19020710_lts010

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Letzte Änderung 02.07.2021, 19:08
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1902,lt1902,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 10. Sitzung am 10. Juli 1002 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. - Abwesend: Hochwst. Bischof und Dr. Schmid. Regierungsvertreter: Herr K. k. Statthaltereirat Levin Graf Schaffgotsch. Beginn der Sitzung 4 Uhr 10 Minuten nachmittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung und ersuche um die Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung dieses Protokolles eine Einwendung erhoben? Da dies nicht der Fall zu sein scheint, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Der Herr Abg. Dr. Schmid hat sich aus beruflichen Gründen für die heutige Sitzung bei mir entschuldigt. Dann habe ich dem h. Hause noch mitzuteilen, daß zufolge eines Landes-Ausschußbeschlusses vom heutigen Tage der Akt betreffend die Regulierung des Koblacher Kanales dem hohen Landtage in Vorlage gebracht wird. Nachdem wir uns in einer schon ziemlich vorgerückten Zeit befinden und eine Beschleunigung der Landtagsarbeiten nur zweckdienlich ist, so möchte ich, wenn keine Einwendung erfolgt, diesen Gegenstand der heutigen Tagesordnung vorausschicken und ihn in formeller Beziehung im dringlichen Wege dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zur Vorberatung und Berichterstattung zuweisen. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? Dies ist nicht der Fall, somit betrachte ich meine Anregung als mit Ihrer Zustimmung versehen. Wir kommen nun zu unserer heutigen Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Punkt der mündliche Bericht des Finanzausschusses über den Jahresbericht der 96 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. Landeshypothekenbank für das Jahr 1901. Ich erteile dem Herrn Abg. Nägele als Berichterstatter das Wort. Nagele: Ich habe mir den Bericht hierüber aufnotiert und ich glaube, daß ich selben hier zur Verlesung bringen kann: (liest) "Bericht des Finanzausschusses über den ihm in der IV. Landtagssitzung am 24. Juni d. J. zur Prüfung überwiesenen Jahresbericht der Laudeshypothekenbank für das Jahr 1901. Hoher Landtag! Der Finanzausschuß hat den Jahresbericht der Landeshypothekenbank für 1901 einer genauen Durchsicht unterzogen und hat sich durch die im Berichte aufgeführten Ziffern und die besonderen und befriedigenden Aufklärungen des Herrn Oberdirektors die volle Überzeugung verschafft, daß die Geschäftsgebarung d>r Landeshypothekenbank eine im Verhältnisse zur Größe des Landes ausgedehnte und gut geleitete ist. Das Geschäftsjahr kann umso eher als ein gutes bezeichnet werden, als sich ein Reingewinn von 2056 K 10 h ergeben hat, trotzdem diese Anstalt eine eigentlich nicht auf Gewinn berechnete Anstalt, sondern vielmehr als ein für die Bevölkerung des Landes Vorarlberg wohltätiges Institut zu betrachten ist. Der Finanzausschuß glaubt, von weiteren Auseinandersetzungen und so eher Umgang nehmen zu dürfen, als der Bericht der Landeshypothekenbank sämtlichen Mitgliedern des h. Landtages schon vor längerer Zeit zugekommen ist, und stellt daher den Antrag: "Der h. Landtag wolle den Jahresbericht der Landeshypothekenbank für das Jahr 1901 zur genehmigenden Kenntnis nehmen." Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Wenn niemand in derselben das Wort zu ergreifen wünscht, so kann ich zur Abstimmung schreiten. Der Antrag des Finanzausschusses lautet: (Verliest nochmals obigen Antrag.) Diejenigen Herren, die mit diesem Antrage einverstanden sind, bitte ich, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich werde Veranlassung treffen, daß dieser Bericht dem stenographischen Protokolle einverleibt werde. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über a) die Petition der Gemeinde Altenstadt und b) die zwei selbständigen Anträge der Herren Abgeordneten Jodok Fink und Genossen in Sachen der Heimatsgesetzgebung. Ich bitte den Berichterstatter Herrn Abg. Jodok Fink, das Wort zu nehmen. Jodok Fink: Hohes Haus! Ich werde mir zunächst erlauben, den Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, der noch nicht im Drucke vorliegt, zur Verlesung zu bringen. (Verliest Bericht und Antrag, Beilage XLVII.) Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, daß nach abgeführter Generaldebatte dann in die Spezialdebatte über diesen Gesetzentwurf eingegangen werde. Weiterer Ausführungen glaube ich mich vorläufig enthalten zu können. Landeshauptmann: Ich habe hier zu bemerken, daß wegen der Kürze der Zeit der Bericht und auch der Gesetzentwurf nicht mehr gedruckt werden konnte. Infolgedessen habe ich Veranlassung getroffen, daß der Gesetzentwurf in der Kanzlei vervielfältigt und dann den Herren Abgeordneten vorgelegt wurde. Selbstverständlich werden Bericht und Gesetzentwurf noch in Druck gelegt und mit einer eigenen Beilagenummer dem stenographischen Protokolle einverleibt werden. Ich möchte mir hier jetzt schon die Anregung erlauben, in anbetracht des Umstandes, daß der Gesetzentwurf erst gedruckt werden muß, von der Vornahme der dritten Lesung in der heutigen Sitzung Umgang zu nehmen, weil dort noch Druckfehler- und sonstige Korrekturen zulässig sind, was dann, wenn der Gesetzentwurf einmal gedruckt vorliegt, erfolgen kann. Ich eröffne nunmehr über den Gesetzentwurf und den Bericht selbst die Generaldebatte. Wegeler: Ich muß bemerken, daß mir kein autographierter oder hektographierter Bericht zugekommen ist. X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. 