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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:03
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,lts1864,lt1864,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. Stenographischer Sitzungs-Bericht X. Sitzung am 31. März 1864 Unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer, im Beisein des landesfürstl. Herrn Commissärs, des k. k. StatthaltereiRathes Franz Ritter von Barth, und sämmtlicher Landtags - Abgeordneten. Beginn der Sitzung um 4 1/2 Uhr Nachmittags. Landeshauptmann: Ich beginne die heutige Sitzung mit Ablesung des Protocolles der gestrigen. (Secretär verliest dasselbe.). Findet einer der Herren eine Bemerkung gegen die richtige Fassung des Protocolles vorzubringen? Da keine Einwendung gemacht wird nehme ich dasselbe als richtig abgefaßt an. Ich habe der hohen Versammlung mitzutheilen, daß das Comite, welches gestern bestellt wurde, Herrn Wohlwend zu seinem Obmann und Herrn Baron v. Seyffertitz zu seinem Berichterstatter gewählt hat. Der erste Gegenstand der heutigen Verhandlung betrifft das Gesuch der Gemeinde Satteins um Bewilligung von 1900 fl. ö. W. zur Verumlagung auf die Steuern, behufs Deckung des Abganges des Gemeindepräliminars pr. 1863. (Secretär verliest dasselbe.) Wünscht Jemand über die formelle Behandlung dieser Einlage einen Antrag zu stellen? Ender: Ich glaube es dürfte angezeigt fein ein Comite aus drei Mitgliedern, welche bei keinem Comite mehr beschäftiget sind, zu ernennen, damit die Sache schneller vorwärts ginge. Landeshauptmann: Da kein anderer Antrag erhoben wird ersuche ich die hohe Versammlung, über den, vom Herrn Ender gestellten abzustimmen. (Ist angenommen.) Ich werde am Ende der Sitzung die Wahl vornehmen lassen. Zweiter Gegenstand der Verhandlung ist das Ansuchen der BijouterieFabrikanten von Vorarlberg, um Verwendung und Bevorwortung bei der Regierung, wegen Abänderung des neuen Punzirungsgesetz-Entwurfes. Die hohe Versammlung wolle ebenfalls hievon Kenntniß nehmen. (Secretär verliest dasselbe.) Findet Jemand über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag zu stellen? Feuerstein: Ich glaube man sollte dieß dem Landesausschusse zur Beantwortung und Begutachtung übergeben. Landeshauptmann: Wenn kein anderer Antrag erhoben wird, bitte ich die hohe Versammlung darüber abzustimmen, ob dieses Gesuch dem Landesausschusse zur Erledigung zuzuweisen sei. (Angenommen.) Dritter Gegenstand der Verhandlung ist der Comitebericht über das Gesuch der Gemeinde Fußach, auswärtigen, durch die Verehelichung in den Bürgerverband eintretenden Frauenspersonen, eine Einkaufstaxe auferlegen zu dürfen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter den Vortrag zu halten. (Berichterstatter Seyffertitz liest den Comitebericht vor.) 94 Hoher Landtag! In Folge einer angeblichen, juridisch jedoch noch nicht erwiesenen alten Übung hat bisher die Gemeinde Fußach für jede auswärtige, einen Fußacher Bürger ehelichende Frauensperson den Betrag von 10 fl. Conventions-Münze als Bürger-Einkaufstaxe erhoben. Da jedoch einzelne Weigerungen vorkamen, und die Gemeinde von der politischen Bezirksbehörde unter Hinweisung auf die, die Execution der Heirathstaxen verbietenden Normen abgewiesen worden war, hat die Vertretung beschlossen, jene auswärtigen, mit einem Gemeinde-Bürger sich verheirathenden Frauen, für welche eine Heirathstaxe beziehungsweise Bürger-Einkaufsgeld nicht entrichtet worden war, nicht als Bürgerinnen, sondern nur als „Beisätze" anzuerkennen, d. h. vom Antheile am BürgerVermögen bis zum Erläge der Taxe auszuschließen. Ferner stellt die Gemeinde-Vertretung im Gesuche vom 8. März d. I. an den Landtag das Ansuchen: 1. „Derselbe wolle in Rücksicht unserer ungetheilten Gemeinde-Gründe anerkennen, daß nach §. 7 des neuen Heimath-Gesetzes die auswärtigen Frauenspersonen durch Ehelichung mit einem Bürger noch nicht das Gemeinde-Bürgerrecht erwerben, sondern vorderhand nur als GemeindeAngehörige gehalten werden, bis selbe 2. nach §. 8 das Heimathrecht, bezüglich in hier das GemeindeBürgerrecht nur durch gütige Aufnahme in den Bürgerverband erworben haben, und daß 3. die noch ausständigen, nach älterer Übung billig bemessenen Einkaufs-Gebühren zur Einkassirung begutachtet werden mögen, in dem anzunehmenden Sinne des §. 9 des neuen Heimaths- Gesetzes, wo einer bestehenden Gebühr erwähnt ist." Bei Beurtheilung der vorliegenden drei Petite der Gemeinde Fußach muß vor Allem constatirt werden, daß sich die Gemeinde-Vertretung bezüglich der Anwendbarkeit der von ihr angezogenen Gesetzesstellen auf die Heirathsoder Einkaufstaxe im vollen Irrthum befindet. Das Gesuch beruft sich nemlich zur Geltendmachung der Ansprüche auf die §§. 7, 8 und 9 des Heimaths-Gesetzes. Diese Paragraphe lauten: . §. 7. Frauenspersonen erlangen durch Verehelichung das Heimathsrecht in der Gemeinde, in welcher ihr Gatte heimathberechtigt ist. §. 8. Das Heimathsrecht wird durch ausdrückliche Aufnahme in den Heimathsverband erworben. Über das Ansuchen hierum entscheidet mit Ausschluß jeder Berufung lediglich die Gemeinde. Die Aufnahme in den Heimathsverband darf jedoch weder auf eine bestimmte Zeit beschränkt noch unter einer den gesetzlichen Folgen des Heimathsrechtes abträglichen Bedingung ertheilt werden. Jede solche Beschränkung ist nichtig und als nicht beigesetzt zu betrachten. §. 9. Zur Einführung einer Gebühr für die ausdrückliche Aufnahme in den Heimathsverband sowie zur Erhöhung einer solchen schon bestehenden Gebühr ist ein Landesgesetz erforderlich. Die Gebühr hat in die Gemeindekasse einzufließen. Diese Paragraphe beziehen sich lediglich nur auf das Heimathsrecht, nicht aber auf das Bürgerr echt, für welches allein, wie aus dem vorliegenden Gesuch erhellet, eine Heirathstaxe besteht, beziehungsweise erhoben werden will. Die Gemeinde Fußach kann sich daher zur Begründung ihrer Forderung um so weniger auf diese Paragraphe berufen, als sie selbst das aus dem matrimonialen Acte entspringende Heimathsrecht auswärtiger Frauenspersonen nicht bestreitet. Da daher das Petit der Gemeinde nicht auf die im §. 9 des HeimathsGesetzes bezeichnete Gebühr gerichtet ist, auch gar nicht darauf gerichtet sein kann, so kann auch der Landtag in dieser Richtung, d. h. insbesondere auf Grund des §. 9 des Heimaths-Gesetzes, einen Beschluß nicht fassen, oder ein spezielles Landesgesetz nicht beschließen. Dagegen geht das Petit der Gemeinde Fußach offenbar nur auf eine Heirathstaxe als gleichbedeutend mit Bürger-Einkaufsgeld. Bezüglich dieser Heirathstaxen bestehen jedoch ältere, öfters bestätigte Normen, welche die Execution solcher nicht freiwillig geleisteter Taxen untersagen. Auch das noch jetzt gütige Gemeindegesetz des Jahres 1849 enthält darüber keine andere Vorschrift, als jene bereits bei dem ähnlichen Gesuche von Brand in Anwendung gekommene des §. 69, welcher ein Gesetz über das Einkaufsgeld in Aussicht stellt. Ein solches Gesetz ist aber bis jetzt noch nicht erschienen, weßhalb jene ältern Vorschriften nicht in Kraft sind. Dagegen stellt das neue, in Berathung befindliche Gemeinde-Gesetz im §. 32, Punkt 3, für jene Gemeinden, wo eine ortsübliche Einkaufstaxe besteht, auch die Einholung einer solchen Gebühr von der sich mit einem Bürger verehelichenden Nichtbürgerin in Aussicht. — 95 Die Gemeinde Fußach wird daher seiner Zeit nach dem Inslebentreten dieses Gesetzes selbst in der Lage sein, sich hierüber zu bescheiden. Aus diesen Gründen stellt der Ausschuß, ermächtigt durch Beschluß der hohen Versammlung in her sechsten Sitzung vom 17. März d. I., nachstehenden Antrag: „Hoher Landtag wolle beschließen: Es seie, ohne auf die einzelnen drei Petita des vorliegenden „Gesuches des Nähern einzutreten, der Gemeinde Fußach zu bedeuten, daß kein giltiges Gesetz über „die BürgerEinkaufstaxe der Frauen bestehe, weßhalb der Landtag einen gesetzlichen Anhaltspunkt „zur Entscheidung nicht besitze. Dagegen bleibe es der Gemeinde Fußach unbenommen, nach dem „Eintritte des zu erwartenden neuen Gemeinde-Gesetzes, unter Nachweisung des im §. 