18630309_lts025

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:35
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,lt1863,lts1863,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

603 Schluß 11 3/4 Uhr. 25. Sitzung Am 9. März 1863, Beginn 10 Uhr früh. Gegenwärtige: H. Lgndeshguptmgnn Seb. v. Froschcuer u. 14 Abgeordnete. Die Hh. Abg. Feuerstein, Hirschbühl, Neyer, Schneider u. Hochw. Bischof im Urloub. Landeshauptmann: Wir sind in beschlußfähiger Anzohl vorhonden u. eröffne die Sitzung. H. Sekretär wird dos Protokoll der früheren verlesen, (obgelesen) Wenn keine Einwendung gegen dos Protokoll erhoben wird, so sehe ich es als genehmiget an. - Es ist genehmiget. - Ich habe der h. Versammlg. mitzutheilen, daß heute Nachmittags 3 Uhr das Comite zur Berathung der Schießstandsordnung u. morgen 9 Uhr früh das Comite zur Berathung einer Feuerassekuranz-Anstalt für Vorarlberg sich versammeln wird; u. ebenfalls morgen Nachmittags 3 Uhr wird sich das Comite versammeln, welches über den Steuerkataster Bericht zu erstatten hat. Dem H. Schneider habe ich Urlaub ertheilt; H. Neyer hat sich ebenfalls mit Urlaub entfernt; H. Feuerstein hat die Bitte an mich gestellt, ihm bis Freitag Abends Urlaub zu ertheilen. Nachdem diese Urlaubsbewilligung meine Ermächtigung überschreitet, bitte ich die h. Versammlung sich zu erklären, ob sie dieser Urlaubsbewilligung beitrete; ich bitte um Abstimmung. - Sie ist also ertheilt worden. - Ich erlaube mir das Comite, welches zusammengesetzt wurde um über die Forstverhältnisse Vorarlbergs Bericht zu erstatten, einzuladen, den Bericht baldmöglichst vorzubereiten, denn wir nähern uns dem Schlüsse der diesjährigen Sitzungen. Wir gehen nun über zu den Gegenständen der heutigen Tagesordnung u. in erster Linie zum Anfrage des H. Abg. Riedl, betreffend die Einführung eines Vermittleramtes in den Gmden. Ich ertheile dem H. Riedl zur Begründung seines Antrages das Wort. Riedl: In Betreff dieses von mir gestellten Antrages habe ich zur Begründung desselben nur Weniges zu bemerken. In Gemäßheit des §. 36 der Gmde.(Seite 548)--------------------------------------------------- —---------------------------------------------------------- Ordg., welcher § von dem h. Landtag in der Fassung angenommen worden ist; daß durch ein Landesgesetz des Statut über das Vergleichsverfahren in jeder Gmde, durch von dem Ausschüsse gewählte Vertrauensmänner festgesetzt werden soll, habe ich Übereinstimmung mit den Grundsätzen unserer Gerichtsordnung; insbesondere des 604 Kapitels über das Vergleichsverfahren das Statut entworfen, nach welchem die von der Gmde. resp. v. Ausschuß gewählten Vertrauensmänner vorzugehen hätten. Ich habe beim Entwurf dieser Statuten vorzüglich darauf Rücksicht genommen, daß die Vertrauensmänner wirklich das Vertrauen der Gmde. besitzen müssen, um dem Berufe, Vergleiche zu stiften, vollkommen entsprechen zu können; daher wurden in diesem Entwürfe die Bestimmungen aufgenommen, welche geeignet sind, allfälliges Mistrauen in diese Männer zu beseitigen; dahin gehören vorzügich die Bestimmungen, daß keinerlei Verwandschaft oder Schwägerschaft zwischen den Vertrauensmännern stattfinden darf, dann, daß die Vertrauensmänner in jenen Fällen, in welchen die Richter wegen Bedenklichkeit ihr Amt als Vertrauensmänner nicht verwalten können, z. B. wenn der Richter verwandt ist mit dem einen oder andern Streittheile oder an der Streitsache selbst ein Interesse hat, oder wenn er Gläubiger oder Schuldner eines der beiden Streittheile ist. In diesen Fällen kann der Richter sein Amt nicht ausüben u. in diesem Falle können auch die Vertrauensmänner ihr Amt nicht ausüben; dahin gehört ferner auch die Bestimmung, daß die Vertrauensmänner durchaus nicht berechtiget seien von den Partheien wie immer geartete Entschädigungsgelder für ihre Mühewaltung in Anspruch zu nehmen, weil auf diese Weise leicht Verdacht einer Bestechlichkeit unterlaufen könnte. Im fernem Verlauf der Ausarbeitung dieses Gesetzes mußte ich Rücksicht nehmen auf die verschiedenen Fälle der Vergleiche; sie theilen sich nach der Gmde. Ordg. ein in unbedingte u. bedingte Vergleiche: unbedingte, welche geschlossen werden ohne Rücksicht auf vorhandene Beweismittel, bedingte wenn sie sich auf irgend ein Beweismittel stützen. Solche Beweismittel können sein: Zeugen, Sachverständige u. der Eid. Daher müßte auch dem Vermittleramt das Recht eingeräumt werden, Zeugen zu verhören, Sachverständige zu vernehmen u. auch vergleichsmäßige Eide abzunehmen. Es ereignet sich sehr oft, daß der Kläger dem Geklagten gegenüber keine Beweismittel hat, weder Urkunden noch Zeugen, daß er aber das Faktum als wahr annimmt, wenn der Gegen-Theil durch desselbe eidlich bekräftigt; Diese Fälle kommen häufig vor u. um diese Fälle nicht vor den ordentlichen Richter verweisen zu müssen, so müßte auch dem Vermittleramt das Recht eingeräumt werden, solche vergleichsmäßige Eide abzunehmen. Angesichts des Umstandes, daß die Zeugen u. Sachverständigen, wenn die Partheien sich darauf vergleichen, vom Vermittleramt verhört werden müssen, so müßten auch Bestimmungen getroffen werden, daß die Zeugen u. Sachverständigen verpflichtet sind, vor dem Vermittleramt zu erscheinen u. Aussagen u. Gutachten abzugeben. (Seite 549)------------------------ ------------------------------------- --------------------------------------------------- 605 Ferner müßte, damit das Vermittleramt kein todter Buchstabe bleibe, Vorsorge getroffen werden, daß Kläger u. Geklagte veranlaßt werden, sich zuerst an das Vermittleramt zu wenden. Hinsichtlich des Klägers genügte die Bestimmung, daß die Klagen dann dem ordentlichen Gerichte zur Verhandlung nicht angenommen würden, wenn sich der Kläger nicht vorher durch ein Zeugniß des Vermittleramtes ausgewiesen hat, daß er sich zum Vergleichsversuche gemeldet hat. Hinsichtlich des Geklagten aber verhält sich die Sache anders. Ein direkter Zwang des Geklagten vor dem Vermittleramt zu erscheinen ließe sich mit den Prinzipien unserer Civil-Prozeßordnung nicht wohl vereinbaren, hier müßte auf indirekte Weise der Geklagte veranlaßt werden sich vor das Vermittleramt zum Vergleichsversuch zu stellen. Ich glaube darin ein Mittel zu finden, daß dem Geklagten falls er sich weigert vor das Vermittleramt zu erscheinen, die Kosten des diesfälligen Verfahrens aufgebürdet werden sollen, u. daß selbst im Falle, wenn er im Hauptprozeß reusiren würde, ihm die diesfälligen Kosten nicht zuerkannt werden könnten, weil er durch sein Verschulden, durch sein Nichterscheinen Anlaß gegeben hat zu einem Prozesse, der sonst durch einen Vergleich möglicher Weise hätte ausgetragen werden können. Die weitern Bestimmungen dieses Entwurfes, wornach das Vermittleramt ein Protokoll zu führen hat, welches die wesentlichen Punkte des Streites, nämlich die Partheien u. den Rechtsgegenstand zu enthalten hat, so wie auch den Vergleich, welcher zwischen den Partheien vermittelt wurde u. die Bestimmung, daß den Partheien von diesen Vergleichen Abschriften hinauszugeben seien u. weitere Anordnung, daß dem Kläger eine Bestimmung hinauszugeben sei, daß er sich wirklich vor dem Vermittleramt gestellt habe, liegen in der Natur der Sache u. bedürfen keiner besondern Erwähnung. Einen § muß ich noch besonders erwähnen, nämlich der, welcher sagt: „daß der Vermittler in allen Fällen das Amt handzuhaben habe, welche nicht durch besondere Gesetze von seiner Thätigkeit ausgeschlossen sind.