18640311_lts005

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:03
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,lts1864,lt1864,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. Stenographischer Sitzungsbericht. V. Sitzung am 11. März 1864. Unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer im Beisein des landesfürstl. Herrn Comissär k. k. Statthalterei-Rathes Franz Ritter v. Barth. Gegenwärtig 18 Landtags-Abgeordnete. — Josef Neyer krank. Beginn der Sitzung 9 1/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung mit Verlesung des Protokolls der vorhergehenden. (Schriftführer verliest dasselbe.) Wird eine Einwendung gegen die Fassung des Protokolls erhoben? (Niemand wendet etwas ein.) Da keine Einwendung erhoben wurde, erkläre ich dasselbe als richtig abgefaßt. Bevor wir zur Tagesordnung übergehen, beehre ich mich der hohen Versammlung das Schreiben der hohen k. k. Statthalterei Innsbruck, betreffend die Eisenbahn-Angelegenheit des Landes, zur Kenntniß zu bringen. Es lautet: Euer Hochwohlgeboren! Über die mit Bericht des k. k. Bezirksamtes Dornbirn vom 3. v. Mts., Z. 380, vorgelegte Bitte der dortigen Gemeinde - Vorstehung um Kenntnißgabe des Standes in Angelegenheit der Bodensee- Gürtelbahn hat das hohe k. k. Handelsministerium mit Erlaß vom 26. v. Mts., Z. 1981, Nachstehendes eröffnet: „Die mit dem Präsidenten des Verwaltungsrathes der vereinigten Schweizer Bahnen, Wirth- Sand, und mit Paulin Talabot aus Paris gepflogenen Verhandlungen haben zu dem Ergebnisse geführt, daß die Bedingungen festgesetzt worden sind, unter welchen die Concessionswerber den Bau und Betrieb a) einer von der österreichisch-bayerischen Grenze bei Lindau nach Bregenz um den Bodensee an die österreichisch-schweizerische Grenze bei Brugg, und b) einer von der österreichisch-schweizerischen Grenze in der Nähe von Rüthi über den Rhein nach Feldkirch; endlich c) einer von der sub lit. a bezeichneten Linie in der Nähe von Lauterach abzweigenden und über Schwarzach nach Dornbirn zu führenden Lokomotiv-Eisenbahn übernehmen wollen. Hiebei haben die Concessionswerber zu Protokoll gegeben, daß sie sich zu dem Baue der Flügelbahn von Lauterach über Schwarzach nach Dornbirn blos deßhalb herbeilassen, weil sie voraussetzen, daß die betreffenden Gemeinden Vorarlbergs mit Rücksicht aus die ihnen durch die fragliche Eisenbahn zugehenden so namhaften Vortheile den Concessionären bei dem Baue der fraglichen Bahn überhaupt und des Bahnflügels von Lauterach nach Dornbirn insbesonders die thunlichste Unterstützung und Erleichterungen zuwenden und daher insbesonders die Kosten der Grundeinlösungen bei dem gedachten Bahnflügel aus sich nehmen werden. Den Concessionswerbern wurde die Zusicherung ertheilt, daß die Realisirung der ausgedrückten Wünsche im Wege der k. k. Statthalterei angestrebt werden wird. Das Staatsministerium hat sich ebenfalls vorbehalten, jene Wünsche seinerzeit zu unterstützen. — 24 Wegen Ertheilung der fraglichen Eisenbahn-Concession wird demnächst die Allerhöchste Schlußfassung Seiner Majestät eingeholt werden." Hievon beehrt sich die Statthalterei unter gleichzeitiger Eröffnung an die k. k. Bezirksämter zu Dornbirn, Bregenz, Bezau und Feldkirch, auch Euer Wohlgeboren zur Kenntnißnahme die Mittheilung zu machen. Innsbruck am 3. März 1864. Für den Statthalter der k. k. Vicepräsident Coronini. Ich bitte diese Sache zur Kenntniß zu nehmen. Der erste Verhandlungs-Gegenstand bezieht sich auf das Gesuch mehrerer Gemeindeglieder von Fußach um Erwirkung, daß künftig die jährlichen Nutzungen vom Gemeinde-Bürgergute an die Gemeindebürger und deren steuerbaren Waisen vertheilt werden. Ich setze die hohe Versammlung durch Verlesung dieses Aktenstückes vorläufig in Kenntniß und gewärtige die Anträge, die in dieser Beziehung von den Herren gestellt werden wollen. Ganahl: Mir scheint die Sache von besonderer Wichtigkeit zu sein, und erlaube mir zu beantragen, daß hiefür ein Comite von fünf Mitgliedern gewählt werde. Landeshauptmann: Hat noch Jemand einen Vorschlag zu machen? Herr Ganahl beantragt, daß dieser Gegenstand, der allerdings weitgreifend und wichtig zu sein scheint, einem Comite, das aus fünf Mitgliedern zu bestehen habe, überwiesen werde. Ist die hohe Versammlung damit einverstanden? Ich bitte um Abstimmung. Der Antrag ist angenommen. Rhomberg: Ich möchte auf den ganz unerwarteten Fall, daß eine Wahl auf mich fiele, den §. 11 anrufen, da ich sehr beschäftiget bin; darum wünschte ich nicht gewählt zu werden. Landeshauptmann: Findet die hohe Versammlung, daß hierüber ein eigenes Comite bestellt werde? Ich glaube den Antrag des Herrn Ganahl so verstanden zu haben, daß dieser Gegenstand einem eigenen Comite, nicht aber, an ein schon bestehendes, überwiesen werde. Ich bitte nun die hohe Versammlung, zur Wahl zu schreiten, und sieben aus unserer Mitte zu bezeichnen. Ich ersuche die Herren Riedl und Stemmer, das Scrutinium vorzunehmen. (Wahl.) Riedl: Es sind 19 Stimmzettel abgegeben worden. Landeshauptmann: Die erforderliche Stimmenmehrheit haben erhalten: Herr Bertschler mit 14, Herr Riedl mit 12 und Herr Wachter mit 10 Stimmen. Diese drei Herren sind also als bestimmt ernannt zu betrachten. Die nächstfolgenden Stimmen erhielten Herr Ganahl mit 9, dann die Herren Feuerstein, Ender, Wohlwend, Spieler und Schneider mit je 8 Stimmen. Nächst diesen kommen die Herren Egender, Bertel, Hirschbühl und Schedler mit je 7 und Herr Wiedmer mit 6 Stimmen. Die übrigen Stimmen haben sich zersplittert. Ich bitte also noch 4 Mitglieder zu erwählen, 3 sind bereits gewählt. (Wahl.) Riedl: Es sind nur 18 Stimmzettel abgegeben worden. Landeshauptmann: Herr Spieler allein hat die nöthige Anzahl Stimmen erhalten, nämlich 10. Es sind somit 4 Ausschußmitglieder ernannt. Die nächstfolgenden Stimmen erhielten Herr Schneider mit 9, die Herren Ganahl, Feuerstein und Hirschbühl mit je 7, Herr Schedler 6 und Herr Ender mit 5. Es sind noch 3 Mitglieder zu wählen, eines für das Comite und zwei als Ersatzmänner. Es müssen also in die engere Wahl sechs Mitglieder einbezogen werden, und zwar: die Herren Schneider, Ganahl, Feuerstein, Schedler, Ender und Hirschbühl. (Wahl.) Riedl: Es sind 18 Stimmzettel abgegeben worden. Landeshauptmann: Diesmal erhielten nur zwei Herren, die Herren Schneider und Schedler die erforderliche Stimmenzahl, nehmlich je 12. Zwischen diesen beiden Herren wäre sonach zu entscheiden, welcher als Ausschußmitglied und welcher als Ersatzmann dem Comite beizutreten haben. Die übrigen Stimmen vertheilen sich so: Die Herren Ganahl und Hirschbühl haben 9, Herr Ender 7 und Herr Feuerstein 6 Stimmen. Ich bitte zuerst das Los zu heben zwischen den Herren Schneider und Schedler. Riedl: Herr Schedler (durch das Los). Landeshauptmann: Herr Schedler tritt sohin als Mitglied, Herr Schneider als Ersatzmann dem Comite bei. 25 Nun hätten wir noch einen Ersatzmann zu wählen, und da kommen die beiden Herren Ganahl und Hirschbühl mit gleichen Stimmen in Betracht zu ziehen. Ich bitte zwischen ihnen die Wahl vorzunehmen. (Wahl.) Riedl: Es sind 18 Stimmen abgegeben worden. — Jeder hat gleichviel Stimmen. Landeshauptmann: Ich bitte also das Los zu heben. Riedl: Herr Ganahl (durch das Los). Landeshauptmann: Somit wäre die Wahl vollendet. Ich ersuche das gewählte Comite nach der Sitzung sich zu constituiren. Ich hatte bereits