18920920_lts006

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:22
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 6. Sitzung am 20. September 1892, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Dietrich, Schapler und Johannes Thurnher. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirat Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 9 Uhr 10 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet und ich ersuche um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe) Hat Jemand gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Dr. Schmid: Ich hätte nur bei einem Punkte etwas zu erwähnen, daß nämlich bei Punkt 3 betreffend die Vermittler-Ämter im Protokolle die Worte ausgenommen werden „mit Mehrheit", da der Herr Abgeordnete Martin Thurnher bemerkt hat, daß die Annahme des genannten Punktes einstimmig erfolgt sei. (Martin Thurnher: Von mir ist eine solche Äußerung nicht gefallen.) (Fink: Diese Bemerkung ist von mir gemacht worden.) Landeshauptmann: Diese Einschaltung kann anstandslos erfolgen, so daß es dann heißt: Punkt 3 wird mit dieser Abänderung mit Mehrheit zum Beschlusse erhoben. Der Herr Abgeordnete Schapler hat sich aus geschäftlichen Gründen für die heutige Sitzung entschuldigt. Dem Wunsche, der in der letzten Sitzung von Herrn Abgeordneten Dr. Waibel ausgesprochen wurde, gemäß muß ich aufmerksam machen, daß 46 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892. sämmtliche Protokolle des Schulausschusses zur Verfügung stehen und am Schlüsse der Sitzung den Herren zur Einsichtnahme im Vorzimmer aufgelegt werden. Es sind mir einige Einlaufstücke zugekommen, das erste ist eine Eingabe der Gemeinde-Vorstehung von Thüringen in Angelegenheit des Hausierhandels — eingebracht durch den Herrn Abgeordneten Welte. Dieselbe ist ihrem Inhalte nach ganz übereinstimmend mit den früher eingelaufenen Eingaben der Gemeinde-Vorstehungen Götzis, Rankweil und Schlins, und wurde durch den gestrigen Landtagsbeschluß eigentlich auch erledigt. Wenn das hohe Haus keinen anderen Vorgang beliebt, so glaube ich, dürfte dieser Gegenstand nicht mehr auf die Tages-Ordnung zu setzen sein. Wenn Jemand einen anderen Vorgang wünscht, bitte ich, sich zum Worte zu melden, sonst werde ich in diesem Sinne vorgehen. (Niemand meldet sich.) Ferner ist eingelaufen eine Petition der Gemeinde-Vorstehungen Thüringen, Ludesch und Bludesch in Betreff des Verbotes der Ziegenweide. Überreicht wurde diese Petition durch den Herrn Abgeordneten Reisch. (Secretär verliest dieselbe.) Ich werde diesen Gegenstand der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterziehen, und wenn kein Dringlichkeits-Antrag erfolgt, denselben auf die Tages-Ordnung einer der nächsten Sitzungen setzen. Endlich ist eingelaufen ein Bittgesuch des Leopold Schugg aus Riezlern um Verleihung eines Thierarznei-Stipendiums. Ich glaube die Herren werden kein Verlangen tragen den Inhalt dieses Gesuch kennen zu lernen, wenn es jedoch Jemand wünscht, so werde ich dasselbe verlesen lassen. Nachdem dieses nicht der Fall ist, so werde ich auch diesen Gegenstand auf die TagesOrdnung einer der nächsten Sitzungen setzen. Wir kommen nun zur Tages-Ordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand das Gesuch der Gemeinde-Vorstehung Lustenau um einen Landes beitrag zur theilweisen Deckung der Rheindammkosten. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Bösch: Ich hätte gestern schon die dringliche Behandlung dieses Gegenstandes beantragt, wenn ich nicht von vornherein die Überzeugung gehabt hätte, daß bei der kurzen Spanne Zeit bis zur Vertagung des Landtages die factische Behandlung dieses Gegenstandes nicht mehr möglich ist. Ich möchte daher nur kurz bemerken, daß die im Gesuche angeführten Gründe nach meinem Wissen richtig sind und auf Wahrheit beruhen, daß jedoch einer der Hauptgründe im Gesuche unerwähnt geblieben ist, der am meisten Anspruch auf eine Unterstützung gehabt hätte. Die Gemeinde hat nämlich im Jahre 1890 die Dammbauten vom h. Aerar zu einem so niedrigen Preis übernommen, daß sie im Jahre 1890/91 ca. 12, 000 fl. darauf legen mußte und in Folge dessen ihre Rechnung mit einem Deficit von 12, 000 fl. abschloß. Es wäre daher nach meiner Ansicht schon Grund genug, nachdem jetzt die Gemeinde mehr als doppelt mitgenommen wird. Denn nachdem sie die Arbeit um einen so niedrigen Preis übernommen hatte, so lag es auch im Interesse der an den DammBaukosten mit concurrirenden Fonden, denn auch sie hätten an diesen 12, 000 fl. mitzahlen müssen, wenn die Übernehmer vernünftige Preise verlangt hätten, so glaubte ich, den h. Landes-Ausschuß dem dieser Gegenstand zur Berathung und Berichterstattung zuzuweisen beantragt ist, dieses in Erinnerung bringen zu müssen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Bösch hat die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Landes-Ausschuß zur Berathung und Berichterstattung in späterer Sitzung beantragt. Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung erhoben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich ihn mit ihrer Zustimmung versehen. Der nächste Gegenstand der Tages-Ordnung ist der Bericht des Finanz-Ausschusses über das Gesuch des kathol. Bauernvereins von Montavon um Unterstützung zur Abhaltung eines Gemüsebau-Curses. Es wurde gestern schon beschlossen, daß der Finanz-Ausschuß über diesen Gegenstand mit Umgehung der Drucklegung referiren dürfe, ich ertheile daher dem Herrn Berichterstatter Nägele das Wort. Nägele: Der Finanz-Ausschuß hat dieses Gesuch behandelt und ist dann zur Überzeugung VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. 111. Session der 7. Periode 1892. 