“ Es geht nämlich wegen der besondern Natur gewisser Streitigkeiten nicht an, in allen Fällen sie dem Vermittleramt zuzuweisen; dahin gehören die Streitigkeiten in Ehesachen, die Streitigkeiten mit Militärpersonen, die Streitigkeiten in Concursfällen, welche theils eine besondere Form u. theils eine umsichtigere u. größere Leitung des ganzen Geschäftes voraussetzen. Aus den von mir angegebenen Gründen, empfehle ich daher diesen Entwurf des Gesetzes über das Vermittleramt dem h. Landtag zur Annahme, stelle aber zugleich den weitern Antrag, daß zur nähern Prüfung desselben ein Comite niedergesetzt werde, welches thunlichst den Gegenstand zu erledigen hat, damit noch während der kurzen Dauer des Landtages die Sache erlediget u. der h. Regierung zur Sanction vorgelegt werden kann. Landeshauptmann: Ich ersuche den Entwurf vorzulesen. 606 Riedl: Der Entwurf lautet: „Gesetz über das Vermittleramt in Vollziehung (Seife 550)------------- ---------------------------------------------------------------------------------------------------des Art. V, Z. 11 des Gesetzes vom 5. März 1862, Z. 18 5. 1. In einer jeden Gmde. wird zum Vergleichsversuch zwischen streitenden Theilen ein Vermittleramt aufgestellt. - 5. 2. Gemäß Art. VII des Ges. v. 5. März 1862, Z. 18 können 2 oder mehrere Gmden. gemeinschaftlich ein solches Vermittleramt bestellen. - 5. 3. Das Vermittleramt besteht aus 3 vom Gmdeausschuß gewählten Vertrauensmännern, nämlich einem Vorsitzenden u. 2 Beisitzern, welche unter sich nicht verwandt oder verschwägert sein dürfen. Für jedes dieser 3 Mitglieder werden im Verhinderungsfälle Ersatzmänner gewählt. Ihre Dienstzeit dauert 3 Jahre. Die Gründe des Ausschusses u. der Ablehnung der Wahl, der Dienstenthebung u. des Dienstaustritts bezüglich des Amtes eines Gemdeausschusses haben auch auf das Vermittleramt Anwendung. Seine Mitglieder werden mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt u. vom Vorsteher der k. k. Gerichtsbehörde auf die genaue u. gewissenhafte Befolgung des gegenwärtigen Gesetzes beeidigt. - 5. 4. Fälle, in denen auch den bestehenden Gesetzen Richter von den richterlichen Funktionen ausgeschlossen sind, schließen auch die Mitglieder des Vermittleramtes aus. - __ 5. Das Vermittleramt ist in allen Streitsachen Vermittlungsbehörde, welche nicht durch die Gesetze davon ausgeschlossen sind. - $. 6. Alle Streitsachen (§. 5) müssen zuerst vor das Vermittleramt gebracht werden, bevor die Gerichte einzuschreiten Befugniß haben. - 5. 7. Die Mitglieder des Amtes haben beide Streittheile anzuhören, ihre Beweismittel zu untersuchen u. den Streitfall wo möglich in Güte auszugleichen suchen u. zwar entweder unbedingt oder einen Vergleich auf Zeugen, Sachbefunde oder Eid zu vermitteln. - S. 8. Ist es nicht möglich die Partheien zu einem Vergleich zu bewegen, so ist zu versuchen, ob sie sich nicht dem Schiedsrichterlichen Ausspruch des Vermittleramtes unterwerfen wollen. Im bejahenden Falle erhält das Vermittleramt die Eigenschaft eines Schiedsgerichtes, welches nach Stimmenmehrheit entscheidet. - 5. 9. Zeugen u. Sachverständige sind schuldig vor dem Vermittleramt zu erscheinen, den ihnen von dem Amt abgeforderten Eid abzulegen, Zeugniß u. Befund abzugeben, alles dieses bei Verwendung der in der Gerichtsordnung bestimmten Folgen. - 5. 10. Erscheint der Geklagte auf Vorladung des Vermittleramtes zum Vergleichsversuch nicht, so verliert er hiedurch das Recht auf den Ersatz der Prozeßkosten; Wenn er sohin vor dem ordentlichen Richter geklagt wird u. vergütet dem Kläger die Kosten des Vergleichsversuches, welche das Vermittleramt liquidirt. - $.11, Kann das Amt die Streitigkeit nicht vermitteln, so hat es die Parteien an diejenige Behörde zu weisen, an welche der Streitfall nach den bestehenden Gesetzen gewiesen werden muß. - $.12. Das Amt ist verpflichtet binnen 8 Tagen auf Begehren des Klägers 607 die Tagsatzung zum Vergleichsversuch auszuschreiben. Advokaten werden bei derselben nicht zugelassen. - 5. 13. Fällt der Vergleich auf den Eid aus, so hat selber der Vorsitzende in Gegenwart der Beisitzer abzunehmen. Dies gilt auch von der Beeidigung der Zeugen u. Sachverständigen, welche stets in Anwesenheit der Partheien vernommen werden. (Seite 551)----------------- ------------------------------- ------------------------ ------------------------- ---------- — 5. 14. Ueber alle Verhandlungen hat das Vermittleramt ein Protokoll zu führen, welches von selbem u. den Parteien zu unterfertigen ist. Dasselbe hat zu enthalten: I. den Tag an welchem die Parteien vor ihm erscheinen, 2. Namen u. Wohnort der Streittheile u. ihrer gesetzl. Vertreter; 3.) den Gegenstand des Streites; 4.) Den Schluß, ob die Vermittlung stattgefunden habe, oder ob der Streitfall an die I. f. Behörde u. an welche gewiesen worden sei, nebst der Bestimmung über den Ersatz der Kosten. - Kommt kein Vergleich zu Stande, so trägt der Kläger die Kosten mit Ausnahme das im §.10 bezeichneten Falles, welche er jedoch in dem nachfolgenden Prozeß unter die Prozeßkosten aufzunehmen berechtiget ist. - §. 15, Wird der Streitfall vermittelt, so sind die Vergleichspunkte genau in dem Protokoll zu verzeichnen, das am Schluß nach deutlicher Verlesung von beiden Streittheilen eigenhändig unterschrieben werden muß. Jedem Streittheil ist auf Verlangen u. auf seine Kosten ein wörtlicher Protokollauszug von dem Vermittleramt beglaubigt, zuzustellen. - §. 16. Die vor dem Vermittleramt geschlossenen Vergleiche sind öffentliche Urkunden u. exekutionsfähig. - §. 17, Kann der Streitfall nicht vermittelt werden, so hat das Amt jedem Streittheil, der es verlangt, einen beglaubigten Auszug aus dem Protokoll zuzustellen, der nur die im §. 14 aufgeführten 4 Punkte enthalten solle, dieser Auszug heißt Leitungsschein u. ist das Zeugniß, mittelst dessen jede Parthei den Streitfall bei der hierin bezeichneten I. f. Behörde anhängig machen kann. - 18. Kommt bei der Vermittlung ein Straffall zum Vorschein, so hat das Amt das Strafbare sogleich der competenten Behörde durch Protokoll-Auszug anzuzeigen. - §. 19. Das Vermittleramt hat seine Protokolle an die Amtsnachfolger abzugeben. Die Kosten der Anschaffung des Protokolls sollen in die Ausgaben der betreffenden Gmde. - 20. Der Gemdediener hat die für das nöthige Vermittleramt nöthigen Zustellungen u. Vorladungen zu besorgen. S. 21. Das für das Amt erforderliche Lokale stellt die Gmde. unentgeltich her. §. 22. Die Protokolle sind in fortlaufender Seitenzahl zu führen u. ist ein die Namen u. den Wohnort der Parteien enthaltendes Nachschlageregister darüber zu führen. - §. 23. Durch Gmde.-Beschluß ist festzusetzen, ob u. welche Entlohnung das Vermittleramt zu erhalten hat. Von den Parteien darf es unter keinem Vorwand irgend eine Gebühr in Empfang nehmen.“ Bregenz am 16. / 2. 1863. Riedl, Landtags-Abgeordneter. 608 Landeshauptmann: Ich werde nach §. 34 der L. O. u. nach §. 