97 Landeshauptmann: Ein Bericht ist den Herren auch nicht zugestellt worden, sondern es wurde nur der Gesetzentwurf vervielfältigt. Wer wünscht noch weiter in der Generaldebatte das Wort zu nehmen? Wenn sich niemand mehr meldet, so gehen wir zur Spezialdebatte über. Es wird sich selbstverständlich empfehlen, wenn der Herr Berichterstatter die einzelnen Paragraphe verliest, weil dieser Gesetzentwurf erst kurze Zeit in den Händen der Herren Abgeordneten ist. Jodok Fink: (Liest § 1, Beilage XLVII A) Landeshauptmann: Wer wünscht zu § l das Wort? Wenn niemand sich zum Worte meldet, nehme ich an, daß § 1 in dieser Fassung die Zustimmung des hohen Hauses gefunden hat. Jodok Fink: (Liest § 2.) Landeshauptmann: Wer wünscht bei § 2 das Wort zu nehmen? Wenn sich niemand meldet, erkläre ich denselben als angenommen. Jodok Fink: (Liest § 3) Landeshauptmann: Hier dürfte vielleicht eine kleine Korrektur am Platze sein, nämlich "innerhalb der Grenzen" statt "innerhalb den Grenzen". Wenn keine andere Bemerkung erfolgt und der Herr Berichterstatter gegen diese Korrektur nichts einzuwenden findet, so erkläre ich § 3 als angenommen. Jodok Fink: (Liest § 4.) Landeshauptmann: § 4 ist, da kein Einspruch erfolgt, angenommen. Jodok Fink: (Liest § 5.) Hier soll es wohl heißen: "Mein Minister des Innern". Landeshauptmann: § 5 ist, wenn keine Einwendung erhoben wird, mit der vom Herrn Berichterstatter vorgenommenen Änderung, wonach es heißen soll: "Mein Minister des Innern" angenommen. Jodok Fink: (Liest Titel und Eingang des Gesetzentwurfes.) Landeshauptmann: Hier ist ein "n" ausgeblieben, es muß heißen: "von Ausländern." Dressel: Nach den Worten "nachweisbar ist" soll ein Beistrich stehen! Landeshauptmann: Titel und Eingang des Gesetzentwurfes sind, wenn keine Einwendung erfolgt, mit den von Herrn Abg. Dressel und mir vorgenommenen Korrekturen sonach angenommen. Die dritte Lesung des Gesetzentwurfes wird verschoben, bis derselbe dem hohen Hause gedruckt vorliegt. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der Errichtung einer gewerblichen Fachschule im Lande Vorarlberg. Ölz: Ich bitte um das Wort zur formellen Behandlung dieses Gegenstandes und stelle den Antrag, daß dieser Gegenstand von der heutigen Tagesordnung abgesetzt und nochmals dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zur Beratung überwiesen werde. Landeshauptmann: Ich muß über diesen formellen Antrag die Abstimmung einleiten. Wer wünscht in formeller Beziehung hier das Wort zu ergreifen? Köhler: Ich habe mir bei diesem Gegenstände das Wort zur Abgabe einer Erklärung erbitten wollen, da das aber nicht zur formellen Behandlung gehört, muß ich vorläufig darauf verzichten. Landeshauptmann: Da sonst niemand das Wort zu ergreifen wünscht, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, die dem Antrage des Herrn Abg. Ölz beistimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. 98 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. Vierter Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der Petition der Gemeinde Fußach wegen Abhilfe ihrer Trinkwasserkalamität. Berichterstatter für diesen Gegenstand ist der Herr Abg. Bösch, und ich erteile ihm das Wort. Bösch: Wenn niemand von den Herren etwas einwendet, werde ich von der Verlesung des Berichtes Umgang nehmen und mit wenigen Worten die Sache einbegleiten. Der Tenor des ganzen Berichtes richtet sich dahin, daß die Gemeinde Fußach infolge der durch die Ausführung der Rheinkorrektion bedingten Ableitung der Dornbirner Ach sehr schwer betroffen wurde und um ihr Trink- und Nutzwasser gekommen ist, so daß die Gemeinde in Bezug auf ihre wirtschaftliche Lage sehr geschädigt wurde. Es ist, wie bereits im Berichte ausgeführt ist, eine geschichtliche Tatsache und aus den damaligen Verhandlungen klar ersichtlich, daß die Vertreter der Gemeinde Fußach sich rechtzeitig bei den gepflogenen seinerzeitigen wasserrechtlichen Verhandlungen gemehrt und ihre diesbezügliche Erklärung auch in einem Protokolle niedergelegt haben, eben weil sie gleich voraussahen, welch' großer Nachteil der Gemeinde durch die Ableitung der Ach erwachsen werde. Damals wurde den Vertretern der Gemeinde zugesichert, daß die Trinkwasserversorgung durch Anlage von geschlagenen oder gegrabenen Brunnen erfolgen werde, leider aber hat sich diese Art der Wasserversorgung nicht bewährt. Jedenfalls liegt die Ursache darin, daß der Grund nicht vom Rhein angeschwemmt worden ist, sondern aus Moor und Seeschlamm besteht. In den Rheingemeinden gibt es z. B. viele Orte, wo ein ganz leidliches Trinkwasser zu haben ist, das ist aber nur in jenen Gemeinden oder Parzellen der Fall, deren Boden mit dem Rhein in Verbindung steht, was aber bei Fußach ganz und gar nicht zutrifft. Nachdem nun die Dornbirner Ach abgeleitet war, so war auf einmal nur mehr das Sickerwasser aus dem Moor- und Schlammgrunde vorhanden und die Brunnen, die alten sowohl wie die neuen, führten meistenteils fast gar kein Wasser mehr. Infolgedessen muß schon seit bereits 3 Jahren, seit 1899 für die Gemeinde Fußach das Trinkwasser aus der Gemeinde Hard in Fässern auf Fuhrwerken zugeführt werden. Da kann man nun oft hören, daß die Leute, die nicht direkt an der Straße wohnen - ein Faß reicht natürlich für ungefähr 100 Familien nicht aus - oft zwei bis drei Tage kein frisches Wasser haben. Dies ist besonders an Sonn- und Feiertagen sehr oft der Fall. Ein solcher Zustand ist aber wirklich bedauerlich, und ich bin der Ansicht, daß es der Wunsch aller Landesvertreter sein müsse, diesem Übelstande baldmöglichst abzuhelfen. Die Gemeinde Fußach ist dann aber auch mit Entscheidung der k. k. Bezirkshauptmannschaft zu den halben Kosten der Wasserleitungsanlagen verurteilt worden. Sie hat aber geglaubt, diese Last nicht ertragen zu können und hat daher den Rekurs ergriffen. Die k. k. Statthalterei aber hat einfach erklärt, daß die Gemeinde an dem Achwasser gar kein Anrecht habe, weil die Dornbirner Ach ein öffentlicher Fluß sei. Nun ist aber die Dornbirner Ach schon viele Jahrhunderte vorher ein öffentlicher Fluß gewesen, bevor noch unsere wasserrechtlichen Gesetze entstanden sind. Die Gemeinde Fußach ist, wie aus der Geschichte des Landes hervorgeht, eine der ältesten Gemeinden Vorarlbergs, und die Ansiedlung hat in jener Zeit jedenfalls der Wasserversorgung wegen an den Ufern der Ach stattgefunden. Es ist daher nur billig und recht, wenn man der Gemeinde Fußach einen Ersatz gibt für das Trink- und Nutzwasser, das ihr entzogen wurde. Wenn- auch die Wasserversorgung der Gemeinde Fußach nicht besonders gut gewesen sein mag, so war sie doch so, das die Gemeinde ihr Fortkommen dabei fand. Die Zuleitung von gutem Trink- und Nutzwasser kommt aber sehr hoch zu stehen, nämlich auf zirka 80.000 K. Es ist aber doch selbstverständlich, daß die Gemeinde Fußach nicht zu einem über ihre Kräfte hinausgehenden Beitrag verpflichtet werden kann; vielmehr ist es Sache des Rheinbauunternehmens, daß es wenigstens zum größten Teile die Wasserleitungskosten bezahle. Es ist mir dann auch mitgeteilt worden, es solle die Gemeinde Fußach einen Brunnenwasserfond haben. Ich habe mich in dieser Angelegenheit erkundigt und schließlich im Gemeindeinventar gefunden, daß im Jahre 1842 der damalige Fabriksbesitzer für die Einleitung des Lustenauer Kanals X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. 