32, Punkt 3, „dieses Gesetzes gemachten Vorbehaltes seiner Zeit das Weitere zu verfügen." Bregenz, den 20. März 1864. Wohlwend m. pv Obmann. Seyffertitz m. p., Berichterstatter. Landeshauptmann: Ich eröffne die Verhandlung über diesen Gegenstand und lade jene Herren ein, welche daran Theil nehmen wollen das Wort zu ergreifen. Riedl: Der Comitebericht führt an, daß ältere Normen bestehen, welche den Bezug von Einkaufstaxen der Frauenspersonen aus Anlaß ihrer Verehelichung verbieten. Dieß ist allerdings richtig, und es ist vielleicht von Interesse, diese ältere Normen näher kennen zu lernen. Es ist diese Norm gegeben durch Hofcommissionsrescript vom 21. October 1788, Gub.- Circ. vom 14. November 1788, Nr. 16, 758 Gesetzsammlung Kaiser Josef II., Band 15, Seite 37, in welchem Rescript wörtlich vorkommt, daß den Frauenspersonen, welche durch Verehelichung mit einem Gemeindemitglied in den Gemeindeverband gelangen, ein Einkaufsgeld nicht abgefordert werden darf. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen. Haben Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Seyffertitz: Ich habe weiter nichts zu bemerken. _ Landeshauptmann: Den Antrag des Comite haben sie eben vernommen, ich glaube überhoben zu sein, ihn nochmal vorlesen zu müssen, und bitte über die Annahme desselben abzustimmen. Jene Herren, welche ihn annehmen, wollen sich erheben. (Angenommen.) Wir kommen nun zum Comiteberichte über den Rechenschaftsbericht des Vorarlberger Landesausschusses für den dritten ordentlichen Landtag. Der Rechenschaftsbericht des Landesausschusses besteht aus mehreren Theilen, ich werde den Bericht Theil für Theil zur Berathung bringen. Herr Riedl als Berichterstatter wolle beginnen. (Berichterstatter verliest den ersten Theil des Comiteberichtes.) Findet über diesen ersten Theil des Ausschußantrages Jemand etwas zu bemerken? Seyffertitz: Ich habe bezüglich der hier summarisch aufgeführten Gegenstände, welche sich in verschiedene Classen theilen, je nachdem sie die allerhöchste Sanction erhalten haben oder nicht, oder in sofern diese Sanction noch behängt, nur eines zu bemerken. Ich vermisse nämlich darin die Berührung eines Gegenstandes, welcher einen Beschluß des vorigen Landtages enthält. Es wurde in der 22. Sitzung vom 3. März vorigen Jahres bei Gelegenheit der Begutachtung und Beschlußfassung über die Kirchen-Patronatsrechte und Regelung der Pflichten der Gemeinde, zur Erhaltung der Kirchen-Baulichkeiten schließlich ein Zusatzantrag gestellt; er lautet, ich werde ihn wörtlich vorlesen: „Schließlich fühlt sich der Ausschuß verpflichtet dem hohen Landtage folgenden Antrag zur Annahme zu empfehlen: „„Nachdem auf diese Art die Pflichten der Patrone und Gemeinden hinsichtlich der Bedeckung der Kosten für die Kirchen- und Pfründengebäude geregelt sind, so sei die hohe Regierung anzugehen, daß sie dem Landtage eine Gesetzes-Vorlage ein„„bringe, wodurch die diesen Pflichten angemessen entsprechenden Rechte endgültig und zufrieden- „„stellend geregelt werden." Ich erlaube mir in dieser Beziehung die Anfrage zu stellen, ob über diesen Punkt keine allerhöchste Entschließung oder irgend ein Bescheid an den Landesausschluß gelangt ist. Landeshauptmann: Während meiner Abwesenheit kam wirklich ein Bescheid hieher, woraus hervorgeht, daß die h. Regierung den Sinn unseres Wunsches, oder das Wesen des Antrages nicht zu enträthseln vermochte. (Landeshauptmann verliest diesen Bescheid.) Hochw. Bischof: Als Obmann des betreffenden Ausschusses sehe ich mich durch die gestellte Frage veranlaßt, zu erklären, warum der Ausschuß diesen Punkt, nachdem er denselben in genaue Berathung gezogen hatte, nicht weiter verfolgen zu sollen glaubte. Wenn es sich handelt, um die Rechte der Patrone, 96 so ist dieses ein außerordentlich weites Gebiet, wie ich, als alter Professor des Kirchenrechtes, durch Erfahrung weiß. Dieses Gebiet umfaßt drei Haupttheile: das Präsentations-Recht, die Rechte in Betreff der Vermögensverwaltung und die sogenannten Ehrenrechte. Was die Präsentation betrifft, so hat zum Theil das Gemeindegesetz diesen Gegenstand in einem seiner Paragraphe schon berührt. Es gibt übrigens eine solche Menge, hierauf bezüglicher einzelner Bestimmungen, die theils durch die Kirchengesetze, weil das Patronatsrecht wesentlich ein von der Kirche ausgehendes Recht ist, theils durch später hinzugekommene Staatsgesetze normirt worden sind, daß dieselben ein ganzes Buch anfüllen würden: Mayer hat in seinem trefflichen Werke über das Patronatsrecht, welches in Wien 1824 erschien, diese Normen vollständig und sehr gut zusammen gestellt. Die Regierung hätte daher nur einen Extract hievon machen müssen, da später wenig von Bedeutung hierüber mehr erschienen ist. Die Ehrenrechte sind ohnedies von untergeordneter Bedeutung. Die Rechte des Patrons und der Gemeinden, hinsichtlich der Verwaltung des Kirchen-Vermögens, sind allerdings speziell zur Sprache gebracht worden. Es haben sich jedoch in dieser Beziehung die allenfalls vorhandenen factischen Anstände oder Übelstände, so viel dem Ausschüsse davon bekannt war, als so gering und wenig zahlreich herausgestellt, daß dieselben nicht geeignet schienen, auf Grund derselben einen eigenen Antrag zu stellen, und die Regierung zu veranlassen, eine eigene Vorlage, wie der vorjährige Beschluß sie erfordert hätte, dem Landtage mitzutheilen. Es ist ohnedieß der Einstuß der Patrone und Gemeinden auf die Verwaltung des Kirchen-Vermögens durch eine neue Norm geregelt; das ist die allerhöchste Entschließung vom 3. October 1858, an welche anschließend in unserm Land die Diöcesan-Verordnung vom 2. September 1860 erflossen ist, welche diesen Einfluß in einer Weise regelt, daß wohl hie und da kleinere Anstände vorkommen mögen, im Großen und Ganzen aber kein bedeutender Anstand sich dabei ergibt; wobei auch das zu erwägen ist, daß wohl überhaupt kein Gesetz gesunden wird oder geschaffen werden kaun, wodurch alle Anstände zum vorhinein beseitigt werden könnten. Das war der Grund, welcher den Ausschuß bewogen hat, auf diesen Gegenstand, den ich eben erörtert habe, nicht weiter einzugehen. Seyffertitz: Ich bin zwar vollkommen mit der Aufklärung einverstanden, welche der Hochw. Herr Vorredner der Versammlung gegeben hat, bezüglich der Patronate. Es handelt sich aber auch um die Rechte der Gemeinde, auf welche in dem im vorigen Jahre angenommenen Beschlusse eine sehr bedeutende Betonung gelegt wurde. Ich weiß auch, und es ist mir zur Kenntniß gekommen, daß diese Verordnung vom 2. September 1860, welche ich vor mir liegen habe, wirklich besteht. Es ist dieß eine Verordnung, welche zu Brixeu am Feste des h. Schutzengels am 2. September 1860 durch das bischöfliche Ordinariat erlassen worden ist für die Diöeese. Diese Verordnung greift nach meiner Ansicht so tief in die Gemeinde- Verwaltung ein, daß ich wirklich mit den Worten des geehrten Herrn Vorredners mich nicht bescheiden kann, daß dieselbe nur zu kleinen Anständen führen werde. Ich muß mich in dieser Beziehung, da diese Sache einmal zur Sprache gebracht ist, etwas weitläufiger auslassen. Ich kenne zwar vollständig die allgemeinen Bestimmungen, welche für das ganze Reich maßgebend sind, wodurch die Verwaltung des Kirchen-Vermögens in kirchliche Hände gelegt wird, allein ich muß darauf hinweisen, daß es eine Thatsache ist, erstens, daß im ganzen Königreiche Böhmen diese Verordnung, beruhend auf einem Erlasse des Cardinal-Erzbischofs von Prag, noch nicht eingeführt werden konnte, sondern wegen passiven Widerstandes der Gemeinden einstweilen inhibirt wurde; ich weise zweitens darauf hin, daß in der Diöcese Trient eine solche Verordnung noch gar nicht erschienen ist, und daß dort die Gemeinden gänzlich unbehelligt die KirchenRechnungen prüfen, und bei der eigentlich materiellen