die Tagesordnung der vorhergehenden Sitzung bestimmt, als mir das Gesuch, vielmehr die Einrede, des Alois Weis, Gemeinderathes von Fußach gegen das heute, soeben in Verhandlung stehende Gesuch mehrerer Bürger um Vertheilung der Renten der Gemeinde-Bürgergüter überreicht wurde, und woferne keine Gegenrede von Seite der hohen Versammlung erfolgen sollte, werde ich dieses Gesuch dem so eben ernannten Comite zur Benützung in der Berathung zuweisen. Ich nehme dies als zugestanden an, und werde demselben auch die mit der Behörde in den früheren Jahren gepflogenen Verhandlungen mittheilen, damit es in die Lage komme, ein genaus Urtheil über diese Sache fällen zu können. Zweiter Gegenstand der heutigen Verhandlung ist das Einschreiten des k. k. Bezirksamtes Bludenz um einstweilige Regulirung der Concurrenznorm, wegen Herstellung der Nenzinger Illbrücke. Findet Jemand über diesen Gegenstand eine Bemerkung oder einen Vorschlag zu machen? Bertel: Ich wünsche, daß dieser Gegenstand einem eigenen Comite solle zugewiesen werden; und zwar einem Comite, bestehend aus drei Mitgliedern. Landeshauptmann: Findet sonst niemand einen Antrag zu stellen, Herr Bertel hat den Antrag vorgebracht diesen Gegenstand einem Comite bestehend aus 3 Mitgliedern zu überweisen, und zwar einem eigen zu wählenden Comite. Ich will nun nicht eingehen, ob dieser Gegenstand in die Sphäre dieses Landtages falle. Das Comite wird die weiteren Gutachten erstatten und die Beschlüsse fassen. Ich will die hohe Versammlung nur fragen, ob selbe dem Antrage des Herrn Bertel beistimme. Bitte um Abstimmung. (Ist angenommen.) Nachdem dieser Antrag angenommen worden ist, muß ich die hohe Versammlung ersuchen, zur Wahl der drei Comite-Mitglieder überzugehen. Die Herren Rhomberg und Bertel werden so gütig sein, das Scrutinium vorzunehmen. (Wahl.) Bertel: 18 Stimmzettel wurden abgegeben. Landeshauptmann: Herr Riedl allein hat für sich die absolute Stimmenmehrheit nehmlich 12. Die nächstfolgenden Stimmen haben Herr Bertel mit 9, Herren Stemmer und Wachter, mit 8, Herr Baron Seyffertitz mit 7, die Herren Wohlwend, Ganahl und Bertschler je 5. Bitte also noch drei Herren zu bezeichnen. (Wahl.) Bertel: Es wurden 19 Stimmzettel abgegeben. Landeshauptmann: Von diesen 19 Stimmen erhielten: Herr Stemmer 13, Herr Bertel 11, Herr Wachter 10 Stimmen. Die Herren Stemmer und Bertel sind somit Ausschußmitglieder, und Herr Wachter als Ersatzmann bestimmt. Wir kommen zum Gesuche des Studentenkranken-Vereines in Wien, um Beiträge zu seinen Vereinszwecken. Ich darf wohl annehmen, die hohe Versammlung werde ebenfalls wünschen, daß dieses Gesuch wie die früheren gleichartigen dem Landesausschusse zur Erledigung übertragen werde. Wenn keine Gegenrede erfolgen sollte, würde ich es auch so vornehmen. Da keine Gegenrede erfolgt ist, werde ich es dem Landesausschusse zur Erledigung zu fertigen. Ich habe mit Circular-Schreiben die hohe Versammlung verständiget, daß ich heute noch den Bericht des Comites, betreffend den Schuldentilgungsplan der Gemeinde Hard zur Bedeckung her Kirchenbaukosten auf die Tagesordnung bringen werde. Ich bringe nun den Bericht zur Kenntniß der hohen Versammlung. Herr Spieler als Berichterstatter wollen ihn bekannt geben. Herr Spieler liest den Comite-Bericht vor. Er lautet: 26 Hoher Landtag! In Folge Beschlusses des hohen Landtages in der II. Sitzung vom 3. März d. J. hat das unterzeichnete Comite über ein Gesuch der Gemeinde Hard vom 24. Februar l. I. bezüglich der Deckung des Abganges der Kirchenbaukosten Bericht zu erstatten: Der der Gemeinde Hard bewilligte Neubau der Pfarrkirche hat für dieselbe außerordentliche Geldbedürfnisse hervorgerufen, welche im Wege der gewöhnlichen Steuerumlagen nicht bestritten werden können. Die bis jetzt erlaufenen Kosten beziffern sich auf die Summe von 29, 183 fl., wovon der Betrag von 10, 100 fl. durch Schenkungen, Frohndienste, Baufond und verschiedene Einnahmen gedeckt ist. Zur Deckung des noch erübrigenden Betrages hat die Gemeinde in Anhoffung der Genehniigung, und weil eine Verschiebung der laufenden Zahlungen nicht anging, Schulden bei sieben Privaten, im Gesammtbetrage von 16, 935 fl. kontrahirt, und beabsichtigt dieselbe ferner noch ein zur Gründung eines Armenhauses von Herr Melchior Jenny sel. gestiftetes Kapital von fl. 2000 gegen seinerzeitige Rückzahlung und 5°/o Verzinsung zu verwenden, somit eigentlich ein weiteres Darlehen in diesem Betrage beim Harder Armenfonde aufzunehmen. Zur Tilgung dieser Schulden beabsichtigt die Gemeinde den Erlös aus dem Verkauf von 46 Jauchert öder Gemeinde-Gründe im Schätzungswerthe von 10, 275 fl. zu verwenden, den noch fehlenden Betrag aber aus mehrere Jahre vertheilt, durch Gemeinde-Steuer-Zuschläge zu decken, für welche sie die specielle Bewilligung von Jahr zu Jahr im Gemeinde Präliminar ansuchen wird. Nach der Ansicht des Comite liegen hier zwei Anträge der Gemeinde Hard vor, welche abgesonderte Behandlung erheischen, nemlich: I. Die Aufnahme von Darlehen, welche den jährlichen Betrag der Gemeinde Einkünfte übersteigen, und II. die Veräußerung von Gemeindegut zum Zwecke der Rückzahlung dieses Darlehens. In ersterer Beziehung ist der §. 80 des Gemeinde-Gesetzes vom I. 1849; in der zweiten Hinsicht der §. 74 dieses Gesetzes maßgebend. (Berichterstatter liest §. 80 und 74.) ad I. Zur gesetzlichen Giltigkeit der von der Gemeinde Hard eingegangenen Darlehensverpflichtungen ist also das Zustandekommen eines Landesgesetzes, d. h. die Einwilligung des hohen Landtags und die Allerhöchste Sanction Sr. Majestät des Kaisers erforderlich. Die Gründe, welche die Aufnahme dieses Darlehens für die Gemeinde Hard nothwendig machten, sind stichhaltig; denn in der Regel hat eine Landgemeinde nicht so viel disponiblen Baufond, um alle Auslagen eines Neubaues zu decken, auch kann ein so bedeutender Betrag von fast 19, 000 fl. nicht so bald durch eine Steuer flüssig gemacht werden, während andererseits die Baarauslagen sogleich und ohne Verzug bestritten werden müssen. Hierauf gestützt stellt das Comite folgenden Antrag: I. Hoher Landtag wolle auf Grund des §. 80 des Gemeinde-Gesetzes vom Jahr 1849 beschließen: „Es seie dem von der Gemeinde Hard im Gesammtbetrage von 16, 935 fl. und zwar bei: Agatha Büchele mit 1332 fl., beim Armenfond 721 fl. 75 fr., beim Hrn. Melchior Jenny sel. 10, 000 fl., „bei Cornel Herrmann 550 fl, bei Franz Xaver Herrmann 131 fl. 25 fr., bei Ursula Köb 200 fl., bei Gebhard Karrer's Kinder 4000 fl., bereits aufgenommenen 5 Prozent Darlehen, die nachträgliche Genehmigung zu ertheilen; ferner ihr zu gestatten, bei der Armenhausstiftung dortselbst 2000 fl. gegen 5 Prozent Verzinsung zu entlehnen und sofort die ganze Verhandlung der „Allerhöchsten Sanction Sr. Majestät des Kaisers zu unterbreiten." ad II. Zur gesetzlichen Giltigkeit der von der Gemeinde Hard beantragten Veräußerung öder Gemeindegründe im Ausmaße von 46 Jauchert ist die Bewilligung des hohen Landtags erforderlich. Auch hiefür scheint dem gefertigten Comite eine hinlängliche Begründung vorzuliegen. Denn die zur Veräußerung beantragten 46 Jauchert Gemeindeboden sind öde, werfen also für die Gemeinde einen erheblichen Nutzen nicht ab und könnten von derselben auch nur schwer und nut bedeutenden Kosten für Gemeindezwecke cultivirt werden. — Dagegen wird durch deren Übergang in Privathände, nicht