99 in den Fabrikskanal, der Gemeinde Fußach 850 Gulden Reichswährung bezahlt habe. Ich habe mich auch an die Gemeindevorstehung von Fußach gewendet, und es wurde mir von derselben mitgeteilt, daß sich der Brunnenwasserfond auf 1750 K belaufe. Wie die Interessen dieses Geldbetrages verwendet wurden, konnte der Gemeindevorsteher selbst nicht genau sagen, jedenfalls seien sie teilweise zum Brunnenbau verwendet worden, jetzt besteht, wie schon gesagt wurde, im Inventar eine Passivpost von 875 st., d. h. die Gemeinde ist dem Wasserbaufonde dieses Kapital schuldig. Wenn dieser Betrag seit dem Jahre 1842 zinstragend angelegt gewesen wäre, wäre er allerdings bis heute zu einem anständigen Fonde herangewachsen. Es wird aber, wie ich glaube, jedem einleuchten, daß die Gemeinde Fußach damals schon überlegt haben wird, woher sie ein gutes Trinkwasser beziehen könne, und was es koste, und sie wird zu dem Entschlüsse gekommen sein, daß diese 800 fl. wohl ein kleiner Schadenersatz, - nicht aber ein Kapital seien, mit dem daran gedacht werden könnte, Trinkwasser für die ganze Gemeinde zu beschaffen, und deshalb wird der Fond auch nicht separat verwaltet oder im Interesse der vollen Erstellung der Brunnen und der Erhaltung der Stiegen, welche zur Wassergewinnung notwendig, sind, verwendet worden sein. Eine weitere Auskunft über diesen Punkt kann ich nicht geben. Aus diesen Gründen ist der volkswirtschaftliche Ausschuß zur Anschauung gelangt, daß der Gemeinde Fußach geholfen werden müsse, wie auch der Landes-Ausschuß bereits früher ein Unterstützungsgesuch an das Ministerium des Innern gelangen ließ, betreffs dessen eine Erledigung bis heute noch nicht erflossen ist. Es stellt also der volkswirtschaftliche Ausschuß folgenden Antrag: (Liest denselben aus Beilage XLIV.) Landeshauptmann: Wer wünscht über Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses das Wort zu ergreifen? Nagele: Die Rheinregulierung hatte, wie im Berichte hervorgehoben ist, die notwendige Folge, daß die Gemeinde Fußach infolge der Ableitung der Dornbirner Ach, aus welcher sie durch Jahrhunderte das Trink- und Nutzwasser bezogen hatte. dieses verlor. Das ließ sich nun allerdings nicht anders machen, denn weint eine Änderung in dem Laufe eines Flusses herbeigeführt wird, muß alles, was ein Hindernis bildet, entfernt werden. Sonderbar bei solchen Unternehmungen ist aber das, daß man einer Gemeinde ein Recht, das für dieselbe " von großem Werte ist, ohne irgend welchen Ersatz einfach wegnehmen kann, wie dies tatsächlich bei der Gemeinde Fußach der Fall ist. Es ist dies mehr als merkwürdig, umsomehr, als Fußach, seit die Rheinregulierung beschlossen war, und die Verhandlungen bezüglich der Altsprüche eingeleitet wurden, immer bestrebt war, ihr Recht zu wahren und eine Entschädigung zu erlangen. Sie hat sich diesbezüglich natürlich auch an die Behörden gewendet. Durch Entscheidung der k. k. Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wurden die Kosten, die durch die Neubeschaffung des entzogenen Wassers erwachsen, der Gemeinde Fußach bis zur Hälfte auferlegt, was immerhin als sehr scharf bezeichnet werden kann. Ganz unbegreiflicher Weise hat dagegen die k. k Statthalterei die Gemeinde Fußach mit ihrem Ansprüche auf Schadenersatz ganz abgewiesen mit der Begründung, die Dornbirner Ach sei ein öffentliches Gewässer. Dies ist mehr als merkwürdig. Vielleicht ist Fußach gerade wegen der Ach dorthin gebaut worden, wo es heute steht, damit das Wasser benützt werden könne. Ich hoffe, das; die hohe Regierung in dieser Beziehung gerechter handeln werde als die k. k. Statthalterei. Auf die k. k. Statthalterei könnte angewendet werden, was unser Heiland zu den Jüngern von den Pharisäern gesagt hat, nämlich: "Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen." (Heiterkeit.) Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Regierungsvertreter: Ich möchte nur mit kurzen Worten die k. k. Statthalterei in Schutz nehmen. Die k. k. Statthalterei gönnt der Gemeinde Fußach jedenfalls ihr Trink- und Nutzwasser, aber in diesem Falle hat es sich, wie das immer zutrifft, wenn ein Recht beansprucht wird, darum gehandelt, zu untersuchen, ob der Bestand eines Rechtstitels geltend gemacht werden kann. Es ist kein Zweifel, 100 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. daß die Gemeinde Fußach durch die Entziehung des Nutzwassers einen bedeutenden Schaden in Bezug auf die öffentlichen Bedürfnisse erlitten hat. Was aber das Trinkwasser insbesondere anlangt, so zeigt die Geschichte der Gemeinde Fußach, daß schon seit langen Jahren bestritten wird, daß das Achwasser ein gutes Trinkwasser war. Ich erinnere mich noch aus früherer Zeit, daß sich die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch öfters veranlaßt fand, die Gemeinde Fußach darauf aufmerksam zu machen, daß das Wasser aus der Ach ein sanitätswidriges Trinkwasser sei. Bekanntlich war es früher in Fußach gebräuchlich, das Wasser nicht direkt aus der Ach her zu gebrauchen, sondern man mußte das Achwasser zuerst abstehen lassen, um es überhaupt genießen zu können. Ich kann mich auch erinnern, daß zu einer Zeit, als viele italienische Arbeiter in Fußach beschäftigt waren, diese die ortsgebräuchliche Vorsicht nicht beobachteten, und daß infolgedessen der Typhus dort ausbrach. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat wiederholt darauf hingewiesen, daß diese Trinkwasserfrage endlich einmal gelöst werden müsse. Die Gemeinde Fußach hat bereits im Jahre 1843 einen, wenn auch kleinen Fond zur Beschaffung von gesundem Trinkwasser bekommen und hätte denselben anwachsen "lassen können, sie hat es aber, wie es scheint, nicht getan. Auf andere Weise ist Fußach auch nicht bedacht gewesen, die Trinkwasserversorgung zu verwirklichen. Es kann sich also, wenn von einer Schädigung der Gemeinde Fußach die Rede ist, nicht sowohl um die Trinkwasserfrage handeln, als vielmehr um ihre Versorgung, mit Wasser für die Viehtränke, für das Feuerlöschwesen, mit Waschwasser und nur unter Anwendung besonderer Vorsicht um zum Kochen bestimmtes Wasser. Die Staatsbehörden haben, wie Sie teilweise aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters und selbst aus denen des Herrn Abg. Nägele entnehmen konnten, wohl erkannt, daß man der Gemeinde Fußach in irgend einer Weise für das, was ihr aus öffentlichen Rücksichten entzogen worden ist, entgegenkommen müsse. Es ist aber eine verschiedene Frage, ob dies aus Gründen des verbrieften Rechtes oder aus Billigkeitsrücksichten zu geschehen habe. Wenn auch bisher die Staatsbehörde entschieden hat, daß die internationale Rheinregulierung auf