Verwaltung des Gemeinde-Vermögens ebenso mitreden, wie es vor dem Zustandekommen des Vertrages der Krone mit der römischen Curie gepflogen wurde. Ich muß auch darauf Hinweisen, daß auch in diesem Lande noch lange nicht alle Gemeinden sich damit haben bescheiden können, daß sämmtliche KirchenVerwaltungen nur in die Hände der kirchlichen Organe gelegt werden, und es sind mir in dieser Beziehung sehr viele Gemeinden bekannt, an deren passivem Widerstand die bisherige Ausführung dieser Diöeesan- Verordnung gescheitert ist. Ich muß ferner darauf hinweisen, daß diese vor mir liegende Verordnung erstens gar nie allgemein kundgemacht worden ist, mir wenigstens ist nie bekannt geworden, daß dieselbe auf dem für die Kundmachung der für die Staatsbürger gütigen Gesetze, erforderlichen Wege je in's Leben gerufen worden wäre. Ich muß darauf hinweisen, daß dieß eine Verordnung ist, welche sich nicht allein auf das rein kirchliche Vermögen beschränkt, sondern welche auch zu gleicher Zeit die Mittel der Gemeinde in eminentem Grade für kirchliche Zwecke in Anspruch nimmt. Niemand wird bestreiten, daß einer Gesellschaft, heiße sie wie sie wolle, einer Corporation die Verwaltung des eigenthümlichen Vermögens ausschließend und ohne 97 Ingerenz fremder Personen zusteht. Allein von eben diesem Standpunkte aus, kann die Gemeinde verlangen, daß sie wenigstens das Recht habe, dort mit zu sprechen, wo es sich um einen tiefen Eingriff in den Gemeinde-Säckel handelt. Ich erlaube mir in dieser Beziehung darauf hinzuweisen, daß gerade diese bischöfliche Diöcesan-Verordnung, welche eigentlich gar nicht für die Staatsbürger bindend sein kann, daß diese Verordnung zwei Paragraphe einer wesentlichen Beeinträchtigung der Gemeindegewalt enthält. Es sind dies die §§. 5 und 6, welche ich mir vorzulesen erlaube (liest). Das übrige hat weniger auf die Frage Bezug. Daraus geht unzweifelhaft hervor, daß eigentlich in diesem Falle, der Rechnungsleger seinen Kontrolor selbst bestimmt, denn der Rechnungsleger ist zwar der Pfarrer, sein Revisor ist der Dekan, derjenige aber, welcher ihn kontrolliren soll, wird eben von diesem Dekan aufgestellt. Denn nach der ganzen Fassung des §. 6, ist offenbar das Gutachten und der Wunsch der Gemeinde, in einem solchen Sinne dargestellt, daß dieselbe eigentlich nicht mehr viel zu bedeuten hat. — Es ist dies der eine Punkt. — Der zweite Punct ist der §. 20, welcher über die Fertigung, Revision und Legung der Kirchenrechnung spricht. (Verliest §. 20.) Nach den früheren Vorschriften, über die Erledigung von Kirchenrechnungen, waren in dieser Beziehung, eine außerordentlich genaue und strenge Handhabung der Kontrollsvorschriften durch Staatsbeamte und Staatsbehörden gegeben. Kirchenrechnungen wurden nicht von den Gemeinden, nicht vom Pfarrer, nicht vom Dekan, nicht vom Ordinariate revidirt, sondern von den politischen Behörden, in sehr vielen Fällen, namentlich dort, wo der Staat als Patron interessirt war, von der k. k. Staatsbuchhaltung in Innsbruck erledigt und richtig gestellt. Ich behaupte nicht, daß dort, wo es sich um rein kirchliche Vermögenheiten handelt, die Kirche durch ihre Organe die Prüfung dieser Rechnung nicht vornehmen soll. Der Hauptpunkt, ist der, daß dort, wo der kirchliche Seckel nicht hinreicht, das Gemeindevermögen immer in sehr ausreichendem Maße in Anspruch genommen wird. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht einverstanden erklären, daß über diese Verordnung, so schlechthin, weggegangen wird, insbesondere mit Rücksicht auf den im vorigen Jahre gefaßten Beschluß. Selbst in der mir soeben kund gegebenen Erledigung des Staatsministeriums, bezüglich dieses Beschlusses, erblicke ich die Aufforderung, sich näher darüber auszusprechen, was eigentlich der Landtag mit diesem vorjährigen Beschlusse beabsichtigte. In Ausführung dieser Art Aufforderung, welche an uns ergangen ist, habe ich mir erlaubt einen Antrag zu formuliren, und werde denselben der hohen Versammlung kund geben. (Liest denselben vor.) „Es sei ein FünferAusschuß zur Constatirung der Mängel, der am 2. September 1860 für die Diöcese Brixen erschienenen Verordnung, bezüglich der Verwaltung des Kirchen- und Pfründenvermögens, — jedoch nur bezüglich ihrer das Gemeindevermögen auf das Empfindlichste berührenden Theile — zu bestellen, welcher die Anträge zur Abhilfe dieser Mängel an den Landtag zu bringen hat." Hochw. Bischof: Ich kann die Anschauung des Herrn Baron Seyffertitz, die er über das Kirchenvermögen ausgesprochen hat, nicht theilen. Ich glaube nemlich, daß er das Kirchenvermögen zu sehr als Gemeindevermögen betrachtet hat. Gerade der Umstand, daß das Vermögen, von dem wir gegenwärtig sprechen, nicht Gemeindevermögen heißt, in das sich die Kirche nicht einmischt, sondern, daß es Kirchenvermögen heißt, zeigt, daß in Betreff dieses Vermögens die Kirche sowohl die Verwaltung, als auch die gesammte Aufsicht darüber zu führen hat. Diejenigen, welches dieses Vermögen an die einzelnen Kirchen geschenkt haben, wollten nicht die Gemeinde beschenken, wollten nicht ein Gemeindevermögen, sondern eben ein Kirchenvermögen zu kirchlichen Zwecken gründen. Es liegt daher wohl in der Natur der Sache, daß ein solches Vermögen durch den Seelsorger als den Vorsteher dieser Kirche verwaltet werde. Die Kirche hat indeß, wie es ihre milde Weise ist, von jeher aus der Gemeinde, die sogenannten Kirchenpröbste, wie es seit uralten Zeiten hier landesüblich ist, beigezogen. Die frühere Art, auf welche von Herrn Baron Sepffertitz zurückverwiesen wurde, war seit dem Jahr 1821, wenn ich mich recht erinnere, zu welcher Zeit die letzte Staatsverordnung erschien, diese, daß die Gemeinde zwei Männer wählte, und der Seelsorger, sowie auch die weltliche Obrigkeit sie bestätigte. Jetzt hat der Seelsorger den Vortritt, indem er sie wählt, allein der betreffende Paragraph sagt ausdrücklich: „er verständiget sich mit der Gemeinde über die zu treffende Wahl"; und diese Verständigung ist, soweit es mir zur ämtlichen Kenntniß gelangte, ein oder zwei Fälle etwa ausgenommen, regelmäßig erfolgt. Daß im Falle einer Nichtverständigung Vorsorge getroffen werden muffer liegt in 98 der Natur der Sache. Es leuchtet wohl Jedermann von selbst ein, daß bei dieser Entscheidung, da es sich hier um ein Kirchenvermögen handelt, auch ein kirchlicher Oberer dazu berufen sei; dies liegt wohl ebenfalls in der Natur der Sache. Um hier noch eine allgemeine Bemerkung beizufügen, darf ich wohl sagen, daß die Kirche ihr Vermögen niemals verschleudert hat. Die Confiscationen oder Säcularisationen so vieler Millionen zeugen dafür, wer das Kirchenvermögen eingesäckelt hat. Die Kirche wußte mit dem Kirchen vermögen, gar gut zu Hausen. Daher darf man nach dem Zeugniß der Erfahrung keineswegs behaupten, daß die Kirche das in ihrer Verwaltung stehende Vermögen irgendwie verschleudert hätte zum Nachtheile der Gemeinden; umgekehrt, sie hat nur zu gut gehaust, daher man ihr so viel nehmen konnte. Ich muß ferner auf eine andere Bemerkung des Herrn Vorredners eingehen, die ich als eine Haupteinwendung ansehe, und diese ist, daß die erwähnte Diöcesan-Verordnung nie gehörig publicirt worden sei. Auch hier, glaube ich, fehlt der schon früher bemerkte Unterschied. Wie nemlich oben der Unterschied zwischen Gemeindevermögen und . Kirchenvermögen von mir hervorgehoben wurde, so fehlt hier die gehörige Unterscheidung zwischen bürgerlichen und kirchlicher Gesetzgebung. Der Staat auf seiner Seite gibt seine Gesetze, und publicirt dieselben durch das Reichsgesetzblatt. Die Kirche auf ihrem Gebiete gibt auch ihre besetze, und publicirt sie durch das Diöcesangesetzblatt, aus welchem Herr Baron Seyffertitz zuvor Stellen des Gesetzes über die Verwaltung des Kirchenvermögens verlesen hat. Es ist übrigens dieses Gesetz keineswegs ganz allein von der Autorität des Fürstbischofes von Brixen als Ordinarius dieser Diöcese ausgehend; dasselbe ist von der Staatsbehörde