cultivirter Grund der Cultur zugeführt und das Ackerland der übervölkerten Gemeinde Hard bedeutend erweitert werden. — Die Schätzung der 46 Jauchert auf 10, 275 fl. ist nicht zu hoch gegriffen, zumal man in der nächst daran grenzenden Gemeinde Rieden in den letzten Jahren bei Veräußerung gleicher Grundparzellen die Erfahrung gemacht hat, daß der Preis derselben in der Versteigerung die Schätzung weit überstieg; es steht also auch hier ein Mehrerlös mit Grund zu erwarten, besonders da daraus kleine Lose von der beiläufigen Größe eines Jaucherts geschaffen werden. Die Tilgung der Gemeindeschulden aus diesen bisher fast werthlosen Objekten ist also für die Gemeinde in hohem Grade vortheilhaft, da sie sich dadurch der Verzinsung der Darlehen bald entschlagen kann; andere Objekte, aus denen die Gemeinde eine Rückzahlung ihrer Schulden bestreiten könnte, sind nicht vorhanden, während es doch 27 für dieselbe sehr erwünscht sein muß, diese Schulden sobald als möglich, von sich abzuladen. Es dürfte auch angezeigt sein, dem Ansuchen der Gemeinde in dem Sinne zu entsprechen, daß die Bestimmung des Zeitpunktes der Veräußerung, jedoch mit Beibehaltung der öffentlichen Versteigerung, ihrem Ermessen überlassen bleibe. Das Comite stellt also den fernern Antrag: II. „Hoher Landtag wolle auf Grund des §. 74 des Gemeinde beschließen: es sei der „Gemeinde Hard die Bewilligung zu Tilgung ihrer ans Anlaß des Kirchenbaues „aufgeschlagenen Gemeinde-Gründe im Ausmaße von 46 Jauchert am rechten und - Gesetzes ertheilen, zur Schulden, öde „linkseitigen Achufer im Wege der öffentlichen Versteigerung zu veräußern, die nähere Ausführung „dieser Versteigerung aber der Gemeinde selbst anheim zu stellen." Bregenz, den 8. März 1864. Das Comite. Seyffertitz, Obmann m. P. Spieler, Berichterstatter m. p. Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte über diesen Gegenstand. Wünscht Jemand zu sprechen. Da Niemand zu sprechen wünscht, und da die hohe Versammlung durch den vorgelesenen Bericht und das schon früher verlesene Aktenstück hinlänglich Kenntniß von der Sache erhalten hat, schreite ich ohne weiters zur Abstimmung. Der Ausschußantrag enthält zwei Anträge. Der erste geht dahin: (Liest den obigen Comite-Antrag ad I.) Ich bitte um Abstimmung hierüber. Er ist angenommen. Der zweite Ausschußantrag geht dahin: (Liest obigen Comite-Antrag ad II.) Die Herren, welche damit einverstanden sind, wollen sich gefälligst erheben. — Ist angenommen. Mit gleichem Circular-Schreiben von vorgestern habe ich auf die heutige Tagesordnung ebenfalls den Bericht des Comites gestellt, welches über die Beibehaltung oder Weglassung der Ehekonsense das Gutachten zu erstatten hatte. Die hohe Versammlung wird bereits die gedruckten Berichte erhalten haben und somit gehe ich ohne weiters zur Berathung dieses Gegenstandes über, und ersuche den Herrn Berichterstatter die Sache in Verhandlung zu ziehen. (Berichterstatter Herr Riedl liest den Comite-Bericht über politische Eheconsense ab. — Siehe gedruckte Beilage.) Landeshauptmann: Auf Grund §. 30 unserer Geschäftsordnung eröffne ich hierüber die Generaldebatte, und ertheile dem Herrn Baron Seiffertitz, welcher sich bereits gemeldet, das Wort. Seyffertitz: Ich habe mir in der Frage über die politischen Eheconsense das Wort erbeten, um vor Allem zu konstatiren, daß diese Frage mit den Grundprinzipien, des politischen Lebens nichts zu thun habe, daß sie mit einem Worte keine Parieifrage, sondern eine offene Frage ist. Ich für meine Person kann dieser Frage nur ein administratives Interesse abgewinnen und werde mir erlauben, einige von den Gründen vorzuführen, welche mich bestimmen, dieselbe als eine offene Frage zu betrachten. Vor Allen muß ich mich darauf berufen, daß zwei bedeutende Männer der deutschen Wissenschaft, die Professoren, Blunschli und Mohl, obgleich sie mit Entschiedenheit sowohl in der Wissenschaft, als im praktischen Leben dem Fortschritte huldigen dennoch sich in ihren staatsrechtlichen Schriften für Beibehaltung der Eheconsense, beziehungsweise für das Recht der Gemeinde, gewissen Categorien ihrer Angehörigen die Ehe möglicher Weise zu verweigern, ausgesprochen haben. Ich erlaube mir weiter daraus hinzuweisen, daß in mehreren Staaten, welche in ihrer inneren Gesetzgebung sicher einen liberalem Weg eingeschlagen haben, als bisher unsere Regierung zu gehen für angemessen fand, dennoch die Frage des Eheconsenses in dem Sinne gelöst wurde, daß den Gemeinden ein gewisses Recht bezüglich der Eingehung der Ehe vermögensloser Personen zusteht. Ich erlaube mir endlich, um auf einen, uns näher liegenden Kreis zurückzugreifen, an die Haltung unserer beiden Landesblätter zu erinnern. Zu jener Zeit, als im Abgeordnetenhanse des Reichsrathes die Debatten über die Beibehaltung des Eheconsenses eröffnet wurden, hat, wie sich die hohe Versammlung erinnern wird, genes Blatt dem man gewisse Beziehungen zu unserer Regierung zuschreibt nicht ohne merkliche Hitze sich für Aufhebung 28 des politischen Eheconsenses ausgesprochen, während das die liberale Opposition vertretende Blatt für das Recht der Gemeinde eine Lanze brach. Aus dieser kurzen Darstellung glaube ich nochmals folgern zu sollen, daß diese Frage keine Frage politischer Parteien, sondern eine offene Frage ist und der Umstand, daß diese Frage eine offene ist erlaubt es mir, mich in dieser Beziehung dem allgemeinen Wunsche sämmtlicher Gemeinden dieses Landes anzuschließen, denn, daß dies der allgemeine Wunsch der Gemeinden dieses Landes ist, ist mir aus meiner langjährigen Praxis vollständig bekannt. Ich werde nun auf den meritorischen Theil unserer Frage übergehen. Das Recht des Menschen auf Gründung einer Familie ist entschieden ein unbestrittenes; es ist ein Axiom, welches weiter keines Beweises bedarf; allein es ist dieses allgemeine Menschenrecht im Grunde nur ein bloses Ideal. Jedes Ideal, jede ideele Anschauung, indem sie ins Leben eintritt ist gezwungen sich gewissen materiellen Beschränkungen zu unterziehen, ohne materillen Beschränkungen des Daseins existirt das Mal im wirklichen Leben nicht. Ich verweise in dieser Beziehung auf ein ebenso unzweifelhaftes allgemeines Menschenrecht, ich verweise auf das Recht der Selbsterhaltung. Auch das Recht der Selbsterhaltung ist unbestritten ein Attribut des allgemeinen Menschenrechtes, dennoch sehen wir in der positiven Gesetzgebung namentlich im Strafrechte Beschränkungen dieser allgemeinen Menschenrechte aufgeführt, Beschränkungen, welche in dem positiven Rechte im Zusammenleben Aller begründet sind. Ich gehe noch weiter. Ich erlaube mir den Satz aufzustellen, daß eigentlich jedes positive Gesetz eine Beschränkung des idealen Rechtszustandes enthalte. Wollte man in dieser Beziehung das positive Gesetz aufheben um sich dem idealen Zustande zu nähern, so würde man zu dem geraden Gegentheile desselben kommen, man würde statt zu einem idealen Rechtszustande, zu einem rechtslosen Zustande gelangen. Jeder Rechtssphäre steht unzweifelhaft auch eine ganz gleiche, vollkommen mit ihr kongruente Pflichtensphäre gegenüber. Dem Rechte des Menschen auf Fortpflanzung steht demgemäß die Pflicht des Menschen zur Erhaltung und Erziehung seiner Kinder entgegen. Wer wird nun wohl läugnen können, daß es im wirklichen Leben Individuen gibt, welchen wohl die Fähigkeit zur Ausübung dieses Rechtes nicht