47 gelangt, daß, nachdem in der gestrigen Sitzung dem katholischen Bauernvereine von Montavon zur Hebung der Obstbaumzucht schon ein Betrag von 200 fl. votirt worden ist, das Gesuch genannten Vereines um eine Unterstützung zur Errichtung eines Gemüsebau-Curses eigentlich verfrüht ist und daß eigentlich dergleichen Gesuche bis dato vielfach an den Landeswirthschafts-Verein gerichtet worden sind. Der Landwirthschafts-Verein von Vorarlberg hat sich nämlich vielfach seiner Aufgabe gemäß mit der Hebung des Gemüsebaues beschäftigt, und aus diesem Grunde glaubte der Finanz-Ausschuß dermalen aus dem Landes-Culturfonde nichts verabreichen zu sollen, sondern das Gesuch dem Landwirthschaftsverein befürwortlich abzutreten und hat daher beschlossen folgenden Antrag zu stellen: „Es sei auf das Gesuch des kathol. Bauernvereins dermalen nicht einzugehen, dasselbe jedoch dem Landes-Ausschusse mit dem Befugnis abzutreten, das Gesuch dem Landwirthschafts-Vereine befürwortend zu übermitteln." Landeshauptmann: Ich eröffne über den Antrag des Finanz-Ausschusses die Debatte. — Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, ist dieselbe geschlossen und wir schreiten zur Abstimmung. Ich ersuche alle jene Herren, welche diesem Anträge ihre Zustimmung geben, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Einstimmig angenommen. Wir kommen nun zum dritten Gegenstand der Tages-Ordnung nämlich zum Bericht des Finanz-Ausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses. Bevor wir zur Verlesung des Berichtes übergehen, werde ich mir erlauben bezüglich der Durchführung der Debatte einen Vorschlag zu machen. Ich werde nach der Verlesung jedes einzelnen Abschnittes eine kleine Pause eintreten lassen, um den Herren Abgeordneten Gelegenheit zu geben, zu diesem oder jenem Gegenstände das Wort zu ergreifen, oder eventuell Anträge zu stellen. Erfolgt von keiner Seite die Meldung zum Worte, so werden wir in der Verlesung des Berichtes weiterschreiten, außer es werden Anträge gestellt, die ich zur Abstimmung bringen werde. Bei Rubrik „C.“, in welcher die einzelnen Ausführungen der Landtagsbeschlüsse im eigenen Wirkungskreise des Landes-Ausschusses aufgeführt sind, bleibt es den Herren Abgeordneten unbenommen bei jedem einzelnen Punkte das Wort zu ergreifen. Ich werde daher bei jedem derselben eine Pause eintreten lassen. Nun ersuche ich den Herrn Berichterstatter Nägele mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. Nägele: (Liest den Eingang des Berichtes des Rechenschaftsberichts-Ausschusses Beilage XI. Ad I. A.) Dr. Waibel: Damit nicht durch Stillschweigen von unserer Seite der Eindruck hervorgerufen wird, als ob diese Anträge einstimmig angenommen worden wären, habe ich zu bemerken, daß wenigstens ich, und ich glaube auch die Zustimmung meiner Herrn Collegen zu haben, bezüglich der Punkte 6 und 9 der Landtagsbeschlüsse nicht einverstanden sind. Martin Thurnher: Es kommt mir auffallend vor, daß Herr Vorredner auch bezüglich des Punktes 6 sich nicht einverstanden erklärt, und sich gegen das Verbot der Thierquälerei früher schon ausgesprochen hat, was ich konstatirt haben will. Dr. Waibel: Zur Aufklärung werde ich, um gerechtfertiget zu sein, nur zu sagen brauchen, welche Stellung ich eingenommen habe, als dieses Gesetz in Berathung stand. Ich habe an der Hand der bestehenden Verordnungen nachgewiesen, daß dieses Gesetz vollkommen überflüssig ist und habe auch nachgewiesen, daß das in Rede stehende Gesetz, wenn es nicht nur auf dem Papiere stehen bleibt, auch eine Erschwerung der Amtshandlungen im Gefolge hat. Fritz: Es sind schon in der früheren Session gelegentlich der Verhandlung des Landesvertheidigungsgesetzes von Seite einiger Herren Abgeordneten mehrfache Wünsche und zwar bezüglich der Sonntagsheiligung der Militär- und Landwehrmannschaft, ferner bezüglich der Einberufung der Sennen und Alpknechte während der Alpzeit u.s.w. ausgesprochen worden. Diese Wünsche haben denn doch ihre volle Berechtigung. Wird nun so ein Senne oder Alpknecht gerade in der Mitte der Alpzeit zur Waffenübung einberufen, so weiß sich sowohl der Dienstherr, wie der be48 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. III. Session der 7. Periode 1892. treffende Senne oder Alpknecht kaum zu helfen, denn ersterer verliert dadurch seinen bekannten verläßlichen Dienstboten und letzterer seinen Dienst. Beide werden hiedurch in eine sehr mißliche Lage versetzt, da der Dienstherr mitten im Sommer nicht so leicht, ja sogar sehr schwer, einen tauglichen, verläßlichen Dienstboten findet und der Dienstbote hingegen durch die Einberufung zur Waffenübung den Arbeitsposten bei seiner Heimkehr nicht so leicht wieder antreten kann. Aus dem eben Gesagten ist wohl leicht zu ersehen, daß alle diese von Seite der Herren Abgeordneten vorgebrachten Wünsche ihre vollkommene Berechtigung haben. Man gibt sich nun der Hoffnung hin, die hohe k. k. Regierung werde diesen Wünschen Rechnung tragen, und dies umso mehr, als auch in den Monaten Mai und Oktober Einberufungen stattfinden, daher diese Sennen und Alpknechte ebensogut dann einberufen werden könnten. Welte: Mein unmittelbarer Herr Vorredner hat von dem, was ich auch sagen wollte, schon etwas vorausgeschickt, und ich befasse mich daher nicht mehr mit diesem Gegenstände, sondern schließe mich dem dringenden Wunsche an, es möge dem diesbezüglichen Landtagsbeschlusse bald möglichste Gewährung geschehen. Ich muß aber auf den Umstand Hinweisen, daß während dieser Zeit statt den dringlich erbetenen Erleichterungen in Militärsachen wiederum neue Erschwerungen zu Tage getreten sind, nämlich einberufene Urlauber und Reservisten des Heeres, welche nach neuer Gepflogenheit ihre Waffenübungen nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb des Landes machen müssen, zum nächsten Ergänzungsbezirks-Commando nach Innsbruck einzurücken hatten. Die Beförderungskosten per Bahn nach Innsbruck wurden aber nicht vom Staate bezahlt, sondern hatte die einberufene Mannschaft aus Eigenem zn bestreiten. Dieses Vorgehen scheint mir höchst unbillig, denn es dürfte wohl am Platze sein, daß wenn der Mann sich selbst zum Opfer bringt und MilitärDienste leisten muß, der Staat wenigstens die Transportkosten trägt. Es wäre daher nicht mehr als billig, daß