25 der Geschäfts-O. an die h. Versammlung die Frage richten, ob dieser selbständige Antrag zur Berichterstattung einem schon bestehenden oder einem zu wählenden Ausschüsse zu überweisen sei, indeß ertheile ich dem H. Wohlwend das Wort. Wohlwend: Der Antrag des H. Riedl, besteht eigentlich in dem Entwurf eines Gesetzes über das Vermittleramt. Der Antragsteller beruft sich bezüglich der Nothwendigkeit dieses Gesetzes auf den Beschluß des h. Landtages bei §. 36 des Gmedegesetzes (Seife 552]-------- ------------- ---------------------------------------------------------------------------------- --------Ich halte diesen Antrag für verfrüht, schon aus dem Grunde, weil das Gmdegesetz nach dem Beschlüsse des h. Landtages noch nicht sanctionirt, und bevor die Sanction Sr. Majestät hiezu ertheilt ist, dieses Gesetz nicht in Gesetzeskraft erwachsen ist. Der h. Landtag hat ferner diesen §. 36 in diesem Punkt nicht unbedingt angenommen, sondern beschlossen: „daß da hiezu ein Reichsgesetz erforderlich, innerhalb der Gränzen des Reichsgesetzes ein Landesgesetz zu verfassen sei.“ Dieses ist der 2te Grund für mich zur Annahme, daß der Antrag verfrüht ist; wir können solche Statute sohin nicht früher entwerfen, bevor wir die allgemeinen Grundzüge des Reichsgesetzes vor uns zu liegen haben; wenn ich aber auf diesen Entwurf selbst eingehen wollte, so finde ich in diesem Entwurf derartige wichtige Bestimmungen, daß ich glaube, daß es am Vorabende des Schlusses der Landtagssession unmöglich, ja unzweckmäßig wäre, diese wichtige Sache gleich so leicht hinabzuthun; wir dringen alle darauf, den Landtag endlich dem Schlüsse zuzuführen u. Verhandlungen in den Landtag zu werfen, mit denen wir ohnedieß, wie ich schon gezeigt habe, eine Vorarbeit machen, die vielleicht gar nicht zum Zweck führt, würde ich für sehr unzweckmäßig halten. Es sind in diesem Entwürfe Bestimmungen, welche wahrhaft tief in Rechte u. verschiedene Einrichtungen eingreifen; dieses Projekt würde auch in der Gmde. ein so komplizirtes Amt zusammensetzen, daß wir wahrhaftig in vielen Gmden. in Verlegenheit wären trügliche Leute dazu zu finden; indeß, wie gesagt, ich gehe in den Entwurf nicht ein, es wäre sonst soviel darüber zu sagen, daß man eine ganze Sitzung damit ausfüllen könnte u. beantrage aus diesen Gründen u. besonders aus dem Grunde, weil ich den Antrag für verfrüht halte den Uebergang zur Tagesordng. Riedl: Ich bitte ums Wort. Nach dem gegenwärtig in Rechtskraft bestehenden Reichsgesetze vom 5. März 1862 gehört die Austragung von Streitigkeiten in jeder Gmde. durch Vertrauensmänner in den selbständigen Wirkungskreis der Gmde. Es ist diese gesetzl. Bestimmung von den beiden h. Häusern des Reichsrathes angenommen u. von Sr. Majestät dem Kaiser sanctionirt, somit steht dieselbe unabänderlich fest, ebenso steht unabänderlich fest durch den Art. I. der Gmde. O., daß dieser § in 609 Wirksamkeit allsogleich trete, sobald die neuen Wahlen der Gmde.-Vertreter vollzogen sind; wie kann nun auf Vollzug der Neuwahlen der Gmde.-Vertreter der selbständige Wirkungskreis der Gmde. in diesem Punkt ausgeübt werden, wenn die betreffenden Organe noch gar nicht bestehen; es ist also sehr dringlich, daß, um das Gmdegesetz, sobald es sanctionirt ist in Vollzug zu setzen, auch schon gleichzeitig die Organe zur Ausübung des selbständigen Wirkungskreises bestimmt u. ihr Wirkungskreis festgesetzt werde, welchen der Vergleichsversuch in der Gmde. zum Gegenstand hat. Dieses ist aber nur dann möglich, wenn der h. Landtag sich schon gegenwärtig damit befaßt, hiezu ein Organ zu bestimmen u. dessen Wirkungskreis festzusetzen, damit der §. 27, Z. II. G. O. ungehindert nach dem ins Leben treten der neuen Gmdevertretung in Vollzug gesetzt werden kann. (Seite 553)--------------------- ------------------------------------------------------------------------------------------Der H. Vorredner sagte, es sei der Antrag verfrüht, weil der h. Landtag bei §. 36 den Zusatz beschlossen hat: „innerhalb der Gränzen des Reichsgesetzes“. Dieser Zusatz zum Comite Antrag über die Gmde. Ordg. wurde eben auf meinen Antrag beschlossen, ich habe nämlich den Reichsgesetze“. Diese Antrag gestellt, beizusetzen: „innerhalb der Gränzen Reichsgesetze innerhalb welchen sich der das Landesgesetz bezüglich des Vermittleramtes zu bewegen hat, sind die gegenwärtig in Kraft bestehenden Civil-Justizgesetze, diese sind unsere Reichsgesetze u. innerhalb der Gränzen dieser Gesetze ist auch der Entwurf über das Vermittleramt abgefaßt, was jeder, der diese Gesetze kennt, bestätigen wird. Es ist gar nicht wahr daß dieses Gesetz über das Vermittleramt tief eingreife in unsere Verhältnisse, indem dasselbe nach seinem im Gesetz vom 5. März 1862 ausgsprochenen Zweck u. Buchstaben diesfälligen Entwurfes gar keine Entscheidung zu fällen hat in civilrechtichen Sachen über Eigenthumsverhältnisse u. andere Recht der Unterthanen, folglich in unser Verhältniß gar nicht eingreift sondern sich lediglich auf Versuche des Vergleichs beschränkt u. es beiden Theilen freisteht, ob sie sich vergleichen wollen oder nicht; es ist dieses die einfachste Sache von der Welt. Um denjenigen, welche in unsere Justiz-Gesetzgebung nicht eingeweiht sind, dieses etwas klar zu machen, erlaube ich mir ■ ein Beispiel anzuführen: Zwei Bauern schließen mit einander einen Viehhandel ab, es verkauft einer dem andern eine Kuh u. verspricht, daß die Kuh auf Martini kälbere, statt dess kälbert diese Kuh auf Lichtmeß; nun verlangt der Käufer, der übervortheilt wurde, eine Entschädigung, der ander biehtet diese Entschädigung nicht u. läßt ihn vor das Vermittleramt rufen: Der eine Theil behauptet, daß die Tragzeit der Kuh festgesetzt worden sei, der andere bestreitet dieses. Der Vermittler wird den Kläger fragen: was hast du für einen Beweis, Urkunden sind keine da, hast du Zeugen? Wenn nun Zeugen 610 da sind, wird das Vermittleramt die Partheien bewegen, es auf die Aussagen der Zeugen ankommen zu lassen, damit aber die Zeugen glaubwürdig erscheinen, wird es im Interesse der beiden Theile liegen, daß die Zeugen beeidet werden. Die Beeidung eines Zeugen ist die einfachste Sache von der Welt. - Ist kein Zeuge da, so wird das Vermittleramt ihm zwar begreiflich machen, es erübrige kein anderes Mittel, als es auf den Eid des Gegentheils ankommen zu lassen. Ist der Gegentheil so gewissenlos u. schwört ab, es sei nicht so wie der Kläger behauptet, nun so hat der Streit ein Ende u. in diesem Falle werden die Parteien es auf den Ausspruch des Vermittleramtes ankommen zu lassen, welches anräth sich auf den Eid zu vergleichen; so wird der Vorsitzende des Vermittleramtes einfach den Eid, dem Beklagten abnehmen; wenn er schwört, daß das Versprechen nicht gemacht, diese Bedingung nicht gesetzt worden ist, nun so hat der Kläger verloren, getraut er sich den Eid nicht abzulegen, so hat er gewonnen. Man wird also nicht sagen können, daß es sich hier um ein tief eingreifendes oder complicirtes Verfahren handelt. Die Protokollirung des Eides u. der Aussagen des (Seite 554)-------------------------------- ------------------------------------------------------------------------------ - Zeugen sind