mangelt, die aber auch diese Pflichten des ehelichen Standes zu erfüllen nicht in der Lage sind. Wenn es nun Jemanden gäbe, welcher den betreffenden so eben genannten Individuen die Möglichkeit gewähren würde die Schranken welche ihnen die materiellen Zustände ziehen, zu überschreiten, um das ihnen zustehende Menschenrecht zu verwirklichen, wer von uns würde so unbillig sein, diesem Jemand das Recht absprechen zu wollen, auch dabei ein Wort mitzureden? Nun — ist nicht die Gemeinde diejenige, welche gewissen Gemeindegliedern d. h. den armen Gemeindegliedern, die in ihr wohnen, die Möglichkeit gewährt, dieses ihr Menschenrecht in's Leben zu rufen? Sicher. Daraus folgere ich, daß die Gemeinde ebenso das Recht habe, ein Wort dabei mitzureden. Gehen wir weiter. Ich sage zum Beispiel, würde nicht die Gemeinde, sondern eine andere Corporation, der Staat, die Kirche oder sonst eine dritte Gesellschaft vorhanden sein, welche sich erböte, diesen von mir bezeichneten Individuen zu ihrem Rechte zu verhelfen, so würde sicher Niemand anstehen, dem Staate, der Kirche oder der betreffenden Corporation, heiße sie wie sie wolle, zu gestatten, auch ein Wort dabei mit zu sprechen. Ich erinnere dabei an einen der obersten Fundamentalgrundsätze des constitutionellen Lebens, der da heißt: „Wer mit zahlt, soll auch mit reden." Ist man im Allgemeinen damit einverstanden, daß der Gemeinde das Recht nicht abgesprochen werden könne, an dieser Frage sich zu betheiligen, so kann es sich nur darum handeln, ob es zweckmäßiger sei, für die Gemeinde, eine große Anzahl armer aber ehelicher hilfloser Kinder erhalten zu müssen oder eine kleine Anzahl unehelicher. Ich entscheide mich in dieser Frage, die eine Zweckmäßigkeits-Frage ist, für die zweite Alternative. Ich entscheide mich deßhalb dafür, weil ich nicht zu erkennen vermag, daß bei unbedingter Aushebung des Eheconsenses die Zahl der unehelichen Geburten erheblich abnehmen werde. Ich entscheide mich ferner deßwegen dafür, weil nach meiner Ansicht die Gründung einer Familie ohne materielle und positive Grundlagen und zwar in dem Maße wie sie eintritt, wenn eine unbedingte Aufhebung des Eheconsenses Platz greifen würde, nichts anderes hieße, als eine förmliche Propagation des Pauperismus, eine Filiation des Proletariats einführen und dem Pauperismus und Proletariate ein Familienrecht innerhalb der menschlichen Gesellschaft gewähren. 29 Man komme mir nicht mit dem Einwurfe, daß es besser sei, wenn die armen und hilflosen Kinder tut Familienverbande auswachsen; ich bestreite die Möglichkeit, daß dieses überhaupt geschehe; denn wie oft würde die Gemeinde nicht in die Lage kommen, besonders wenn diese Ehen so ungeheuer zahlreich sind, die Kinder zur bessern Versorgung, Erziehung und Unterbringung dem Familienverbande entreissen zu müssen, anstatt sie in demselben zu belassen? Endlich habe ich noch einem im gewöhnlichen Leben öfters gehörten Einwurf zu begegnen, welcher sagt: Der politische Eheconsens, beziehungsweise seine Aufrechthaltung involvire ein Privilegium für die vermöglichen Klassen gegenüber den armen. Ich negire auch diesen Satz. Es ist nicht wahr, daß ein Privilegium ausrecht erhalten oder daß ein solches eingeführt werden wolle. Niemanden wird einfallen, das Recht jedes Einzelnen auf Gründung einer Familie zu läugnen, allein das wird man zugeben müssen, daß man in gewissen Verhältnissen die materielle Grundlage, auf deren Basis dieses ideale Recht ausgeübt werden soll, einer näheren Prüfung im Interesse der Gemeinde, — der Gesellschaft, unterziehe. Ich muß übrigens auch erklären, daß ich durch meinen langjährigen, im amtlichen Wirkungskreise verlebten Aufenthalt in diesem Lande mir die Überzeugung gebildet habe, daß die Gemeindevorstehungen dieses Landes int Allgemeinen von humanen Prinzipien beseelt sind. Es steht daher nicht zu besorgen, daß in Beziehung der Eheconsense große Ungerechtigkeiten ausgeübt werden, um so weniger als selbst nach unserem Comitebericht der vollständige Instanzenzug gewahrt ist, ein Instanzenzug, der, wo die Gemeinde vielleicht allzu befangen ein parteiisches Urtheil fällen könnte, ganz unbetheiligten Personen die Untersuchung, Prüfung und den endlichen Spruch überantwortet. Ich glaube somit, daß Sie sich durchaus nicht auf ein abschüssiges Feld begeben, wenn Sie dem Comite-Berichte beipflichten. Hochw. Bischof: Indem ich das Wort ergreife, um den im Ausschußberichte mitgetheilten Anträgen und ihrer Begründung theilweise entgegenzutreten, fühle ich sehr wohl, daß ich mich einer sehr schwierigen Aufgabe unterziehe, indem ich mit Grund besorgen muß, daß ich der schon ausgebildeten Anschauung der großen Majorität entgegentreten muß. Es ist mir indessen eine Gewissenspflicht, und zwar eine peinliche Gewissenspflicht, deßwegen peinlich, weil ich mich ungern mit der großen Majorität dieser Versammlung nicht einverstanden erkläreIch finde, daß bei Begründung des vorliegenden Antrages ein oder der andere Gesichtspunkt nicht genug hervorgehoben worden ist, Gesichtspunkte, auf die ich vom Standpunkte der Religion, deren ausdrücklich im Comiteberichte erwähnt wird, ein großes Gewicht legen muß. Die Ehe hat allerdings die Bestimmung, wie es im Berichte ausgesprochen wird, zur Fortpflanzung des Menschengeschlechtes und zur Erziehung desselben zu dienen. Allein wenn ich den Standpunkt der Religion und der bürgerlichen Gesellschaft in's Auge fasse, so ist hiemit die Bestimmung der Ehe noch nicht ganz erschöpft. Es ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, den die heil. Schrift ausdrücklich hervorhebt, daß die Ehe auch die Bestimmung habe, daß die beiden Personen verschiedenen Geschlechtes sich wechselseitig unterstützen. Die Erfahrung zeigt es, daß zwei auch arme Personen, wenn sie vereint leben, ungleich leichter leben, als wenn sie vereinzelt leben. Ich will diesen einzigen praktischen Gesichtspunkt hervorheben, um das, was die Religion bestimmt ausspricht, als in der Erfahrung existirend darzuthun. Es muß aber auch noch ein anderer Gesichtspunkt hiebei hervorgehoben werden. Es liegt in der menschlichen Natur ein mächtiger sinnlicher Trieb, welcher nur durch große sittliche Kraft beherrscht werden kann, die nicht bei Vielen gefunden wird. Wird nun die Ehe als der erlaubte Weg der Befriedigung dieses sinnlichen Triebes den Armen verwehrt, so bleibt in den meisten Fällen nur übrig, daß derselbe auf unerlaubtem und unsittlichem Wege seine Befriedigung findet. Auch dieses ist leider eine durch die Erfahrung nur zu oft bestätigte Thatsache. Ist dies der Fall, dann werden die Gemeinden statt ehelicher Kinder uneheliche Kinder zu erhalten haben. Ich weiß nicht, ob uneheliche Kinder wohlfeiler zu erhalten sind, als eheliche; das aber weiß ich, daß es vom Standpunkte der Religion aus verderblich, und vom Standpunkte der bürgerlichen Gesellschaft aus im höchsten Grade gefährlich ist, durch die Gesetze solche Zustände herbeizuführen, wodurch ein Theil der Bevölkerung nach dem natürlichen Laufe der Dinge zur Unsittlichkeit getrieben wird. Es ist dieß um so mehr gefährlich, wenn einerseits den Armen die Ehe verwehrt wird, andererseits der in Unsittlichkeit ausartende Geschlechtstrieb durch die Strafgesetzgebung beinahe keine Schranken findet. Dieser Gesichtspunkt namentlich ist es, der mir vom Standpunkte der religiösen und sittlichen Bildung