wie es früher geschehen ist, entweder der Staat die durch den Transport erwachsenden Kosten bestreitet, oder die Mannschaft ihre Waffenübungen wieder im eigenen Lande machen könnte. Ich finde mich daher bewogen, folgenden Antrag zu stellen: „Die hohe k. k. Regierung wird angegangen, die Urlauber und Reservisten nicht außerhalb des Landes zu den Waffenübungen heranzuziehen." Martin Thurnher: Ich unterstütze den Antrag des Herrn Abgeordneten Welte, weil es sowohl für die Gesammtbevölkerung als auch insbesondere für die Angehörigen der Urlauber und Reservisten ein großer materieller Schaden ist, wenn dieselben außerhalb des Landes, nämlich nach Tirol, zu den Waffenübungen einberufen werden. Ich und mein Herr Collega der Reichsraths-Abgeordnete Kohler haben bereits schon bei Sr. Excellenz dem Herrn Landesvertheidigungs - Minister mündlich und schriftlich diesbezügliche Vorstellungen gemacht und derselbe hat uns zugesichert, daß so weit immer thunlich unseren Bitten und Vorstellungen entsprechende Berücksichtigung zu Theil werde. Es wird aber gewiß nicht schaden, wenn auch die h. Landesvertretung diesbezügliche geeignete Schritte thut. Regierungsvertreter: Was die ad Punkt 1A. des Rechenschaftsberichtes vorgebrachte Beschwerde betrifft, so hat über das, was der Herr Abgeordnete Welte gesagt hat, bereits der Herr Abgeordnete Martin Thurnher Aufklärung gegeben, besser als ich es zu thun in der Lage bin, nachdem er seine Bemerkungen auf Grund der bei Sr. Excellenz dem Herrn Landesvertheidigungs-Minister persönlich eingeholten Informationen gemacht hat. Was die Beschwerde, welche der Herr Abgeordnete Fritz bezüglich der Sonntagsheiligung erhoben hat, anbelangt, so muß ich auf das zurückkommen, was ich bereits in voriger Session gesagt habe, nämlich, daß der Mannschaft Gelegenheit gegeben ist, an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst zu besuchen indem sie einmal oder auch zweimal im Monat zur Kirche geführt wird. Außerdem steht es jedem Manne frei, und ist derselbe dienstlich nicht gehindert an Sonn- und Festtagen die Frühmesse zu besuchen. Was endlich die Einberufung der Alpknechte zu den Waffenübungen betrifft, so habe ich auch schon in der letzten Session darauf hingewiesen, daß es nicht möglich ist auf alle Erwerbs-Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Ich bin aber überzeugt, daß die Militärbehörde nach wie vor auf diesbezüglich VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Hk. Session der 7. Periode 1892. 49 einlaufende berücksichtigungswerthe Gesuche jederzeit eingehen und dieselben einer aufrechten Erledigung zuführen wird. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Es meldet sich Niemand, daher können wir zur Abstimmung schreiten und zwar zunächst über den Antrag des Hrn. Abgeordneten Welte. Dieser Antrag lautet: „Die hohe Regierung wird angegangen, die Urlauber und Reservisten nicht außerhalb des Landes zu den Waffenübungen heranzuziehen." Ich ersuche diejenigen Herren, welche diesem Anträge beistimmen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Einstimmig angenommen. Fink: Im Punkt 7 heißt es der Allerhöchsten Sanction sehen noch entgegen: der Landtagsbeschluß vom 28. März 1892 enthaltend den Gesetzentwurf, womit das Gesetz vom 26. Dezember 1879 betreffend die Einreihung der Straße Baienbrücke-Schoppernau in die Kategorie der Concurrenz-Straßen außer Wirksumkeit gesetzt wird; dem hohen k. k. Ministerium des Innern vorgelegt mit Bericht vom 26. April 1892 Zl. 1117. Es ist auch diesbezüglich noch keine Erledigung herabgelangt und ich möchte da nur der Verwunderung Ausdruck geben, daß die Erlangung der Allerhöchsten Sanction so lange auf sich warten läßt. Es sind durch diese Verzögerung die Arbeiten bezüglich Schaffung einer Concurrenz-Straße II. Classe sehr gehemmt. Bis dieses Gesetz aufgehoben ist, kann man kein Statut feststellen und bezüglich Errichtung einer Concurrenz-Straße nichts weiteres thun. Ich möchte daher abermals den dringenden Wunsch aussprechen, daß die Sanction dieses Gesetzes ehemöglichst erfolgen würde. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr zu diesem Punkte das Wort zu ergreifen wünscht, so ist die Debatte geschlossen. Wir schreiten nun zur Abstimmung über Punkt ad I. A. und ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge beistimmen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Mit Majorität angenommen. Ich bitte nun weiter zu lesen. Nagele: (liest ad I. B.) Fink: Der Punkt 6 enthält auch die Mittheilung, daß eine Erledigung über den Landtagsbeschluß betreffend die Bildung eines eigenen Sanitätsbezirkes in Vorarlberg noch nicht eingelangt sei. Diese Forderung wurde bekanntlich aus dem Grunde gestellt, weil man hoffte, daß durch dieselbe das leidige Schweizer Vieheinfuhr-Verbot theilweise aufgehoben werde, oder daß wenigstens die Aushebung ermöglicht werde. Es hat bekanntlich seit der letzten Landtags-Session bei uns eine geraume Zeit hindurch gar keine Viehseuche bestanden. Das Land Vorarlberg war bis Anfangs August seuchenfrei und doch ist nichts bekannt geworden, daß von Seite der hohen k. k. Regierung Schritte gemacht worden wären, um dem dringenden Wunsche der Landesvertretung um Aufhebung des Vieheinfuhrverbotes nach der Schweiz zu entsprechen. Wie aus dem Rechenschaftsberichte hervorgeht, haben thatsächlich fast sämmtliche Gemeinden des Landes in dieser Angelegenheit ihre Stimmen erhoben und haben unter Anderm auch das Ersuchen gestellt, es sollen gegen die Schweiz auch Gegenmaßregeln in Anwendung gebracht werden, damit man wenigstens so die Stellung Österreichs gegen die Schweiz dokumentierte und vielleicht doch eher ein Erfolg erzielt würde. Was ist nun in dieser Richtung geschehen? Bekannt geworden ist wenigstens nicht, daß dieses von der Regierung energisch angestrebt worden wäre. Dagegen wurde aber bekannt, daß die Einfuhr von Vieh aus der Schweiz nach Österreich gestattet worden ist. Man muß es fast als Hohn