenommen werde. Gleichzeitig wurde ich eingeladen, wegen geeigneter Änderung der Impfprämien für Tirol und Vorarlberg durch die betreffenden Landtage das Erforderliche zu veranlassen und die bezüglichen Landtagsbeschlüsse seiner Zeit der Genehmigung des hohen Staatsministeriums vorzulegen. Indem ich nun dem Löblichen Vorarlberger Landesausschusse mit Beziehung auf das schätzbare Schreiben vom 9. Januar d. I., Z. 606, diese Ministerial-Verfügung mitzutheilen mich beehre, ersuche ich, dieselbe dem dortigen Landtage behufs der weiteren Verhandlung dieses Gegenstandes — im allfälligen Einvernehmen mit dem Tiroler Landtage — zu eröffnen, und mir seiner Zeit den bezüglichen Beschluß mittheilen zu wollen. Hiebei erlaube ich mir unter Einem den Löblichen Vorarlberger Landesausschuß noch auf die in der Provinzial-Gesetz-Sammlung vom Jahre 1844, Band 31, Seite 1 enthaltene Norm für die Anträge zur Verleihung der Impfprämien mit der Bemerkung aufmerksam zu machen, daß bisher für Tirol und Vorarlberg drei Impfpreise und zwar die beiden ersten mit je 1577, fl, der dritte aber mit 105 fl, die alljährig aus dem betreffenden Landesfonde angewiesen wurden, systemisirt waren, und daß in der Regel zur gleichmäßigeren Berücksichtigung und Aneiferung der Impfärzte die drei Würdigsten darunter aus je einem der bestandenen Kreise, somit bei 4 Kreisen in einer gewissen Tour 58 mit einer Impfprämie betheilt wurden, dabei jedoch Angesichts der großen Zahl der um das Impfgeschäft verdienstlichen Ärzte und Wundärzte, die schon einmal mit einem Impfpreise Betheilten vor Ablauf einer zehnjährigen Periode, worüber dem hohen Staatsministerium bei Erstattung der betreffenden Vorschläge stets ein Ausweis vorgelegt werden mußte, nicht wieder berücksichtigt wurden. Innsbruck, am 12. März 1864. Lobkowitz. Landeshauptmann: Ich behalte mir vor, diesen Gegenstand im Landesausschusse in Vorberathung zu ziehen, um dann der hohen Versammlung Bericht in dieser Angelegenheit zu erstatten. Erster Gegenstand unserer heutigen Verhandlung ist der Comite-Bericht über die Vertheilung der Renten des Bürgervermögens der Gemeinde Fußach. Der Berichterstatter Herr Riedl wird gebeten, seinen Vortrag hierüber zu halten. (Herr Riedl trägt denselben vor.) Hoher Landtag! In der Anlage petitioniren mehrere Gemeindebürger von Fußach, daß mehrere ungeteilte Gemeindegründe als Gemeindebürgergut erklärt und zur Benützung in natura an die Gemeindebürger überlasten werden sollen. Gegen dieses Ansinnen erhebt der dortige Gemeinderath Alois Weiß in der weiters angebogenen Eingabe, Einsprache. Die Frage, ob die erwähnten Gründe Gemeindegut oder Bürgergut sind, kommt nach §. 26 des Gemeinde - Gesetzes vom Jahr 1849 zu lösen. __ Die weitere Frage der Überlassung dieser Gründe in natura zur Benützung an die einzelnen Bürger ist nach §. 75 des citirten Gemeinde-Gesetzes zu entscheiden. Es handelt sich hier nicht um eine Theilung des Eigenthums, das nach dem Inhalt des Gesuchs ausdrücklich der Gemeinde verbleibt, sondern nur um eine Theilung der Nutzungen. Nachdem aber der Landtag nach §. 74 des Gemeinde-Gesetzes vom Jahre 1849 nur dann Ingerenz zu nehmen hat, wenn eine Vertheilung des Eigenthums des Gemeinde-Gutes vorgenommen werden will, und nachdem, bevor zu einer solchen Vertheilung geschritten werden kann, zuerst die Frage entschieden werden muß, ob die erwähnten Gründe Gemeinde-Eigenthum sind oder nicht, zu deren Entscheidung aber der Landtag gemäß §. 23 der Landesverordnung und Ministerial-Erlaß vom 5. Juni 1861, Nr. 3781, nicht competent ist, so beantragt das Comite: Der hohe Landtag wolle vorstehende zwei Eingaben unter Hinweisung auf die aufgeführten Gründe den Gesuchstellern mit dem Bescheide zurückstellen lassen: daß der Landtag aus Mangel der Competenz in eine meritorische Entscheidung der Sache nicht eintreten könne. Bregenz, den 11. März 1864. Spieler m. p., Obmann. Riedl m. p.z Berichterstatter. Seyffertitz: Ich bitte um das Wort. Ich habe mir das Wort blos deßhalb erbeten, um der hohen Versammlung zur Kenntniß zu bringen, daß ich mich in dieser Angelegenheit wegen Befangenheit der Abstimmung enthalten werde. Landeshauptmann: Findet Jemand eine Bemerkung zu machen oder einen Antrag zu stellen? Nachdem kein Antrag weiter erhoben wird, bringe ich den Antrag des Comite zur Abstimmung. (Angenommen.) Zweiter. Gegenstand der Verhandlung ist das Gesuch derselben Gemeinde Fußach, von auswärtigen Frauenspersonen, die sich mit Gemeinde-Bürgern verehelichen, eine Heirathstaxe erheben zu dürfen. Ich werde das Gesuch der hohen Versammlung zur Kenntniß bringen. Nachdem ich mich erinnere, daß es schon gelesen wurde, werde ich um die Anträge von Seite der hohen Versammlung über die Behandlung dieses Gesuches ersuchen. Findet Niemand einen Antrag dießfalls zu stellen? wenn nicht, so würde ich mir erlauben, vorzuschlagen, dieses Gesuch dem bereits bestehenden Comite, welches betreffs der Gemeinde-Ordnung und Gemeinde-Wahlordnung Bericht zu erstatten hat, zu überweisen. Sind die Herren einverstanden? (Angenommen.) Fernerer Gegenstand der Verhandlung ist der Comite-Bericht in Betreff der zu regulirenden Concurrenznorm zur Herstellung der Nenzinger Illbrücke. Herr Riedl als Berichterstatter wird gebeten, den Comite-Bericht bekannt zu geben. __ (Herr Riedl liest denselben vor.) Comite-Bericht über das Ersuchschreiben des k. k. Bez.-Amt Bludenz vom 24. März 1864, Nr. 659, worin - 59 — bezüglich der an der Nenzinger Illbrücke auszuführenden Baureparaturen dem hohen Landtage drei Fragen zur Beantwortung vorgelegt werden. I. Soll das Bezirksamt auf die Naturalbeistellung des Holzes zu den gegenwärtigen Reparaturen von Seite der Gemeinden dringen? II. Wäre es nicht vortheilhaft, die gegenwärtige Reparatur im Accordwege mittelst Versteigerung auszuführen? III. Wäre es nicht zweckmäßig und den Zeitverhältnissen entsprechend, daß die im Concurrenz-Vertrage vom 11. Dezember 1827 bestimmten Holzpreise nach den derzeitigen Holzpreisen bestimmt würden. Hoher Landtag! Das Comite stellt den Antrag, daß das gegenständliche Ersuchschreiben des k. k. Bez.-Amts Bludenz auf folgende Weise beantwortet werde: Nachdem dermalen noch das Gemeindegesetz vom Jahre 1849 in Wirksamkeit besteht, so ist vor allem zu untersuchen, ob der Landtag nach Maßgabe dieses Gesetzes irgend einen Ingerenz in dieser Angelegenheit zu nehmen habe. Es handelt sich hier um eine Straßenbau-Angelegenheit, die nach §. 119 des citirten Gesetzes in das Reffort des Gemeinde-Vorstehers gehört. Da aber mehrere Gemeinden in dieser Bauangelegenheit betheiligt sind, so wäre dieselbe nach §. 149 dieses Gesetzes der Verhandlung und Schlußfassung des Bezirksausschusses zugewiesen. Derselbe ist jedoch nie in's Leben getreten, deßhalb sind nach den bestehenden Direktiven seine Geschäfte den k. k. landesfürstlichen politischen Behörden überantwortet worden. Ferner muß auf die §§. 