eines Volkes von großer Bedeutung scheint, und ich durfte nicht unterlassen, demselben wenigstens andeutungsweise einen hinlänglich bestimmten Ausdruck zu leihen. Ich glaube, meine Herren, Sie werden mich alle verstanden haben, was diesen Punkt betrifft. Ist es nun der Fall, daß auf diese Weise eine große Gefahr der Unsittlichkeit geöffnet wird, so muß man allerdings darauf bedacht 30 fein, wie derselben möglichst begegnet werden könne. Ich verkenne allerdings nicht, daß dem Rechte des Menschen auf die Ehe, anderseits Pflichten entsprechen, nicht blos der Erziehung, sondern auch der Erhaltung, allein die Humanität und das Christenthum macht in solchen Fällen es der Gesellschaft zur Pflicht, daß sie den Armen, insofern bei denselben ein übrigens gesunder moralischer Charakter vorhanden ist, nicht blos wegen Mangel an Vermögen die Ehe verweigere; die Gesellschaft wird die Armen unterstützen, und der Arme wird das ©einige thun, um seine Pflicht zu erfüllen. Ich betrachte auch die Pflicht, welche in diesem Falle zu erfüllen ist, wesentlich als eine sittliche, nicht so fast als eine rechtliche, in den äußern Bereich fallende Pflicht. Von diesem Standpunkte ausgehend, will ich allerdings nicht unbedingt und unter allen Umständen der Gesellschaft und zunächst der Gemeinde das Recht absprechen, ihre Zustimmung zur Verehelichung der armen Mitglieder der Gemeinde zu. ertheilen; allein ich finde, die vorliegenden Anträge in ihren Einzelnheiten viel zu hart gegen die Armen, mnd betrachte sie als vollständig erfolglos in dieser Fassung. Es sind nämlich zwei Gesichtspunkte, welche ich als zu hart betrachte. Es ist dieß einerseits die Verschärfung der dießfalls bestehenden Gesetzgebung. Nach dem bisher bestehenden Gesetze waren die unansäßigen Personen an den politischen Eheconsens der Gemeinde gebunden. Die vorliegenden Anträge ziehen nun auch die ansäßigen Personen hinein, und dieses ist entschieden eine Verschärfung der bestehenden Gesetze. Was dagegen als eine Erleichterung erscheinen könnte, daß die früher im Gesetz erwähnten „Inwohner" im Antrag des Ausschusses nicht erwähnt werden, ist praktisch ganz unbedeutend. Eine große Härte liegt ferner darin, daß im Artikel 2 des Ausschußantrages geradezu die Regierung bindende Momente ausgesprochen werden, in welchen gegen den Willen der Heimathsgemeinden die politische Ehebewilligung nicht ertheilt werden könnte. Das ist jedenfalls eine förmliche Verschärfung, indem früher diese die politischen Behörden bindende Norm nicht bestanden hat. Es trifft die Härte des beantragten Gesetzes insbesondere die arme Fabrikbevölkerung, und zwar aus den in den Motiven selbst entwickelten Gründen. Es ist nämlich im Artikel 3 des Antrages gesagt, es müsse das hier bezeichnete Einkommen gesichert sein, aber die Begründung selbst zeigt, daß namentlich die arme Fabrikbevölkerung durch auswärtige Ereignisse, Geschäftsstockungen, die nicht von der Regierung abhängig sind, plötzlich jenes Einkommen, welches hier gefordert wird, verlieren kann. Da namentlich diese Bevölkerung, welche in unserem Lande bedeutend zahlreich ist, am wenigsten ein gesichertes Einkommen hat, so kommt mir vor, daß gerade diese Bevölkerung durch den Artikel 3 des Gesetzes hart getroffen wird. Ich sehe jetzt davon ab, ob nicht 6jemeinben, vielleicht in einzelnen Fällen, mit einzelnen Ehewerbern etwas zu hart verfahren sind. Ich weiß aus der Erfahrung, daß es auch viele Gemeinden gab, welche nach dem bestehenden Gesetze sehr human verfahren sind. Es war das Verfahren nicht in allen Fällen gleich. Gewiß scheint mir nur, daß durch das Gesetz, wie es hier liegt, die Armen, und namentlich die arme Fabrikbevölkerung wegen des ungesicherten Einkommens, wie die Erfahrung eben gegenwärtig zeigt, am wenigsten Hoffnung haben könnte, zur Ehe zu kommen, und daß sich andererseits, wie sich die öffentliche Ansicht über diese Frage nicht hier, sondern im Mittelpunkte des Reiches ausgesprochen hat, bei dieser strengen Fassung der Anträge am wenigsten auf irgend einen Erfolg hoffen läßt. Diese Gründe sind es, welche mich bestimmen, daß ich den vorliegenden Anträgen, wie sie da liegen, in dieser Schärfe nicht beistimmen kann. Ich wollte diese Gründe, die mich hiezu bestimmen, der Würdigung der hohen Versammlung anheim geben, ob nicht vielleicht durch Milderung derselben dasjenige, was die Versammlung will, nemlich die Ausrechthaltung der politischen Eheconsense erreicht werden könnte. Ich will mich, wie gesagt, nicht unbedingt entgegen setzen, aber in der Form setze ich mich entgegen, und kann mich damit nicht einverstanden erklären, sowohl aus dem religiösen Gesichtspunkt, als auch vom Standpunkt der Humanität und in Anbetracht der sittlichen Rückwirkungen auf die bürgerliche Gesellschaft. Ganahl: Ich muß erklären, daß ich ganz der Ansicht des Herrn Vorredners bin, es liege in diesem Antrag eine große Verschärfung der bestehenden Gesetze. Wenn wir den Antrag annähmen, so entständen daraus Calamitäten, die gar nicht zu berechnen wären. Gehässigkeiten aller Art zwischen den Gemeinden und ihren Inwohnern wären jedenfalls die Folgen; ich bin daher der vollkommenen Überzeugung, daß dieser Antrag modifizirt werden muß, werde bei der Spezialdebatte darauf zurückkommen, und will mir nur noch erlauben, einige Bemerkungen über den Comite-Bericht der von dem Hochw. Bischof bereits des Nähern erörtert wurde, nemlich über einige Punkte, wodurch die Lage des Landes Vorarlberg als eine trostlose geschildert wird, zu machen. Ich bin durchaus nicht der Ansicht, daß das Land Vorarlberg sich in einem so trostlosen Zustand befinde; wahr ist es zwar, daß die entwerthete Valuta eine große Kalamität ist; wahr, daß der amerikanische Krieg auf die Industrie einen großartigen Nachtheil übt, aber es wird sowohl die Valuta in 31 nicht zu fernen Zeit hergestellt werden, sowie auch der amerikanische Krieg hoffentlich sein baldiges Ende erreichen. Es können somit, diese vorübergehenden Calamitäten nicht in Berücksichtigung kommen und nicht maßgebend sein, um weitere Beschränkungen des Verehelichungs-Rechtes zu beantragen. Riedl: Als Berichterstatter des Comites ist es meine Aufgabe, den vom Herrn Vorredner in seinen wesentlichsten Punkten angefochtenen Bericht, näher zu motiviren, und die dagegen angebrachten Gründe möglichst zu widerlegen. Sr. bischöflichen Gnaden haben bemerkt, daß in diesem Bericht noch einer der Hauptzwecke der Ehe nemlich der, der gegenseitigen Unterstützung der Ehegatten nicht angeführt erscheint. Daß die gegenseitige Unterstützung der Ehegatten einer der Hauptzwecke der Ehe ist, ist unleugbar. Allein in der Begründung des Gesetzes für den Ehekonsens, ist es nicht zweckmäßig von diesem Hauptzwecke zu sprechen da er für dieses Gesetz eine gleichgültige Sache ist. Ferner hat Sr. bischöflichen Gnaden bemerkt, daß der sinnliche Trieb, welcher den Menschen angeboren ist, so kräftig ist, daß, wenn dem Armen der Weg zur Regelung desselben mittelst der Ehe abgeschnitten wird, hieraus für die Gesellschaft schwere Nachtheile erfolgen. Es ist nicht zu verkennen, daß durch Hemmung der geregelten Befriedigung dieses Triebes Nachtheile entstehen können. Allein der angegebene Grund kann mich doch nicht bestimmen gegen den Eheconsens zu sprechen, sonst müßte ich aus ganz dem gleichen Grunde gegen jene Beschränkungen sprechen, durch welche