ansehen, wenn man trotz der dringenden Bitten der Bevölkerung, trotz des allgemeinen Einschreitens der Gemeinden und endlich trotz unserer diesbezüglichen Vorstellungen die Einfuhr von Schweizer-Vieh nach Österreich noch gestattet. Die Nothlage bezüglich der Vieh besitzenden Bevölkerung ist in dieser Hinsicht gewiß keine geringe. Die Marktberichte, die in den letzten Tagen eingelaufen sind, sind keine günstigen, in den meisten heißt es, daß mit Rücksicht auf die Grenzsperre der Markt von Käufern flau besucht, 50 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892. der Geschäftsgang ein schlechter gewesen sei. Wenn das vielleicht nicht ausschließlich der Grund der schlechten Marktberichte ist, so sehen wir doch, daß in den angrenzenden Ländern die Viehpreise besser stehen, als dies bei uns der Fall ist. Ferner wissen wir auch, daß für einen großen Theil unser Viehes die Schweiz, das beste AbsatzGebiet ist und daß unser Vieh nach dem Innern unserer Monarchie sowohl transport- als auch marktfähig ist und daher auch Österreich selbst ein Absatzgebiet für dasselbe bildet. Der beste Beweis dafür ist der, daß die von den Vorarlberger Viehbesitzern in Wien ausgestellten Viehstücke große Anerkennung fanden und auch prämiirt wurden. Ich habe selbst gelesen, daß sie fast alle im ersten Range gestanden sind. Aus dem muß doch angenommen werden, daß unser Vieh auch in weiteren Kreisen marktfähig ist. Um unserer Bevölkerung in dieser Beziehung einigermaßen entgegenzukommen und den Wünschen derselben zu entsprechen, könnte die hohe k. k. Regierung darauf hinwirken, daß die k. k. Generaldirection der österr. Staatsbahnen eine Frachtermäßigung für die Vieh-Ausfuhr aus Vorarlberg eintreten läßt. Dadurch würde, ich möchte fast sagen, die Aufmerksamkeit anderer Länder auf Vorarlberg gelenkt, man würde dann gewiß eher hieher kommen, um Vorarlberger Vieh zu kaufen, als dies jetzt der Fall ist. Ich möchte mir daher erlauben, folgende Anträge zu stellen: a. „Die hohe k. k. Regierung wird abermals dringend ersucht, zum Schutze der Interessen der bäuerlichen Bevölterung Vorarlbergs energische Schritte zu thun, daß das Schweizer Vieheinfuhr-Verbot aufgelassen werde; b. Die hohe k. k. Regierung wird gebeten, schon jetzt die Anordnung zu treffen, daß der Beförderung von Vorarlberger Vieh auf Staatsbahnen eine ausgiebige Frachtermäßigung zugestanden werde." Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand zu Punkt 6 das Wort? Dr. Waibel: Diese Angelegenheit beschäftigt uns heute nicht das erstemal; wir haben schon in der Frühjahrssession eingehend über diese Angelegenheit gesprochen. Mittlerweile jedoch haben sich Dinge ergeben, welche mit der Sache in engerem Zusammenhänge stehen, und hier eine gewisse Erörterung verdienen. Die Herren werden vielleicht aus dem Inhalte der Interpellation, welche ich im Reichsrathe an Se. Excellenz den Herrn Ackerbau-Minister gestellt habe, wissen, daß am 25. April in Zürich eine Conferenz stattfand, an welcher Abgeordnete der ostschweizerischen Kantone offiziell theilgenommen haben. Was bei dieser Conferenz gesprochen wurde, ist so beschaffen, daß man annehmen muß, die Schweiz gedenke nicht blos vorübergehend und aus Anlaß der bestehenden Verseuchung die Grenze gegen uns gesperrt zu halten, sondern sie sieht sich vorwiegend aus eigenem landwirthschaftlichen Interesse bewogen, die Sperre noch lange Zeit aufrecht zu erhalten. Nach dem Inhalte des gedachten Protokolles sind dies vorwiegend die Interessen der innern Cantone. Es wird dort auch hervorgehoben, daß in Folge der Einfuhr von Vorarlberger Vieh nach der Schweiz der materielle Werth des Viehstandes in der Ost-Schweiz verschlechtert worden sei. Einzig und allein war es die Vertretung von Appenzell, welche dieser Anschauung nicht zustimmte, sondern sich dahin aussprach, daß auch aus Vorarlberg gutes Vieh bezogen werde, und daß für die uns nächst gelegenen Cantone das dringende Bedürfnis vorhanden sei, dann und wann mit österreichischen Käufern in Verkehr treten zu können. Es wurde dem gegenüber nur in Aussicht gestellt, daß, wenn eine wohlmotivirte Bitte von diesen Cantonen an die Bundesregierung gebracht werde, dieselbe Berücksichtigung finden könne. Daraus ist abzuleiten, daß höchstens vielleicht in einem oder dem andern Jahre einige Tage in diesem oder jenem Cantone die Grenzen geöffnet sind, um das nöthige Materiale aus Vorarlberg sich beschaffen zu können. Das ist alles, was wir erwarten können. Meine Herren! Wenn auch, was ich übrigens kaum glauben kann, die hohe Regierung zur Schaffung eines eigenen Sanitätsbezirkes in Vorarlberg ihre Zustimmung geben sollte, so werden die Schweizer sich dadurch wohl nicht beirren lassen, sondern sie werden sagen: es mag sein, daß Vorarlberg nach Constituirung eigener Sanitäts-Organe zeitweilig sich seuchenfrei erklärt, VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892. 51 aber Vorarlberg läßt sich bezüglich der Viehzufuhr von der übrigen Monarchie nicht abschließen; denn auch aus Tirol wird Zuchtmateriale bezogen, und das Schlachtvieh kommt noch weiter her, nicht blos aus Tirol, sondern auch aus Kärnten, Steiermark und auch aus Ungarn. Die Schweiz wird angesichts dessen den Vorwand der Verseuchung jederzeit in Bereitschaft haben und wird sich durch die Schaffung eines eigenen Sanitätsbezirkes in Vorarlberg nicht irre machen lassen; ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen Mitteln die österr. Regierung die Schweiz zwingen könnte, für uns die Grenzen zu öffnen. Das ist nun der Standpunkt, den ich aus der Einsichtnahme in das Protokoll der Zürcher Conferenz gewonnen habe. Ich habe mir erlaubt, Sr. Exzellenz dem Herrn Ackerbau-Minister eine Abschrift dieses Protokolles zu überreichen, damit er selbst eine Überzeugung davon erhalte; ich habe ferner die Frage mit ihm besprochen, ob eine Absperrung des Verkehres mit der Schweiz bezüglich Schlachtvieh ausführbar wäre, ob eine solche Absperrung seitens der hohen