3 und 4 des Straßenbau - Concurrenz - Gesetzes vom 3. Juni 1863 hingewiesen werden, wornach Brücken als Theile der Gemeindestraßen zu betrachten sind und nur ausnahmsweise mit Rücksicht auf ihre Wichtigkeit und Kostspieligkeit als selbstständige Bauobjekte erklärt und so behandelt werden, als wenn sie einer Concurrenzstraße angehören würden. Sollten nach dem Ermessen des löbl. k. k. Bezirksamtes bezüglich der fraglichen Brücken wirklich solche Verhältnisse eintreten, so müßte mit den betreffenden Gemeinden früher die im §. 14 dieses Gesetzes vorgeschriebene Verhandlung gepflogen werden, wobei aber auf den §. 13 eben dieses Gesetzes und die diesfalls bereits bestehenden ConcurrenzVerträge vom 11. Dezember 1827 und 10. September 1845 Rücksicht zu nehmen wäre. Eine weitere Ingerenz in dieser Angelegenheit steht dermahlen dem Landtage nicht zu. Bregenz, den 14. März 1864. M. Bertel m. p., Obmann. Riedl m. p., Berichterstatter. Landeshauptmann: Wünscht Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen? Ist die hohe Versammlung einverstanden dem Comite-Antrage beizutreten? Bitte um Abstimmung. (Die Majorität ist für den Comite-Antrag.) Wir haben noch den Antrag des Landesausschusses betreffs der bei Ablösung der Servituten und deren Regulirung sich ergebenden Kosten. Ich werde der hohen Versammlung das dießbezügliche Ministerial-Dekret zur Kenntniß bringen. (Secretär verliest dasselbe.) Wie Sie vernommen haben, sind die beiden Landes-Ausschüsse, respective Landtage von Tirol und Vorarlberg aufgefordert worden, in dieser Beziehung ihre Bemerkung kund zu geben. Es hat deßhalb auch Ihr Landes-Ausschuß sich mit dem jenseitigen in's Einvernehmen gesetzt, um hierin zwischen beiden ein gleichmäßiges Vorgehen zu erzielen und nahm nachhin in der Ausschuß-Sitzung vom 8. d. M. in reiflicher Erwägung aller obwaltenden Umstände und der vom Tiroler Landes-Ausschuß erhaltenen Auskünfte den Beschluß an, zu erklären „er finde hierüber keine weitern Anträge an den hohen Landtag zu stellen, sondern diesen Gegenstand nur zur Kenntniß desselben zu bringen, und in dieser Beziehung von seiner Seite allenfällige weitere Anträge zu gewärtigen. Ich wäre der Ansicht, wenn von Seite der hohen Versammlung kein anderer Vorschlag oder andere Anträge erhoben würden, diesen Gegenstand dem bereits zur Erstattung des Berichtes über den Rechenschafts-Bericht des Landes-Ausschusses berufenen Comite zur weiteren Berichterstattung zu überweisen. Ist die hohen Versammlung einverstanden? (Angenommen.) 60 Ich habe mir in der letzten Sitzung erlaubt, der hohen Versammlung bekannt zu geben, daß ich mir vorbehalten müsse, die Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände, wie sie auf der heutigen Tagesordnung stehen, je nach Umständen zu ändern. Wir haben unter andern den Bericht über die Landes- Vertheidigung zu verhandeln. Da dieser längere Zeit in Anspruch nehmen dürfte, vielleicht auch eine Überlegung auf die nächste Sitzung nöthig fallen dürfte, so gehen wir über zum weiteren Gegenstand der Tagesordnung, nemlich zur Erstattung eines Gutachtens über die von der Regierung gemachte Vorlage in Betreff des politischen Ehekonsenses. Die hohe Versammlung weiß, daß an den Landtag mittelst StatthaltereiErlasses vom 27. October v. J. die Aufforderung kam, zu begutachten, ob und welche Hindernisse der Aufhebung der politischen Eheconsense im Wege stehen, oder welche Vorsichtsmaßregeln hiebei erforderlich seien. Ich brauche mich über diesen Gegenstand nicht weiter einzulassen, weil er hier schon längere Zeit besprochen wurde, und stelle nur an die hohe Versammlung die Aufforderung, mir über die fernere Behandlung dieser Sache einen Antrag zu bringen. Riedl: Durch das Abstimmungsresultat der letzten und vorletzten Landtagssitzung, ist es mir gewiß geworden, daß der hohe Landtag zwar nicht der vom dießfälligen Comite in seinem Comite-Berichte niedergelegten Begründung für Aufrechthaltung der politischen Eheconsense entgegen zu treten gewillt ist, daß aber die hohe Versammlung in ihrer Majorität mit der Formulirung der diesfalls gestellten Anträge nicht einverstanden war, weil sie in dritter Lesung dieselben abgelehnt hat. Ich glaubte nun, daß es zur Ersparung der Zeit, der Wahl eines neuen Comite und der nochmaligen Durchberathung dieses der hohen Versammlung in allen seinen Theilen zur Genüge bekannten Gegenstandes am zweckdienlichsten wäre, wenn bezüglich des vom Comite früher gestellten Antrags, bestehend aus zwei Hauptpuntken, der erste Hauptpunkt, nämlich, daß es Wunsch des Landes sei, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde, unverändert angenommen würde, während der zweite Hauptpunkt, bestehend aus sechs Artikeln dahin abgeändert würde, daß der hohen Regierung selbst die Formulirung des betreffenden Gesetzes überlassen bliebe, jedoch mit Berücksichtigung der vom Comite dießfalls entwickelten Gründe und mit besonderer Würdigung des bei der ersten Sitzung, in der dieser Gegenstand zur Sprache kam, hervorgehobenen Umstandes, daß auf den guten Leumund und die Erwerbstüchtigkeit der Eheconsenswerber vorzüglich Rücksicht zu nehmen sei. In dieser Beziehung habe ich mich mit den übrigen Mitgliedern des Comite zu dem Antrage geeinigt, welcher dahin geht: „Der hohe Landtag wolle unter Berücksichtigung der im Comite-Berichte vom 5. d. M. enthaltenen Begründung beschließen: I. „Es sei dringendes Petit des Landes, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde. II. „Die hohe Regierung zu ersuchen, daß statt der bisherigen unzulänglichen Normen hierüber „mit möglichster Berücksichtigung der im Comite-Berichte aufgeführten besonderen Verhältnisse des „Landes ein neues Gesetz erlassen werde, worin insbesondere auch dem unbescholtenen Leumund und „der Erwerbstüchtigkeit der Eheconsenswerber gebührende Rechnung getragen werde." Seyffertitz: Ich habe mir das Wort erbethen, um meine Unterschrift, welche unter dem Antrag des Herrn Riedl steht aus dem Standpunkt zu rechtfertigen, den ich bereits bei der vorigen Verhandlung dieses Gegenstandes namentlich als Obmann des früher bestandenen Comite eingenommen habe. Ich habe namentlich der hohen Versammlung in der Beziehung darzuthun, daß meine gegenwärtige Unterschrift mit meinen früheren Gesinnungen vollkommen im Einklange stehe. Ich habe mich bereits damals bei der ersten Verhandlung dieses Gegenstandes dahin ausgesprochen, daß ich diese Frage als eine offene Frage betrachten muß; ich habe weiter dargethan, daß dieselbe für mich nur ein administratives Interesse haben könne. Wenn man sich in der Frage der politischen Eheconsense blos auf den rein christlichen oder rein menschlichen Standpunkt stellen will, so kann es gar nie zweifelhaft sein, in welchem Sinne man sich über diese Frage auszusprechen habe. Es hieße kein Herz in der Brust haben, wollte man den Armen den Trost der Liebe, des Familienlebens für immer verweigern und bestreiten. Meine Herren! Keinem von uns darf dieser harte Vorwurf gemacht werden. Speziell meine Meinung betreffend, nehme ich keinen Anstand zur Erklärung, daß jene schönen Worte, welche der ehrwürdige Vertreter der Kirche bei Gelegenheit der ersten Verhandlung gesprochen hat, jene Worte, welche von dem — 61 — Geiste christlicher Milde und echter Humanität durchweht waren, mir vollkommen aus dem Herzen gesprochen waren. Allein, wenn ich dennoch auf der Seite der Gemeinden gestanden bin, so haben