dem Wege des Rechtes nicht verpflichtet werden könne, irgend einen Ersatz zu leisten, so hat sie schon lange durch ihr Verhalten doch das Bestreben kundgetan, der Gemeinde aus Billigkeitsrücksichten einen Ersatz zu verschaffen. Es ist ja auch bekannt geworden, daß die Behörden neuerdings Mittel und Wege in Erwägung zogen, wie man der Gemeinde Fußach aus Gründen der Billigkeit eine Entschädigung zukommen lassen könne. Ich glaube also, daß es doch nicht angeht, das Beispiel von dem Pharisäer heranzuziehen; sondern, wenn man schon im biblischen Bilde bleiben will, könnte man mit mehr Recht das Beispiel des barmherzigen Samaritans anführen. Nagele: Ich habe noch auf die Gründe, welche der Herr Regierungsvertreter vorgebracht hat, zu erwidern. Der geehrte Herr Negierungsvertreter hat also gesagt, was auch nicht bestatten werden kann, Fußach habe nie ein gutes Trinkwasser gehabt. Ich gebe zu, daß es hätte besser sein können, aber hundert und hundert Jahre hat Fußach kein anderes Trinkwasser gehabt und hat doch existiert. Dann sei auch einmal der Typhus ausgebrochen; nun was das anbetrifft, weiß man ja, wenn irgendwo einmal eine epidemische Krankheit ausbricht, dann muß immer ein Grund ausfindig gemacht werden, ob er stichhaltig ist oder nicht, ist eine andere Frage. Ob das auch damals der Fall war, weiß ich nicht, obwohl ich mich sonst noch gut an die Zeit erinnern kann, wo, wie der Herr Regierungsvertreter sagte, in Fußach der Typhus ausgebrochen ist; damals war der hohe Seestand daran schuld, weil das Wasser beim Zurückgehen einen üblen Geruch zurückließ, aber das ist seither wiederholt vorgekommen, ärger als damals, und es ist doch kein Typhus ausgebrochen. Der Herr Regierungsvertreter hat dann auch gesagt, die Statthalterei sei eher der barmherzige Samaritan als der Pharisäer; da muß ich erwidern, daß wenn einmal eine solche Notlage mit dem Trink- und Nutzwasser da ist wie in Fußach, wo das Wasser geradezu eine Existenzfrage ist, so hätte die Statthalterei Mittel und Wege zu einem Ausgleich finden können, wenn die Gemeinde Fußach auch keinen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung hätte. Aber die Statthalterei hätte das doch können anbahnen und insoweit die eigenen Mittel nicht hingereicht hätten, wäre man vielleicht X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 8. Periode 1902. 101 an das Land herangetreten, und so hätte dann Fußach nicht so lange in dieser Lage sein müssen. Von großer Barmherzigkeit seitens der Statthalterei kann ich also da nicht viel bemerken! Regierungsvertreter: Ich bitte um das Wort, aber nur zu einer kurzen Bemerkung! Ich habe nicht behaupten wollen, daß der Typhus gerade dadurch allein entstanden sei, daß man dieses Wasser getrunken habe, sondern ich habe nur gesagt, daß man damals die gewöhnliche Vorsicht nicht gebraucht hat, als der Typhus ausgebrochen ist. Es beweist doch, daß es kein gutes Trinkwasser sein kann, wenn man derartige Vorsichtsmaßregeln anwenden muß. Landeshauptmann: Wenn sich niemand mehr zum Worte meldet, ist die Debatte geschlossen. Hat der Berichterstatter noch etwas beizufügen? Bösch: Viel habe ich nicht mehr beizufügen. Es ist in der Debatte die Güte des Trinkwassers von Fußach berührt worden; ich bin da der Meinung, wenn die Gemeinde auch in früheren Jahrhunderten ein gutes Trinkwasser gehabt hätte, so ist es ihr doch immer verschlechtert worden durch das Abwasser von den Fabriken, welche erst in späteren Jahrhunderten entstanden sind, und ich gebe ja zu, daß es später nicht immer gerade ganz "koscher" gewesen ist. Jedoch glaube ich, daß das auch von der Witterung herrührt, z. B. im Sommer beim Hochstand der Ach infolge von größeren Niederschlügen, wo das Wasser der Ach trüb läuft, da mag das der Fall sein. Ich kenne die Dornbirner Ach doch wenigstens seit 20-30 Jahren, - ich komme oft nach Fußach -, und da habe ich beobachtet, daß sie doch im Winter ziemlich helles Wasser gehabt haben, und auch im Sommer war dasselbe ganz ordentlich, wenigstens nicht so, daß man es hätte so behandeln müssen, wie der Herr Regierungsvertreter gesagt hat. Im übrigen habe ich nichts mehr beizufügen und bitte den hohen Landtag um Annahme des Antrages. Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses betreffend die Angelegenheit der Abänderung des Reichsgesetzes über die grundbuchsrechtlichen Sonderbestimmungen in Bezug auf die Wegservituten. Hier Möchte ich über Wunsch des Herrn Obmannes des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Anregung machen, daß die Sitzung auf eine Viertelstunde unterbrochen werde, damit der volkswirtschaftliche Ausschuß in dieser Angelegenheit nochmals zu einer kurzen Sitzung zusammentreten kann. Ich unterbreche also die Sitzung auf eine Viertelstunde! Kohler: Ich lade die Herren des volkswirtschaftlichen Ausschusses zu einer kurzen Sitzung ein! (Die Sitzung wird unterbrochen; nach Wiederaufnahme derselben:) Landeshauptmann: Die Sitzung ist wieder eröffnet! Der volkswirtschaftliche Ausschuß hat sich dafür entschieden, daß über den vorliegenden Gegenstand der Tagesordnung mündlich Bericht erstattet werden solle. Ich erteile daher dem Herrn Abg. Ölz als Berichterstatter das Wort. Ölz: Wie allgemein bekannt haben die Grundbuchsanlegungsarbeiten gut vor Jahresfrist im Lande Vorarlberg begonnen. Leider sind bis jetzt seitens der Regierung nur zwei Grundbuchskommissäre ernannt. Da die Anlegung eine höchst zeitraubende ist, so steht es außer Zweifel, daß die allgemeine Einführung des Grundbuches im Lande Jahrzehnte nicht erfolgen kann, wenn nicht mehr Kommissäre ernannt werden. Unsere Reichsratsabgeordneten und der Herr Landeshauptmann sind hierwegen bei der Regierung vorstellig geworden und haben gebeten, daß für jedes Gericht wenigstens ein Kommissär ernannt werde. Hoffentlich wird dieser Wunsch der Herren Abgeordneten, der sich mit den Wünschen des Landes 102 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. deckt, bald Erfüllung finden und werden mehrere Grundbuchskommissionen ins Land kommen! Bei dieser Gelegenheit hat sich auch herausgestellt, daß in den Gemeinden Hohenweiler und Hörbranz die Eintragung der Wegservituten, die gesetzlich vorgesehen ist, ziemlich bedeutende Schwierigkeiten macht. Es kommen Fälle vor, wo auf eine Parzellennummer vielleicht 20 oder noch mehr Wegservituten zur Eintragung kommen. Es ist selbstverständlich, daß, wenn auf dem Lastenblatte nebst den Hypotheken auch alle diese Wegservituten vorkommen, die Übersichtlichkeit fehlt. Das ist außer allem