mit 10 bis 12 Zeilen abgethan. Wie gesagt in Privatrechte greift dieses gar nicht ein; es handelt sich bloß um einen Vergleich, zum Vergleich gibt es keinen Zwang. Will sich der Geklagte oder der Kläger nicht einlassen in den Vergleich, so gehen sie halt wieder fort vom Vermittleramt, wie sie hingekommen sind. Ich sehe daher gar nicht ein, warum H. Wohlwend dieses so nützliche Institut noch länger hinausgezogen wissen will, oder gar auf Reichsgesetze sich beziehen will. Diese Reichsgesetze sind eben unsere Civil-Justizgesetze, innerhalb welcher dieser Entwurf ausgearbeitet ist. Ich wiederhole daher den Antrag u. ersuche den h. Landtag diesen Entwurf einem Comite zur Berathung zuzuweisen, welches diese Ausgabe vielleicht in einem halben Tag leicht beenden kann. Ganahl: Ich bin der Ansicht, daß wir dem Antrag des H. Riedl in Beziehung auf die Wählung eines Comite jedenfalls beipflichten sollen; wir haben noch über alle Anträge, welche bisher gestellt worden sind, ein Comite gewählt u. ich sehe wahrlich nicht ein, warum wir gerade in diesem Falle zur Tagesordnung übergehen sollen. Die Abstimmungen haben bisher bewiesen, daß viele Anträge, die H. Riedl gestellt hat, nur entsprechen u. im Interesse des Landes waren u. ich glaube, es wäre eine Beleidigung für ihn, wenn wir gerade über diesen Antrag zur Tagesordnung übergingen. Findet das Comite, daß der Antrag verfrüht sei, so ist dies seine Sache es auszusprechen; es ist nach meiner Ansicht sehr angezeigt, daß man ein Comite erwähle, welches dem h. Landtag seine Ansicht darüber mitzutheilen hat, da es nach einmaligem Lesen in dem Augenblick nicht wohl möglich ist, sich näher über diesen Gegenstand auszusprechen. 611 Wohlwend: Ich hätte mich nicht veranlaßt gefühlt das Wort zu ergreifen, wenn nicht einige Ausdrücke gefallen wären, die ich nothwendig widerlegen muß. H. Ganahl sagte, es wäre der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung eine Beleidigung für den Antragsteller. Das ist durchaus nicht der Fall. Ich habe meine Gründe, warum ich den Antrag verfrüht halte, vollkommen dargelegt, diese enthalten gewiß nichts beleidigendes; es bleibt übrigens jedem H. Abgeordneten überlassen dieselben zu würdigen oder fallen zu lassen. Wenn der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung gestellt wird, so wäre es nicht einmal nothwenidg, daß man ihn begründe; ich habe mich aber doch verpflichtet gefühlt, meinen Antrag zu begründen, diese Gründe sind mir aber nicht widerlegt worden. In Bezug auf die Bemerkung, daß durch ein einmaliges Lesen der Antrag im Ganzen nicht beurtheilt werden kann, muß ich bemerken, daß jedem H. Abgeordneten schon letzten Samstag 1 Exemplar übergeben worden ist u. in dieser Zeit konnte man es gewiß mehrmals lesen. Bezüglich der einzelnen Bemerkungen des H. Riedl finde ich keine Erwähnung nothwendig u. ersuche daher den H. Landeshauptmann über meinen Antrag abstimmen zu lassen. (Seite 555)----------------------------------------------------------------------------------------------------- -----------Landeshauptmann: Verlangt noch Jemand das Wort? - Es liegt der Vertagungsantrag des H. Wohlwend vor, dahin lautend: „ein h. Landtag wolle über den gegenständlichen Antrag zur Tagesordnung übergehen." Dieser Antrag ist nach dem Gesetze, das wir haben, u. überhaupt als vertagender jeder anderen Verhandlung vorauszuschicken, daher stelle ich an die h. Versammlg. die Frage, ob sie den vom H. Wohlwend gestellten Antrag zur Tagesordnung überzugehen beistimme, ich bitte durch Aufstehen es erkennen zu geben. (Majorität, 8 dafür) - Der 2te Gegenstand der Verhandlung ist der selbständige Antrag des H. Riedl; ich werde ihn noch einmal vorlesen: „ein h. Landtag wolle sich bei der k. k. Regierung dahin verwenden, daß den Finanzbehörden vor Ertheilung des Ehekonsenses mit der Domizilsgemeinde des Finanzwachmannes Rücksprache pflege u. erst, wenn die diesfälligen Erhebungen zu seinen Gunsten lauten, ihm den Ehekonsens ertheilen wolle.“ - Ich ertheile dem H. Riedl das Wort. Riedl: Ich habe bezüglich des Antrages, dessen Nützlichkeit u. Nothwendigkeit in die Augen springt, nichts weiter zu bemerken. Landeshauptmann: Es wäre auch dieser Antrag einem Comite zu überweisen, u. beantrage daher, diesen Antrag dem Comite zu überweisen, welches über die Heimathsverhältnisse in Vorarlberg Bericht zu erstatten hat. Wohlwend: Ich stelle den Antrag, daß dieser Antrag sogleich in Verhandlung gezogen werde. 612 Landeshauptmann: Ich kann dieses nicht thun, da nach §. 34 der L. O. bestimmt wird, daß jeder Antrag vorläufig einer Verhandlung unterzogen werde, (leist §. 34 der L. O. ab) Das ist Gesetz unseres Landesfürsten, da kann ich nicht davon abgehen; ich bitte daher die h. Versammlg. abzustimmen, ob dieser Antrag dem Comite zu überweisen sei, welches über die Heimathsverhältnisse in Vorarlberg Bericht zu erstatten hat. (Angenommen) Ich werde also diesem Comite den Antrag übergeben. Nun kommt als 3ter Gegenstand der Antrag des H. Riedl, welcher wieder ein selbständiger ist; er lautet: „Mit h. Ministerial Verordg. v. 26. Mai 1860 Z. 130, S. 246 R. G. BI. wurden in Ungarn Ortsgerichte für Rechtsstreite von minderem Belange aus Gemeindemännern bestehend, constituirt, wodurch viel Umzug u. Kosten erspart wird. Da unser Land auf einer viel höhern Cultur-Stufe steht, sohin dieses Institut hierlands um so mehr durchführbar wäre, so dürfte es sich der Mühe lohnen, dieß Gesetz einer genauen Prüfung behufs der Beantwortung der Frage zu würdigen, ob u. mit welchen Modifikationen es sich in unser Land einführen u. mit dem Vermittleramt vereingen ließe. Eine Besorgniß wegen Gefährdung der Privatrechte wird dadurch ausgeschlossen, wenn die Berufung gegen die Entscheidung des Ortsgerichtes an die k. k. Gerichtsbehörde I. Instanz u. im weitern Zuge an das k. k. Kreisgericht (Seite 556) ------------------------------------------------------------------------------ ----------- ------------------------ offen steht, wodurch es ermöglicht wird, daß sämmtl. 3 Instanzen in unserm Lande selbst in so minder wichtigen Streitsachen zu Recht erkennen, was schon ein großer Fortschritt wäre. Ich stelle demnach den Antrag, daß dieser Gegenstand einem Comite zur Berathung zugewiesen werde; Sollte das Ergebniß günstig ausfallen, würde der h. Landtag bei der h. Regierung die erforderlichen Schritte thun, daß in Gemäßheit des Art. VI des Gesetzes vom 5. März 1862 die erwähnten Ortsgerichte constituirt werden. Hier wird nur noch beigefügt, daß in Vorarlberg nach Landesrecht u. allen Privilegien die vom Volk gewählten Geschworenen auch in Rechtsfällen entschieden, daher hiedurch nur eine uralte Institution zeitgemäß wieder belebt würde.“ Bregenz, 6. Febr. 1863.