eingesehen, und richtig befunden worden; sie hat ihre Autorität dazu gegeben, und es hat daher dasselbe die Autorität beider Gewalten, wie ausdrücklich im Eingänge zu dem betreffenden Ordinariats-Erlasse bemerkt worden ist; denn die betreffende Publikation enthält 1. die Grundbestimmungen jenes bekannten Staatsvertrages, dann enthält sie 2. die auf Grund derselben von den Bischöfen des ganzen Reiches gestellten Anträge; 3. die allerhöchste Entschließung v. 3. October 1858, und hier werden die Bischöfe aufgefordert, daß sie auf Grund der allerhöchsten Entschießung die weitere Ausführung dieser Bestimmungen hohen Orts bekannt geben sollen. Diese weitere Ausführung im Einzelnen wurde von den einzelnen Bischöfen, sowie sie von ihnen beabsichtigt war, der Regierung bekannt gegeben, und das Ministerium hat sie genehmiget. Erst dann wurde diese DiöcesanVerordnung durch das Diöcesanblatt bekannt gemacht, und in gehöriger Form als kirchliche Verordnung publicirt. Ich muß allerdings hier beifügen, daß kirchliche Verordnungen nur katholische Christen binden, und daß ein solches Gesetz nicht über den Kreis derselben hinausgehen kann. Staatsgesetze binden alle Nationen des Reichs und alle Confessionen ohne Unterschied. Die Gesetze der katholischen Kirchenobern binden eben nur katholische Christen. An dem Kirchenvermögen haben eben auch nur katholische Christen Antheil, daher genügt es, wenn die Publication für diese in gehöriger Weise geschehen ist. Nach diesen Aufklärungen kann ich den Antrag des Herrn Baron Seyffertitz nicht als begründet erkennen, und stelle den Gegenantrag, daß über denselben zur Tagesordnung übergegangen werde. Seyffertitz: Ich bedauere, nochmals den hochw. Herrn Vorredner entgegentreten zu müssen. Ich unterscheide ebenfalls sehr genau zwischen rein kirchlichem Vermögen und Gemeindevermögen, und eben weil ich sehr genau den Unterschied festhalte, glaube ich, daß die Diöcesan-Verordnung vom 2. September 1860 auch auf das wirklich nicht kirchliche, sondern aus dem Gemeindesäckel aus dem Vermögen einzelner Gemeindeglieder zu bestreitende Deficit, welches sich bei Kirchenrechnungen manchmal ergibt, übergreift. Die Bestimmung, ob ein solches Deficit, ob Auslagen für kirchliche Zwecke nöthig fallen oder nicht, selbst diese Bestimmung wird aus dem Kreise der Gemeinde entrückt, und in die Hände jener Personen gelegt, welche nur rein auf kirchliches Vermögen bezüglich der Verwaltung beschränkt werden sollen. Ich wiederhole, daß Niemand so genau an der Trennung zwischen Staat und Kirche, und zwischen den einzelnen Kirchlichen- und Staats-Gemeinden festzuhalten gewohnt ist, als gerade ich, und eben aus diesem Grunde, ich wiederhole es nochmal, beanstände ich diese Diözesan-Verordnung, aus diesem Grunde halte ich mich bestimmt, den betreffenden Antrag in der Weise zu stellen, daß nicht die ganze Verordnung, sondern nur jener Theil der Verordnung, welcher sich auch auf das Gemeindevermögen bezieht, einer Prüfung unterzogen werde. Hochw. Bischof: In Bezug auf die eben gemachte Bemerkung des Herrn Baron v. Seyffertitz glaube ich, daß ein Mißverständniß obwaltet. Die Verordnung vom 2. September 1860 enthält nemlich ausdrücklich die Bemerkung, daß darüber, wer bei nicht hinreichendem Kirchen-Vermögen das Deficit zu decken habe, in Zukunft die gesetzliche Bestimmung erlassen werden soll. Dieser Paragraph der betreffenden Verordnung gründet sich auf die allerhöchste Entschließung selbst, 99 und ist völlig wörtlich aus derselben hinüber genommen worden. Wir haben daher über diesen Gegenstand künftig die Bestimmung zu erwarten, und wenn Herr Baron Seyffertitz nur dieses meint, daß, insoferne das KirchenVermögen nicht hinreicht, genau bestimmt werden soll, wer den Abgang zu decken hat, daß somit der betreffende Paragraph der allerhöchsten Entschließung möge ausgeführt werden, wie das dort ohnedieß Vorbehalten ist, dann habe ich durchaus nichts einzuwenden. Dann aber würde sich die ganze Sache nur beschränken auf jenen Paragraph, welcher diese Frage offen gelassen hat, so daß die Gemeinden durch diese Verordnung nicht verpflichtet sind, dieses Deficit zu decken. Ich wünsche nemlich gar sehr, daß die Gesetze genau seien. Ich fordere den Herrn Baron Seyffertitz auf, anzugeben, ob in der Verordnung wirklich die Verpflichtung ausgesprochen sei, daß die Gemeinde das Deficit zu decken habe, oder, ob nicht vielmehr die Verordnung ausdrücklich erklärt, daß hierüber, wer den Abgang des Kirchen-Vermögens zu decken habe, erst das Gesetz zu erlassen sei; und wenn er den Antrag stellt, daß dieses Gesetz bald erlassen werde, so habe ich nichts dagegen einzuwenden. Seyffertitz: Ich muß nochmals mit einigen Worten belästigen. Der geehrte Herr Vorredner hat mich aufgefordert, zuzugestehen, daß diese Norm wirklich in der Diöcesan - Verordnung vorhanden sei. Sie ist vorhanden, ich habe dieselbe nicht übersehen; allein es handelt sich nicht um die Frage, wer ein Deficit in Kirchen-Rechnungen zu decken habe, diese Frage ist heute schon entschieden, auch wenn diese Verordnung erst zu kommen hat. Heut' zu Tage ist Niemand anderer als die einzelnen Bürger durch Steuerumlage verpflichtet, dieses Deficit zu decken. Mag eine Verordnung kommen, was für eine will, .so ist es nicht anders möglich, als daß das Deficit auf diese Weise hereingebracht und gedeckt werde. Meine Ansicht geht nun dahin, den Gemeinden bezüglich der Deckung dieses Deficits ihren Einfluß zu wahren, damit sie nicht gänzlich dem willkürlichen Schalten und Walten einer blos zur Verwaltung des kirchlichen Vermögens aufgestellten Persönlichkeit anheim gegeben werde. Ich stelle mir diesen Fall so vor: Man denke sich eine Kirchenrechnung mit einem Deficit, diese Rechnung muß revidirt werden, unter welcher Controle sie revidirt werden müsse, das haben wir aus diesem von mir vorgelesenen Paragraph entnommen. Nun ich bin sehr weit entfernt, den kirchlichen Behörden in dieser Beziehung Unredlichkeit unterschieben zu wollen, allein wer mitzahlt, soll mitreden, das ist einer der Fundamental-Grundsätze des öffentlichen Lebens, zahlen thut niemand anderer als der einzelne Gemeindebürger, und darum soll ihm das Recht in entschiedenerer Weise gewahrt sein, als es in dieser Kirchen-Verordnung, welche zugleich die Ausführungs-Verordnung eines Reichsgesetzes sein soll, geschieht, und aus diesem Grunde glaube ich, kann ich von meinem gestellten Antrag nicht abgehen, und ersuche, daß darüber zur Abstimmung geschritten werde. Hochw. Bischof: Es ist in vielen Fällen in diesem Lande das KirchenVermögen vollkommen zureichend, um damit die Bedürfnisse der Kirche zu decken, ja es geht noch über dasselbe hinaus. In allen diesen Füllen hat dasjenige, was Herr Baron Seyffertitz erwähnt hat, gar keine Anwendung. Ich muß mich insbesondere dagegen verwahren, wenn gesagt wird, daß auf diese Art willkürliches Schalten und Walten einzelner Persönlichkeiten stattfinde; das ist nicht der Fall. Der Dekan hat allerdings die nächste Aufsicht über das KirchenVermögen, der Pfarrer steht unter ihm mit den Kirchenpröbsten, der Decan revidirt nur, dann hat er die Sache dem Generalvicariat vorzulegen. Dieses aber kann sie noch nicht endgiltig erledigen, es hat die Sache an das Ordinariat abzugeben, wo eine eigene Rechnungsbehörde dafür eingesetzt ist. Ich habe allen Respect vor der Buchhaltung, glaube aber doch, daß eine genügende Anzahl von Geistlichen mit derselben Sorgfalt rechnen könne, und daß von diesen nichts durchgelaffen wird, was nicht in der Ordnung ist; auch wird man nicht leugnen, daß der geistliche Stand ebenso verläßlich und gewiffenhaft sei, wie die Staatsbuchhaltung. Ich muß daher den Ausdruck, daß ein willkürliches Schalten und Walten einzelner Persönlichkeiten stattfinde, zurückweisen. Es erlaubt mir weder meine eigene Ehre noch die Ehre des Standes, dem ich angehöre, dieses hingehen zu lassen, ohne mich dagegen zu verwahren. Der ganze Gang, wie er bei Durchsicht und Prüfung der Kirchenrechnung stattfindet, ist von mir dargelegt worden. Zuerst prüft der Decan, nachdem der Pfarrer mit den Kirchenpröbsten sie abgefaßt hat, und ich muß noch auf einen Umstand Hinweisen, daß nemlich dieselbe Verordnung, aus welcher Herr Baron Seyffertitz verschiedene Paragraphe angeführt hat, wenn ich mich recht erinnere, im §. 