nach den bestehenden Gesetzen ganze Klassen von Staats-Bürgern von der Ehe ausgeschlossen sind. Ich deute nur hin auf den geistlichen und Militär-Stand. Es ist ferner bemerkt worden, daß es für die Gemeinden zweckmäßig und nützlicher sei die Beschränkungen der Ehe fallen zu lassen, weil sie sonst in der Lage sind eine gleich große Anzahl unehelicher Kinder erhalten zu müssen, als sie sonst in die Lage kämen, eheliche unterstützen zu müssen. Dieser Meinung kann ich mich wieder nicht anschließen, denn ich habe von der Moralität unseres Volkes in Vorarlberg einen zu hohen Begriff, als daß ich glauben könnte, daß es ungeachtet der ihm auferlegten Beschränkung durch den Eheconsens sich zu unsittlichen Akten in gleicher Zahl herbei ließe, als zur Zeugung der gleichen Zahl der Kinder im ehelichen Leben erforderlich wäre. Ich berufe mich was diesen praktischen Nützlichkeits-Grund anbelangt auf das Zeugniß eines mit dem Namen eines liberalen Mannes belegten Volksfreundes, nemlich Dr. Schuselka, derselbe schrieb in seiner Zeitschrift „Reform" folgendermaßen: „Das Abgeordnetenhaus hat durch die Aufhebung des politischen Ehebewilligungsrechtes dem ewigen Menschenrechte gehuldigt, dadurch aber ein herkömmliches positives Recht beiseitigt, dessen Verlust von sehr vielen, und zwar nicht bloß tirolischen Gemeinden bitter beklagt werden wird. Die Angabe, daß durch Aufhebung das Ehebewilligungsrechtes die Zahl der unehelichen Kinder sich vermindern werde, wird sich nicht bewähren. Eine genaue Statistik würde nachweisen, daß die überwiegende Mehrzahl unehlicher Kinder von solchen erzeugt werde, die auch nach Aufhebung des Ehebewilligungsrechts nicht heirathen dürfen; dann von solchen, die nicht heirathen wollen, und endlich in bedeutender Zahl von Verheiratheten selber. Der Centralismus hat in dieser Frage wieder einen Triumph gefeiert, indem eine Angelegenheit, die ohne Zweifel eigentlich vor die Landtage gehört hätte, vom Abgeordnetenhause des Reichsrathes entschieden wurde." Ferner muß ich der Einwendung Sr. bischöflichen Gnaden begegnen, daß die vom Comite beantragten Artikel zu harte Bestimmungen enthalten. Hier bildet den ersten Anstoß das Wort: „Ansässigkeit". Es sind schon im Comite-Bericht jene Gründe entwickelt worden, aus welchen sich das Comite entschlossen hat den Begriff der Ansässigkeit im Eheconsens fallen zu lassen, und erlaube mir kurz auf diese Gründe hinzuweisen. Durch den Besitz einer Realität, also durch jenes Moment, welches die Ansässigkeit begründet, ist durchaus nicht der Begriff einer völligen Armuth ausgeschlossen. Es gibt so viele Fälle, in denen Realitätenbesitzer in weit größerer Armuth schmachten, als solche, welche keine Realitäten besitzen, was namentlich in Vorarlberg der Fall ist, wo Realitäten zu immensen Preisen erkauft werden, so daß die Besitzer mit saurem Schweiße und Arbeit sich selbst kaum zu erhalten und ihre PassivCapitalien und Steuern zu bezahlen im Stande sind; geschweige denn, daß sie für den Unterhalt einer Gattin und ihrer Kinder etwas zu erübrigen und für diese zu sorgen im Stande wären. — Es kann daher hier keine Rede von einer zu harten Bestimmung sein. Als eine weitere harte Bestimmung ist das Wort: „darf" beanständet worden. Wenn man aber jene Fälle berücksichtiget, auf welche dieses Wort: darf angewendet wird, so muß jedermann zugeben, daß diese Beschränkung nicht zu hart ist; denn es darf nach dem im Comitebericht formulirten Artikel II der Eheconsens. 1. nur denjenigen Personen nicht ertheilt werden, welche an einer Armenversorgung Antheil 32 nehmen. Wer schon wirklich an einer Armenversorgung Antheil nimmt, von dem spricht ja schon die Thatsache, daß er sich selbst nicht zu erhalten im Stande ist; 2. darf der politische Eheconsens nicht ertheilt werden denjenigen, welche dem Bettel ergeben sind. Derjenige, dessen Vermögensumstände so deroutt sind, daß er von Haus zu Haus das Brod erbettelt, von dem kann mit absoluter Gewißheit behauptet werden, daß er nicht im Stande ist eine Ehegattin zu erhalten. 3. Derjenige, welcher sonst ein unstättes erwerbloses Leben führt, wird bei uns mit dem Titel Vagabund bezeichnet; und ich glaube keine Gründe angeben zu müssen, daß die politische Ehebewilligung an Vagabunden nicht ertheilt werden dürfe, da die Ehebewilligung an Vagabunden nur die Demoralisation in den untersten Schichten der Gesellschaft herbei führen würde. Es ist endlich als hart beanständet worden, daß im Artikel III gesagt ist, daß die politische Ehebewilligung denjenigen verweigert werden könne, deren Taglohn nicht gesichert ist. Personen aber, deren Taglohn nicht einmal gesichert ist, die also in Gefahr stehen, sogar das zum eigenen Lebensunterhalt nöthige Einkommen zu verlieren, sind augenfällig nicht in der Lage, eine Familie zu erhalten. Hiebei ist ein vorzüglicher Nachdruck auf das Wort „kann" zu legen. Es kann nemlich nach genauer Untersuchung aller Umstände, wozu insbesondere die Erwerbsfähigkeit, Moralität und guter Leumund des Ehewerbers gerechnet werden, der Eheconsens verweigert werden, wenn nach Untersuchung dieser Umstände sich ergibt, daß der Unterhalt der Kinder regelmäßig nicht bestritten werden kann. Es ist in dieser Beziehung vorzüglich auf den Artikel IV. Gewicht zu legen, welcher der Gemeinde den ganzen entscheidenden Einfluß auf die Würdigung des Wortes „kann" im III. Art. des Comite- Berichtes aus den Händen windet, und die Würdigung dieses Wortes dem vernünftigen Ermessen der k. k. Behörde, der Staatsverwaltung überantwortet, welche durch die Praxis von mehr als einem Menschenalter genug bewiesen hat, wie loyal und human, ja man muß leider sagen, wie lax sie das bezügliche Gesetz zu interpretiren wußte; so daß dadurch die Bedenken Sr. bischöfl. Gnaden genügend gehoben sein dürften. Ich muß nun noch mit ein paar Worten auf das zurückkommen, was mein Herr Vorredner Ganahl bemerkt hat, er sagte nemlich, das Land Vorarlberg sei in keiner so trostlosen Lage, wie es im Comite-Bericht geschildert ist, und er will daran die Behauptung knüpfen, weil diese Lage nicht so trostlos sei, so sollte der politische Eheconsens wo nicht ganz beseitiget, doch derart alterirt werden, daß es einer Aufhebung desselben nahezu gleich käme. Aber es ist zu berücksichtigen, daß der ComiteBericht nicht nur auf die trostlose Lage Vorarlbergs, in der es sich gegenwärtig befindet, hingewiesen hat, sondern der Comite-Bericht hat drei Thatsachen, welche Niemand in Abrede stellen kann, und wodurch Vorarlberg in ein anderes Verhältniß dieser Frage gegenüber tritt, als manche andere Kronländer, aufgestellt. Diese sind: 1. „Der Boden Vorarlbergs vermag dessen Bevölkerung nicht zu ernähren." Diese Thatsache steht unwiderleglich da, und es wäre mir sehr erwünscht, wenn Herr Ganahl mir jene statistischen Daten an die Hand geben würde, welche diese im Comite-Bericht aufgestellten Sätze widerlegen würden. 