19460209_SV

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Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 24.05.2021, 11:52
Gemeinde StandMontafon
Bereich oeffentlich
Schlagworte: standmontafon,standesprotokolle,standesausschuss
Dokumentdatum 1946-02-09
Erscheinungsdatum 1946-02-09
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Publikationen Montafon Standesprotokolle_sv_
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Inhalt des Dokuments

[-1-] Niederschrift Am 24. September 1946 hat in der Gemeindekanzlei in Schruns eine Sitzung des Standesausschusses für Montafon stattgefunden. Anwesend waren: 1) der Bürgermeister von Schruns als Standesrepräsentant 2) der Bürgermeister von Tschagguns, Josef Schuster 3) der Bürgermeister von Vandans, Christian Schapler 4) der Bürgermeister von Bartholomäberg, Josef Kessler 5) der Bürgermeister von Silbertal, Alois Bargehr 6) der Bürgermeister von St. Gallenkirch, Martin Salzgeber 7) der Bürgermeister von Gaschurn, Peter Wachter 8) der Bürgermeister von Vandans vertritt gleichzeitig die Interessen der Gemeinde St. Anton i.M. Beginn: 9.15 Uhr Ende: 11.00 Uhr Der Standesrepräsentant Jakob Hueber eröffnet als Vorsitzender die Sitzung und erklärt diese für beschlussfähig. Sitzungsergebnis: 1) Bestellung eines Sonderbevollmächtigten für die Standeswaldungen durch das Land Vorarlberg. Vorgang: Den Waldeigentümern im Tal Montafon, von denen der Stand Montafon der grösste ist, wurde durch die Aufsichtsbehörde auch für die Jahre 1945 und 1946 eine Holzumlage von bedeutendem Umfang zur Erfüllung vorgeschrieben. - Die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die als Nachwirkungen des letzten Krieges drückend über dem Volk liegen, haben es den verantwortlichen Dienststellen unmöglich gemacht, die Holzumlage in befriedigender Weise zu erfüllen; die Rückstände sind erheblich, die gemachten ernsten Anstrengungen haben nicht den erhofften Erfolg gebracht. Zwischen dem Standesrepräsentanten als Vertreter der waldbesitzenden Gemeinden des Tales und den gleich- und übergeordneten Forstbehörden, wie auch der Landeshauptmannschaft Vorarlberg in Bregenz haben wiederholt Verhandlungen stattgefunden, bei denen es der Standesrepräsentant nie unterlassen hat, in erster Form auf die grossen Schwierigkeiten hinzuweisen, für die nicht die Talschaft verantwortlich gemacht werden kann - sie stellen im Wirtschaftsleben der Nachkriegszeit eine Allgemeinerscheinung der - die aber die Holzaufbringung äusserst nachteilig beeinflussen. Anfang September d. Js. erschien nun eine Landeskommission zur Besichtigung der Standeswaldungen. Wegen Unabkömmlichkeit des Standesrepräsentanten nahm an dessen Stelle Herr Richard Naier von Schruns an dieser Besichtigung teil. - Das Ergebnis dieser Besichtigung fand seinen Niederschlag in dem Erlass des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 11.9.1946 Zl. prs. 810/2 über die Einsetzung eines Sonderbeauftragten für die Holzaufbringung in Montafon. Als Sonderbeauftragter wurde der Landesforstmeister Dipl. Ing. Dr. Rudolf Ender in Bregenz eingesetzt. - Eine Abschrift dieses Erlasses ist der Niederschrift als integrierender Bestandteil angeschlossen. Einige Tage nach Eingang dieses Erlasses fand zwischen dem Standesrepräsentanten und erschienenen Landesvertretern eine ausführliche Unterhandlung statt, der als Grundlage die durch den Erlass geschaffene neue verwaltungsrechtliche Situation diente. Der Standesrepräsentant verwahrte sich mit Nachdruck gegen die Beschuldigung des bewusst und überlegt gezeigten Abseitsstehens in der Erfüllung öffentlicher Pflichten, er wies vielmehr nach, dass dem Stand Montafon nicht die notwendige Unterstützung gewährt wurde (Bekleidung, Schuhe und erhöhte Lebensmittelrationen für die Holzarbeiter). Der Bau von Seilbahnen zur Erleichterung der Holzabfuhren aus nicht erschlossenen Waldungen wurde nicht ausreichend unterstützt, der Waldbesitzer [-2-] musste sich mit Notbehelfen zurechtfinden. Er brach die Verhandlungen ab und forderte die Vermittlung einer unmittelbaren Aussprache mit dem Landeshauptmann. - Diese fand am 20.9. d. Js. statt; sie wurde offen und ohne Vorbehalte geführt. Als Ergebnis wurde eine vorläufige Aussetzung der Anwendung