“ - H. Antragsteller haben das Wort. Riedl: Sr. Majestät der Kaiser haben den Ungarn aus Grunde, weil ehemals nach ihren Institutionen Ortsgerichte, die aus Gmdemännern zusammengesetzt sind, in Rechtssachen erkannten, im J. 1860 dieses Privilegium dadurch zurückgestellt, daß Allerhöchstderselbe sanctionirte, daß diese Gmdemänner in Rechtsstreiten von minderem Belange, wie in alten Zeiten, auch jetzt Recht sprechen könnten. Ganz so verhält es sich in Vorarlberg. Nach dem Zeugniß der Geschichte haben in alten Zeiten die vom Volk selbst gewählten Geschworenen in Rechtssachen erkannt. Nachdem das Land Vorarlberg Ungarn in der Kultur weit voransteht, so sehe ich nicht ein, da der 613 historische Grund derselbe ist, warum nicht den Gmdemännern in Vorarlberg dasselbe Recht zuerkannt werden sollte; ich habe daher den Antrag gestellt, daß ein Comite dieses Gesetz von 1860 einer genauem Würdigung unterziehe, um die Frage zu beantworten, ob u. wie es auf Vorarlberg angepaßt werden könne. Es ist dieses für das Land von großer Wichtigkeit, wenn in unbedeutenden Rechtsstreiten alle 3 Instanzen sich im Lande befinden; 1 te Instanz: die von der Gmde. gewählten Geschworenen, 2te Instanz: die k. k. Bezirksgerichte u. als 3te Instanz der Gerichtshof des Landes. Es ist dieses für das Land selbst von sehr großem Vortheil, daher empfehle ich meinen Antrag der Würdigung insbesondere der Einsetzung eines Comites, damit dieses Gesetz den Verhältnissen Vorarlbergs adaptirt werde. Wohlwend: Ich sehe mich wieder in die gleiche Lage versetzt, den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung zu stellen. Es ist allerdings richtig, wie der H. Abg. Riedl bemerkt, daß früher das Recht von Leuten im Lande selbst gesprochen wurde, dieß ist mir sehr wohl bekannt, es wäre auch sehr zu wünschen, wenn diese Einrichtung wieder eingeführt werden könnte. Jedoch wenn man die damaligen Verhältnisse mit den jetzigen Verhältnissen des Landes vergleicht, so glaube ich, daß jene GerichtsEinrichtung bereits nicht mehr möglich sein wird. Wenn man zudem die staatlichen Enrichtungen von damals u. jetzt in Betracht zieht, so gränzt eine derartige Gerichtsbarkeit an das rein unmögliche. (Seite 557) -------------------------------------- --------------------------------------------------------------------------Der H. Antragsteller stellt an die Spitze seines Antrages eine Ministerial-Verordnung für Ungarn; abgesehen davon, daß die ungarische Justiz nicht nach meinem Geschmacke ist, u. ich auch glaube, daß kein Landtagsmitglied die ungarische Justiz als Muster für die übrigen Theile von Oesterreich hinstellen möchte, halte ich eine derartige Einrichtung selbst wenn sie vom Landtage in der Form, wie der Antragsteller sie bezeichnet, vom Landtag als zweckmäßig anerkannt würde, dennoch jetzt nicht an der Zeit. Ich bin der Ansicht, daß jeder Gmde.-Vorstand u. die Gmde. selbst mit Einführung u. Durchführung des Gmde.-Gesetzes in allen seinen Theilen jetzt so vollauf zu thun haben, daß die Einführung so wichtiger neuer Einrichtungen für sie gewiß nur hindernd sein müßten; ich glaube zudem, daß durch diese Einrichtungen der Gmde. kein Nutzen, sondern im gegenwärtigen Momente Nachtheile geschafft würde. Zudem bin ich der Ansicht, daß durch Einführung der Friedensrichter u. durch den so allgemein gewünschten u. im Landtag sehr gut aufgenommenen Antrag des Landesausschusses auf Wiedereinführung der Gerichtsanwälte die Haupt- oder doch die meisten Agenden, die der Antragsteller den projektirten Gerichten zuweisen will schon besorgt 614 werden können. Dieß sind die Gründe, welche mich bewogen haben, auch bei diesem Antrag den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung zu stellen. Riedl: Ich bitte noch um’s Wort. Ich habe auf die Bemerkung des H. Vorredners kurz noch folgendes zu erwidern. Der H. Vorredner sagt: daß die ungarische Justiz noch in seinem noch nach wahrscheinlich im Geschmack des h. Landtages sein werde, sie ist wirklich auch nicht in meinem Geschmack; aber er scheint verwechselt zu haben die ungarische Justiz mit der oesterr. Gesetzgebung. Die ungarische Justiz ist mit all ihren schreienden Gebrechen im J. 1861 reactivirt worden. Bis zum J. 1860 u. insbesondere zur Zeit als die von mir bezogene kaiserl. Verordnung erlassen wurde, bestanden in Ungarn die kaiserl. oesterr. Justiz-Gesetze. Es handelt sich hier also nicht um die speziell ungarische Justiz, wie sie gegenwärtig besteht, sondern um die wohlgeordnete kaiserl. oesterr. Justiz-Pflege u. im vollen Einklänge mit derselben hat Sr. Majestät den Ungarn in der Verordnung v. J. 1860 das Recht gegeben in kleinen Rechtsstreitigkeiten durch aus der Gmde. gewählte Männer zu entscheiden. Diese Verordnung würde Sr. Majestät nicht gegeben haben, wenn sie nicht im Einklang stände mit den Ansprüchen an die moderne Justizgesetzgebung. Was die weitere Einwendung anbelangt, daß die vom H. Vorredner könnten, beantragten welche Gerichtsanwälte nach der Verordnung größtentheils jene vom J. 1860 Agenden den besorgen Gmde.-Männern überantwortet werden, so ist er sehr im Irrthume, denn die Gerichtsanwälte haben im Streitverfahren durchaus kein Recht irgend ein Urtheil zu sprechen, während nach der Verordnung vom J. 1860 (Seite 558)----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- dieses Recht des Urtheilspruches den Gmdemännern überantwortet wird. Der H. Vorredner sagt ferner, daß diese Verordnung sich mit den Verhältnissen der Neuzeit, insbesondere mit dem Fortschritte der Bildung in der Justiz-Gesetzgebung gar nicht mehr vereinbaren lasse; aber auch hier ist der H. Vorredner im Irrthume, denn es handelt sich nur um ganz kleine Streitigkeiten, die Verordnung v. J. 1860 dehnt sie nur bis zu einem Betrage von 20 fl aus u. ich würde den weiteren Antrag stellen, daß sie auch ausgedehnt werde auf Forderungen, denen eine vollen Glauben verdienende Urkunde zu Grunde liegt, wo ohnehin nach der gegenwärtigen Gesetzgebung auf Grund einer Exekutionsklage vorgegangen werden kann u. nicht einmal durch Urtheil, sondern nur durch Bescheid zu erkennen ist. Zur Auffassung solcher Bagatell-Prozesse gehört weder Talent, noch besondere Kenntniß der Gesetze, sondern nur ein gesunder Menschenverstand, jener gesunde Menschenverstand, den wir bei Einführung der Schwurgerichte jedem Bürger vindiciren, also bei Beurtheilung viel wichtigerer Fälle, wo es sich um das Leben, um die Freiheit u. um unersetzliche Güter der Unterthanen 615 handelt. Dort stimmte der H. Vorredner ein u. hatte eingestimmt wie überhaupt jeder Gebildete einstimmen muß; wo es sich aber um einen Bagatell von 20 fl handelt, oder wo es sich um einen Prozeß handelt, der durch eine vollen Glauben verdienende Urkunde schon so zu sagen entschieden ist, da will er nicht einstimmen. Ich weiß es aus meinem nun schon mehrjährigen Aufenthalte in diesem Lande u. muß es zur Ehre Vorarlbergs sagen, daß in jeder Gmde. nicht nur Ein Mann, sondern mehrere Männer zu finden sind, die in solchen Bagatell Streitigkeiten ganz wohl entscheiden können; ferner steht ja gegen dieses Erkenntniß der Gmdemänner oder Geschworenen die Berufung an den Richter der 1. Instanz offen, daher werden die Rechte der Bürger, wenn auch dieses Urtheil der Gmdemänner nicht zweckmäßig ausfallen oder den bestehenden Gesetzen zuwider laufen sollte, nicht im Mindesten gefährdet, sondern der Unterthan wendet sich an die Gerichte der I. Instanz u. wird dort Abhilfe gegen allfällige Beschwerden finden. Darum sehe ich durchaus nicht ein, was im Wege stehen sollte, dieses Institut nicht sogleich ins Leben zu führen. Landeshauptmann: Verlangt Jemand das Wort? Gegen den Antrag des H. Riedl liegt der des H. Wohlwend vor: „Der h. Landtag wolle beschließen über den gegenständlichen Antrag zur Tagesordnung überzugehen.