mich damals gewichtige Gründe dazu bestimmt. Vor Allem darf in der Politik das Gefühl, das Herz nicht allein den Ausschlag geben, die Logik der bestehenden und erwiesenen Thatsachen spricht zu deutlich, die Humanität, die christliche Milde und Barmherzigkeit findet an den materiellen Schranken des irdisch beschränkten Geldbeutels ihre Begränzung. Es ist ein alter juridischer Satz: „ultra posse nemo tenetur“, — über sein Vermögen ist Niemand verpflichtet. — Ich kann mich der Ansicht auch heute noch nicht entschlagen, daß eine unbedingte Aufhebung des Eheconsenses, so sehr dieselbe aus allgemeinen Humanitätsprincipien auch wünschenswerth wäre, doch im Laufe der Zeit den Ruin der Gemeinde zur Folge haben müßte. Es ist mir, wie ich schon damals bemerkt habe, aus meiner langjährigen Praxis vollkommen bekannt, tind ich habe die Überzeugung geschöpft, daß die Gemeinden auch bei den bisher geltenden Vorschriften bei Ertheilung der Eheconsense durch leichtsinnige Handhabung dieser Borschriften wirklich benachtheiligt worden sind, daß die Gemeinden dadurch in große Calamitäten versetzt wurden: mir war daher klar, daß nur eine strenge präcise Fassung des Gutachtens diese drohenden Calamitäten von den Gemeinden in Zukunft abwenden könne, daß insbesondere die bisherigen Vorschriften gänzlich ungenügend, — namentlich aber gänzlich ungenügend gegenüber dem bestehenden neuen Gewerbegesetze sind. Es ist mir vor Allen damals vorgeschwebt, daß es nothwendig sei, solche Maßregeln in Antrag zu bringen, welche es unmöglich machen, daß die liberalen Bestimmungen des Gewerbe-Gesetzes, welche übrigens vollkommen meine Zustimmung und Sympathien besitzen, daß diese liberalen Bestimmungen dazu benützt werden, um die Vorschriften über den politischen Eheconsens zu umgehen, ihre Wirkung zu vereiteln. Andererseits verkenne ich jedoch nicht, daß die Einstimmigkeit eines Beschlusses der Vertretung dieses Landes ein so großes Gewicht ist, daß es im höchsten Grade wünschenswerth sein muh, die Einstimmigkeit dieser hohen Versammlung in dieser Frage zu erzielen. Aus diesem Grunde habe ich auch gar keine Bemerkungen darüber zu machen gehabt, daß der ComiteAntrag bei der dritten Lesung gefallen ist; denn selbst, wenn er durchgegangen wäre, würde die Einstimmigkeit nicht erreicht worden sein. Es handelt sich hier insbesondere darum, daß den Gemeinden dasjenige gerettet werde, was zu retten ist: dieses kann geschehen, wenn der Antrag, der nun vorliegt, einstimmig angenommen wird, und ich glaube, er ist so gefaßt, daß der Einstimmigkeit kein Hinderniß im Wege stehen dürfte. Obgleich ich nun noch immer der Überzeugung bin, daß eine vollständige, wirklich praktische Sicherung des Gemeindewohles, nur durch jene Anträge zu erreichen gewesen wäre, welche in der vorigen Sitzung gefallen sind, so gestehe ich doch offen ein, daß ich aus zwei Gründen insbesondere dem Antrage des Abgeordneten Herrn Riedl mich angeschlossen habe: 1. weil ich hoffen durfte, daß ein einstimmiger Beschluß der hohen Versammlung zu erwarten steht, und 2. weil ich dem Zuge meines Herzens folgen, dem Gewichte der Humanitätsprincipien dabei Rechnung tragen konnte. Ich glaube daher der hohen Versammlung nochmals die Annahme des vom ehemaligen Comite über den Eheconsens eingebrachten Collectiv-Antrages an's Herz legen zu müssen. Hochw. Bischof: Ich habe mich in der letzten Sitzung, als die Verhandlung über die politischen Eheconsense stattgefunden hat, wie die hohe Versammlung sich erinnern wird, nicht unbedingt gegen den Fortbestand des politischen Eheconsenses ausgesprochen, ich fand nur die damals vom Comite vorliegenden Anträge und den Punkt b zu hart für die Armen, und überdieß in dieser gegen die frühere Gesetzgebung etwas verschärften Norm, wie mir schien, vollständig ohne alle Aussicht auf Erfolg. Da der vorliegende neue Antrag eine mildere, und wie ich glaube, in Folge dessen eine mehr Hoffnung gewährende Fassung bietet, so erkläre ich, daß ich mich diesem Antrage nicht widersetzen werde, und zwar im*Einklange mit den früheren von mir vorgebrachten Gründen. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Wohlwend: Ich bitte um das Wort, nemlich in Bezug auf die Behandlung des von Herrn Riedl gestellten Antrages. Der Antrag, der nun eingebracht worden ist, ist eben erst eingebracht worden, und ich gestehe, ich sehe mich nicht in der Lage, mich direct über diesen Antrag auszusprechen. Ich stelle daher 62 den Antrag, daß derselbe einem Comite zur Vorberathung übergeben werde; sollte jedoch darauf nicht eingegangen werden, so würde ich mir das Wort erbitten, auch über den Antrag selbst zu sprechen. Landeshauptmann: Wünscht Jemand über diesen Antrag etwas zu bemerken? Ganahl: Ich erkläre mich mit dem Antrage des Herrn Wohlwend einverstanden. Landeshauptmann: Ist die hohe Versammlung einverstanden, diesen Antrag, welcher hier vorliegt, einem-eigenen Comite zur Berathung zu übergeben? (Ist angenommen.) Bitte um Gegenprobe (sind 8 Stimmen). Wohlwend: Ich stelle ferner den Antrag, daß dieses Comite aus drei Mitgliedern zu bestehen habe. Riedl: Nachdem ich schon in mehreren Comites bin, mache ich von dem mir nach unserer Geschäfts- Ordnung zustehenden Rechte Gebrauch und lehne die Wahl in dieses Comite ab. Schedler: Ich lehne ebenfalls die Wahl ab, nachdem ich schon in drei oder vier Comites bin. Landeshauptmann: Ich bitte die Wahlzettel abzugeben, und die Herren Bertel und Rhomberg, das Scrutinium vorzunehmen. (Wahl.) Bertel: Es wurden 18 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Die absolute Stimmenmehrheit erhielt Herr Baron Seyffertitz mit 13 Stimmen. Es ist also Baron Seyffertitz als gewählt hervorgegangen. Die übrigen Stimmen vertheilen sich so: Herr Wohlwend mit 9, Hochw. Bischof mit 7, Herr Hirschbühl mit 6, Herr Egenter und Bertschler mit je 5 und Herr Bertel mit 4 Stimmen. Ich bitte also nochmals zur Wahl oder Bezeichnung von drei Herren zu schreiten. Ich ersuche neuerdings, die Herren Rhomberg und Bertel, das Scrutinium vorzunehmen. (Wahl.) Bertel: Es wurden ebenfalls wieder 18 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Absolute Stimmenmehrheit erhielten die Herren Hirschbühl mit 11 und Wohlwend mit 10 Stimmen, somit wäre das Comite voll. Als nächstfolgende kommen Hochw. Herr Bischof und Herr Egender mit je 8. Zwischen diesen beiden muß zur Wahl des Ersatzmannes die engere Wahl vorgenommen werden. Herr Bertel und Herr Rhomberg wollen das Scrutinium vornehmen. (Wahl.) Herr Egender erhielt 11 Stimmen und ist somit als Ersatzmann des Comites gewählt. Wir gehen nun über zur Wahl eines Landesausschuß-Mitgliedes und zweier Ersatzmänner. Herr Fußenegger, der ausgeschieden ist, war Landesausschuß und war nach den Acten von der Gesammtversammlung, auf Grund des §. 