Zweifel. Der Grundbuchskommissär hat infolgedessen eine Eingabe an den Landtag gemacht, in welcher er in sieben Punkten die Schwierigkeiten, die sich da ergeben, weiter beleuchtet und dargelegt hat. Er regte an, ob es nicht angezeigt wäre, das bestehende Reichsgesetz und das entsprechende Vorarlberger Grundbuchsgesetz in der Weise abzuändern, wie es Tirol hat, oder aber vielleicht in dem Sinne, wie es in Deutschland eingeführt ist. Wir haben nun im volkswirtschaftlichen Ausschusse diesen Gegenstand einer reiflichen Beratung unterzogen und haben zu diesen Beratungen auch den Herrn Grundbuchsführer Gerichtssekretär Schöpf eingeladen. Wir haben dort die verschiedenen Gründe pro und contra gehört, und schließlich sind wir zu dem Entschlüsse gekommen, man wolle von einem Fachmanne in dieser Sache, Herrn Hofrat von Falser, ein Gutachten abverlangen. Dasselbe ist dieser Tage eingetroffen; in diesem Gutachten stellt sich der Herr von Falser jedenfalls mehr auf die Seite des Herrn Grundbuchskommissärs. Er sagt nämlich, es seien jedenfalls viele Unzukömmlichkeiten mit diesen Wegservituten verbunden, wenn dieselben alle aufgenommen werden. Nun scheint uns aber die Sache so zu liegen und von so großer Bedeutung zu sein, daß wegen der Kürze der Session die Sache nicht mehr genug erörtert werden kann und nicht spruchreif wird. Der volkswirtschaftliche Ausschuß hat deshalb beschlossen, dem hohen Hause folgenden Antrag zu stellen: (liest) "Der Landes-Ausschuß wird beauftragt, in Sachen der Eingabe des Grundbuchskommissärs, Gerichtssekretärs Schöpf betreffend Aufnahme der Wegservituten in das Grundbuch weitere Erhebungen zu pflegen, mit der Regierung zu unterhandeln und dem Landtage in nächster Session Bericht zu erstatten." Ich bitte das hohe Haus, diesem Antrage zuzustimmen. Landeshauptmann: Die Herren haben den Antrag, wie er vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse dem hohen Hanse gestellt wird, vernommen. Wünscht noch jemand in dieser Angelegenheit das Wort zu nehmen? Dies ist nicht der Fall, somit werde ich zur Abstimmung schreiten. Der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses lautet: (verliest nochmals obigen Antrag.) Ich ersuche jene Herren, welche demselben zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dieser Gegenstand ist somit erledigt; den nächstfolgenden Gegenstand nämlich den Bericht des Landes-Ausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die Realschulen setze ich von der heutigen Tagesordnung ab und werde denselben auf die Tagesordnung der Dienstagsitzung setzen, wobei ich mir gleichzeitig zu bemerken erlaube, daß wenn von keiner Seite ein diesbezüglicher Antrag gestellt oder ein Wunsch geäußert wird, daß der Gegenstand einem Ausschüsse zugewiesen werde, ich denselben in der Mittwochsitzung direkt mit Umgehung der Ausschußberatung in Verhandlung ziehen werde. Wird eine Einwendung gegen diese meine Anregung gemacht? Dies ist nicht der Fall, somit bleibt es dabei, was ich gesagt habe. Die letzten zwei Gegenstände der Tagesordnung, das sind die zwei Berichte des Finanzausschusses in Personalien werde ich in vertraulicher Sitzung behandeln lassen. Vorher aber werde ich den Herren noch die nächste Sitzung und deren Tagesordnung bekanntgeben: dieselbe findet morgen vormittags 10 Uhr statt mit nachstehender Tagesordnung: 1. Bericht des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses; X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 8. Periode 1902. 103 2. Bericht des Finanzausschusses über den Boranschlag des Landesfondes pro 1902; 3. Bericht des Finanzausschusses über den Boranschlag und die Jahresrechnung der Landesirrenanstalt Valduna. Die Berichte ad 2 und 3 sind den Herren schon gestern zugestellt worden, der Bericht ad 1 heute im Verlaufe der Sitzung. Ich schließe also die öffentliche Sitzung und wird das hohe Haus nach einer kurzen Pause die vertrauliche Sitzung abhalten. (Schluß der öffentlichen Sitzung 5 Uhr 15 Minuten nachmittags.) Druck v. J. N. Teutsch, Bregenz. Ararl'öerger Landtag. _ 10. Sitzung am 10. Juli 1003 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. -------------- Z-W-K-------------- Gegenwmtig 19 Aligeor-nete. — Abwesend: Hochmst. Kischof und Dr. Schmid. Negiernngsvertreker: Herr k. k. Htatthaltereirat Levin Graf Hchaffgotsch. Beginn der Sitzung 4 Uhr 10 Minuten nachmittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung und ersuche um die Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung dieses Protokolles eine Einwendung erhoben? — Da dies nicht der Fall zu sein scheint, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Der Herr Abg. Dr. Schmid hat sich ans beruflichen Gründen für die heutige Sitzung bei mir entschuldigt. Dann habe ich dem h. Hause noch mitzuteilen, daß zufolge eines Landes-Ansschnßbeschlusses vom heutigen Tage der Akt betreffend die Regulierung des Kovlacher Kanales deni hohen Landtage in Vorlage gebracht wird. Nachdem wir uns in einer schon ziemlich vorgerückten Zeit befinden und eine Beschleunigung der Landtagsarbeiten nur zweckdienlich ist, so möchte ich, wenn keine Einwendung erfolgt, diesen Gegen­ stand der heutigen Tagesordnung vorausschicken und ihn in formeller Beziehung im dringlichen Wege dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vor­ beratung und Berichterstattung zuweisen. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Dies ist nicht der Fall, somit betrachte ich meine Anregung als mit Ihrer Zustimmung ver­ sehen. Wir kommen nun zu unserer heutigen Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Punkt der mündliche Bericht des Finanzaus­ schusses über den Jahresbericht der 96 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Landeshypothekenbank für das Jahr 1901. Ich erteile dem Herrn Abg. Nägele als Berichterstatter das Wort. Nägele: Ich habe mir den Bericht hierüber aufnotiert und ich glaube, daß ich selben hier zur Verlesung bringen kann: (liest) „Bericht des Finanzausschusses über den ihm in der IV. Landtagssitzung am 24. Juni d. I. zur Prüfung überwiesenen Jahresbericht der Landeshypothekenbank für das Jahr 1901. Hoher Landtag! Der Finanzausschuß hat den Jahresbericht der Landeshypothekenbank für 1901 einer genauen Durchsicht unterzogen und hat sich durch die im Berichte aufgeftthrteu Ziffern und die besonderen und befriedigenden Aufklärungen des Herrn Ober­ direktors die volle Überzeugung verschafft, daß die Geschäftsgebarung d>r Landeshypothekenbank eine im Verhältnisse zur Größe des Landes aus­ gedehnte und gut geleitete ist. Das Geschäftsjahr kann umso eher als ein gutes bezeichnet werden, als sich ein Reingewinn von 2056 K 10 h er­ geben hat, trotzdem diese Anstalt eine eigentlich nicht auf Gewinn berechnete Anstalt, sondern viel­ mehr als eilt für die Bevölkerung des Landes Vorarlberg wohltätiges Institut zu betrachten ist. Der Finanzausschuß glaubt, von weiteren Aus­ einandersetzungen um so eher Umgang nehmen zu dürfen, als der Bericht der Landeshypothekenbank sämtlichen Mitgliedern des h. Landtages schon vor längerer Zeit zugekommen ist, und stellt daher den Antrag: „Der h. Landtag wolle den Jahresbericht der Landeshypothekenbank für das Jahr 1901 zur genehmigenden Kenntnis nehmen." Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. — Wenn niemand in derselben das Wort zu er­ greifen wünscht, so kann ich zur Abstimmung schreiten. Der Antrag des Finanzausschusses lautet: (Verliest nochmals obigen Antrag.) Diejenigen VI. Session der 8. Periode 1902. Herren, die mit diesem Anträge einverstanden sind, bitte ich, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich werde Veranlassung treffen, daß dieser Bericht dem stenographischen Protokolle einverleibt werde. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über a) die Petition der Gemeinde Altenstadt und b) die zwei selbständigen Anträge der Herren Ab­ geordneten Jodok Fink und Genossen in Sachen der Heimatsgesetzgebung. Ich bitte den Berichterstatter Herrn Abg. Jodok Fink, das Wort zu nehmen. Jodok Fink: Hohes Haus! Ich werde mir zunächst erlauben, den Bericht des volkswirtschaft­ lichen Ausschusses, der noch nicht im Drucke vor­ liegt, zur Verlesung zu bringen. (Verliest Bericht und Antrag, Beilage XLVtl.) Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, daß nach abgeführter Generaldebatte dann in die Spezial­ debatte über diesen Gesetzentwurf eingegangen werde. Weiterer Ausführungen glaube ich mich vorläufig enthalten zu können. Landeshauptmann: Ich habe hier zu be­ merken, daß wegen der Kürze der Zeit der Bericht und auch der Gesetzentwurf nicht mehr gedruckt werden konnte. Infolgedessen habe ich Veranlassung getroffen, daß der Gesetzentwurf in der Kanzlet vervielfältigt und dann den Herren Abgeordneten vorgelegt wurde. Selbstverständlich werden Bericht und Gesetzentwurf noch in Druck gelegt und mit einer eigenen Beilagenummer den« stenographischen Protokolle einverleibt werden. Ich möchte mir hier jetzt schon die Anregung erlauben, in anbetracht des Umstandes, daß der Gesetzentwurf erst gedruckt werden muß, von der Vornahme der dritten Lesung in der heutigen Sitzung Umgang zu nehmen, weil dort noch Druckfehler- und sonstige Korrekturen zulässig sind, was dann, wenn der Gesetzentwurf einmal gedruckt vorliegt, erfolgen kann. Ich er­ öffne nunmehr über den Gesetzentwurf und den Bericht selbst die Generaldebatte. Wegeler: Ich muß bemerken, daß mir kein autographierter oder hektographierter Bericht zuge­ kommen ist. X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Landeshauptmann: Ein Bericht ist den Herren auch nicht zugestellt worden, sondern es wurde nur der Gesetzentwurf vervielfältigt. Wer wünscht noch weiter in der Generaldebatte das Wort zu nehmen? — Wenn sich niemand mehr meldet, so gehen wir zur Spezialdebatte über. Es wird sich selbstverständlich empfehlen, wenn der Herr Berichterstatter die einzelnen Paragraphe verliest, weil dieser Gesetzentwurf erst kurze Zeit in beit Händen der Herren Abgeordneten ist. Jodok Fink: (Liest § 1, Beilage XI, VII VI. Session der 8. Periode 1902. 97 erstatter vorgenommenen Änderung, wonach es heißen soll: „Mein Minister des Innern" ange­ nommen. Jodok Fink: (Liest Titel und Eingang des Gesetzentwurfes.) Landeshauptmann: Hier ist ein „n" ausge­ blieben, es muß heißen: „von Ausländern." Dressel: Nach den Worten „nachweisbar ist" soll ein Beistrich stehen! ) Landeshauptmann: Wer wünscht zu § I das Wort? — Wenn niemand sich zum Worte meldet, nehme ich an, daß § 1 in dieser Fassung die Zustimmung des hohen Hauses gefunden hat. Jodok Fink: (Liest § 2.) Landeshauptmann: Wer wünscht bei § 2 das Wort zu nehmen? — Wenn sich niemand meldet, erkläre ich denselben als angenommen. Jodok Fink: (Liest § 3 ) Landeshauptmann: Hier dürfte vielleicht eine kleine Korrektur am Platze sein, nämlich „innerhalb der Grenzen" statt „innerhalb den Grenzen". Wenn keine andere Bemerkung erfolgt und der Herr Berichterstatter gegen diese Korrektur nichts einzuwendcn findet, so erkläre ich § 3 als ange­ nommen. Jodok Fink: (Liest § 4.) Landeshauptmann: § 4 ist, da kein Einspruch erfolgt, angenommen. Jodok Fink: (Liest § 5.) Hier soll cs wohl heißen: „Mein Minister des Innern". Landeshauptmann: § 5 ist, wenn keine Ein­ wendung erhoben wird, mit der vom Herrn Bericht­ Landeshauptmann: Titel und Eingang des Gesetzentwurfes sind, wenn keine Einwendung erfolgt, mit den von Herrn Abg. Dressel und mir vorge­ nommenen Korrekturen sonach angenommen. Die dritte Lesung des Gesetzentwurfes wird verschoben, bis derselbe dem hohen Hause gedruckt vorliegt. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Aus­ schusses in Sachen der Errichtung einer gewerblichen Fachschule im Lande Vor­ arlberg. Ölz: Ich bitte um das Wort zur formellen Behandlung dieses Gegenstandes und stelle den Antrag, daß dieser Gegenstand von der heutigen Tagesordnung abgesetzt und nochmals dem volks­ wirtschaftlichen Ausschüsse zur Beratung überwiesen werde. Landeshauptmann: Ich muß über diesen for­ mellen Antrag die Abstimmung einleiten. Wer wünscht in formeller Beziehung hier das Wort zu ergreifen? Kohler: Ich habe mir bei diesem Gegenstände das Wort zur Abgabe einer Erklärung erbitten wollen, da das aber nicht zur formellen Behandlung gehört, muß ich vorläufig darauf verzichten. Landeshauptmann: Da sonst niemand das Wort zu ergreifen wünscht, schreite ich zur Abstim­ mung und ersuche jene Herren, die dem Anträge des Herrn Abg. Ölz beistimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. 