“ Die Hh. welche diesem Antrag beistimmen, wollen sich erheben. (Stimmengleichheit, abgelehnt) Wir kommen nun zum Antrag des H. Riedl selbst; derselbe ist nach unserm Gesetze vorerst einem Ausschuß zur Berathung zu überweisen. Ich bitte die h. Versammlung darüber zu entscheiden, ob dieser Antrag einem Ausschuß zur Berichterstattung zuzuweisen sei, wie H. Riedl selbst beantragt. Erhebt in dieser Beziehung vielleicht irgend Jemand einen Antrag, welchem (Seite 559)-------------------------------------------------------------------------------------- ---------------------------Comite dieser Antrag zuzuweisen sei; stehendes Comite haben wir keines mit Ausnahme des Landesausschusses, es müßte daher ein eigenes Comite bestellt werden. Mutter: Man könnte ja diesen Gegenstand dem Landesausschuß übertragen. Landeshauptmann: Der Landesausschuß ist mit anderen Sachen schon zu sehr beschäftigt, ich würde daher beantragen, wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes ein Comite von 5 Mitgliedern zu wählen u. wenn die h. Verslg. damit einversanden ist, so werde ich diese Wahl am Schlüsse der Sitzung vornehmen. - Vierter Gegenstand unserer heutigen Verhandlung ist der Comitebericht über die Eingabe der Gmde. Lech um Verwendung bei der h. Regierung um käufliche Ueberlassung eines aerarischen Waldtheils u. um Regulirung der Verumlagung der Gmdefrohnen. (Diese beiden Gesuche u. die betreffl. Comite Berichte werden vom H. Abg. Riedl als Berichterstatter abgelesen.) 616 Riedl: Es ist nämlich im Gmdegesetze v. J. 1849 ausdrücklich festgesetzt, in welchen Fällen der h. Landtag auf Gmdeangelegenheiten Influenz zu nehmen hat; es sind dieses nämlich die Fälle, wenn Umlagen ausgeschrieben werden wollen, welche das gesetzi. Maß überschreiten, wenn Gmdegüter veräußert oder vertheilt werden sollen, wenn Gmde.-Vermögen belastet, Darlehen aufgenommen werden wollen u. dgl. diese im Gmdegesetz von 1849 genau vorgezeichneten Fälle treffen aber beim gegenständlichen Falle nicht ein. Es handelt sich hier nämlich um die Art u. Weise, wie Gmdefrohnen oder der Werth derselben innerhalb der Gmde. zu verumlagen seien, also um eine innere Angelegenheit der Gmde. Sollte die Gmde. diesfalls einen Beschluß fassen, welcher gegen die bestehenden Gesetze verstoßt, so hat nach dem Gmde.- Ges. v. 1849 nach die I. f. Behörde das Recht einen solchen Beschluß zu inhibiren nicht aber der Landtag; erst wenn die Gmde.Ordg., welche wir unlängst berathen haben in Wirksamkeit getreten sein wird, wird der Landesausschuß resp. der Landtag in Gmdeangelegenheiten einen großem Wirkungskreis bekommen u. in dieser Beziehung ein entscheidendes Wort mitzusprechen haben. Daher stellt das Comite den Antrag, daß das, was diesen Punkt anbelangt, nämlich die Vertheilung der Umlagen bezüglich der Frohnen eine innere Angelegenheit der Gmde. zu bilden habe, u. daher gar nicht vor den Landtag gehöre. Landeshauptmann: Hat einer der Hh. etwas zu bemerken? Ich werde also den Antrag des Ausschusses zur Abstimmung bringen. Was den ersten Theil anbelangt, nämlich die Üerkommung einer aerarischen Waldparzelle stellt das Comite den Antrag, der h. Landtag wolle dieses Gesuch der k. k. Regierung zur Gewährung empfehlen. Ich bitte um Abstimmung. (Angenommen) Der Antrag des Ausschusses in Beziehung auf den 2ten Punkt geht dahin, der h. Landtag wolle der Gmde. Lech zu erkennen geben, daß dieses eine innere Angelegenheit der Gmde. betreffe, welche dieselbe nach Maßgabe der Gesetze vorerst selbst zu regeln habe. (Seite 560)---------------- ----------------- -------------------- -------------- -------------------------------------------- Die Hh. welche diesem Anträge beipflichten, wollen gefälligst aufstehen. (Angenommen) Der 5te Gegenstand der heutigen Verhandlung ist der Comite-Bericht, betreffend die künftige Benützung der Gmde.-Wälder in Dalaas. (Wird vom H. Abg. Riedl als Berichterstatter abgelesen.) Landeshauptmann: Findet Jemand etwas zu bemerken? - Ich bringe also den Antrag des Ausschusses zur Abstimmung; er lautet dahin, dieses Gesuch dem k. k. Bezirksamte Bludenz mit den Andeutungen des Comite u. mit der Bemerkung zurückzustellen, daß eine Beschlußfassung hierüber den Wirkungskreis des Landtages überschreiten würde. Die Hh. welche damit einverstanden sind, bitte ich von den Sitzen sich zu erheben. 617 (Angenommen) - Es kommt nun der Comite-Bericht, betreffend die Regulirung der Heimathsverhältnisse. (Vom H. Riedl als Berichterstatter verlesen. Er lautet: „Hoher Landtag! Das gefertigte Comite, welches zur Erstattung eines Gutachtens über die Grundzüge zu einem Reichsgesetz über das Heimathsrecht, gewählt wurde, entwirft nach reiflicher Berathung des Gegenstandes nachfolgende Grundzüge: A Das Heimathsrecht wird ursprünglich erworben: I. Durch die Abstammung; Kann die Abstammung nicht constatirt werden; entscheidet II. Der Geburtsort; Kann der Geburtsort nicht constatirt werden; III. Der längste Aufenthaltsort; Kann auch dieser nicht ermittelt werden IV. Der letzte Aufenthalt. - B dieses ursprünglich erworbenen Heimathsrecht bleibt so lange unverändert, bis es nicht auf eine der nachstehenden 4 Arten verändert wird: I. Durch Aenderung des Heimathsrechtes in der Person dessen, von dem der Heimathsberechtigte abstammt; II. Durch die Verehelichung bei Frauens­ personen; III. Durch die Aufnahme als Bürger in einer andern Gmde.; IV. Durch den Verlust des oesterreichischen Staatsbürgerrechtes. - C Der Heimathsschein ist eine Rechtsurkunde zur Erweisung des Heimathsrechts. Jede Gmde. ist berechtiget, von den nicht in ihrer Gmde. Heimathsberechtigten Personen für die Dauer ihres Aufenthaltes die Beibringung eines Heimathsscheines zu verlangen; u. es muß jede Gmde. ihren Heimathsberechtigten auf Verlangen Heimathsscheine ausstellen; dieselben sind im ganzen Reiche in der gleichen Form auszustellen. Die Gültigkeitsdauer des Heimathsscheines ist unbeschränkt. Er verliert seine Gültigkeit nur beim Eintritt eines der sub B I., II., III., IV. aufgeführten Fälle. Pässe, Legitimationskarten, Wanderbücher, Arbeitsbücher, Dienstbothenbücher sind den Heimathsscheinen gleichgestellt u. haben mit ihnen die gleiche Wirkung. D In den Domizilstreiten zwischen 2 Gmden. des Landes entscheidet der Landesausschuß vorbehältlich des Recurses an die Statthalterei; zwischen einer inländischen u. einer außerhalb des Landes gelegenen Gmde. aber die politischen Länderstellen. (Seite 561)----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Das Comite stellt nun den Antrag: Der h. Landtag wolle in Gemäßheit des §. 19 der L. O. die Vorausgeführten Grundzüge der h. Regierung als Vorschläge bei der Bevorstehenden verfassungsmäßigen Zustandebringung eines Gesetzes über das Heimathsrecht in Vorlage bringen. Bregenz, den 6. März 1863. H. Wohlwend, Obmann; Alois Riedl Berichterstatter. David Fussenegger, Anton Drexel, Johann Bertschler.