12, zweiter Absatz der Landeswahlordnung, gewählt worden. Es ist somit die Wahl des neuen Landesausschusses ebenfalls von der Gesammtversammlung vorzunehmen. Seyffertitz: Es ist mir zu Ohren gekommen, daß mehrere Mitglieder der hohen Versammlung mir die Ehre zugedacht haben, mir in dieser Beziehung ihre Stimme zu geben. Ich erkläre im Vorhinein, daß dieses mich bestimmt, meiner Stimmengebung mich zu enthalten. Ganahl: Es handelt sich wohl vorerst nur um die Wahl eines wirklichen Mitgliedes des Landesausschusses, und nicht um jene eines Ersatzmannes. Landeshauptmann: Ja, um die Wahl eines Landesausschusses anstatt des Herrn Fußenegger. Herr Fußenegger ist ausgetreten und statt desselben ist ein Mitglied des Landesausschusses von der ganzen Versammlung zu wählen, da auch Herr Fußenegger von der ganzen Versammlung gewählt wurde. Ich ersuche die Herren Riedl und Stemmer, das Wahl-Scrutinium vorzunehmen. (Wahl.) Riedl: Es wurden 19 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Wir haben keine absolute Stimmenmehrheit erhalten. Herr Rhomberg erhielt 7, Baron Seyffertitz 6, Schedler 3, Egender, Bertel und Feuerstein je 1 Stimme. Ich bitte also, die Wahl zu wiederholen. Rhomberg: Da ich mehrere Stimmen auf mich vereint sehe, so werde ich mich bei der zweiten Abstimmung der Stimmenabgabe enthalten. Riedl: Es sind 18 Stimmen abgegeben worden. Landeshauptmann: Baron Seyffertitz erhielt 8, Rhomberg 9 Stimmen. Die Wahl muß wiederholt werden. Herr Schedler darf hierbei nicht mehr in Betracht kommen, weil wir zur engeren Wahl schreiten, es sind nur die beiden, welche die meisten Stimmen haben, darin aufzunehmen. Ich bitte also neuerdings die Herren Riedl und Stemmer, das Scrutinium vorzunehmen. Riedl: Es sind 18 Stimmen abgegeben. 63 Landeshauptmann: Baron Seyffertitz erhielt 10 Stimmen, und ist somit gewählt. Wir haben nun einen Ersatzmann für den ausgetretenen Herrn Mutter zu wählen. Dieser Ersatzmann wird gewählt einzig und allein aus den Herren, welche den Städten, der Handels- und Gewerbekammer und dem Markte Dornbirn angehören. Es sind dieß die Herren Ganahl, Neper, Rhomberg, Baron Seyffertitz und ich. Seyffertitz: Ich erlaube mir die Frage, ob aus dem Plenum des Hauses gewählt werden kann? Landeshauptmann: Nein, nur von uns, d. h. von uns 5. Ich ersuche die Herren Stemmer und Riedl, das Scrutinium vorzunehmen. Riedl: Es wurden 5 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Herr Neyer ist mit Stimmenmehrheit als Ersatzmann gewählt für den Vertreter der Handels- und Gewerbekammer. Wir haben noch einen Ersatzmann aus dem ganzen Hause für den verstorbenen Anton Drechsl zu wählen. Seyffertitz: Dieser darf aus dem Plenum des Hauses gewählt werden? Landeshauptmann: Ja, sowie auch Drechsl aus dem Plenum des Hauses gewählt worden war. (Wahl.) Riedl: Es sind 20 Stimmzettel abgegeben worden. Landeshauptmann: Keiner der Herren hat absolute Stimmenmehrheit erhalten. Die meisten Stimmen erhielten die Herren Rhomberg, Stemmer und Schneider, die übrigen Stimmen sind ganz zersplittert. Bitte nochmals zu wählen. Riedl: Es sind abermals 20 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Wir haben noch keine absolute Stimmenmehrheit erhalten. Rhomberg mit 8 und Stemmer mit 5 haben die meisten Stimmen. Sie allein kommen in die engere Wahl. Ich bitte die engere Wahl vorzunehmen und dabei auf die Herren Stemmer und Rhomberg Bedacht zu Nehmen. Ried: 19 Stimmzettel wurden abgegeben. Landeshauptmann: Herr Rhomberg ist mit 10 Stimmen als Ersatzmann für den ausgeschiedenen Anton Drechsl aus dieser Wahl hervorgegangen. Wir kommen nun zu dem Berichte des Comite über die LandesvertheidigungsOrdnung von Vorarlberg. Vor allen werde ich die Statuten, welche hohen Orts herabgelangt sind, verlesen lassen. (Secretär verliest die Landesvertheidigungs-Ordnung.) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter seinen Vortrag über die Anträge des Comite zu halten. (Herr Riedl verliest den Comite-Bericht über die Landesvertheidigung.) Ich eröffne die Generaldebatte und ertheile dem Herrn landesfürstl. Commissär das Wort. Landfürstl. Commissär: Ehevor sie zur Abstimmung über dieses wichtige Gesetz schreiten, erlauben Sie mir wohl einige Worte an Sie zu richten. Die Gründe, welche für die einheitliche Gestaltung und Durchführung dieses Gesetzes nach den gleichen Principien für beide Länder sprechen, diese Gründe meine Herren, sind von mir als Organ der Regierung in den Sitzungen des vorjährigen Comite und Landtages umständlich auseinandergesetzt und erörtert worden. Ich habe sie in dem heuer wiedergewählten Comite wiederholt, sie haben, wie sie eben aus der Berichterstattung des Comite ersahen, auch ihre geeignete Berücksichtigung gefunden, und ich darf sie daher als bekannt bei allen Herren voraussetzen, umsomehr, als die meisten derselben den ComiteSitzungen angewohnt haben. Es ist allerdings, der Regierung erwünscht, daß ein so ehrwürdiges und erprobtes Institut, wie die Landesvertheidigung ist, den beiden Ländern erhalten werde, ein Institut mit dem die glorreichsten Erinnerungen ihrer Geschichte verknüpft sind, sie möchte es nach den gegenwärtigen Verhältnissen und Bedürfnissen neu gestalten. Sie thut dieses auch, wie Sie aus der Verlesung des Gesetzentwurfes gehört haben, unter höchst ehrenvollen Zugeständnissen und mit Übernahme von bedeutenden Auslagen, sie verzichtet hiebei auf ihr Recht, als Kontingent zum KaiserjägerRegimente um die Hälfte mehr Mannschaft zu verlangen, und verzichtet darauf im Interesse des Landes, welchem dadurch eine bedeutende Anzahl von Arbeitskräften erhalten wird, während auf der anderen Seite die Wehrkraft des Landes für die Zeit der , Gefahr ausgebildet und geübt wird. Es ist bis zu seiner kriegerischen Thätigkeit ein rein bürgerliches Institut unter Waffen, die Regierung zeigt durch seine Organisirung dem Lande das vollste Vertrauen 64 in seine loyalen Gesinnungen, und anerkennt zugleich auch die kriegerische Tüchtigkeit der Bevölkerung. Es liegt nach dem, was ich bemerkt habe, mehr im Interesse des Landes, als im Interesse der Regierung, daß dieses Institut durchgeführt werde. Wollen Sie daher, meine Herren, den wohlwollenden Absichten der Regierung entgegen kommen, ihr Vertrauen erwiedern und die Ihnen gestellten Anträge annehmen. Was in diesen Anträgen als Petit des Landes hingestellt ist, das wird, sie können vollkommen überzeugt sein, die thuulichste Berücksichtigung finden, und recht gerne werde ich die bezüglichen Anträge nach Kräften empfehlen. Lassen Sie mich noch die innigste Überzeugung ausdrücken, daß Sie durch Annahme dieser Regierungs-Vorlage eben so sehr den Wünschen des Landes entsprechen, als seinen Interessen dienen werden. (Bravo.) Landeshauptmann: Verlangt noch Jemand in der Generaldebatte zu sprechen. Seyffertitz: Ich bin zwar im Großen und Ganzen ein Anhänger des Principes der Wehrhaftmachung des Volkes, ich bin insbesondere ein Anhänger der Landesbewaffnung in Folge der allbekannten historischen Ereignisse zu Ende des verflossenen und am Beginne dieses Jahrhunderts, und daher entscheide ich mich für die Beibehaltung eines Institutes, welches von jeher im höchsten Gradesehrenvoll für das Land war. Allein, was ich nicht unberührt lassen kann, das ist die Form der Zuschrift des Staatsministeriums an den Landtag, und an dieser muß ich Anstoß nehmen. Nach meiner Ansicht enthält der Passus: „daß im Falle des Mißlingens der vorerwähnten Vereinbarung von Seite der Regierung auf die Landesvertheidigung in Vorarlberg verzichtet, und