Regierung erwartet werden könne; er hat mir jedoch sofort die Unmöglichkeit der Anwendung einer solchen Maßregel ausgesprochen, da eine solche Maßregel nicht blos von der diesseitigen, sondern nur zusammen mit der jenseitigen Regierung getroffen werden könnte. Das wäre eine internationale Action seitens der Regierung eines Großstaates, eine Action, mit der man nur auftreten kann, wenn man mit ganz wichtigen Gründen bewaffnet sie zu rechtfertigen vermag. Ob aber solche Gründe zu einer derartigen Maßregel gefunden werden, ist zweifelhaft. Es wird aber doch auch erwogen werden müssen, ob die Nachtheile, die uns Vorarlbergern durch den durch Absperrung beschränkten Zuchtvieh-Export erwachsen, im Verhältnisse stehen zu jenen Nachtheilen, welche durch die Sistirung von Vieh-Transporten nach der Schweiz anderen Kronländern erwachsen. Wenn man die bezüglichen Ziffern einander gegenüber stellt, so wird es schwer zu glauben, daß die Regierung aus Rücksicht für uns zu einer solchen Maßregel sich entschließe; denn nach den letztjährigen Marktnachweisen beziffert sich der Exportwerth von österreichischem Schlachtvieh nach der Schweiz auf 8—10 Millionen Gulden und ich zweifle, ob der Werthbetrag des von uns nach der Schweiz importirten Viehes dem ersteren gleich gestellt werden kann. Ich habe selbst nicht so viel Einblick, um die Berechnung anzustellen, aber es scheint mir doch sehr unwahrscheinlich. Personen jedoch, welche diesbezüglich mehr Einsicht haben, versichern mich, daß das Verhältnis ein sehr zu unsern Ungunsten differentes sei. Es hat daher jener Punkt der Petition, von welchem im Rechenschaftsbericht die Rede ist, und welcher darauf hinausgeht, die Regierung zur Sperrung des Exportes von österreichischem Schlachtvieh nach der Schweiz als Repressivmaßregel gegenüber der von der Schweiz gehandhabten Viehsperre zu bewegen, sehr wenig Aussicht auf Erfüllung. Petitioniren kann man bekanntermassen um alles Mögliche, wie wir dies bei allen parlamentarischen Körperschaften sehen. Der Hr. Abgeordnete Martin Thurnher weiß ja, wie ich aus seiner Anwesenheit im Reichsrathe, was für allerlei Petitionen an den Reichsrath gelangen, von denen ein großer Theil absolut unerfüllbare Ansprüche stellt. Auch hier petitionirt man um etwas, dessen Erfüllung man nicht erwarten kann. Wir müssen mit dem Factum rechnen, daß die Schweiz gesperrt läßt und das thut, was sie für gut findet und wir müssen nun schauen, wie wir daraus kommen. Die hohe Regierung hat auch in Beantwortung einer Interpellation sich dahin ausgesprochen, daß sie bereit sei, den Export des werthvollen Zuchtmateriales aus den Alpenländern, speziell aus Vorarlberg auf jede Weise zu fördern, auch werde sie für den Export nach Niederösterreich ihre Hand bieten. Das ist die Antwort auf die Interpellation. Es wurde mir auch noch mündlich versichert, daß für uns nach dieser Gegend für eine bestimmte Viehgattung ein Absatzgebiet gewonnen werden könne. Und daran ist kein Augenblick zu zweifeln. Ein Versuch ist schon wiederholt dadurch gemacht worden, daß niederösterreichische Käufer im Laufe des Frühjahrs und Herbstes auf Vorarlberger Märkte gekommen sind und zwar nach Dornbirn und in den Bregenzer Wald. Daß Niederösterreich für uns für die Zukunft ein reiches Absatzgebiet abgeben kann, das liegt in dem Umstande, daß dasselbe einen großen Bedarf nach Milchvieh hat, welcher Bedarf sich nicht nur auf die nächste Umgebung 52 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. UI. Session der 7. Periode 1892. Wiens beschränkt, sondern auch weiterhin fühlbar macht. Es geht dies bis nach Mähren hinein. Die Großgrundbesitzer und Besitzer von großen Bauernschaften sind fast alle darauf angewiesen, die Milch nach Wien abzugeben. Wenn nun eine Volkszahl von 1 1/2 Millionen, eine Volkszahl, die die doppelte Zahl der Bevölkerung von Tirol darstellt, daran partizipirt, so rechnen Sie, meine Herren, was das für eine Masse Menschen sind und was da Wien für eine Masse Milch benöthiget, die alle von der Umgebung geliefert wird. Das hat zur Folge, daß die betreffenden �konomen Rindvieh halten müssen, welches Milch erzeugt. Sobald es keine mehr liefert, wird es geschlachtet; der Abgang muß durch neuen Ankauf ersetzt werden, denn eine Züchtung findet da nicht statt. Der zufolge dessen alljährlich zu deckende Nachschub beziffert sich gegen 20, 000 Stück. Solche Thatsachen soll man nicht aus dem Auge lassen, man muß trachten, auf dem eingeschlagenen Wege weiter zu schreiten. Es ist auch von Seite der Handelskammer die Sache in Erwägung gezogen worden und gerade dieser Punkt bei der hohen Regierung schon vor mehreren Monaten zum Vortrage gebracht worden. Es müssen aber auch, um den Markt nach Niederösterreich bringen zu können, Begünstigungen im Frachtenverkehr erfolgen. Es ist auch kein Zweifel, daß die hohe Regierung, wenn sie angegangen wird, die Sache in Erwägung zu ziehen, und ihr dieselbe ordentlich dargestellt wird, nach meiner Ansicht ganz gewiß das nöthige Entgegenkommen zeigen wird. Daran ist nicht zu zweifeln. Und dies ist um so leichter, als im Berichte, welcher von der Handelskammer diesbezüglich an die hohe Regierung abgegeben wurde, dargethan ist, daß von Bregenz aus täglich eine Masse leerer Waggon nach Niederösterreich zurückgehen, und daß es für die Bahnverwaltung doch zweckmäßiger wäre, statt die Wagen leer zurückgehen zu lassen, dieselben mit Frachtenmateriale, welches, wenn auch nicht den vollen Frachtenansatz, doch einen Antheil bezahlt, zu belasten. Nachdem wir mit Thatsachen, wie gesagt, zu rechnen haben, so müssen wir, da wir es nicht erreichen werden, daß die Schweiz die Grenze gegen uns sobald eröffnet, sehen, daß für unser Viehmateriale ein anderes Absatzgebiet erreicht wird, und ich betrachte es als Aufgabe des im Lande bestehenden Landeskulturrathes bezw. des Landwirthschaftsvereines und des Landesausschusses gemeinsam zu wirken, der Bauernschaft an die Hand zu gehen und sich zu fragen, was