“ Landeshauptmann: Fällt einem der Hh. eine Bemerkung in Betreff dieses Ausschußberichtes auf? Nach dem Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, bringe ich denselben zu Abstimmung, er geht dahin, „es seinen auf Grund des §.19 der L. O. die aufgeführten Grundzüge als Vorschläge bei der bevorstehenden verfassungsmäßigen 618 Zustandebringung eines Gesetzes über das Heimathsrecht der k. k. Regierung in Vorlage zu bringen." Ich bitte über diesen Antrag des abzustimmen. Ausschusses (Angenommen) Nun kommen wir zum Comite Bericht betreffend das Grundbuch u. den Antrag wegen gemeindeweiser Führung der Verfachbücher. (Wird vom H. Abg. Riedl verlesen) Er lautet: „Hoher Landtag! In Folge h. Staatsministerial-Eröffnung vom 16. Febr. d. J. Z. 1302 hat sich der h. Landtag über den herabgelangten Entwurf eines Gesetzes über die Anlegung neuer Grundbücher etc. sammt dem Entwurf einer Grundbuchs-Ordnung nach §. 19 L. O. ungesäumt zu äußern, ob u. welche Anstände mit Rücksicht auf die eigenthümlichen Verhältnisse des Landes den einzelnen Bestimmungen des Gesetzes entgegenstehen. Das Comite, dem die Aufgabe geworden ist, diese Aeußerung zu berathen, glaubte, daß dieselbe sich dessenungeachtet auf auch solche Bestimmungen zu erstrecken habe, welche, obgleich sie in dem gegenständlichen Entwurf nicht aufgefunden werden, doch durch die eigenthümlichen Verhältnisse des Landes gebothen erscheinen. Dieses vorausgesetzt erstattet das Comite nach eindringlichem Studium des Gegenstandes folgende Aeußerung: 1. Vor allem wird hervorgehoben, daß der Norm des §. 3 des Gesetzes über die Anlegung der Grundbücher nicht eine solche Tragweite gegeben werden möchte, daß diese Anlegung bis zur allfälligen Revision des Catasters aufgehoben bliebe; dann die in diesem § vorgeschriebene Herstellung der Uebereinstimmung zwischen den Grundbüchern u. dem Cataster kann, wenn auch sogleich mit der Anlegung der Grundbücher begonnen wird, dadurch ermöglicht werden, daß für jene Daten, die erst aus dem seinerzeit revidirten Cataster entnommen werden können, die entsprechenden Rubriken im Grundbuch offen gelassen werden, nämlich für die Nummer u. den Betrag, unter welcher u. mit welchem die Realitäten in dem revidirten Cataster vorkommen werden, während die weiteren wesentlichen Daten der Gutsbestände schon dermalen in dem anzulegenden Grundbuche sich ausfüllen lassen, da die neue Mappierung u. Fixirung des Besitzstandes im ganzen Lande vollendet ist. Dieß bildet auch für die Ausführung der Bestimmung des §. 9 lit. b. des Entwurfes kein Hinderniß. Bei der solchergestalt nachgewiesenen Ausführbarkeit der Vorschrift des §. 3, im (Seite 562)-------- --------------------------------------------------------------------------------------------------------- Falle auch mit der Anlegung der Grundbücher sogleich begonnen würde, muß, weil bis zur völligen Durchführung der Revision des Catasters ein sehr langer Zeitraum Verstreichen dürfte, für die unverzügliche Einführung des Grundbuchs der Umstand den Ausschlag geben, daß durch die längere Verzögerung derselben sich die für den 619 Boden-Credit so wichtigen Nachtheil von Tag zu Tag vergrößern u. auch die Richtigstellung der Gutsbestände selbst wegen der durch die enorme Bodenzerstückelung des Landes sich zahlreich mehrenden Besitzveränderung seit der mit der neuen Mappirung erfolgten Besitzstandsfixirung immer schwieriger wird. - 2.) Dort, wo das Grundbuch neu einzuführen ist, sollen die gegenwärtig an dessen Stelle bestehenden Einrichtungen sogleich derart instruirt werden, daß sie zugleich als Vorarbeiten für das Grundbuch dienen; dahin gehört z. B. die Verfügung, daß das die Stelle der Urkundensammlung vertretende Verfachbuch schon gegenwärtig nach Ortsgemeinden abgesondert geführt werden solle. (§. 4) - 3.) Der im Lande Vorarlberg befindliche Gerichtsfhof (Kreis- oder Landesgericht) dürfte, da er mit den speziellen Verhältnissen des Landes am besten bekannt u. am nächsten gelegen ist, mit der Leitung u. Ueberwachung der Einführung des Grundbuchs unter Oberaufsicht des k. k. Oberlandes-Gerichts, dann mit der Entscheidung über Streitigkeiten in Grundbuchssachen in II. Instanz am zweckmäßigsten betraut werden. Der Geschäftszug wird hierdurch abgekürzt u. vereinfacht u. es wird durch die Zuweisung dieser Geschäfte an den im Land befindlichen Gerichtshof dem Umstande die gebührende Rechnung getragen, daß Vorarlberg ein eigenes Land bildet. (§. §. 6, 9, 24, 30, dann §. §. 115, 116, 118, 122 u. 123 des Entwurfes des Grd. B. O.) - 3.)[sic.] Zur unerläßlich nothwendigen Richtigstellung der Identitaet jedes Grundstückes, wie es in dem bestehenden Steuerkataster einkommt, mit der betreffenden Parcelle in den Mappen haben die Commissionen die Liegenschaften aus dem bestehenden Steuerkataster u. den Mappen zu erheben u. es werden daher in dem Gutsbestandblatte Rubriken sowohl für die Catastral- als auch Parcellen-Nummer zu eröffnen sein. Auf diese Weise wird es möglich, das Grundbuch mit dem bisherigen Cataster mit den Mappen u. dem seinerzeit revidirten Kataster in Uebereinstimmung zu bringen, u. allen Streitigkeiten über die Identität der Grundbuchskörper mit den in den frühem Urkunden bezeichneten Realitäten möglichst vorzubeugen, was um so wichtiger ist, da die bisherigen Steuerkataster u. größtentheils auch die Besitzurkunden keine Gränzbeschreibungen der Realitäten enthalten. (§. 8a) - 4.) Bei der Wichtigkeit der Rechtsfolgen u. dem gänzlichen Ausschluß jeglicher Restitution wäre die Edictal-Kundmachung über die vollzogene Anfertigung des Grundbuchs-Entwurfes von Zeit zu Zeit zu wiederholen (§. 18), in derselben die Frist zu den Anmeldungen auf die Dauer von wenigstens 1 1/2 Jahren umsomehr festzusetzen, als ein bedeutender Theil der Bewohner des Landes Vorarlberg sich alljährlich außer Landes auf Arbeit befindet (§. 12) u. bezüglich (Seite 563)------------------------------------------------- ----------------------------------------------------------------- 620 der Vertreter (Vormünder u. Curatoren die im Gesetz §. 264 v. B.G.B.) begründete Haftung derselben für jeden durch die Nichtbefolgung der Edictal-Kundmachung ihren Pflegbefohlenen zugehenden Schaden ausdrücklich zu erwähnen. Die Gerichtsbehörden des Landes wären speciell anzuweisen im Sinne des §. 276 des allg. B.G.B. selbst ersatzpflichtig sind, so wären selbe zu beauftragen, daß sie einige Zeit vor Ablauf des Edictaltermines sich durch Vergleichung der Pupillar-Tabellen mit den eingelaufenen Anmeldungen die Gewißheit verschaffen, daß die gesetzl. Vertreter der Pflegebefohlenen die ihnen diesfalls obliegende Pflicht der Anmeldung gehörig erfüllt haben, u. daß sie die Säumigen hiezu mit aller Strenge verhalten u. gehörig incontriren; endlich dürfte den Obervormundschaftsbehörden in Fällen, wo wegen Gefahr am Verzüge die Anmeldung für ihre Mündel durch deren gesetzl. Vertreter nicht mehr bewerkstelligt werden kann, durch ein Gesetz das Recht einzuräumen sein die betreffl. Anmeldung selbst zu machen; - 5.) Die Kosten der im §. 19 des gegenständlichen Gesetzes bezeichneten Erhebungen u. Vernehmungen wären von den Parteien zu tragen, weil die dadurch bezweckte Richtigstellung der streitigen Privatrechte Partheisache u. nicht Landessache ist, u. weil dort, wo die Kosten das Land trägt, viel weniger ein gütlicher Vergleich sich erzielen läßt, als wenn dieselben von den Partheien zu tragen wären. - 6.) Wäre der Vertheilungs-Maßstab der Kosten im Lande selbst durch ein Landesaesetz zu bestimmen. (§. 