19 die Bestimmung enthält: „Bei Prüfung von Kirchen-Rechnungen kann die Gemeinde durch ihren Vorsteher, welcher eigens deßhalb dazu einzuladen ist, sich betheiligen." Es kann ein ober das andere Wort bei diesem Citat fehlen, in der Hauptsache jedoch lautet es so. Diese Bestimmung zeigt, daß nicht nur die Kirchenpröbste, sondern auch die Vorsteher sich betheiligen können, und wenn etwas nicht in der Ordnung ist, werden sie schon Mittel und Wege finden, es am 9 100 rechten Ort anhängig zu machen. Ist so die Kirchenrechnung hergestellt und geprüft, so durchsieht sie der Dekan; das General-Vicariat Prüft sie ebenfalls, und zwar, ich kann sagen, mit großer Mühe und mit vielen Bemänglungen, und gibt sie an's Ordinariat, wo hiefür eine eigene Rechnungs-Abtheilung eingesetzt ist, dort wird sie endgiltig geprüft und adjustirt. Ich glaube, es liegt in diesem Gange Garantie genug, daß mit dem Kirchenvermögen nicht leichtsinnig umgegangen wird, und daß die Gemeinden keineswegs von Seite der Kirchenbehörden zu sehr belastet werden. Auch kann ich Ihnen, die aufrichtige Versicherung geben, daß wir gar keine Lust haben, alle Augenblicke wegen solcher Geldsachen mit den Gemeinden Händel zu haben; und das ist nur zu leicht der Fall, wenn wir Geld haben wollen, ohne die Gemeinde zuvor befragt zu haben. Soweit das eigene Vermögen ausreicht zu decken, gehen wir die Gemeinden nicht darum an, und in sehr vielen Fällen deckt die Kirche mit ihrem Vermögen ihre eigenen Bedürfnisse. Wenn aber die Nothwendigkeit vorhanden ist, so haben sich die Gemeinden bisher nicht geweigert, geringere Beiträge zu leisten. Um größere Beiträge handelt es sich gewöhnlich nur, wenn neue Kirchenbauten vorgenommen werden; diese Kirchenbauten wurden aber nicht auf Betrieb der Kirchenbehörden, sondern, ich muß es zur Ehre des Landes sagen, aus eigenem Antriebe der Bevölkerung vorgenommen, und zwar mehr bei großen, als kleinen Gemeinden. Dies glaubte ich zur Aufklärung der Sache beifügen zu müssen, und ich wiederhole daher meinen Gegenantrag, über diesen Antrag des Herrn Baron Seyffertitz zur Tagesordnung überzugehen. Ganahl: Als Mitglied des Landesausschusses muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß ich der Sitzung, in welcher der Rechenschaftsbericht berathen wurde, nicht beigewohnt habe. Wenn daher der, bezügliche Erlaß des Staatsministeriums nicht in den Ausschußbericht hinein bezogen worden ist, so trifff mich die Schuld nicht, übrigens bin ich der Ansicht, daß es von großem Interesse für das Land ist, wenn die hohe Versammlung dem Anträge des Herrn Baron Sehffertitz beipflichtet. Landeshauptmann: Die unterlassene Aufnahme des vorerwähnten Rescriptes gab Veranlassung zur Debatte. In derselben hat Baron Seyffertitz dieses Rescript und den vorjährigen Landtagsbeschluß zum Ausgangspunkte nehmend den Antrag erhoben: „Es sei ein Fünfer-Ausschuß zur Constatirung der Mängel der am 2. Dezember 1860 für die „Diöcese Brixen erschienenen Verordnung bezüglich der Verwaltung des Kirchen- und Pfründen- „Vermögens, jedoch nur bezüglich ihrer das Gemeinde-Vermögen auf das Empfindlichste berührenden „Theile zu bestellen, welcher die Anträge dieser Mängel an den Landtag zu bringen hat." Dieser Antrag des Baron v. Seyffertitz steht aber durchaus in keiner Verbindung mit der gegenwärtigen Vorlage, nemlich mit dem Rechenschaftsbericht und dem Berichte des Comite. Ich muß denselben daher als einen selbstständigen erklären und werde ihn als solchen geschäftsordnungsmäßig behandeln, dann wird der hochw. Bischof noch Zeit finden, seinen Gegenantrag zu wiederholen. Wünscht noch Jemand über den ersten Theil des Rechenschaftsberichtes das Wort zu ergreifen? Wenn nicht, so bitte ich den Herrn Berichterstatter Riedl, weiter zu fahren. (Berichterstatter Herr Riedl verliest Punkt 1 des Comite-Berichtes: „Der hohe Landtag wolle . . . ausdrücken.") Seyffertitz: Zu diesem Antrag muß ich mir erlauben, einen Zusatz zu beantragen. Im 19. Jahrhundert ist ein Wappen an und für sich ein bedeutungsloses Ding; allein es wird wichtig und groß, wenn es als Symbol einer rühmlichen Vergangenheit, wenn es auf dem goldenen Hintergrund einer gewissen geschichtlichen Glorie erscheint. Aus diesem Grunde habe ich die Eröffnung mit Freuden begrüßt, daß dem Lande Vorarlberg, welches bisher ein gemeinschaftliches Landeswappen nicht besaß, ein solches von Sr. Majestät dem Kaiser verliehen worden sei. Ich sage, dieses Landeswappen für Vorarlberg ist nicht blos kein bedeutungsloses Ding, sondern es ist wirklich ein Symbol, welches auf dem historischen Hintergründe des Landes heraufgewachsen ist. Ich habe dafür zwei Hauptgründe. Der eine ist die unverbrüchliche und mackellose Treue, mit welcher die vier Herrschaften Vorarlbergs seit ihrem Übergange an das Haus Habsburg bei demselben festgehalten haben. Die historischen Studien zeigen uns, mit welcher Treue das Land bei diesem Principe durch 400 Jahre in guten und schlimmen Tagen ausharrte, zu einer Zeit, wo einer der kräftigsten, der markigsten Stämme des deutschen Reiches sich für immer vom Reichsverbande in unserer unmittelbarer Nachbarschaft loslöste. Zu jener Zeit standen die Bewohner der Vorarlberger Herrschaften treu zum Kaiser und Reich; allein nicht blos dieses, sondern in noch viel höherem Maße darf man sagen, haben die Vorarlberg'schen Stände unwandelbar ihre Treue erhalten. Es ist dieß ein Factum, welches vielleicht noch nicht allgemein bekannt ist. Eben deßhalb erlaube ich mir eine etwas weitläufige Auseinandersetzung Ihnen vorzutragen. 101 Zu jener Zeit, als der kunstsinnige Erzherzog Ferdinand, der Gemahl der schönen Philippine Welser, auf dem kunstgeschmückten Schlosse Amras Hof hielt, zu jener Zeit schuldete dieser edle Herr dem mächtigen, reichen Grafen Jakob Hannibal von Hohenems, Granden von Spanien I. El., Neffe des Pabst Pius des IV. und Generalkapitän der päpstlichen Truppen und Herr der Herrschaft Hohenems 80, 000 Goldgulden sammt Zinsen von 6 Jahren. Erzherzog Ferdinand war nicht in der Lage, momentan diese Schuld zurückbezahlen zu können. Jakob Hannibal von Hohenems, der Sohn einer Medizäerrin, ein weitblickender Kopf, stellte damals einen eigenthümlichen Antrag; er both dem Erzherzog Ferdinand 'für seine Schuld nicht blos unbedingte Stundung, sondern noch größere Summen dazu, wenn er ihm gleichsam die souvraine Herrschaft über die vier Vorarlberger Herrschaften abtreten, und zwar erblich im Hause Hohenems übergeben wolle. In seinen Nöthen wandte sich der edle Herr auf dem Schlosse Amras an seine allezeit lieben und getreuen Stände des Landes, und auf dem Tage zu Bregenz im Jahre 1573, an diesem denkwürdigen Tage, beschlossen diese Stände, nur um beim Hause Habsburg sich selbst zu erhalten, dem Erzherzog die Summe von 80, 000 Gulden aus Landesmitteln ohne irgend einen Revers, zu bezahlen, und sich so gleichsam selbst in die große unter Habsburgs Schatten wohnende Völkerfamilie als Volk förmlich einzukaufen. Dieses Factum, das eigenthümlich und einzig vielleicht in der Geschichte der österreichischen Lande dasteht, beweist die unwandelbare Treue dieses Landes; aber eben so einzig in der Geschichte jener Länder, welche unter der erhabenen Krone Österreichs wohnen, ebenso einzig steht die andere Wahrnehmung da, durch welche die Treue ein eigenthümliches Relief erhält, d. i. ist die seit 400 Jahren dem freien Sinne der freien Bewegung, der beinahe auf demokratischen Grundlage sich entwickelnden Freiheit stets zu geneigte Gesinnung des Volkes dieses Landes zu einer Zeit, wo noch in den innerösterreichischen