98 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Vierter Gegenstand unserer heutigen Tages­ ordnung ist der Bericht des volkswirtschaft­ lichen Ausschusses in Sachen der Peti­ tion der Gemeinde Fnßach wegen Ab­ hilfe i h r e r T r i n k ro a s s e r k a l a m i t ä t. Bericht­ erstatter für diesen Gegenstand ist der Herr Abg. Bösch, und ich erteile ihm das Wort. Bösch: Weint niemand von den Herren etwas einwendet, werde ich von der Verlesung des Berichtes Umgang nehmen und mit wenigen Worten die Sache einbegleiten. Der Tenor des ganzen Berichtes richtet sich dahin, daß die Gemeinde Fußach infolge der durch die Ausführung der Rheinkorrektion bedingten Ab­ leitung der Dornbirner Ach sehr schwer betroffen wurde und um ihr Trink- und Nutzwasser gekommen ist, so daß die Gemeinde in Bezug auf ihre wirt­ schaftliche Lage sehr geschädigt wurde. Es ist, wie bereits im Berichte ausgeführt ist, eine geschichtliche Tatsache und aus den damaligen Verhandlungen klar ersichtlich, daß die Vertreter der Gemeinde Fußach sich rechtzeitig bei den gepflogenen seiner­ zeitigen wasserrechtlichen Verhandlungen gewehrt und ihre diesbezügliche Erklärung auch in einem Protokolle niedergelegt haben, eben weil sie gleich voraussahen, welch' großer Nachteil der Gemeinde durch die Ableitung der Ach erwachsen werde. Damals wurde den Vertretern der Gemeinde zuge­ sichert, daß die Trinkwasserversorgung durch Anlage von geschlagenen oder gegrabenen Brunnen erfolgen werde, leider aber hat sich diese Art der Wasser­ versorgung nicht bewährt. Jedenfalls liegt die Ursache darin, daß der Grund nicht vom Rhein angeschwemmt worden ist, sondern aus Moor und Seeschlamm besteht. In den Nheingemeinden gibt es z. B. viele Orte, wo ein ganz leidliches Trink­ wasser zu haben ist, das ist aber nur in jenen Gemeinden oder Parzellen der Fall, deren Boden mit dem Rhein in Verbindung steht, was aber bei Fußach ganz und gar nicht zutrifft. Nachdem nun die Dornbirner Ach abgeleitet war, so war auf einmal nur mehr das Sickerwasser aus dem Moor- und Schlammgrunde vorhanden und die Brunnen, die alten sowohl wie die neuen, führten meistenteils fast gar kein Wasser mehr. Infolge­ dessen muß schon seit bereits 3 Jahren, seit 1899 für die Gemeinde Fnßach das Trinkwasser aus VI. Session der 8. Periode 1902. der Gemeinde Hard in Fässern ans Fuhrwerken zugeführt werden. Da kann man nun oft hören, daß die Leute, die nicht direkt an der Straße wohnen — ein Faß reicht natürlich für ungefähr 100 Familien nicht aus — oft zwei bis drei Tage kein frisches Wasser haben. Dies ist besonders an Sonn- und Feiertagen sehr oft der Fall. Ein solcher Zustand ist aber wirklich bedauerlich, und ich bin der Ansicht, daß es der Wunsch aller Landesvertreter sein müsse, diesem lkbelstande bald­ möglichst abzuhelfen. Die Gemeinde Fußach ist dann aber auch mit Entscheidung der k. k. Bezirkshauptmannschaft zu den halben Kosten der Wasserleitungsanlagen ver­ urteilt worden. Sie hat aber geglaubt, diese Last nicht ertragen zu können und hat daher den Rekurs ergriffen. Die k. k. Statthalterei aber hat einfach erklärt, daß die Gemeinde an dem Achwasser gar kein Anrecht habe, weil die Dornbirner Ach ein öffentlicher Fluß sei. Nun ist aber die Dornbirner Ach schon viele Jahrhunderte vorher ein öffentlicher Fluß gewesen, bevor noch unsere wasserrechtlichen Gesetze entstanden sind. Die Gemeinde Fußach ist, wie aus der Geschichte des Landes hervorgeht, eine der ältesten Gemeinden Vorarlbergs, und die An­ siedlung hat in jener Zeit jedenfalls der Wasser­ versorgung wegen an den Ufern der Ach statt­ gefunden. Es ist daher nur billig und recht, wenn man der Gemeinde Fußach einen Ersatz gibt für das Trink- und Nutzwasser, das ihr entzogen wurde. Wenn- auch die Wasserversorgung der Gemeinde Fußach nicht besonders gut gewesen sein mag, so war sie doch so, das die Gemeinde ihr Fortkommen dabei fand. Die Zuleitung von gutem Trink- und Nutzwasser kommt aber sehr hoch zu stehen, nämlich ans zirka 80.000 K. Es ist aber doch selbstver­ ständlich, daß die Gemeinde Fnßach nicht zu einem über ihre Kräfte hinausgehenden Beitrag verpflichtet werden kann; vielmehr ist es Sache des Nheinbau­ unternehmens, daß es wenigstens zum größten Teile die Wasserleitungskosten bezahle. Es ist mir dann auch niitgeteilt worden, cs solle die Gemeinde Fnßach einen Brunnenwasser­ fond haben. Ich habe mich in dieser Angelegenheit erkundigt und schließlich im Gemcindeinventar gefun­ den, daß im Jahre 1842 der damalige Fabriks­ besitzer für die Einleitung des Lustenauer Kanals X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. in den Fabrikskanal, der Gemeiilde Fußach 850 Gulden Reichswährung bezahlt habe. Ich habe mich auch an die Gemeindevorstehung von Fußach gewendet, und es wurde mir von der­ selben mitgeteilt, daß sich der Brunucnwasserfond ans 1750 K belaufe. Wie die Interessen dieses Geldbetrages verwendet wurden, konnte der Gemeinde­ vorsteher selbst nicht genau sagen, jedenfalls seien sie teilweise zum Brunnenbau verwendet worden, jetzt besteht, wie schon gesagt wurde, int Inventar eilte Passivpost von 875 fl., d. h. die Gemeinde ist dem Wasserbaufonde dieses Kapital schuldig. Wenn dieser Betrag seit dem Jahre 1842 zins­ tragend angelegt gewesen wäre, wäre er allerdings bis heute zu einem anständigen Foude herangewachscn. Es wird aber, wie ich glaube, jedem einleuchten, daß die Gemeinde Fußach damals schon überlegt haben wird, woher sie ein gutes Trink­ wasser beziehen könne, und was es koste, und sie wird zu dem Entschlüsse gekommen sein, daß diese 800 fl. wohl ein kleiner Schadenersatz, - nicht aber ein Kapital seien, mit dem daran gedacht werden könnte, Trinkwasser für die ganze Gemeinde zu beschaffen, und' deshalb wird der Fond auch nicht separat verwaltet oder im Interesse der vollen Er­ stellung der Brunnen und der Erhaltung der Stiegen, ivelche zur Wasiergewiuuung notwendig sind, ver­ wendet worden sein. Eme weitere Auskunft über diesen Punkt kann ich nicht geben. Aus d'esen Gründen ist der volkswirtschaftliche Ausschuß zur Anschauung gelangt, daß der Ge­ meinde Fußach geholfen werden müsse, wie auch der Landes-Ausschuß bereits früher ein llnlerstützuiigsgesuch an das Ministerium des Innern gelangen ließ, betreffs dessen eine Erledigung bis heute noch nicht erflossen ist. Es stellt also der volkswirt­ schaftliche Ausschuß folgenden Antrag: (Liest den­ selben aus Beilage XLIV.) VI. Session der 8. Periode 1902. 