dafür „die Stellung des vollen gesetzlichen Rekrutenkontingentes gefordert werden würde" eine Art Drohung, welche den freien Entschluß des hohen Landtages in Vorhinein präjudicirt. (Ganahl, ganz richtig, Bravo von mehreren Seiten.) Meine Herren es ist uns durch diese Form der Zuschrift, durch diesen Beisatz unmöglich gemacht, auch nur eine Abänderung des Gesetzes in Berathung und Schlußfassung zu ziehen, denn Abänderungen können möglicherweise das Mißlingen der Vereinbarung zur Folge haben, und keiner von uns wird die schwere Verantwortung auf sein Haupt laden wollen, daß das Land das doppelte an Blut für das stehende Heer abgeben müsse. Ich gestehe es offen, daß für mich die Aussicht vielleicht lockend wäre, in der Beziehung einen Beschluß des Landtages zu provociren, wodurch dem Ministerium zu erkennen gegeben würde, daß der Landtag es nicht in Ordnung gefunden habe, als eine Art Drohung dasjenige auszusprechen, was jedem von uns als Folge der Ablehnung ohnehin bekannt war; ich verzichte jedoch darauf und zwar deßhalb, weil ich so lange, als ich kann, mit dem Manne, der an der Spitze des Ministeriums steht, mit Schmerling gehen werde, und zwar darum, weil er mir der einzige Leuchtstern am Ministerhimmel zu sein scheint, während manches Andere ziemlich zu den dunklen Körpern zu zählen wäre. (Ganahl: einverstanden.) Deßwegen werde ich ihm nie entgegen treten, weil ich in ihm das Letzte und Einzige erkenne, an dem man festzuhalten hat. Allein, wenn ich auch darauf verzichte, so bin ich es meiner Würde und meiner Verpflichtung als Landtags-Abgeordneter schuldig für meine Person zu Protokoll zu erklären: „Seyffertitz vermag in dem, die Anwendung des vollen Heeres - Kontingents auf das Land für den Fall der Nichtvereinbarung mit Tirol in Aussicht stellenden Begleitschreiben des k. k. Staatsministeriums vom 25. v. M., Z. 1216 nur eine den freien Entschluß des Landtages im vorhinein beeinflußende Drohung zu erkennen, und hält sich für verpflichtet, sich für seine Person gegen dieses Vorgehen der Regierung feierlichst zu verwahren." Landesfürstl. Commissär: Ich bin weit entfernt den Worten der Herren Abgeordneten entgegenzutreten, es ist freie Discussion, es ist das frei Wort Ihnen gestattet. Nur eine Bemerkung muß ich mir meine Herren erlauben. Herr Baron v. Seyffertitz hat gesagt, es liege eine Art von Drohung vor, die den freien Entschluß des hohen Landtages präjudicire. Darüber möchte ich bemerken, daß nach der vorjährigen Verhandlung wohl nicht anderes übrig blieb, als dem Landtage von Vorarlberg zu sagen: Die einheitlichen Grundsätze für beide Länder müssen dieselben sein, oder, wenn das Land Vorarlberg auf diese Grundsätze nicht eingehen will, muß es eben auf das ganze Institut verzichten und die mit der Ablehnung nothwendig verbundenen Folgen tragen. Diese Hinweisung war geboten, sie ist aber keine Drohung. Jahre lang schleppten sich schon die Verhandlungen über die Einrichtung der Landesvertheidigung hin, oft schon hat seither der Feind an die Thore des Landes geklopft und auch gegenwärtig steht er an denselben wohl gerüstet da. Eine weitere Verzögerung würde unverantwortlich sein von Seite der Regierung, theils für das Reich selbst, vorzüglich aber für das Land, und deshalb glaube ich, daß die Negierung die Verantwortlichkeit nicht auf sich nehmen konnte durch weiteren Aufschub der — 65 — Verhandlungen das Zustandekommen dieses Institutes zu verzögern, sondern die Sache im Wege der Vereinbarung durchzuführen suchte. Der Beschluß des vorigen Landtages war so decitirt, daß sich keine andere Alternative herausstellte, als entweder zu den sanctionirten einheitlichen Grundsätzen der Landesvertheidigung zurückzukehren oder aus dieselbe gänzlich zu verzichten. Ganahl: Auf die Bemerkungen des Herrn Statthaltereirathes erlaube ich mir zu erwiedern, daß der Landtag von Vorarlberg an der Hinausschiebung des Zustandekommens einer Landesvertheidigungs-Ordnung keine Schuld trägt. Der Landtag von Vorarlberg hat im vorigen Jahre beschlossen, die nach den speciellen Verhältnissen des Landes modificirte Regierungsvorlage dem Landtage von Tirol mit der Einladung mitzutheilen, derselbe möge seine Erklärung ehethunlichst anher abgeben, ob er auf die Grundzüge, welche hierin aufgestellt worden sind, eingehe, oder welche Bedenken er dagegen trage, und welche Gegenvorschläge er zu machen gesonnen sei. Der Tiroler Landtag hat dieser Einladung nicht entsprochen, sondern aus eigenem Antriebe eine Landesvertheidigungs-Ordnung für Tirol und Vorarlberg entworfen. Diese ist von Sr. Majestät sanktionirt worden und uns mit der Alternative zugekommen: entweder ihr nehmt diese Landesvertheidigungs-Ordnung an oder stellt das volle gesetzliche Rekruten-Kontingent. Hierin liegt wirklich eine Drohung und zwar eine arge Drohung, Ich finde dieses Vorgehen durchaus nicht in der Ordnung und protestire feierlich gegen ein solches Vorgehen. In dieser Drohung liegt zugleich auch ein moralischer Zwang, denn es heißt dies, wenn ich mich eines gewöhnlichen Ausdruckes bedienen will nichts anderes als: „Vogel friß oder stirb." Da ich in diesem Verfahren die Würde des hohen Hauses herabgesetzt sehe, so gehe ich in dieser Beziehung noch weiter als Herr Baron von Seyffertitz und erlaube mir den Antrag zu stellen, der hohe Landtag wolle um seine Würde zu wahren zu Protokoll geben: er protestire für die Zukunft gegen ein ähnliches Vorgehen von Seite der Regierung. Ist der hohe Landtag damit nicht einverstanden, so gilt wenigstens für meine Person was ich gesagt habe. Landesfürstl. Commissär: Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich keineswegs gesagt habe, der Landtag von Vorarlberg sei an der Verzögerung des Zustandekommens der Landesvertheidigungs-Ordnung schuld, sondern ich sagte nur, daß es nicht gerathen war, das Zustandekommen der Landesvertheidigunq noch weiter zu verzögern. Was die Bemerkung über die Drohung betrifft, die in dem erwähnten Ministerial-Erlasse liegen soll, so muß ich nochmals darauf Hinweisen, daß die Hervorhebung der Folgen der Ablehnung nothwendig war. Die Regierung mußte darauf aufmerksam machen, um nicht mißverstanden zu werden. Die Vertreter des Landes sind nun in der Lage zu erwägen und zu beurtheilen, welche von beiden Alternativen für das Land die bessere ist. Es hat sich im vorigen Jahre schon herausgestellt, daß das Land weniger Rekruten zu stellen wünscht als es ihm nach dem Gesetze treffen würde, darüber war, glaube ich, kein Zweifel, sondern es hat sich damals nur um das Princip der Durchführung gehandelt nicht um das Princip der Landesvertheidigung selbst. Die Grundzüge, wie sie der Vorarlberger Landtag angenommen hat, konnten wegen der bekannten Gründe nicht genehmigt werden. Dieses mußte die Regierung klar aussprechen, es war dieses nur ein Ausfluß der Betrachtung über das- leitende Prinzip und über die Nothwendigkeit das Institut entweder baldigst ins Leben zu rufen oder ganz fallen zu lassen, und deßhalb kann ich auch keine Drohung in dem angeführten Erlasse erblicken. Riedl: Als Berichterstatter des Comite glaube ich im Sinne desselben oder jedenfalls meine individuelle Ansicht