Ländern die Völker als Leibeigene geknechtet waren, wo Dutzende von kleinen Gutsherrschaften als Souvrainitäten absolut über Leib und Leben der einzelnen Bürger und Bauern schalteten und walteten. Zu jener Zeit schon setzte sich der Landtag des Landes Vorarlberg setzten sich seine Stände nnr aus zwei Ständen zusammen, aus dem Bürger- und aus dem Bauernstande. Außer Ost-Friesland hat noch nirgends eine Volksvertretung auf so breiter Grundlage sich so frühzeitig aus dem Volke selbst entwickelt. Ich habe am Eingange meiner Rede dargethan, daß diese zwei Momente: unwandelbare Treue, verbunden mit hochentwickeltem Sinn, für freiheitliche Gestaltung des öffentlichen Lebens die Grundlage der historischen Entwickelung der Vorarlberger Bevölkerung bildet. Auf Grundlage dieser meiner Auseinandersetzung stelle ich meinen Zusatzantrag, und glaube nämlich, daß der Moment, wo wir dem Monarchen für Verleihung eines eigenen Landeswappens, für Verleihung eines Symbols, welches uns in diesen beiden Richtungen heilig sein muß, welches alle Landestheile in so erhebender Weise in sich symbolisch vereinigt, daß, sage ich, in diesem feierlichen Momente wir als Form des Dankes auch eine feierliche Weise adoptiren müssen. Ich beantrage daher, daß dieser Dank des Landes für Verleihung eines eigenen Landeswappens Sr. Majestät dem Kaiser mittelst einer Adresse ausgedrückt werde. Diese Adresse wäre dem Comite, welches den Bericht über den Rechenschaftsbericht verfaßt hat, zum Entwürfe zu überweisen und dasselbe zu ersuchen, diese Adresse dem Landtage in einer der nächsten Sitzungen als Dringlichkeits-Gegenstand vorzulegen. (Bravo.) Landeshauptmann: Hat Jemand hierüber etwas zu bemerken? Wenn nicht, so ertheile ich dem Herrn Berichterstatter das Wort. Riedl:. Ich kann nichts anders auf diesen Antrag des Herrn Baron v. Seyffertitz erwiedern, als demselben meine vollste Zustimmung auszudrücken. Landeshauptmann: Der Antrag des Herrn Baron v. Seyffertitz zerfällt in zwei Theile, in den einen Theil den Zusatz zu machen „mittelst einer Adresse", und in den zweiten Theil „diese Adresse zur Anfertigung dem Comite, welches Bericht erstattet hat, zuzuweisen". Ich werde über diese beiden Anträge abgesondert abstimmen lassen. Ich bitte über den Antrag überhaupt abzustimmen. Jene Herren, welche dem Antrag des Comite-Berichtes beistimmen, wollen sich erheben. (Angenommen.) Stimmt die hohe Versammlung ebenfalls dem ersten Theil des Zusatzantrages des Herrn Baron v. Seyffertitz bei? (Angenommen.) Der weitere Antrag des Herrn Baron v. Seyffertitz ist die Adresse durch das Comite, welches über den Rechenschaftsbericht Bericht erstattet hat, anfertigen zu lassen. Jene Herren, welche damit einverstanden sind, wollen sich erheben. 102 Hochw. Bischof: Ich enthalte mich der Abstimmung. Landeshauptmann: (Ist angenommen.) Ich bitte den Herrn Berichterstatter Riedl fortzufahren. (Berichterstatter Riedl liest ad 2, der h. Landtag... bis aussprechen.) Landeshauptmann: Wenn keine Bemerkung fällt, so bitte ich hierüber abzustimmen. (Angenommen. ) (Berichterstatter liest: in Betreff... bis zu stellen.) Landeshauptmann: Ich glaube, wir könnten weiter fahren. (Berichterstatter liest: übergehend... bis veranlaßt.) Landeshauptmann: Da Niemand hierüber das Wort zu ergreifen scheint, so lade ich die hohe Versammlung ein, durch Erhebung von den Sitzen abzustimmen. (Angenommen). (Berichterstatter liest: was ferner... bis Vereinbarung zu treffen.) Landeshauptmann: Findet einer der Herren eine Bemerkung hierüber zu machen, oder weitere Anträge zu stellen? Wenn nicht, so bitte ich über die eben gelesenen drei Anträge, durch Aufstehen von Ihren Sitzen zu erkennen zu geben. (Angenommen). (Berichterstatter liest ad B; in Betreff... bis genehmigen.) Landeshauptmann: Wenn Niemand das Wort verlangt, bitte ich abzustimmen. (Angenommen.) (Berichterstatter liest: der h. Landtag... bis genehmigen.) Landeshauptmann: Ist die hohe Versammlung gewillt diesen Antrag anzunehmen, so bitte ich um Abstimmung. (Angenommen.) (Berichterstatter liest: endlich erhebt... bis genehm halten.) Landeshauptmann: Ich bitte um Abstimmung, (Angenommen.) (Berichterstatter liest: der hohe Landtag... bis pro 1862 genehmigen.) Landeshauptmann: Wenn Niemand darüber zu sprechen wünscht, so bitte ich um Abstimmung. (Angenommen.) * (Berichterstatter liest: da ferner... bis pro 1864 genehmigen.) Landeshauptmann: Ich lade die hohe Versammlung ein auch hierüber abzustimmen. (Angenommen. (Angenommen.) (Berichterstatter liest: in Betreff der Landesvertheidigung... bis Erhörung finden.) Landeshauptmann: Wenn Niemand etwas hierüber zu bemerken findet, so gehen wir weiter. (Berichterstatter liest IV: In Betreff der Forderungen... bis betreten wurde.) Landeshauptmann: Somit wird auch die hohe Versammlung dieses Ergebniß zur Kenntniß nehmen. Ich bitte weiter zu fahren. (Berichterstatter liest V: In Betreff der Eisenbahnfrage... bis stattfinde.) Ganahl: Ich bitte um's Wort. Ich bin der Ansicht, daß der Landtag diesem Anträge nicht beipflichten könne, ohne daß dazu noch ein Zusatz gemacht werde. Unter den bedingungsweisen Voraussetzungen, an welche der Bau der Flügelbahn nach Dornbirn (laut des MinisterialErlasses vom 26. Fe- bruar), geknüpft worden ist, verstehe ich, daß von der Gemeinde Dornbirn erwartet werde, dieselbe werde den Concessionären einen Beitrag leisten, entweder an Geld oder au Abtretungen von Grund und Boden, wenn nun der h. Landtag beschließen würde es sei dahin zu wirken, daß der Bau dieser Flügelbahn unbedingt und gleichzeitig mit jenem der bezüglichen Bahnen stattfinden solle, so könnten wir riskiren, daß der Bau der Gürtelbahn hinausgeschoben, oder vielleicht gar in Frage gestellt werden könnte. Ich gönne den Dornbirnern von Herzen gerne diese Flügelbahn, und wenn es nach meinem Wunsche gegangen wäre, so hätten sie eine Eisenbahn schon seit 6 Jahren, ohne einen Beitrag leisten zu müssen, aber ich glaube, daß wir heute auf den Antrag ohne Zusatz nicht eingehen können, denn ich weiß, wie schwierig die Concessionäre sind. Ich habe mit denselben schon zwei bis dreimal Verträge abgeschlossen, und jeder derselben ist, wegen gewisser gestellten Bedingungen gescheitert. Ich erlaube mir daher in dieser Beziehung folgenden Zusatzantrag zu stellen: „Ohne, daß jedoch dadurch dem Zustandekommen der Gürtelbahn, und jener Rüti-Feldkirch, und „der schnellstmöglichsten Inangriffnahme derselben hindernd in den Weg getreten werde." — 103 Seyffertitz: Ich muß mir in dieser Hinsicht eine Frage erlauben, ob vielleicht dem Herrn Vorsitzenden irgend bekannt ist, daß mit den Concessionären in der Art eine Stipulation getroffen wurde, daß ein bestimmter Termin, von dem an der Bau zu beginnen hat, festgesetzt wurde. Ich halte dieses insbesondere von hauptsächlicher Wichtigkeit, denn nur zu oft haben wir gesehen und insbesondere, so viel mir bekannt ist, ist wieder bei der Brennerbahn, daß eine Verzögerung deßhalb eingetreten ist, nachdem diese Bahn schon seit 6—8 und noch mehreren Jahren projectirt und herum geschoben wurde, weil ein bestimmter Termin, in welchem der Bau zu beginnen hat, nicht festgesetzt wurde; erst jetzt endlich hat Tirol erlebt, daß diese Bahn in's Leben gerufen wurde. Landeshauptmann: So viel ich bei der nächsten Quelle erfahren konnte, geht das Ganze dahin, daß die Bahn schnellstens erbaut werde über die Zeit, innerhalb welcher die Bahn in Angriff genommen und vollendet werden müßte, wurde mir keine genügende Aufklärung gegeben, übrigens möchte ich beisetzen, daß wohl ein großer Unterschied obwalten dürfte, zwischen der Brennerbahn, die aus ganz bekannten Ursachen hintan gehalten wurde, und der Unsrigen. Wünscht noch Jemand in dieser Angelegenheit das Wort zu nehmen? Hochw. Bischof: Als Obmann des Ausschusses muß ich erklären, daß der Ausschuß der sich über diesen Punkt nicht besprochen hat, sich auch nicht hierüber äußern kann. Wenn ich meine eigene