2. „Die Nahrungslosigkeit im Lande treibt einen großen Theil der Bevölkerung zur zeitlichen Auswanderung." Es ist dieß eine Thatsache, welche Jedermann bekannt ist, und durch die Paßprotokolle bei den Behörden genug constatirt wird, und die ich auch aus meiner amtlichen Praxis genügend bestätigen kann. 3. „Auf Vorarlberg als Industrie-Land äußern Handelskrisen, Störung der Fabrikation, Schwankung und Entwerthung der Valuta, den empfindlichsten Einfluß." Da nun die speziellen Verhältnisse des Landes Vorarlberg von der Art sind, daß in der Frage, ob armen Personen der Eheconsens ertheilt werden soll, mit besonderer Behutsamkeit vorgegangen werden muß, und Rücksichten zu beobachten sind, welche in andern Kronländern, wo der Boden viel fruchtbarer ist, und die Bevölkerung leichter ernährt werden kann, nicht zu beobachten sind, so glaube ich die gegen den Comite-Bericht erhobenen Einwendungen nach beiden Seiten hin, hinlänglich widerlegt zu haben. Hochw. Bischof: Ich finde mich durch diese Bemerkungen nur zu einigen Gegenbemerkungen veranlaßt, weil diese sonst leicht einem Mißverständnisse unterliegen könnten. Ich habe nämlich bei Gelegenheit, da ich sagte, daß in der menschlichen Natur ein mächtiger sinnlicher Trieb liege, zugleich beigefügt, daß derselbe nur durch große sittliche Kraft beherrscht werden könne, und lege darauf ein großes Gewicht. Wenn sodann Herr Riedl die Bemerkung macht, daß dabei auf den geistlichen und Militär-Stand hinzuweisen sei, so muß ich bemerken, daß die Geistlichen 33 freiwillig den ehelosen Stand wählen. Wenn die Armen ihn auch frei wählen, habe ich gewiß nichts dagegen. Und was den Militär-Stand anbelangt, so ist das Eheverbot für die diesem Stande Angehörenden nur ein zeitweiliges. Es handelt sich nur um einige Jahre, dann können sie heirathen, manche wohl auch während ihrer Dienstzeit. Was die Gründe betrifft, durch welche meine Bemerkung, das Gesetz sei zu hart, zurückgewiesen wurde, so finde ich darin nicht die Antwort darauf, daß das Gesetz nicht allzuscharf sei; das wird vielmehr zugestanden; sondern es sind nur die Gründe angegeben, warum es schärfer als früher sei. Daß Gründe vorhanden seien, sehe ich wohl ein; aber daß es der gegenwärtigen Zeitlage angemessen sei, Gesetze dieser Art, denen die ganze Strömung der Zeit entgegen ist, zu schärfen, sehe ich nicht ein. Endlich hätte ich sehr gewünscht, daß etwas, was im Vortrag des Abgeordneten Herrn Riedl gesagt wurde, im Comite-Bericht selbst ausgesprochen wäre. Das hätte mich eher bestimmt, mich mit dem ComiteBericht zu befreunden. Es wurde nemlich hingewiesen auf Arbeitsamkeit und Thätigkeit, auf den Charakter und guten Leumund. Wenn dieser Gesichtspunkt in dem Antrag des Ausschusses mehr hervorgetreten wäre, so würde mir dieses jedenfalls die Annahme derselben wesentlich erleichtern. Das ist es, was ich zur Erläuterung der gegen meine Ansicht vorgebrachten Bemerkungen deß Herrn Riedl beifügen wollte. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, werde ich die Debatte schließen, und dem Herrn Berichterstatter das Wort ertheilen. Wohlwend: Ich bin zwar durch die Rede Sr. bischöfl. Gnaden, durch die Erwiederung, welche er auf die Antwort des Herrn Berichterstatters ertheilt hat, meine Ansicht dem hohen Hause mitzutheilen überhoben, denn es ist wahrhaftig in der Rede Sr. bischöfl. Gnaden alles enthalten was ich mir zu sprechen vorgenommen habe. Nur auf einen einzigen Punkt den Sr. bischöfl. Gnaden nicht berührt hat, finde ich mich verpflichtet die hohe Versammlung aufmerksam zu machen. Es ist im Arikel 1 ausgesprochen: Personen, welche von ihrer Realität, ihrem Kapital, ihrer Rente oder durch Gewerbe, Handel, Arbeit oder Dienste kein größeres Einkommen beziehen, als der in ihrem Wohnort übliche Gemeinde-Taglohn beträgt, haben, wenn sie sich verehelichen wollen, sich vorläufig bei ihrer Heimats-Gemeinde zu melden rc. 2C. Ich möchte diesen Artikel als vag bezeichnen. Die Bestimmungen, die in diesem Artikel enthalten sind gehen mir zu weit; sodann sehe ich nicht ein wem eigentlich die Beurtheilung zusteht. Landeshauptmann: Erlauben Sie mir, Sie in Ihrer Rede zu unterbrechen, es ist dieses mehr Gegenstand der Special-Debatte, ich würde sie ersuchen, diese Gründe bei der Special-Debatte selbst vorzubringen. Wohlwend: Ich habe mir dies auch vorgenommen gehabt, nachdem aber auch von Sr. bischöfl. Gnaden der Artikel in seinen Einzelnheiten behandelt worden sind, glaubte auch ich meine Ansicht über den Artikel 1 der hohen Versammlung vorbringen zu müssen. Landeshauptmann: Die Rede des Hochw, Bischofes war aber ganz allgemein gehalten, ohne in die Kritik einzugehen, welches für die Spezial-Debatte vorbehalten bleibt. Hat Herr Riedl, als Berichterstatter noch etwas zu erwiedern? Riedl: Ich beziehe mich lediglich auf das Gesagte. Landeshauptmann: Wir gehen nun über zur Spezial-Debatte, über das Gutachten, welches das Comite vorlegte, und zwar im ersten Punkte: es sei einstimmiges und dringendes Petit des Landes, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde. Wünscht Jemand über diesen ersten Antrag das Wort zu nehmen? Ganahl: Ich erlaube mir über diesen Antrag zu bemerken, daß es ganz unrichtig ist es sei einstimmiges und dringendes Petit des Landes, daß die Ehebewilligung beibehalten werde, denn ich bin vollkommen überzeugt, daß es eine Menge Leute, ja Tausende in unserm Lande gibt deren dringendes Petit gerade das Gegentheil ist, darunter sind natürlich alle unbemittelten die aber doch heirathen wollen und dazu das Recht zu haben glauben. (Heiterkeit.) Ich muß also gegen die Fassung dieses Satzes protestiren. Meine Ansicht geht daher dahin, daß die Worte einstimmig und dringend gestrichen werden sollen, ich werde aber vorerst keinen Antrag wegen Abänderung dieses Satzes allein stellen, sondern glaube, daß der ganze Comite-Antrag demselben zur Durchgehung und neuerlichen Berichterstattung zurück gegeben — 34 — werden sollte. Wenn die Versammlung nicht dafür stimmt, dann werde ich mir erlauben eine Abänderung zu beantragen. Hochw. Bischof: Ich stimme dem Antrag des Herrn Ganahl bei, weil ich sonst außer Stande bin darüber abzustimmen, wenn er nicht noch einmal an das Comite zurückgeht und unterstütze ihn vom Gesichtspunkte der Milderung. Landeshauptmann: Ich bitte den Antrag zu formuliren. Ganahl: Bevor ich ihn übergebe erlaube mir zu beantragen, daß vorher über die weitere Artikel debattirt werde, weil ich der Meinung bin, die Mehrheit werde dadurch zur Überzeugung kommen, daß der Antrag der Zurückweisung an den Ausschuß ganz am Platze ist. Landeshauptmann: Bei der Spezial-Debatte werden die Artikel Punkt für Punkt in der Reihe vorgenommen wie sie vorkommen, denn ich kann nicht auf denn letzten greifen. Ganahl: Ich wünschte nur, daß die Abstimmung über den Punkt A verschoben werde bis man über Artikel I gesprochen haben wird, weil ich, wie schon erwähnt, der Meinung bin, daß die hohe Versammlung, denn eher entscheiden werde, den ganzen Antrag wieder an das Comite zurückzugeben. Riedl: Herr Vorredner hat erklärt, er müsse gegen den Satz „einstimmiges und dringendes Petit" Verwahrung einlegen. Es gibt sehr viele Personen, welche nicht nur nicht einstimmig und dringend petitioniren, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde, sondern petitioniren im eigenen Interesse, daß die Ehebewilligung ganz beseitigt werde. Ich verstehe unter Ausdruck „Land" die gesetzliche Repräsentanz des Landes, nicht aber die von Almosen lebenden Vagabunden. Ich glaube, daß es allerdings angezeigt ist, der Regierung darzustellen, es sei einstimmiges und dringendes Petit der gesetzlichen Repräsentanz des Landes, daß in unserem Lande die politische Ehebewilligung beibehalten werde. Hochw. Bischof: Wenn Herr Ganahl geneigt ist, seinen Antrag aufrecht zu halten, so gibt