dahin aussprechen zu sollen. Mir gilt der Grundsatz vor Allem: „Gleiches Recht für Alle." Wenn nun Sr. k. k. Majestät Regierung erklärt, daß sie uns Vorarlberger in militärischen Angelegenheiten wie die übrigen Unterthanen des Reiches behandeln wolle, so kann ich hierin nur ein konsequentes Festhalten an diesem Rechtsgrundsatze und keine Drohung erblicke. (Bravo.) Rhomberg: Ich bin für die Würde dieses Hauses nicht so ängstlich, wie Herr Ganahl. Als Obmann des Comite erlaube ich mir einige nachträgliche Bemerkungen zu machen. Ich glaube nemlich, daß die hohe Regierung auf die Landesvertheidigung speciell in Vorarlberg als ein offenes Land zu wenig Werth legt, als daß wir durch schroffe Abänderungs-Anträgen oder gar durch Negation des Principes das in der Regierungsvorlage uns vorschwebt, da besonders darauf pochen könnten. Ich glaube, die Regierung hat uns Vorarlbergern die Landesvertheidigung deßhalb erhalten und noch mal angetragen', weil wir im Kaiserjäger-Regiment ein gemeinschaftliches Band mit Tirol bilden und dieselbe politische Spitze mit Tirol haben. Das sind zwei Vereinigungspunkte, die wie ich 66 glaube, die Regierung veranlaßt haben, uns das LandesvertheidigungsInstitut noch einmal anzutragen, und ich glaube, wir laden uns eine große Verantwortlichkeit auf, wenn wir diesen Antrag verscherzen, wenn wir unser Land der Gefahr aussetzen, wie schon der Herr Berichterstatter Riedl gesagt, das doppelte Kontingent zur Armee stellen zu müssen. In diesem Falle, glaube ich, würden wir im Lande große Vorwürfe bekommen und trage darauf an das hohe Haus wolle sich den Comite-Anträgen anschließen. Gan ah l: Was die Frage anbetrifft, ob wir das LandesvertheidigungsGesetz annehmen, oder die doppelte Zahl Rekruten stellen wollen, so sind wir darüber alle einig und es wäre nach meiner Ansicht gar nicht nothwendig gewesen, daß Herr Rhomberg uns dazu animirt hätte diesen Beschluß zu fassen, denn jene Verantwortlichkeit wird Niemand von uns übernehmen wollen, die darin läge, noch einmal so viel Soldaten zustellen, als es bisher der Fall war. Deshalb nehmen wir die Landesvertheidigungs-Ordnung an, davon bin ich vollkommen überzeugt, denn wir haben nur die Wahl zwischen zwei Übeln zu wählen, und da ist es jedenfalls klüger, unter denselben das Kleinere zu wählen, und dieses kleinere Übel ist jedenfalls die Annahme der LandesvertheidigungsOrdnung. Seyffertitz: Die Generaldebatte ist noch nicht geschlossen und ich kann daher noch einmal das Wort ergreifen, um auf einige Stellen des ComiteBerichtes zurückzukommen. Der Comite-Bericht sagt unter B. I. 2, Sr. Durchlaucht der Fürst Statthalter .... zu Protokoll bleiben. (Gelesen, siehe Comite-Bericht.) Wir haben also hier, so sagt das Comite, das rechtsverbindliche Erklären der Regierung, daß Tirol und Vorarlberg nie mehr als 1300 Mann jährlich zur k. k. Armee zu stellen habe. Das Comite glaubt, daß man sich mit dieser Eröffnung zufrieden stellen solle, und erhebt den Antrag, daß in dem seinerzeitigen Landtagssitzungs-Protekolle von dieser Erklärung Act genommen werde. Dasjenige, was das Comite in dem eben kundgegebenen Passus seines Berichtes sagt, gibt mir noch nicht vollständige Beruhigung, daß das Land nie mehr als 1300 Mann jährlich zur k. k. Armee stellen werde. Es heißt hier zwar, daß Se. Durchlaucht der Fürst Statthalter für Tirol und Vorarlberg in Folge Ermächtigung von Seite des k. k. Ministeriums in der 34. Sitzung des Tiroler Landtages v. J. 1863, nachstehende Erklärung abgegeben habe; daraus will nun der Comite-Bericht folgern, daß dieses ein rechtsverbindliches Erklären der Regierung sei. Damit kann ich mich nicht einverstanden erklären. Zu einem rechtsverbindlichen Erklären gehört mehr als die bloße Ermächtigung von Seite des Ministeriums. Das Ministerium, meine Herren, welches jetzt an der Spitze der Geschäfte des Staates steht, kann fallen, das Ministerium kann dieses nur für sich als Gesammt-Ministerium erklärt haben; das nachfolgende Ministerium kann in die Lage kommen, von Tirol und Vorarlberg sogar mehr als 1300 Mann verlangen zu müssen. Ich für meine Person kann mich daher aus diesen Gründen nicht für beruhigt erklären, daß hier ein rechtsverbindliches Erklären der Regierung vorliege. Ich enthalte mich überhaupt bei der vorliegenden und genügend dargestellten Sachlage, zwar jedes Antrages in dieser Regierungs- Vorlage, allein besprochen muß die Sache doch werden. Landeshauptmann: Verlangt noch Jemand zu sprechen? Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, so erkläre ich die allgemeine Debatte für geschlossen, und wir gehen über zur Spezial-Debatte. Die hohe Versammlung hat die Verlesung der Landesvertheidigungs-Ordnung heute vernommen; ist sie gesonnen, daß ich Paragraph für Paragraph dieselbe wiederhole, und bei jedem derselben, die vom Ausschusse beantragten Zusätze eröffne und darüber abstimmen lasse, oder wünscht Jemand einen Antrag in dieser Beziehung zu stellen? Hochw. Bischof: In Betreff der formellen Behandlung erlaube ich mir die Anfrage zu stellen, ob die stylistische Abänderung, die ich in einem Paragraphen zu beantragen habe, an die Anträge des Comite angeschlossen werden kann, oder in welcher Weise ich dieselbe zur Sprache bringen könne. Es ist dies §. 43, welcher in seinem zweiten Absätze sagt: „Bei einem Aufgebote wird vor dem Ausmarsche das Gelöbniß des Gehorsams, der Treue und der Tapferkeit vor dem Feinde in feierlicher Weise in Gegenwart des geistlichen und weltlichen Gemeinde-Vorstehers, dann der Vorstehung des k. k. Schießstandes auf die Fahne vor der gesammten Compagnie abgelegt." Der Ausdruck: „Des geistlichen Gemeindevorstehrs ist ungewöhnlich und seltsam, besonders im Gegensatze 67 zum weltlichen Gemeindevorsteher, daß ich den Sinn, welchen die Stelle offenbar hat nach §. 55 abgeändert wissen möchte, wo ganz richtig gesagt wird: „vor dem Seelsorger in Gegenwart der Gemeinde- und SchießstandsVorstehung". Ich möchte daher den Antrag stellen, daß in §. 43 statt des Ausdruckes: „in Gegenwart des geistlichen und weltlichen Gemeinde-Borstehers" gesetzt wurde: „in Gegenwart des Ortsseelsorgers und Gemeinde-Vorstehers." Seyffertiz: Auch ich muß noch, bevor ich mich darüber entscheiden kann, ob das Gesetz, so zu sagen en bloc anzunehmen ist, oder paragraphenweise darüber abgestimmt werde, mir die Frage erlauben, inwieferne ich noch in der Lage sein werde, einzelne Paragraphe zu besprechen. Es ist besonders §. 35, welcher von der Gerichtsbarkeit der Landesschützen spricht. Ich muß im Vorhinein darauf aufmerksam machen, daß mir dieser Paragraph von ungeheurer Tragweite zu sein scheint. Nach den bisher bestehenden Vorschriften waren die LandesschützenCompagnien auch im Kriege und vor dem Feinde nicht unter militärischer Gerichtsbarkeit. Es ist diese Bestimmung des §. 