Ansicht aussprechen soll, so muß ich nur bemerken, daß durch diesen Zusatz allerdings dasjenige, was der Ausschuß erreichen wollte, bedeutend geschwächt, ja vielleicht ganz wirkungslos gemacht wird. Dabei ist indessen nicht zu übersehen, daß, da auch die Regierung großes Gewicht darauf legt, daß diese Bodenseegürtelbahn zu Stande komme, dasjenige was dieser Zusatzantrag wünscht, von der Regierung selbst sicherlich so in's Auge gefaßt wird, daß der Zusatz unnöthig wird. Wenn man diesen Umstand recht erwägt, und wenn, wie ich schon bemerkte, andererseits sehr zu besorgen ist, daß wir den ganzen Punkt A kraft- und wirkungslos machen, so möchte ich doch dem Herrn Ganahl zu bedenken geben, ob er nicht in Anbetracht dieser beiden Gesichtpunkte seinen Zusatzantrag zurückziehen wollte. Könnte ich die Bedenken theilen, welche er ausgesprochen hat, so würde ich unbedingt ihm zustimmen, weil ich nicht wünschen könnte, daß die Gürtelbahn zurückgesetzt werde; ich glaube aber, daß durch diese milde Fassung: „der hohe Landtag wolle nachdrücklichst dahin wirken", dasjenige, was Herr Ganahl wünscht, keineswegs gefährdet wird. Rhomberg: Mir scheint, daß die Gesellschaft der Vereinigten SchweizerBahnen, die zunächst als Bewerberin für die Gürtelbahn auftritt, mit der zugesagten Erbauung der Bahn von Rüti nach Feldkirch sich mit dieser noch nicht stark in Kosten gesetzt hat. Es ist dieses eine Bahn, die, wenn wir die Gesellschaft selbst fragen würden, in ihrem ureigenen Interesse gebaut wird, so daß also Österreich, durch dessen Gebiet die Gürtelbahn, die wir alle wünschen, zieht, in eine Lage versetzt wird, die gewiß von jedem anderen Staate gebührend ausgebeutet würde, und hinreichenden Grund bietet, von den Concessionären etwas zu fordern. Wenn nun ein Theil des Landes durch die zufällige Convenienz der Baubewerber gesichert ist, so folgt daraus keineswegs, daß der andere Theil des Landes, der bedeutend auf die Seite geschoben würde, nicht berechtiget sei, auch für sich etwas zu beanspruchen. Diese Fassung im Comite-Berichte über den Rechenschaftsbericht ist, wie ich glaube, ganz milde. Wir haben zwischen der Offerte der SchweizerGesellschaft und der Gemeinde Dornbirn, die, ich weiß nicht warum, immer vorausgenannt wird, eine Dazwischenkunft oder Vermittlung bei der hohen Regierung nachgesucht. Es ist diese Vermittlung nach meiner Ansicht so ziemlich eine Pflicht unserer Regierung, damit sie für das Land dasjenige erwirke, was wenigstens einigermaßen dem Werthe des Zugestandenen oder Zuzugestehenden entspricht, die Abzweigung der Bahn jenseits der Bregenzer Ach über Schwarzach nach Dornbirn ist gewiß eine geringfügige Entschädigung für die Vortheile, die die Schweizer Gesellschaft aus dieser Concession zieht. Es sind denn doch, glaube ich, nicht nur einzelne Theile des Landes zu berücksichtigen. Man darf einer Gemeinde wie Dornbirn, dann Schwarzach, dem Stappelplatze des Bregenzerwaldes, und andern Gemeinden, jedenfalls Berücksichtigung schenken; denn es sind dafür Gründe vorhanden, die gewiß auch bei der Regierung in's Gewicht fallen müssen, somit lege ich auch diese Sache ganz vertrauensvoll der Regierung in die Hand. Riedl: Als Berichterstatter des Comite sehe ich mich auf die Äußerung des Herrn Ganahl verpflichtet, nähere Aufklärung über die Fassung dieses Antrages zu geben. Ursprünglich ging der Antrag des Comite dahin, daß der Landtag an die Regierung die Bitte stellen wolle, daß dieselbe unbedingt darauf bestehen möge, daß der Bau dieser Flügelbahn gleichzeitig mit jenem der anderen Bahnen stattfinden möge. Nachdem aber Herr Ganahl erklärte, daß er dem Ausdrucke, die Regierung möge darauf 104 bestehen, aus dem von ihm heute entwickelten Grunde nicht zustimmen könne, so habe ich als Berichterstatter dem Comite den Antrag gestellt, diesen Ausdruck abzuschwächen, und anstatt: „möge unbedingt darauf bestehen" die Worte „nachdrücklichst dahin wirken" zu setzen. Durch die Worte „nachdrücklichst dahin wirken" scheinen mir jene Bedenken, welche Herr Ganahl vorbringt, gänzlich gehoben. Wenn es heißen würde: „die Regierung möge darauf bestehen", daß der Bau dieser Flügelbahn unbedingt und gleichzeitig mit jenem der beiden andern bezüglichen Bahnen stattfinde, dann könnte allerdings der Bau der Bahn in Frage gestellt werden; nachdem es aber nur heißt: „die Regierung möge nachdrücklichst dahin wirken", so kann dadurch der Bau der Bahn nicht in Frage gestellt werden, ich muß daher den Antrag des Comite in der gegenwärtigen Fassung anempfehlen. Ganahl: Herr Rhomberg hat vorhin erwähnt, daß ein Markt wie Dornbirn Berücksichtigung verdiene, ich bin allerdings auch der Ansicht, daß derselbe Berücksichtigung verdiene, ich bin aber nicht der Ansicht, daß man wegen einer Kleinigkeit von 20—30, 000 Gulden, die Dornbirn möglicher Weise beitragen sollte, riskire, daß der Bau der Gürtelbahn, wenn nicht in Frage gestellt, aber doch hinausgeschoben würde, und das könnte allerdings geschehen. Ich habe oft mit diesen Herren verhandelt, und war kürzlich wieder in St. Gallen bei'm Präsidenten Wirth-Sand, und habe mit ihm auch wegen der Flügelbahn nach Dornbirn Rücksprache gepflogen. Er äußerte sich dahin, daß Dornbirn etwas thun müsse, wenn die Concessionäre diese Bahn bauen sollen. Auch die Regierung hat bereits darauf hingedeutet, und nur unter dieser Voraussetzung sollen die Concessionäre sich erklärt haben, daß sie die Flügelbahn nach Dornbirn bauen wollen. Wenn, wie Herr Rhomberg sagt, gegenwärtig Verhandlungen eingeleitet sind, so wird sich das Wahre schon Herausstellen, und wenn die Regierung es gerade zur Bedingung gemacht hat, daß die Bahn nach Dornbirn müsse gebaut werden, so glaube ich auch, daß sie gebaut werde, ohne daß Dornbirn etwas bezahlt. Es ist mir schon wiederholt in Bregenz der Vorwurf gemacht worden, ich trage die Schuld, daß sie die Gürtelbahn bisher nicht bekommen haben. Es ist wahr, ich war mehr oder weniger Ursache daran, ich muß es gestehen, weil ich im Interesse des Landes fortwährend darauf gedrungen habe, es fei nicht blos die Gürtelbahn, sondern die Bahn von Bregenz nach Feldkirch zu erstellen. (Bravo!) Solche Vorwürfe von der Stadt Bregenz möchte ich mir nicht wieder machen lassen, und empfehle daher diesen meinen Antrag; er ist gewiß im Interesse der Sache, und Dornbirn verliert dadurch gar nichts. Hochw. Bischof: Es handelt sich nicht blos allein darum, daß Dornbirn etwas thue, sondern es handelt sich nebst der Gemeinde Dornbirn auch noch um drei andere Gemeinden. Denn die Bedingungen, welche von den Concessionären für die Herstellung dieser Zweigbahn gestellt worden sind, treffen alle Gemeinden, welche diese Bahn berühren wird. Sie treffen demnach die-Gemeinden Lauterach, Wolfurt und Schwarzach. Diese müßten nach dem Erlasse, der hier angeführt wird, den Grund und Boden, welchen diese Bahn braucht, umsonst hergeben. Da Schwarzach von dieser Bahn nicht so großen Vortheil haben wird, sondern vielmehr andere daselbst einmündende Gemeinden den größten Vortheil davon haben werden, da ferners Lautrach und Wolfurt auch sehr geringen Nutzen von dieser Bahn haben werden, so ist diese unentgeltliche Hergabe des Grund und Bodens voraussichtlich eine Sache, welche diese Gemeinden beanständen dürften, und wenn die Gemeinden das beanständen, so dürfte der Bau ganz unterbleiben, wenn nicht der Landtag sein Gewicht in die Wagschale legt, daß die Regierung sich für diese Zweigbahn im Sinne des vom Ausschuß gestellten Antrages besonders verwende. Ich spreche hier ganz unparteiisch, aber die Sache muß nach allen Seiten in's Auge gefaßt werden. Ganahl: Ich muß nur wiederholen, daß es eine wichtige und wohl zu überlegende Frage ist, ob der Landtag nur wegen einer einzelnen oder wegen zwei Gemeinden riskiren wolle, daß das ganze Land niöglicher Weise keine Eisenbahn bekomme. Das muß ich dem Landtage zu bedenken geben. Landeshauptmann: Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Riedl: Ich habe nichts mehr zu bemerken. Landeshauptmann: Ich erkläre also die Debatte für geschlossen, und gehe zur Abstimmung über. Ich bringe zuerst den Antrag des Comite, dann den Zusatz-Antrag des Herrn Ganahl zur Abstimmung. Der Antrag des Comite lautet: „A. Der hohe Landtag wolle auf die Eröffnung des hohen k. k. Handelsministeriums vom „26. Februar 1864, Nr. 1981, wornach der Bau der Flügelbahn von Lauterach über Schwarzach „nach Dornbirn an gewisse bedingungsweise Voraussetzungen geknüpft wurde, die dringende Bitte „an die hohe Regierung richten, Hochdieselbe wolle, insoferne die allerhöchste Entscheidung in dieser „Angelegenheit noch nicht endgiltig erfolgt sein sollte, nachdrücklichst dahin wirken, daß der Bau 105 „dieser Flügelbahn unbedingt und gleichzeitig mit jenem der beiden andern bezüglichen Bahnen „stattfinde." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Herr Karl Ganahl hat den Zusatz-Antrag vorgeschlagen: „ohne daß jedoch dadurch dem Zustandekommen der Gürtelbahn und jener Rüti-Feldkirch, und der schnellstmöglichsten in Angriffnahme derselben hindernd in den Weg getreten werde." Jene Herren, welche diesem Zusatze beistimmen, wollen sich gefälligst erheben. (Minorität.) (Herr Ridl liest B. Der hohe Landtag... bis geeignet sind. Siehe Comite-Bericht, Seite 3, V?) Landeshauptmann: Findet Niemand hier etwas zu besprechen? Spieler: Es heißt hier: „der hohe Landtag wolle an die hohe Regierung das dringende Ansuchen richten, daß bei Herstellung dieser Bahnen solche zollämtliche Einrichtungen auf österreichischem Gebiete getroffen werden u. s. f." Dieses dürfte wohl etwas präciser angedeutet werden, als dies durch die Worte „auf österreichischem Gebiete" geschieht; denn es könnten diese Bahnstationen oder Zollstätten so entrückt werden, daß sie den Gemeinden besonders jenen am Rhein nicht entsprechen. Landeshauptmann: Wünscht Herr Spieler seinen Antrag zu formuliren? Spieler: Ich würde mich bestimmt finden, an jenen Beschluß des Landtages anzuknüpfen, welchen der Landtag über das Ansuchen der Rheingemeinden um eine Bahnstation an der Grenze von Haag gefaßt hat, und beantragen, daß dort die Zollbehandlung stattfinde. Hochw. Bischof: Es ist dieser Gegenstand im Comite sehr ausführlich zur Sprache gekommen; man hat sorgfältig erwogen, wie weit man in's Detail eingehen könne, oder nicht. Mans hat nach langen Erörterungen hierüber, da es sich nicht nur um den untern, sondern auch noch um den obern Theil des Landes handelt, gefunden, daß es schwer fällt, in dieser Beziehung nicht auf einen Widerspruch von der einen oder andern Seite zu stoßen, wenn man einzelne bestimmte Orte nennen wollte, und daß es am rathsamsten sein dürfte, sich mit diesen allgemeinen Andeutungen zu begnügen, um nicht, wenn man in's Einzelne eingehen wollte, Schwierigkeiten zu finden, die vielleicht den ganzen Punkt in Frage stellen könnten. Das hat den Ausschuß bewogen, nicht weiter einzugehen, und ich bitte den hohen Landtag diese Frage mehr im Allgemeinen zu behandeln, als in's Einzelne einzugehen, denn es dürften sonst hier dieselben Schwierigkeiten wieder zum Vorschein kommen, wie sie im Ausschüsse vorkamen, und diese sind nicht geeignet, einen Beschluß zu Stande zu bringen, welcher dem Lande förderlich ist. Seyffertitz: Auch ich schließe mich vollständig dem Antrage an, welchen das Comite in seinem Berichte erhoben hat, und zwar aus dem Grunde, weil ich in dem Passus: „zollämtliche Einrichtungen auf österreichischem Gebiete" Alles vereint sehe, was ein österreichischer Staatsbürger zu seinem Vortheile und zu seiner Bequemlichkeit, sowie zur Befriedigung seines Selbstbewußtseins von seiner Regierung fordern darf. Würde dieser Passus im Comite-Berichte nicht enthalten gewesen sein, so hätte ich mir Vorbehalten müssen, in dieser Beziehung einen Antrag zu stellen. Ich würde ihn aber nie in anderem Sinne gestellt haben, ja nicht einmal mit anderen Worten, als ihn das Comite vorgebracht hat. Aus diesen Gründen unterstütze ich die Fassung des Comite-Berichtes. Spieler: Meine Ansicht ist, es möchte dem Ansuchen der Rheingemeinden, in Folge dessen der Landtag beschlossen hat, daß die Zollstätte an der Grenze errichtet werden soll, dadurch ein Eintrag geschehen; sollte dieses jedoch nicht der Fall sein, so, daß ich mich damit beruhigen könnte, was der Herr Vorredner und Vorvorredner bemerkt hat, dann trete ich zurück. Landeshauptmann: Ich kann Herrn Spieler nur versichern, daß das Gesuch der Gemeinde Lustenau eiligst Sr. Majestät dem Kaiser vorgelegt wurde. Es handelt sich nun darum, ob Sie ihren Antrag zurückziehen. Spieler: Ich werde ihn also zurückziehen. Landeshauptmann: Ich bitte nun über den Comite-Antrag abzustimmen, welcher lautet: „Der hohe Landtag wolle an die hohe Regierung das dringende Ansuchen richten, daß bei Herstellung dieser Bahnen, solche zollämtliche Einrichtungen auf österreichischem Gebiete getroffen werden, die das Interesse des Landes, durch Erleichterung des Verkehres, zu fördern geeignet sind." (Angenommen) (Herr Riedl liest VI: in Betreff der Rhein-Correction ... bis beizustellen sei. Siehe Comite-Bericht.) Spieler: Das Comite hat in diesem Berichte auf einen Vertreter aus dem Landesausschusse angetragen. Ich kann nun diesem nicht beistimmen, und bin so frei aus dem Rechenschaftsberichte des 106 Vorarlberger Landesausschusses den Punct VII über die Rheincorrection vorzulesen: Die Beschlüsse des hohen Landtages ... Interesse finde. (Gelesen, siehe Rechenschaftsbericht, Seite 5, VII.) Nun bin ich der Ansicht, daß, weil der Landtag noch versammelt ist, dieser hohen Versammlung es zuerst zustehe, die Wahl eines solchen Vertreters aus ihrer Mitte anzuordnen, und einen solchen zu bestimmen. Der Landesausschuß ist nur dann da, wenn der Landtag beendet, und nicht mehr versammelt ist; somit stelle ich folgenden Antrag: „Es sei zu den von dem Landesbaudirector Kink in der RheincorrectionsAngelegenheit zu pflegenden Erhebung demselben ein Vertreter beizustellen, und dieser aus dem Landtag zu wählen." Hochw. Bischof: Ich ergreife das Wort im Namen des Ausschusses um zu erklären, daß derselbe, nachdem er diesem Punkt geraume Zeit erörtert hatte, und insbesondere auch den Punkt, welchen Herr Spieler zur Sprache gebracht, in Berathung gezogen hat, sich endlich dahin einigte, die fragliche Stelle des betreffenden Ministerial-Erlasses jvom 18. Dezember 1863 wörtlich aufzunehmen; ohne in eine Erklärung derselben einzugehen. Die Erklärung derselben wird nun dem Landtage zustehen. Der Ausschuß hat hiebei insbesondere in Betracht gezogen, daß der Vertreter, welcher dem Herrn Baudirector Kink beizugeben sein wird, keineswegs die Aufgabe habe, wie aus dem betreffenden Ministerial- Erlaß klar hervorgeht, ein Gutachten über unsere Frage hohen Ortes abzugeben, sondern lediglich dazu bestimmt sein werde, sich zu informiren, und diese Information seiner Zeit, wenn diese Angelegenheit wieder vor den Landtag kommt, dem Landtage mitzutheilen; und zwar sollte es Jemand sein, der sich möglichst unpartheiisch informirt, weil was nicht zu läugnen ist, in dieser Sache von verschiedenen Theilen des Landes bei dem Umstande, daß die Interessen verschieden berührt werden, verschiedene Ansichten mit großer Entschiedenheit geltend gemacht werden. Seine Aufgabe wäre daher allen diesen Erhebungen beizuwohnen, das Für und das Wider, wie es die einzelnen Gemeinden des Landes, so wohl des Unterlandes als des Oberlandes betrifft, ganz genau sich klar zu machen, und dann Alles dieses Für und Wider dem Landtage vorzulegen. Anders konnten wir diese Aufgabe nicht fassen. Es ist diese Aufgabe von großer Bedeutung, denn je mehr widerstreitende Interessen berührt werden, desto wichtiger ist es, daß das Ganze Für und Wider von Jemand der weder in einer, noch in der andern Richtung betheiligt ist, mit angehört, und der Augenschein über die faktische Sachlage vorgenommen werde. Dadurch