gethan werden muß, um einen solchen Markt zu schaffen, und denselben auch zu erhalten. Die Frachtermäßigung allein wird aber dieses nicht zustande bringen. Es muß, wie dieß bei jedem kaufmännischen Geschäfte der Fall ist, nachgeforscht werden, was braucht der Consument, was braucht der Käufer. Wenn der Fabrikant diese erste Bedingung außer Acht läßt, bekommt er einen großen Vorrath im Magazin. Wenn er aber die Einsicht hat, nachzuforschen, was braucht der Käufer, so wird er die Waare herstellen, die dem Käufer beliebt und er wird einen flotten Markt haben. So muß es auch hier sein. Es müssen Männer, die dazu berufen sind, sich darum annehmen den neuen Markt aufzusuchen, sich überzeugen, was für ein Materiale gebraucht wird und ob man im Stande ist, dasselbe in hinreichender Zahl herzustellen; dazu ist berufen der Landes-Ausschuß im Einvernehmen mit dem Landeskulturrathe. Wenn diese beiden Factoren mit dieser Aufgabe vollkommen im Klaren sind, dann sind sie auch in Lage, die Bauerschaft heranzuziehen, und es wird dann die Regierung gerne geneigtes Gehör schenken und alle Erleichterungen gewähren, welche ihrerseits entgegengebracht werden können. Das habe ich geglaubt in dieser Angelegenheit aussprechen zu müssen. Ich halte es nicht für gut, die Bevölkerung, die an der Sache interessirt ist, mit falschen und unerreichbaren Vorstellungen hintanzuhalten. Man muß jetzt klar sein, was zu thun ist und erwartet, daß jene, welche berufen sind, diese Aufgabe zu erfüllen, dieselbe mit Ausdauer und Einsicht in die Hand nehmen. Welte: Beweise zu liefern, wie nothwendig ein Schritt in dieser Angelegenheit sei, dürfte wohl überflüssig sein, denn darin sind doch alle überzeugt, daß gerade dieser Punkt eine Existenzfrage für den Bauernstand unseres Landes bildet. Jedoch daß mit der Schweiz nichts geschehen soll, bin ich nicht der Meinung; daß dieselbe mit Österreich thun kann, wie sie will, das begreife ich nicht, für was sind dann eigentlich die Verträge? Allerdings, wenn Seuchen existiren, hat die Schweiz VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. NI. Session der 7. Periode 1892. 53 auf Grund der Verträge das Recht die Grenzen zu sperren, wenn aber unser Staat seuchenfrei ist, so hat, rote ich wenigstens glaube, dieselbe laut Vertrag kein Recht, ihre Grenzen, wie dies in letztvergangener Zeit geschehen ist, immer gesperrt zuhalten. Mir leuchtet nicht ein, daß der Großstaat Österreich, rote Herr Dr. Waibel meint, sich dies von der kleinen Schweiz gefallen lassen muß. Auch kommt es mir ganz sonderbar vor, daß die Österreichische Regierung gestattet, daß Nutzvieh aus der Schweiz nach Österreich eingeführt werden darf, da ja ohnehin in Vorarlberg soviel zum Verkaufe da ist. Wenn in letzter Zeit 16 Waggonladungen Nutzvieh aus der Schweiz nach Galizien geführt wurden, was gerade so gut aus Vorarlberg hätte bezogen werden können, was denkt da unser Bauer? Es wäre, wenn dorthin Vorarlberger Nutzvieh bezogen worden wäre wieder ein großes Absatzgebiet eröffnet worden. Wenn die österr. Regierung als Gegenmaßnahme wenigstens auch die Grenze gegen die Schweiz gesperrt hätte, so wäre dann sicher das Vieh aus Vorarlberg, also aus dem eigenen Lande dahin exportirt worden. Ich glaube unsere Regierung hätte gegenüber der Schweiz mehr thun sollen, sie hätte strengere Maßregeln ergreifen und mit Hinweisung auf die Verträge dieselbe zwingen können, wenigstens zu der Zeit, in welcher Österreich seuchenfrei gewesen ist, die Sperre wieder aufzulassen. Hat ja Herr Dr. Waibel selbst gesagt, daß die Schweiz nicht auf Grund der Seuchen-Verträge, sondern aus anderen Rücksichten die Grenze gesperrt hält. Was nützen aber all diese Verträge, wenn sie nicht allseitig eingehalten werden? Handels- und Zollverträge sind ja gerade zur Erleichterung des gegenseitigen Handels- und Verkehres geschaffen worden. Ich glaube daher, daß es Pflicht der Regierung ist, die mit der Schweiz geschlossenen Verträge, Verträge die ja zu Gunsten der eigenen Staats-Bürger errichtet worden sind, aufrecht zu erhalten. Dies ist aber nicht geschehen, denn die Schweiz hält, wie schon erwähnt, aus Nebenrücksichten die Grenze gesperrt: dieses ist eine Umgehung, ja geradezu ein Bruch der Handels- und Zollverträge von der Schweiz. Mögen in Hinkunft unsere Interessen besser gefördert werden, von allen berufenen Faktoren. Heinzle: Bezüglich dieses wichtigen Punktes erlaube ich mir, mich den Ausführungen meiner geehrten Herren Vorredner Fink und Welte anzuschließen. Ich möchte nur noch anknüpfen, daß die baldigste Aufhebung des Vieh-Einfuhrverbotes, für die Viehzüchter unseres Landes eine Lebensfrage bildet. Ein schlagender Beweis für die weittragende Wichtigkeit der Sache sind ja die zahlreichen Petitionen, es sind deren in Vorarlberg über 80, die von den verschiedenen Gemeinden an Se. Excellenz den Herrn Minister des Innern gerichtet worden sind. Es ist Pflicht und Aufgabe der Landesvertretung sowohl, wie der hohen Regierung, die bäuerliche Bevölkerung mehr in Schutz zu nehmen und für dieselbe einzutreten. Ich erlaube mir bei diesem Anlasse noch ein altes Bauernwort beizufügen, nämlich der Bauer sagt: „Ich laß den lieben Herrgott walten, ich muß euch doch alle erhalten." Es ist dieses nur zu wahr, denn Steuern und Abgaben muß doch größtentheils der Bauer bezahlen, da man von einem solchen, der mit Rock und Stock einherstolzirt, der anscheinend ein großer Herr ist, und doch vielleicht nichts besitzt, ja noch vielleicht gar ein Schwindler oder ein Betrüger sein mag, doch nichts bekommen kann. Ich glaube daher, daß man dem Bauernstande mehr Berücksichtigung schenken sollte als bisher und bin vollkommen der Ansicht des Herrn Abgeordneten Welte, der sagt, man gehe mit der Schweiz viel zu schonend vor, man könnte energischer auftreten, denn man lasse die Schweiz vielzuviel in Österreich kommandieren. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Regierungsvertreter: Das hohe Haus wird von mir nicht verlangen im jetzigen Moment genau darüber Auskunft zu geben, aus welchen Gründen seitens der hohen Regierung eine Erledigung der beiden Petitionen wegen Schaffung eines eigenen Sanitätsbezirkes und wegen Wahrung der Interessen der Viehzuchttreibenden Bevölkerung Vorarlbergs bei Abschluß einer neuen ViehseuchenConvention mit der Schweiz dermalen noch nicht eingelangt ist. Die h. Regierung dürfte diese beiden Petitionen jedenfalls beantworten und wenn möglich auch 54 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. 11L Session der 7. Periode 1832. im günstigen Sinne. Persönlich glaube ich mich der Ansicht des Herrn Dr. Waibel zuneigen zu müssen, welcher die Gründe genau beleuchtet haben dürfte, aus welchen es die hohe Regierung bisher unterlassen hat, sich über die erwähnten Beschlüsse des hohen Landtages auszusprechen, namentlich bezüglich Schaffung eines eigenen Sanitätsbezirkes; denn selbst dann, wenn dieser Beschluß eine Erledigung im günstigen Sinne erfahren sollte wird nichts erreicht sein, da die Schweiz sich immer darauf berufen kann, daß irgendwo in der Monarchie die Seuche besteht. Wenn nun auch Vorarlberg seuchenfrei ist, Tirol aber nicht und Vorarlberg thatsächlich einen eigenen Sanitätsbezirk bilden würde, so würden die Schweizer zwar Anlaß haben, die Sperre aufzuheben, falls ihnen diese Maßregel vortheilhaft erscheint: gegenseitigen Falles würden sie aber sagen, unmittelbar ist allerdings keine Gefahr vorhanden, aber mittelbar von Tirol und die Sperre würde nicht aufgehoben werden. Daß die hohe Regierung ihr Möglichstes thun wird den Viehverkehr aus Vorarlberg nach den übrigen Ländern zu erleichtern, davon bin ich überzeugt und sind auch diesbezügliche Andeutungen bereits gegeben worden, warum aber die hohe Regierung die Einfuhr von Schweizer-Vieh nach Österreich in einzelnen Fällen gestattet, darüber bin ich nicht in der Lage Auskunft zu geben. Wenn der Herr Abgeordnete Fink meint, daß dies eine Nichtbeachtung der Beschlüsse des Vorarlberger Landtages, ja fast ein Hohn auf dieselben sei, so muß ich mich dagegen allen Ernstes verwahren. Ich glaube nicht, daß von der hohen Regierung jemals eine Verfügung getroffen worden ist, welche eine solche Annahme begründet erscheinen lassen könnte, im Gegentheil, Vorarlberg hat Grund genug, sich der hohen Regierung gegenüber dankbar zu erweisen und hat kein Recht zu glauben, daß eine Nichtbestätigung seiner Beschlüsse aus Hohn geschehen ist, jeder gerechtdenkende muß vielmehr anerkennen, daß die hohe Regierung die Beschlüsse des Vorarlberger Landtages nach Möglichkeit beachtet und zu berücksichtigen sucht. Dr. Waibel: Zur Bekräftigung meiner Anschauung über die Erfolglosigkeit mit der Schweiz in gedachter Richtung darf ich noch daran erinnern, daß ich schon in einer früheren Sitzung meine Ansicht bezüglich der Seuchen-Convention dahin ausgesprochen habe, daß die Schweiz nicht wohl zu zwingen sein werde, einen neuen Seuchenvertrag mit Österreich abzuschließen. Die österr. Regierung hat, wie den Herren bekannt, am 1. März die bestehende Convention gekündigt und diese Convention läuft mit ersten März nächsten Jahres ab. Es ist ausdrücklich in Beantwortung der Interpellation seitens des hohen k. k. Ackerbau-Ministeriums zugegeben worden, daß die österreichische Regierung versucht habe, sich mit der Schweiz in neue Verhandlungen einzulassen, daß aber die Schweiz diese Verhandlungen, weil sie voraussichtlich ein negatives Resultat ergeben würden, abgelehnt habe. Es ist das ein Beweis, daß die österr. Regierung nicht wohl in der Lage ist, in dieser Beziehung einen gewaltsamen Druck auf die Schweiz auszuüben. Wir müßten zu einem Mittel schreiten, welches in einem solchen Falle das einzig wirksame wäre, man müßte nämlich die Kanonen sprechen lassen. Aber man wird wohl schwerlich der hohen Regierung zumuthen, daß sie wegen dieses Gegenstandes zu einem solchen Mittel greife. Es ist hier auch von der Einfuhr von Schweizervieh nach Österreich gesprochen worden. Mir ist nicht bekannt, daß die Einfuhr jetzt allgemein gestattet worden ist, es müßte denn sein, daß dieses erst in den jüngsten Tagen geschehen ist. Denn hat eine Einführung stattgefunden, so hat zuerst eine spezielle Bewilligung dafür eingeholt werden müssen. Ich bin selbst in der Lage einen solchen Fall namhaft zu machen; unsere Gemeinde hat mit Rücksicht auf die Viehzucht einige Stiere dortselbst erworben, und wir haben, um sie herüberbringen zu können, die Bewilligung der hohen k. k. Statthalterei einholen müssen. Und dies ist in jüngster Zeit geschehen. Von einer allgemeinen Einfuhr ist mir nichts bekannt. Nägele: Der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer hat auch als Grund, warum die Schweizer ihre Grenzesperren noch immer aufrecht halten, angeführt, daß die Schweizer ein ausgezeichnetes Vieh haben. Ich will nicht behaupten, das etwas daran sei. Meine Anschauung ist, daß die Schweizer anmaßend genug sind und glauben sie haben Recht und sonst Niemand auf der Welt. Das mag ja auch ein Grund sein. VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IN. Session der 7. Periode 1892. 