35 eine vollständige Neuerung, welche wir dem Lande als Osterei mitbringen. Diese Neuerung besteht darin, daß die Landesschützen im Kriege einschließlich der Officiere in Strafsachen wegen Militärverbrechen oder Vergehen der Militärgerichtsbarkeit unter Anwendung des Militärstrafgesetzes, und bezüglich der Disciplinar-Gewalt den Armee-Vorschriften unterstehen. Ich sage es ist dieses ein Paragraph dessen Inhalt von ungeheurer Tragweite deshalb ist, weil es, was vielleicht nicht bei allen diesen Herren der Fall ist, mir vergönnt war, bei Eidesleistungen der Rekruten gegenwärtig zu sein. Ich habe nur zu oft die Kriegsartikel vorlesen gehört, von denen einer nach dem andern mit dem Schlußsätze: „wird bestraft zum Tode mit Pulver und Blei", endigt. Meine Herren! ich für meine Person kann dem Artikel 35 dieses Gesetzes nie zustimmen, in der Fassung, wie er vor uns liegt, und daher verwahre ich mich gegen dessen unbedingte Annahme en bloc, insoferne als es mir dadurch benommen würde, §. 35 einer Abänderung unterzogen zu sehen. Landesfürstl. Commissär: Wenn schon vielleicht eine Annahme en bloc beliebt werden sollte, so könnte ich nicht mehr in die Lage kommen, gegen die Bemerkungen des Herrn Baron v. Seyffertitz ein Wort zu sprechen; daher ich diesen Anlaß benütze. Es mag allerdings sein, daß die Kriegsartikel drakonisch geschrieben sind, man muß aber auch bedenken, daß das Institut der Landesvertheidigung sonst ein rein bürgerliches, wird aber zur Zeit einer kriegerischen Action ein militärisches. Wenn nun diese Action eintritt, erscheinen die Landesvertheidigungs Compagnien als integrirender Theil der Armee, sie sind berufen, an ihren Operationen Theil zu nehmen, und werden dadurch ein wichtiger Theil des Heeres. Wenn nun für diesen Fall nicht auch die Gesetze gelten sollen, welche für das Militär überhaupt vorgeschrieben sind, so würde dadurch eine Ungleichheit geschaffen, und könnte leicht eine Lockerung der so nothwendigen Disciplin, es könnten Unordnungen herbeigeführt werden, die in Kriegszeiten mit großer Strenge hintangehalten werden müssen. Die Landesvertheidiger sind dann eben Soldaten wie die übrigen, mit denen sie gemeinsam kämpfen, und deßhalb müssen sie den nemlichen Gesetzen unterworfen sein. Hier eine Ausnahme zu machen, wäre, glaube ich, unmöglich, wenn man den Zweck der Landesvertheidigung überhaupt erreichen will, und denselben klar in's Auge faßt. Seyffertitz: Ich habe den §. 35 zur Besprechung gebracht, weil, wie ich schon gesagt habe, dasjenige, was an diesem Gesetze mir nicht gut scheint, wenigstens besprochen werden muß. Einen Antrag zur Abänderung des §. 35 sehe ich mich um so weniger veranlaßt einzubringen, als ich andere Anträge zu diesem Gesetze einzubringen mich veranlaßt sehe, denn die Ablehnung dieses Gesetzes könnte, wie ich schon bereits bemerkt habe, andererseits zufolge der Zuschrift des Staatsministeriums von viel zu schweren Folgen sein. Allein das darf dem Lande nicht verhehlt bleiben, daß durch §. 35 der Landesvertheidiger, wenn er vor dem Feinde ist, vollkommen Soldat ist, und auf ihn alle strengen und blutigen Vorschriften des Kriegsgesetzes unbedingte Anwendung finden. Ich kann mir nicht versagen, noch einmal in Entgegnung der zuletzt gehörten Worte des Herrn Regierungs-Commissärs darauf hinzuweisen, daß dieser Paragraph eine vollständige Erneuerung in Landesvertheidigungssachen enthält, daß in den verflossenen Jahrhunderten unsere Landesvertheidiger an der Seite unserer tapfern Armee tapfer kämpfen konnten, ohne daß solche Bestimmungen sie dazu trieben. (Bravo!) Darum und weil dieses ehrenvolle Zeugniß dem Lande gewahrt bleiben muß, so muß es auch ausgesprochen werden, daß es nicht nothwendig war, so strenge Bestimmungen in dieses Gesetz aufzunehmen. (Bravo!) 68 Landesfürstl. Commissär: Die Bemerkungen des Herrn Baron v. Seyffertitz veranlassen mich noch einmal für kurze Zeit die Geduld der hohen Versammlung in Anspruch zu nehmen. Es ist gesagt worden, daß früher für die Landesvertheidiger so strenge Vorschriften nicht bestanden haben. Herr Baron v. Seyffertitz ist aber gewiß mit mir überzeugt, daß die früheren Landesvertheidigungskräfte ganz anders beschaffen waren, und daß damals ganz andere Verhältnisse und Zustände bestanden als gegenwärtig. Wenn die jüngsten Erfahrungen nicht gezeigt hätten, daß eine Umänderung des Landesvertheidigungs-Institutes absolut nothwendig sei, wenn diese Erfahrungen dieses nicht so gebieterisch gezeigt hätten, so würde man von Seite der Regierung gewiß nicht darauf verfallen sein, die Einrichtung dieses Institutes abzuändern, sondern man würde sich nach den Traditionen der früheren Jahre benommen haben, allein diese Abänderung war eben nothwendig, man muß dieses Institut so einrichten, wie es die RegierungsVorlage bezweckt, wenn man es überhaupt erhalten will. Riedl: Herr Baron v. Seyffertitz ist auf das Historische der Landesvertheidigung eingegangen. Von diesem Gesichtspunkte aus muß ich bemerken, daß, wie es Jedermann bekannt ist, die Compagnien der Landesvertheidigung der Länder Tirol und Vorarlberg seit den ältesten Zeiten nicht aus einem Contingente von 6200 Mann, wie es gegeuwärtig gefordert wird, bestanden, sondern nach den alten Landtagsrecessen, welche zwischen den Ständen Tirols und Vorarlbergs mit der Regierung abgeschlossen wurden, bestand das Contingent für Tirol aus 20, 000 und das für Vorarlberg aus 6000 Mann. Dieses sind imposante Wehrkörper, welche auch vor dem Feinde ihre Verfassung, ihre eigenen Rechte und Gesetze bewahren konnten. Allein man ist von diesem Gesichtspunkte ganz abgegangen, und hat in dem gegenwärtigen Landesvertheidigungs-Institute die Ziffer der Landesvertheidiger für Vorarlberg auf 742 Mann festgesetzt, welche dem Feinde gegenüber als ein separater Körper sich gar nicht halten können, sondern wohl nur als ein integrirender Bestandtheil der Armee, wie es in §. 1 und §. 4 der Regierungs- Vorlage angedeutet ist, in Betracht gezogen werden können. In dieser Beziehung hat das Institut der Landesvertheidigung seine frühere Natur eingebüßt und nur eine nothwendige Consequenz des Abgehens von diesen Traditionen ist es auch, daß §. 35 in die Bestimmungen der Landesvertheidigungs-Ordnung ausgenommen wurde. Ganahl: Als Mitglied des Comite muß ich noch bemerken, daß auch ich mit dem Inhalte des §. 35 durchaus nicht einverstanden sein kann, eben so wenig als ich überhaupt mit einer Menge von Paragraphen dieses Gesetzes einverstanden bin. Ich bin aber im Comite allein geblieben, ich war der Alleinige, der gewünscht hätte, daß man trotz des kategorischen Erlasses doch noch etwas versuchen sollte, ob nicht einige sehr wesentliche Abänderungen möglich wären, ich wurde aber überstimmt. Im vorigen Jahre war die Sache ganz anders, vorigen Jahrs war ich Obmann dieses Comite, da glaubte man, man müsse wahren, was für das Land zu wahren sei, drückende Umstände müssen beseitiget werden, Vorarlberg soll nur sein eigenes Land zu vertheidigen haben, damals waren alle Comite-Mitglieder einig. Dieses Jahr aber hat die Sache ein ganz anderes Gesicht gehabt, und ich muß erklären, daß es mir leid that, daß ich eine so nutzlose Figur bei diesem Comite habe spielen müssen. Riedl: Als Mitglied des Comite muß ich auf die Bemerkungen des Herrn Ganahl Folgendes erinnern: Voriges Jahr war unsere Stellung eine ganz andere. Wir hatten damals nur Propositionen zu machen, Heuer aber sind wir nicht mehr in dieser Position, wir haben keine Propositionen zu machen, sondern nur einfach zu sagen, ob wir in die bereits genehmigten Propositionen des Tiroler Landtages eingehen wollen. Folglich konnte auch das Comite nicht mehr jene Beschlüsse fassen, wie es sie im vorigen Jahre gefaßt hat. Ganahl: Ganz einverstanden. Landeshauptmann: Ich stelle die Frage, ob die hohe Versammlung vielleicht gesonnen ist, in die Discussion der einzelnen Paragraphe einzugehen und Paragraph für Paragraph zur Abstimmung zu bringen? Hochw. Bischof: Ich möchte fragen, ob sich dieses auf alle Paragraphe oder nur auf die beanständeten Paragraphe beziehe, es handelt sich nur darum, ob die beanständeten Paragraphe zur Discussion kommen. Seyffertitz: Ich erlaube mir ebenfalls die Vorfrage zu stellen: Ist der Herr Landeshauptmann gesonnen, die einzelnen Anträge des Comite zur Abstimmung zu bringen? 