es vielleicht ein Auskunftsmittel, dasjenige, was er durch fortgesetzte Debatte erreichen will, auf eine andere Art einfacher zu erreichen, um Zeit zu gewinnen. Wenn Herr Ganahl den Antrag aufnimmt, zur Abstimmung zu bringen, ob die hohe Versammlung geneigt ist, die Sache nochmals an das Comite zur abermaligen Berathung zurückzuweisen, dann können alle diejenigen, welche sich für die Sache interessiren, der betreffenden Ausschuß-Sitzung, welche denselben bekannt gegeben werden, beiwohnen, wo dann die bestimmten Anträge besser formulirt werden, als es jetzt der Fall ist. Ich stelle dieß ganz der hohen Versammlung anheim. Landeshauptmann: Ich erlaube mir zu bemerken, daß es vielleicht besser sei, nachdem diese Anträge gefallen sind, mit den einzelnen Artikeln vorzugehen, um wenigstens die Ansichten des hohen Hauses näher kennen zu lernen, damit auch das Comite, welchem die Ausschußanträge zurückgegeben werden, in die Lage komme, nach dem Sinne der hohen Versammlung seine allfälligen Beschlüsse zu fassen, denn die Zurückweisung dieses Antrages beim ersten Paragraph schon würde zu keinem Endzwecke führen, das Comite hätte keinen Leitstern, dieses kann einzig und allein erhellen aus den Erklärungen, die hier abgegeben werden. Man könnte die Abstimmung über die einzelnen Punkte weglassen. Wenn die hohe Versammlung einverstanden ist, werde ich über Punkt A nicht abstimmen lassen, sondern weiter gehen zu den übrigen. Ist die hohe Versammlung damit einverstanden? (Minorität.) Ich bin also in die Lage versetzt, den vertagenden Antrag des Herrn Ganahl zur Abstimmung zu bringen, er lautet: Es wäre dieser Bericht sammt dem Gutachten, welches daselbst am Ende enthalten ist, dem Comite neuerdings zur Berichterstattung zu übergeben, und demselben bei seiner weiteren Berichterstattung aufzutragen, die in der Generaldebatte gefallenen Bemerkungen als Leitfaden zu benützen. Ist die hohe Versammlung einverstanden, die vom Comite gestellten Gutachten im Allgemeinen neuerdings an dasselbe zur Berichterstattung zurückzugeben? (Minorität.) Ich gehe somit weiter. Wünscht noch Jemand über Punkt a) zu sprechen? Herr Berichterstatter! haben Sie noch etwas zu sagen? 35 Riedl: Nein. Ganahl: Ich werde mir nun erlauben, zu Punkt a) einen Antrag zu stellen. Ich wünschte also, daß Punkt a) dahin lauten solle: „es sei der Wunsch des Landes, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde", statt: „es sei einstimmiges und dringendes Petit des Landes." Landeshauptmann: Hat vielleicht Jemand hierüber etwas zu bemerken? Seyffertitz: Ich als Obmann des Comite bin mit dem Comite-Berichte durch Unterfertigung meines Namens vollständig einverstanden; ich kann mich aber eigentlich dennoch nicht gegen das vom geehrten Herrn Vorredner Gesagte erklären, da der Antrag des Herrn Ganahl im Grunde genommen den Zweck erreicht, den das Comite erreichen will. Ich glaube nemlich, der Zweck des Comite war nur der, dem Lande überhaupt eine Ausnahmsstellung dadurch zu wahren, daß den Gemeinden des Landes ein gewisses Recht bei Ertheilung von Eheconsensen gewahrt wird; daher ich für meine Person keinen Anstand nehme, dem Antrage des Herrn Ganahl beizupflichten. Ich sage dieses nur bezüglich meiner späteren Abstimmung. Riedl: Ich bitte um's Wort. Ich glaube, daß wir hier in der Lage sind, nicht blos einen Wunsch, sondern ein Petit des Landes, der speziell für das Land bestehenden Gesetzgebung gegenüber auszusprechen. Ferner ist meine Meinung, daß dieses Petit mit dem Prädikate „einstimmig" und „dringend" bezeichnet werden solle, damit es desto größern Effekt macht. Landeshauptmann: Wenn Niemand dagegen zu sprechen wünscht, erkläre ich die Debatte über den Antrag sub a für geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Riedl: Nichts mehr. Landeshauptmann: Es liegt hier der Abänderungs-Antrag des Herrn Ganahl vor, der dahin lautet, es sei Wunsch des Landes, daß der politische Eheconsens beibehalten werde. Ich bitte die Herren, welche diesem Antrage beistimmen, sich zu erheben. (Abgelehnt.) Somit komme ich zurück auf den Antrag des Comite, welcher lautet: „es sei einstimmiges und dringendes Petit des Landes, daß die politische Ehebewilligung beibehalten werde." Diejenigen, welche beistimmen, bitte ich, sich von den Sitzen zu erheben. Hochw. Bischof. Ich enthalte mich der Abstimmung. Landeshauptmann: Der Antrag mit Majorität angenommen. Nach diesem fährt der Bericht sub B fort, daß statt der bisherigen unzulänglichen Normen hierüber die bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen in nachstehende Artikel gefaßt werden "sollen, und zu Art. 1: „Personen ................. obwalte" (Siehe Comite-Bericht.) Die Debatte über Art. 1 ist eröffnet; wünscht Jemand zu sprechen? Wohlwend: Ich habe früher schon die Bestimmungen dieses Artikels als vag bezeichnet. Diese meine Behauptung gründet sich darauf, wenn es im Artikel I heißt: „Personen, welche von ihrer Realität, ihrem Kapital u. s. f. kein größeres Einkommen beziehen, als der in jedem Wohnort übliche gemeine Taglohn beträgt, haben, wenn sie sich verehelichen wollen, sich vorläufig bei ihrer Heimatsgemeinde zu melden, und von derselben ein Zeugniß beizubringen, daß gegen ihre Verehelichung kein politisches Hinderniß obwalte, " so ist hieraus nicht ersichtlich, wem die Beurtheilung, ob dieses Einkommen die erforderliche Größe habe, zustehe. Nach meiner Anschauung wird dieses zuerst der Ehewerber selbst prüfen. Dieser wird das Erträgniß seiner Realitäten, seiner Kapitalien u. s. f. höher taxiren, als einen gewöhnlichen Taglohn, denn sonst würde er sich auch nicht verehelichen wollen. Kommt nun dieser Ehewerber, der sich überzeugt glaubt, daß er nach den Bestimmungen dieses Gesetzes in der Lage sei, sich zu verehelichen zum Pfarrer, so würde der Pfarrer nach diesen Bestimmungen gebunden, zu untersuchen, ob diese Person wirklich in der Lage sei sich zu verehelichen. Findet der Pfarrer, daß der Ehewerber nach den Bestimmungen des Gesetzes nicht die hinreichenden Mittel besitze, so wird er die Verkündung nicht vornehmen. Schon diese Untersuchung von Seite des Pfarrers versetzt den Ehewerber in eine peinliche Lage. Setzen wir aber den Fall, der Pfarrer sei der Ansicht, daß der Ehewerber das Erforderliche besitze, so wird er die Verkündigung vornehmen, wodurch die Vorstehung in Kenntniß kommt, daß R. N. — 36 — sich verehelichen wolle. Nun beginnt die zweite Untersuchung, ob der Ehewerber, den Anforderungen, wie selbe der Artikel I bestimmt, entsprechen könne. Findet nun die Vorstehung, daß der Ehewerber genügende Nachweisung geleistet, so sind die Hindernisse beseitigt, findet er aber das Gegentheil, so bleibt er, wie man dies in Vorarlberg bezeichnet, an der Kanzel hängen. Welch' peinlichen Eindruck würde diese Lage auf jenen Mann machen, der durch die willkürliche Beurtheilung seiner Verhältnisse, bestehe seine Erwerbsquelle in Öconomie, in Gewerbe, einem Handwerke, oder was immer, wenn er sich von jenem Schritte zurückgehalten sieht, der ihn zu seinem Glücke hätte führen können. Er wird mit Recht sagen: Nun haben wir ein Privilegium für die Reichen, die Armen werden unterdrückt. Wie ist die Vorstehung im Stande zu bestimmen, daß mein Gewerbe für die Zukunft nicht so viel einträgt, als ein gewöhnlicher Taglohn. Wird der Artikel I in der vorliegenden Fassung angenommen, so ist d