33) - 7.) Hätte endlich die Anlegung der Grundbücher nach Ortsgemeinden zu geschehen, da die Steuergemeinden mit denselben zusammen zu fallen haben. (§. 35) - 8.) Nun mehr auch auf den Entwurf der Grundbuchs-Ordnung als eines durch §. 2 des Gesetzes erklärten integrirenden Bestandtheiles desselben übergehend, kann hier zu §. 3 der G.B.O. zu bemerken, daß die gesetzl. Bestimmungen über den wichtigen Umstand, welche unbeweglichen Sachen im Lande Vorarlberg ein Ganzes ausmachen, in der speciell für Vorarlberg dießfalls erflossenen allerh. Entschließung v. 18. März 1835, Hofkanzlei-Dekret v. 23. März 1835 No. 7161/523 enthalten sind. - 9.) Nachdem auch die Uebertragung der dinglichen Rechte Gegenstand des Grundbuchs in Vorarlberg zu bilden hätte, so wäre von dieser Uebertragung in den §. §. 1 u. 21 des G.B.O. auf gleiche Weise wie von der Erwerbung, Beschränkung u. Aufhebung um so mehr Erwähnung zu thun, als dieses auch an andere Stellen des bezügl. Entwurfes geschieht. - 10.) Die Bogen-Parcellirung im Lande Vorarlberg ist so groß, daß dieselben bei einem Flächenraum von 46 Meilen 166.987 Catastral- oder Besitznummern enthält. Die enorme Anzahl der s. g. walzenden, zu keinem Guts-Complexe gehörigen Grundstücke erheischt für dieselben eine abgesonderte, kürzere Buchführung um die öffentl. Bücher nicht zu einer imensen Weite anschwellen zu lassen. 621 (Seite 564)---------------------------------------------------------------- -------- ---------------------------------------- Zu diesem Ende hatte das im §. 3 des Entwurfes der G.B.O. bezeichnete Hauptbuch in 2 Hauptabtheilungen zu entfallen, so daß in die Abtheilung No. I. Die Häuser mit den dazu gehörigen Grundstücken als selbständige Grundbuchskörper u. in die Abtheilung No. II. die s. g. walzenden Grundstücke aufzunehmen wären. Und während für die I. Abtheilung das Hauptbuch nach dem Formulare No. 1 zu §. 5 der G.B.O. zu führen wäre, würde dasselbe für die 2te Abtheilung nach dem hier sub. lit A nachfolgenden Formulare, welches die 3 Blätter des Formulars-Entwurfes in ein einziges vereinigt anzulegen sein. - 11.) Nachdem bei den angedeuteten Grundzerstücklungs-Verhältnissen des Landes Vorarlberg die Anzahl der Jährlich zu intabulirenden Urkunden eine enorm große ist, indem z. B. nur die Besitzveränderungen allein in den Jahren 1850/51 - incl. 1855/56 die Zahl von 45.997 erreichten, herrscht bei den Gerichten des Landes die sehr zweckmäßige Uebung, daß die Intabulations-(Verfach) Gesuche nicht mit den Urkunden in das Verfachbuch (Urkundensammlung) aufgenommen u. eingebunden, sondern seperat aufbewahrt werden um diese Bücher nicht zu einer imensen Dicke anschwellen zu machen u. so die Räumlichkeiten der für deren Aufbewahrung bestimmten Localitäten noch für längere Jahre ausreichen zu lassen. Dagegen wird hierlandes am Schlüsse der in das Verfachbuch hinterlegten Urkunden ämtlich bestätigt, daß dieselben in Folge des am ... sub No. ... (i. e. Präsentatum des Einreichungs-Protokolls) überreichten Gesuches u. Bewilligungsbescheides vom ... No.... verfocht (intabulirt) worden seien. Angesichts dieser der Urkunde selbst angehängten amtlichen Bestätigung entfällt die Nothwendigkeit der Hinterlegung des GrundbuchsGesuchs in die Urkundensammlung, wogegen aber die Beilagen der Urkunden in Original oder beglaubigter Abschrift dem betreffenden Insturmente anzuschließen u. in die Urkundensammlung selbst aufzunehmen sind. (§. 4 - G.B.O.) - 12.) In dem Gutsbestandsblatte A Formular No. 1 (§.5) wäre die Ueberschrift der letzten Rubrik „Reinertrag“ offen zu lassen um sie nach dem bei der Steuer-Cataster-Revision in Vorarlberg zur Anwendung kommenden System modifiziren, allenfalls mit dem Ausdruck „Steuerkapital“ ersetzen zu können, daher auch der Kopf der Rubrik: „Klasse“ vor der Hand offen zu belassen wäre, welche Rubrik nach Umständen auch zur Einsetzung des bisherigen Steuerkapitals späterhin verwendet werden könnte. - 13.) Der auch bei freiwilligen öffentlichen Realitäten-Versteigerungen zwischen dem Tag ihrer Vornahme u. dem Tag der Intabulation der hierüber für die Käufer nach Gesetzes-Vorschrift auszufertigenden Amtsurkunden gegen den Willen der Käufer wider den Verkäufer Einverleibungen u. Vormerkungen erwirkt werden könnten, wodurch den Käufern 622 schwere Nachtheile, zumahl bei erfolgter Zahlung am Kaufschilling erwachsen könnten, so wird es dringend nöthig, die dießfalls zum Schutze der Käufer bei exekutiven Versteigerungen im §. 26 des Entwurfs der getroffenen Grundbuchsordnung Bestimmung auch auf die freiwilligen öffentl. Versteigerungen auszudehnen. (Seite 565)-------------------------------------------------------------------------------------- --------------------------14.) Die im §. 38 des Entwurfes der Grundbuchsordnung erwähnten gesetzt. Vorschriften bestehen hinsichtlich der öffentlichen Anstalten, Waisen u. Curranden in Vorarlberg nicht, daher diesfalls Vorsorge zu treffen sein wird. - 15.) In Fällen der gleichzeitigen Ueberreichung von Grundbuchs-Gesuchen dürften in der Instruction für das Einreichungs-Protokoll zu bemerken sein, daß es auf das Gesuch den Beisatz: „gleichzeitig überreicht mit No. ..." zu setzen habe, welcher Beisatz auch in der an die Urkunde beizufügenden Intabulations-Bestätigung ersichtlich zu machen ist. (Zu §.12. G.B.O.) - 16.) Zu §. 3 des Anfanges über die Geschäftsführung im Grundbuchsamt wird bemerkt, daß nach hierländigen Sprachgebrauch statt Conscriptions-Nummern „Hausnummern" zu setzen wäre u. daß bezüglich der Formulars-Rubriken des folgenden §. 4 das schon früher bemerkte zu gelten hat. 17.) Was die Verfügung des §. 39 der Geschäftsführung anbelangt, wornach Jedermann Abschriften u. Auszüge beim Grundbuch erheben kann, so sollte dieß Recht zur Vermeidung möglicher Mißbräuche an die Bedingung geknüpft sein, daß sich Bittsteller über eine Antheilnahme rechtfertigen kann, während jedoch die Einsichtnahme in die öffentl. Bücher Jedermann freistehen soll. -18.) Endlich soll es nach vollständig beendigter Anlegung des Grundbuchs jeder Grundbuchsbehörde zur Pflicht gemacht werden; jeden Besitzer insbesondere vorzurufen u. ihm den Inhalt, insoweit er auf das ihm eigentümliche Gut Beziehung hat, genau u. deutlich vorzutragen, damit die etwa eingeschlichenen Gebrechen im gütlichen Einverständniß behoben werden. Dieß sind nun im Wesentlichen die Aeußerungen, die das Comite bei Würdigung der vorliegenden Gesetzentwürfe im Hinblick auf die speziellen Verhältnisse des Landes Vorarlberg zu machen glaubt u. beifügt, daß außerdem keinerlei Umstände den einzelnen Bestimmungen des gegenständlichen Gesetzes entgegenstehen. Es stellt daher den Antrag der h. Landtag wolle die ihm vom h. k. k. Staatsministerium diesfalls abverlangte Äußerung auf die von dem Comite in den voranstehenden 18 Punkten angedeuteten Weise unter Beifügung obiger Schlußbemerkung erstatten. Bregenz, 6. März 1863. F. Wohlwend, Obmann, A. Riedl, Berichterstatter.