des Erlasses erzielt, damit der Standesrepräsentant Gelegenheit hat, dem Standesausschuss Bericht zu erstatten und diese Körperschaft beschlussmässig Stellung nehmen kann. Beratung: a) Verwaltungsführung: Der Verwaltungsbeamte des Standes Montafon, Gemeindeinspektor Josef Ganahl/Schruns ist wegen schwerer Erkrankung ausser Dienst und wird seine Arbeit noch länger nicht aufnehmen können. Um verwaltungsmässige Stockungen zu vermeiden, ist die Einsetzung eines engeren Ausschusses für die Aufteilungsarbeiten der Holzschlägerung und die Vergebung von Schlagstellen in bringbaren Lagen in Tschagguns, Vandans, Bartholomäberg gefordert. b) Fachliche Planung der Holzaufbringung in den nächsten 2 Jahren: Der Abtransport des schon lange in der Alpe Wasserstuben/Silbertal liegenden gerüsteten Holzes muss noch in diesem Jahre erfolgen. In dem Waldteil Gafluna/Silbertal wird mit Unterstützung des Standes eine Seilbahn gebaut, die der Holzabfuhr dienen wird. Bürgermeister Kessler/Bartholomäberg stellt fest, dass es nicht angebracht ist, den Standesausschuss auszuschalten, wenn dem Stand Montafon nicht böser Wille vorgeworfen werden kann. Und diesen Vorwurf vermag mit Begründung und Recht niemand erheben. Die Art des Vorganges, die im Erlass vom 11.9.1946 zum Ausdruck kommt, ist ungesetzlich. Die Rechte des Standes Montafon müssen gesichert und dürfen nicht vergeben werden. Gegen den Versuch der Untergrabung der Selbständigkeit des Standes Montafon ist entschieden vorzugehen. Es muss mit Nachdruck weiter versucht werden, die entlegenen Waldungen mit Unterstützung des Landes Vorarlberg durch zweckmässigen Einsatz technischer Hilfsmittel besser zu erschliessen. c) Ausschaltung des Standesausschusses: Diese Maßnahme gleicht einer Diktatur; sie wird entschieden abgelehnt. Ein engerer Ausschuss unter Zuziehung des Bevollmächtigten des Landes Vorarlberg soll für die Erfüllung der Aufgabe des Standes Montafon sorgen. Eine Ausschaltung des Standesausschusses steht im Widerspruch zu den Interessen der Talschaft. Das Recht der Selbstverwaltung ist ein uraltes Recht der Montafoner, das sie sich nicht nehmen oder beschneiden lassen. d) Bürgermeister Wachter/Gaschurn vertritt die Auffassung, dass die Übereignung der Standeswaldungen auf die Gemeinden - also die Auflösung des Gemeinschaftsbesitzes - zu einer intensiveren Bewirtschaftungsweise und einer besseren Pflege führen würde. Er weist darauf hin, dass anlässlich der Aufnahme des Waldwirtschaftsplanes die Aufteilung der Standeswaldungen als Grund dieser grossen Arbeit angegeben wurde. Bürgermeister Kessler/Bartholomäberg bestätigt ebenfalls diese Feststellung und spricht für die Ausführugn derselben in der Zukunft. Beschluss: 1) Für die Dauer der Erkrankung des Sachbearbeiters, des Beamten Josef Ganahl, werden die Kassen- und Buchhaltungsarbeiten durch ein geschultes Organ der Spar- und Darlehenskasse für Montafon in Schruns ordnungsgemäss ausgeführt werden. Zur Unterstützung des Standesrepräsentanten wird ein engerer Arbeitsausschuss bestellt, der aus den Bürgermeistern der Gemeinden [-3-] Tschagguns, Vandans und Bartholomäberg besteht. Als Verbindungsglied zwischen diesem engeren Arbeitsausschuss und den Arbeitsstellen im Tal sorgt ein fachlich geeigneter, mit der Holzwirtschaft vertrauter, die Talverhältnisse kennender Standesbürger; ihn beruft der engere Arbeitsausschuss. 2) Die Landeshauptmannschaft für Vorarlberg ist zu bitten, für die Dauer des Bestehens ausserordentlicher Verhältnisse im Interesse der Erfüllung der durch die Zeitumstände bedingten erhöhten Pflichten unterstützend einen Berater zu ernennen, der dem engeren Arbeitsausschuss mit Rat und Hilfe zur Seite steht und die unmittelbare Verbindung zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Stand Montafon im allgemeinen öffentlichen Interesse - für die Dauer des bedingten Ausnahmezustandes - gewährleistet. 3.) Aufgabe des engeren Arbeitsausschusses, ergänzt durch den aufsichtsbehördlichen Berater, hat es zu sein, die in den Punkten 2 und 3 des Erlasses vom 11.9.1946 beschriebenen Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen. 4.) Dieser Beschluss ist der Landeshauptmannschaft für Vorarlberg, ergänzt durch eine ausführliche Darstellung der Talverhältnisse, mit der Bitte um Annahme zur Kenntnis zu bringen. Die Eingabe ist in einer Ausfertigung dieser Niederschrift als integrierender Bestandteil anzuschliessen. 