99 vieses verlor. Das ließ sich nun allerdings nicht anders machen, denn wenn eine Änderung in dem Laufe eines Flusses herbeigeführt wird, muß alles, was ein Hindernis bildet, entfernt werden. Sonder­ bar bei solchen Unternehmungen ist aber das, daß man einer Gemeinde ein Recht, das für dieselbe von großem Werte ist, ohne irgend welchen Ersatz einfach wegnehmen kann, wie dies tatsächlich bei der Gemeinde Fußach der Fall ist. Es ist dies mehr als merkwürdig, umsomehr, als Fußach, seit die Nheiuregulierung beschlossen war, und die Ver­ handlungen bezüglich der Ansprüche eingeleitet wurden, immer bestrebt war, ihr Recht zu wahren und eine Entschädigung zu erlangen. Sie hat sich diesbezüglich natürlich auch an die Behörden ge­ wendet. Durch Entscheidung der k. k. Bezirks­ hauptmannschaft Feldkirch wurden die Kosten, die durch die Neubeschasfung dts entzogenen Wassers erwachsen, der Gemeinde Fußach bis zur Hälfte auferlegt, was immerhin als sehr scharf bezeichnet werden kann. Ganz unbegreiflicher Weise hat da­ gegen die k. k Statthalterei die Gemeinde Fußach mit ihrem Ansprüche auf Schadenersatz ganz ab­ gewiesen mit der Begründung, die Dornbirner Ach sei ein öffentliches Gewässer. Dies ist mehr als merkwürdig. Vielleicht ist Fußach gerade wegen der Ach dorthin gebaut worden, wo es heute steht, damit das Wasser benützt werden könne. Ich hoffe, das; die hohe Regierung in dieser Beziehung gerechter handeln werde als die k. k. Statthalterei. Auf die k. k. Statthalterei könnte angemendet werden, was unser Heiland zu den Jüngern von den Pharisäern gesagt hat, nämlich: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen." (Heiterkeit.) Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Landeshauptmann: Wer wünscht über Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses das Wort zu ergreifen? — Nägele: Die Rheinregulierung hatte, wie im Berichte hervorgehoben ist, die notwendige Folge, daß die Gemeinde Fußach infolge der Ableitung der Dornbirner Ach, aus welcher sie durch Jahr­ hunderte das Trink- und Nutzwasser bezogen hatte, Negierungsbcltnter. Ich möchte nur mit kurzen Worten die k. k. Statthalterei tu Schutz nehmen. Die k. k. Statthalterei gönnt der Gemeinde Fußach jedenfalls ihr Trink- und Nutzwasser, aber tu diesem Falle hat es sich, wie das immer zutrifft, wenn ein Recht beansprucht wird, darum gehandelt, zu untersuchen, ob der Bestand eines Nechtstitels geltend gemacht werden kann. Es ist kein Zweifel, 100 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. daß die Geineindc Fußach durch die Entziehung des Nutzwassers einen bedeutenden Schaden in Bezug auf die öffentlichen Bedürfnisse erlitten hat. Was aber das Trinkwasser insbesondere anlangt, so zeigt die Geschichte der Genieinde Fußach, daß schon seit langen Jahren bestritten wird, daß das Ach­ wasser ein gutes Trinkwasser war. Ich erinnere mich noch aus früherer Zeit, daß sich die Bezirks­ Hauptmannschaft Feldkirch öfters veranlaßt fand, die Gemeinde Fußach darauf aufmerksam zil machen, daß das Wasser aus der Ach ein sanitätswidrigcs Trinkwasser sei. Bekanntlich war es früher in Fußach gebräuchlich, das Wasser nicht direkt aus der Ach her zu gebrauchen, sondern man mußte das Achwasser zuerst absteheu lassen, um cs über­ haupt genießen zu können. Ich kann mich auch erinnern, daß zu einer Zeit, als viele italienische Arbeiter in Fußach beschäftigt waren, diese die orts­ gebräuchliche Vorsicht nicht beobachteten, und daß in­ folgedessen der Typhus dort ausbrach. Die Bczirkshauptmannschaft Feldkirch hat wiederholt darauf hingewiesen, daß diese Trinkwasserfrage endlich ein­ mal gelöst werden müsse. Die Gemeinde Fnßach hat bereits im Jahre 1843 einen, wenn auch kleinen Fond zur Beschaffung von gesunden! Trink­ wasser bekomnicn und hätte denselben anwachsen "lassen können, sie hat es aber, wie es scheint, nicht getan. Auf andere Weise ist Fußach auch nicht bedacht gewesen, die Trinkwasserversorgung zu ver­ wirklichen. Es kann sich also, wenn von einer Schädigung der Geineinde Fußach die Rede ist, nicht sowohl um die Trinkwasserfrage handeln, als vielmehr nm ihre Versorgung, mit Wasser für die Viehtränke, für das Feuerlöschwesen, mit Wasch­ wasser und nur unter Anwendung besonderer Vor­ sicht um zum Kochen bestimmtes Wasser. Die Staatsbehörden haben, wie Sie teilweise aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters und selbst aus denen ves Herrn Abg. Nägele entnehmen konnten, wohl erkannt, daß man der Gemeinde Fußach in irgend einer Weise für das, ivas ihr aus öffentlichen Rücksichten entzogen worden ist, entgegenkommen müsse. Es ist aber eine ver­ schiedene Frage, ob dies aus Gründen des verbrieften Rechtes oder aus Billigkeitsrücksichten zu geschehen habe. Wenn auch bisher die Staats­ behörde entschieden hat, daß die internationale Rheinreguliernng auf dem Wege des Rechtes nicht Vl. Session der 8. Periode 1902. verpflichtet werden könne, irgend einen Ersatz zu leisten, so hat sie schon lange durch ihr Verhalten doch das Bestreben kundgetan, der Gemeinde aus Billig­ keitsrücksichten e'nen Ersatz zu verschaffen. Es ist ja auch bekannt geworden, daß die Behörden neuer­ dings Mittel und Wege in Erwägung zogen, wie man der Gemeinde Fußach aus Gründen der Bil­ ligkeit eine Entschädigung zukommen lassen könne. Ich glaube also, daß es doch nicht angeht, das Beispiel von dem Pharisäer her.nzuziehen; sondern, wenn man schon im biblischen Bilde bleiben will, könnte man mit mehr Recht das Beispiel des barinherzigen Samaritans anführen. Nägele: Ich habe noch auf die Gründe, welche der Herr Regierungsvertreter vorgebracht hat, zu erwidern. Der geehrte Herr Negierungsvertreter hat also gesagt, was auch nicht bestritten werden kann, Fußach habe nie ein gutes Trinkwasser ge­ habt. Ich gebe zu, daß es hätte besser sein können, aber hundert und hundert Jahre hat Fußach kein anderes Trinkivasser gehabt und hat doch existiert. Dann sei auch einmal der Typhus ausgebrochcn; nun was das anbetrifft, weiß man ja, wenn irgend­ wo einmal eine epidemische Krankheit ausbricht, daun muß immer ein Grund ausfindig gemacht werden, ob er stichhaltig ist ober nicht, ist eine andere Frage. Ob das auch damals der Fall war, weiß ich nicht, obwohl ich mich sonst noch gut an die Zeit erinnern kann, mo, wie der Herr Re­ gierungsvertreter sagte, in Fußach der Typhus ansgebrochen ist; damals war der hohe Seestand daran schuld, weil das Wasser beim Zurückgehen einen üblen Geruch zurückließ, aber das ist seither wiederholt vorgekommen, ärger als damals, und es ist doch kein Typhus ausgebrochen. Der Herr Regierungsvertreter hat dann auch gesagt, die Statthalterei sei eher der barmherzige Samaritan als bei Pharisäer; da muß ich er­ widern, daß wenn einmal eine solche Notlage mit dem Trink- und Nntzwasser da ist wie in Fußach, wo das Wasser geradezu eine Existenzfrage ist, so hatte die Statthalterei Mittel und Wege zu einem Ausgleich finden können, wenn die Gemeinde Fußach auch keinen gesetzlichen Anspruch auf Ent­ schädigung hätte. Aber die Statthalterei hätte das doch können anbahnen und insoweit die eigenen Mittel nicht hingereicht hätten, wäre man vielleicht