69 Landeshauptmann: Diese würde ich bei jedem Paragraphen zur Abstimmung bringen, wo eine Abänderung von Seite des Comite beantragt ist. Wenn die hohe Versammlung gesonnen ist, nur über jene Paragraphe abzustimmen, bei denen eine Abänderung von Seite des Comite beantragt ist, so bitte ich sich zu erheben. (Angenommen.) Bei §. 10, lit. B, stellt das Comite den Antrag nach dem Worte „des Bezirkes“ zu setzen: „welche von diesen der Zahl nach bestimmt und gewählt werden." Ist die hohe Versammlung geneigt, dieses anzunehmen, ich bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Bei Paragraph 12 wäre nach dem Comite-Antrage nach der ersten alinea nach dem Worte „maßgebend" beizusetzen: „die nach gegenwärtigen Gesetze zum Eintritte in diese Compagnien Verpflichteten, „aber vom Militärdienste Befreiten haben sich einer Nachlosung zu unterziehen." Ich bitte hierüber um Abstimmung. (Angenommen.) Bei §. 13 wurde vom Comite der Antrag gestellt, daß nach dem Worte „Befreiungen" der Zusatz gemacht werde „mit Ausschluß der §§. 13 und 21 des Heeresergänzungs-Gesetzes." Ich bitte jene Herren, welche dieses annehmen durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Angenommen.) Bei §. 24 wird die Streichung des dort aufgeführten lit. e des §. 42 des Heeresergänzungs-Gesetzes beantragt und der zweite Absatz dieses Paragraphen würde daher zu lauten haben: „Vor vollendeter Dienstzeit kann eine Entlassung in den Fällen des §. 42 zu a, c und d des Heeresergänzungs-Gesetzes. bewilliget werden. Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Nun kommt zu diesem Paragraph auch noch der vom Comite beantragte Zusatz: „Auch ist der für einen „Abwesenden eventuell gestellte und als solcher vorgemerkte Nachmann zu entlassen sobald ersterer „in die Compagnie eintritt. (Angenommen.) Wir hätten endlich noch bei §. 43 die vom Hochwürd. Herrn Bischöfe beantragte stylistische Umänderung der Worte: „des geistlichen und weltlichen Gemeindevorstehers" in „des Ortsseelsorgers" und „GemeindeVorstehers", so daß die zweite alinea jetzt lauten würde: „Bei.......in Gegenwart des Ortsseelsorgers und Gemeinde-Vorstehers.......abgelegt." Ich bitte um Abstimmung über diese Abänderung. (Angenommen.) Es wären somit die sub c, Z. 1, 2, 3 aufgeführten Abänderungszusätze zu den §§. 10, lit. b, 12, 13 und 24, wie dieses am Ende des ComiteBerichtes sub I 1 beantragt wurde, angenommen, und ich gehe nun über zu dem zweiten Antrage: „dieselben als dringendes Petit des Landes zu bezeichnen." Wünscht Jemand hierüber zu sprechen? Wenn Niemand das Wort ergreift, bitte ich die Herren um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Der dritte Antrag lautet: „Aber auch im Falle..........." unverändert anzunehmen. (Siehe Comite-Bericht I, 3.) Wünscht hierüber Jemand zu sprechen? Ich bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Nun kommt der weitere Antrag: „Der hohe Landtag wolle.......mittheilen wolle." (Siehe Comite- Bericht am Schlusse II.) Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Es erscheint hier noch ein weiterer Antrag des Comite, daß der auf Seite zwei, I angeführte Auszug ans der 34. Sitzung des Tiroler Landtages vom Jahre 1863 in das seinerzeitige, hiesige Landtagssitzungsprotokoll ausgenommen werde. Dieser Antrag lautet nemlich: „daß in dem seinerzeitigen Landtagssitzungsprotokoll von dieser Erklärung der Regierung Act genommen werde." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Riedl: Ich würde den Antrag stellen, daß auch zugleich die dritte Lesung dieser nun angenommenen Regierungs-Vorlage vorgenommen werde, und daß, nachdem diese Regierungs-Vorlage verlesen worden ist, von der wirklichen Verlesung Umgang genommen und diese vorgenommene Lesung als dritte giftig würde. Rhomberg: Ich möchte den Antrag des Herrn Riedl in dieser Beziehung unterstützen. Hochw. Bischof: Es ließe sich hier der Ausweg ergreifen, daß diejenigen Paragraphe, in welchen Abänderungen vorkommen, wirklich verlesen würden, die andern aber, in welchen keine Abänderungen vorkommen, unverlesen blieben. Landeshauptmann: Ich hätte jedenfalls an die hohe Versammlung die Frage gerichtet, ob dieselbe Paragraph für Paragraph verlesen lassen oder sich damit begnügen wolle, nur die veränderten Paragraphe verlesen und darüber abstimmen zu lassen. Indessen hat mir Herr Ganahl seinen Antrag überreicht, welcher dahin geht: „die hohe Versammlung wolle beschließen, es sei der Würde des Hauses angemessen, zu Protokoll „zu erklären, daß sich dasselbe gegen ein derartiges Vorgehen verwahre." 70 Hat Jemand hierüber etwas zu bemerken? Riedl: Ich beziehe mich auf meine dießfalls im Laufe der Debatte bereits abgegebene Bemerkung. Landeshauptmann: Es ist dieß ein Antrag, den ich als einen selbstständigen zu nehmen habe, indem er nicht im strengsten Sinne mit dieser Sache in Verbindung steht, und ich erkenne ihn auch als einen solchen. Somit werde ich, obwohl wir das volle Recht Herrn Ganahls in dieser Beziehung einen Antrag zu stellen, nicht verkennen, die hohe Versammlung fragen, ob sie gesonnen ist, diesen Antrag einem Ausschusse zu überweisen? (Abgelehnt.) Ich komme nun zurück auf den Gegenstand, der uns bisher beschäftigt hat, und da die dritte Lesung des Gesetzes über die Landesvertheidigung beantragt wurde, so stelle ich an die hohe Versammlung die Frage, ob sie diese Landesvertheidigungs-Ordnung, so wie dieselbe mit den Zusätzen aus der heutigen Berathung hervorgegangen ist, heute auch in dritter Lesung anzunehmen gedenke. (Angenommen.) Die nächste Sitzung bestimme ich auf Morgen 9 Uhr, und werde auf die Tagesordnung bringen: 1. Den Bericht des Comite, betreffend das Gesuch der Gemeinde Lustenau im Vereine mit einigen andern, um Errichtung einer Eisenbahnstation daselbst. 2. Die Petition mehrerer Gemeiudeglieder des Marktes Götzis, um Neuwahl des dortigen Gemeinde- Ausschusses. 3. Den Comite-Bericht über die Schießstands-Ordnung. Seyffertitz: Wie der hohen Versammlung bekannt ist, stehen nicht nur die Osterferien, sondern auch zwei Feiertage, nämlich: Josephitag und Palmsonntag bevor. Ich bin nur das Organ mehrerer Landtagsmitglieder, wenn ich den Herrn Landeshauptmann, ohne einen Antrag zu stellen, befrage, ob nicht morgen die letzte Sitzung sei, und ob nicht eine Vertagung des Landtages bis zum Mittwoche nach Ostern eintreten solle?