5.) Dieser Punkt ist als vertraulich erklärt. Er behandelt die Beziehungen zur Forstbehörde in der gleichen Verwaltungsstufe. 3) Montafonerbahn Bludenz-Schruns - Verstaatlichung. Der Stand Montafon - das sind die 10 Talgemeinden - ist mit 51% Inhaber der Montafonerbahn Aktien; er hat also ein absolut entscheidendes Mitbestimmungsrecht am Bestand dieser Gesellschaft. Aus dem Kreise des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft ist die Frage zu hören, ob dieses Privatunternehmen nicht an den Staat verkauft werden sollte; es ist seit einigen Jahren aktiv, ein Umstand, der bei einem Eigentumswechsel für den Veräusserer sich vorteilhaft auswirken könnte. Wie lange die Aktivwirtschaft andauert, kann nicht gesagt werden, die Beantwortung dieser Frage hängt von der allgemeinen Entwicklung der Volkswirtschaft ab. Ein passives Unternehmen aber ist nur mit Nachteilen veräusserungswert. - Eine moderne Ausgestaltung des Bahnunternehmens (Oberbauarbeiten, Leitungserneuerung, Erneuerung des Fahrparkes usw.) erfordert den Einsatz grosser Mittel. Die Pläne zur Rekonstruktion sind ausgearbeitet. Beratung: Das eigene Bahnunternehmen, wenn es auch immer ein Sorgenkind der Talschaft war, hat sich für Montafon als verlässliches und sehr wichtiges Verkehrsunternehmen erwiesen. Die Tatsache, als Miteigentümer selbst maßgeblich über den Einsatz dieses Unternehmens mitbestimmen zu können, ist sehr wichtig, es hat immer die Gelegenheit bestanden, eine Berücksichtigung der taleigenen Bedürfnisse zu erreichen. - Wenn auch das Unternehmen in verschiedenen Teilen einer gründlichen Überholung bedarf und hierzu bedeutende Mittel notwendig sind, spricht dies nicht dafür, einen Verkauf in nähere Erwägung zu ziehen. Bürgermeister Kessler/Bartholomäberg stellt fest, dass ein Verkauf vom Standpunkt der Talschaft aus nicht als Vorteil anzusehen ist. Beschluss: Gegen die Fühlungnahme mit der Verwaltung der Staatseisenbahn wegen Verkauf der Montafonerbahn an diese ist nichts einzuwenden. Diese Fühlungnahme muss aber unter allen Umständen ohne jede Verbindlichkeiten für die Aktiengesellschaft sein. Die Interessen der Talschaft stehen absolut vor einem geldlichen Gewinn. [-4-] 4) Montafoner Hochjochbahn - Proponentenausschuss. Das Gesuch des Arbeits- und Gründungsausschuss der Montafoner Hochjochbahn in Schruns um Beteiligung des Standes Montafon am Proponentenausschuss dieses zu gründenden Unternehmens mit einem Beitrag von S 6 000.- wird zur Kenntnis genommen. Aufgabe und Ziel des Arbeitsausschusses ist es, durch die Erbauung einer Personalschwebebahn von Schruns zum Kreuzjochsattel am Kapelljochgebirgsstock bei Schruns den für die Talschaft Montafon als Lebensfaktor für die Bevölkerung so wichtigen Fremdenverkehr neu zu beleben und auszubauen und so eine gesunde wirtschaftliche Fortentwicklung zu fördern und zu gewährleisten. Das Land Vorarlberg, die Vorarlberger Illwerke A.Ges., die Gemeinde Schruns haben bereits aus öffentlichen Mitteln Beiträge zur Finanzierung der Vorarbeiten bewilligt. Beratung: Die Bedeutung des Personalseilbahn-Projektes wird allgemein erkannt. - Der Bürgermeister Kessler/Bartholomäberg und Wachter/Gaschurn nehmen zur allgemeinen Wirtschaftslage der bäuerlichen Bevölkerung Stellung und verkennen nicht, dass der Fremdenverkehr für alle Bevölkerungskreise von Wichtigkeit ist. Seine Förderung liegt im Interesse der Talschaft. Beschluss: Dem eingebrachten Ansuchen wird stattgegeben. Der Stand Montafon tritt dem Proponentenausschuss unter Zeichnung des erbetenen Beitrages bei. 5) Standesbürgerrecht-Verleihung Bürgermeister Kessler/Bartholomäberg stellt fest, dass in den Jahren nach 1938 der damalige Standesausschuss einer grösseren Anzahl von Personen das Standesbürgerrecht verliehen hat, ohne dass dabei die notwendige strenge Vorprüfung im Sinne des Holzsstatutes erfolgt sein dürfte. - Eine Nachprüfung dieser Verleihungen erachte er für notwendig. Beschluss: Die Beschlüsse in dieser Angelegenheit nach 1938 sind bei der nächsten Standesausschussitzung vorzulegen und nachzuprüfen.