55 Ferner hat der Herr Abgeordnete Dr. Waibel noch indirekt angedeutet, daß die hohe Regierung bestrebt sein werde ein anderes Absatzgebiet zu eröffnen. Wenn wir nur einmal Hoffnung hätten, daß dieses bald geschehen werde, so wären wir sehr froh, um wenigstens nicht mehr von den Schweizern abhängig sein zu müssen. Immerhin ist es auffallend, daß die hohe Regierung auch damals die Vieheinfuhr gestattete als in nächster Umgebung und zwar an der Grenze die Maul- und Klauenseuche in viel stärkerem Maße herrschte, als dies je in Vorarlberg der Fall war. Es muß eine Schwäche der Regierung genannt werden, daß man den Schweizern nicht mit ganz den gleichen Mitteln entgegengetreten ist, mit weichet: sie uns entgegengekommen sind. Ich glaube wenigstens, daß dies so sein sollte. Es ist ja bekannt, daß Österreich stets mild gegen die Schweizer war, aber in gewissen Fällen sollte man denn doch auch mit Strenge vorgehen. Nur in Folge der Gutmüthigkeit und Milde der österr. Regierung ist die Schweiz halsstörrig geworden, denn, wenn sie mit Österreich nur ein bischen etwas zuthun gehabt hat, hat sie ja stets große Vortheile dadurch erzielt. Und in ganz gleicher Weise wollte die Schweiz in Angelegenheiten der Rheinkorrektion gegen Österreich vorgehen; nun ist Österreich aber doch einmal durch Schaden etwas klüger geworden, und stellt sich diesbezüglich etwas schroffer und will sich von der Schweiz nicht kommandieren und pressen lassen und wenigstens in dieser Sache die große Schwäche ablegen womit ich ganz einverstanden bin, obschon die Rheinbewohner die Rheinkorrektion je eher desto lieber wünschten. Ich bin jedoch in dieser Sache nicht so kundig, daß ich sagen könnte, wie man es machen soll oder machen muß. In dieser Angelegenheit glaube ich weiter nichts mehr sagen zu müssen, und was den Antrag selbst betrifft, glaube ich, ist derselbe nicht angefochten worden. Bösch: Es ist von Herrn Abgeordneten Dr. Waibel und von Herrn Regierungsvertreter bemerkt worden, daß die Schaffung eines eigenen Sanitätsbezirkes für Vorarlberg keinen großen Werth haben dürfte. Dies ist jedoch nach meiner Ansicht nicht der Fall, auch wenn mit der Schweiz insoweit es die Viehsperre betrifft, nicht viel dadurch erzielt würde. Wenn auch die Sache so bleibt, wie sie jetzt ist, so ist es nach meiner Auffassung gerade so nothwendig, daß unser Land seuchenfrei ist, rind dies umsomehr, wenn wir nach anderen Landestheilen, nach Niederösterreich u.s.w. unser Vieh exportieren wollen. Solange wir aber unter einem gemeinsamen Sanitätsbezirk stehen und es tritt in einem dieser Länder eine Seuche in einem größern Maße auf, so wird Tirol, und Vorarlberg als verseucht bezeichnet und Vorarlberg wird dann, wenn Tirol als verseucht erklärt wird, unter der Sperre leiden müssen wie dies schon oft der Fall war. Ich glaube daher, daß man auch dann, wenn sich das Verhältnis mit der Schweiz auch nicht ändern sollte, immer noch darauf bestehen soll, und daß von Seite der hohen Landesvertretung alles geschehe, was zur Ausführung genannten Zweckes als dringend nothwendig erscheint. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel meint eben, daß man ein anderes Absatzgebiet für unser Vieh suchen müsse. Es ist dies zu begrüßen, wenn ein solches Absatzgebiet gefunden wird, und die nothwendigen Schritte gethan werden, um dies zu erleichtern und zu ermöglichen. Es liegt hierin aber nach meiner Ansicht nicht allein die höchste Wichtigkeit. Es ist wohl eines Theils geholfen, aber wenn wir ein Absatzgebiet nach der Schweiz nicht mehr erhalten, so werden wir nur unser schönes Vieh was wir zum Züchten gebrauchen würden, verkaufen können, dagegen bleibt uns das minderwerthige theils zum Schlachten, theils noch zum Züchten. Ich befürchte daher, wenn solche Absatzgebiete wirklich gefunden werden, daß wir mit unserer Viehzucht noch nicht auf jener Stufe stehen, auf der wir sein sollten, um nach dieser Richtung concurrenzfähig zu bleiben. Ich finde es daher umso nothwendiger, daß wir das Absatzgebiet nach der Schweiz wieder erhalten, damit wir das Schlacht- und Nutzvieh dorthin abgeben können und für das schöne Vieh, welches wir entbehren können, werden wir in anderen Landestheilen Absatz finden. Ich glaube es darf davon nicht abgesehen werden, von welch weittragender Wichtigkeit das Absatzgebiet nach der Schweiz für unser Land ist, damit wir, wie ich schon erwähnt habe, nur jenes Vieh nach anderen Landestheilen abgeben sollten, welches wir entbehren können ohne der Hebung der Viehzucht zu schaden. Sollte nun die Sperre nach der Schweiz nicht bald aufgelassen werden und wären wir gezwungen unser Vieh in andere Landestheile 56 Vl. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892. zu Verkaufen, so würden wir in diesem Jahre sehr Viele Zuchtthiere Verlieren, die wir aber gerade sehr nothwendig brauchen, denn Schlechtes minderwertiges oder Schlachtvieh ist zur Nachzucht nicht geeignet und auch nicht zu gebrauchen, denn der Nachwuchs wird keinen Abgang finden können und deshalb wieder im Lande bleiben. Landeshauptmann: Wünscht zu Punkt 6 noch Jemand das Wort? — Fink: Es ist gegen die von mir gestellten Anträge ein Gegenantrag nicht erhoben worden, und in meritorischer Beziehung nicht viel dagegen eingewendet worden. Mit dem was der Herr Abgeordnete Welte vorgebracht hat, daß nämlich die schweizerische Negierung Verträge gebrochen habe, bin ich nicht ganz einverstanden. Ich glaube die Verträge sind so beschaffen, daß die Schweizer Regierung so vorgehen kann, wie sie vorgegangen ist. Ich möchte mich vielmehr den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Nägele anschließen, daß nämlich Österreich bei Abschließung von Verträgen mit der Schweiz vielzuwenig vorsichtig vorgehe, denn gerade bezüglich der ViehseuchenConvention war die Bestimmung früher viel günstiger als jetzt. Nach den früheren Bestimmungen nämlich konnte ein Staat nur dann die Grenzsperre verfügen, wenn in einem Bezirk des angrenzenden Landes die Seuche so verbreitet war, daß für jenen Bezirk gegen einen anderen Bezirk desselben Landes die Sperre angeordnet werden mußte, und daß sonach die Grenzsperre bei nur vereinzelten Seuchenfällen nicht statthaft war. Man sollte glauben unsere Regierung hätte auch andere Mittel um der Wahrung unserer Interessen Nachdruck zu verleihen z. B. die Erhöhung des Zolles auf Käs u. s. w, Es ist daher umso auffallender, daß unsere Regierung gerade zur Zeit, in welcher die Verhandlungen bezüglich der ZollVerträge stattfanden, auf die für uns ungünstigen Bestimmungen der Viehseuchen-Convention eingegangen ist. Ich möchte daher schon darauf Hinweisen, daß man bei Abschließung von Verträgen mit der Schweiz sehr vorsichtig sein soll. Ich möchte daher die Anträge zur Annahme empfehlen. Büchele: Ich beantrage Schluß der Debatte. |